Jede kennt ja vermutlich (hoffentlich) die berühmte Szene aus Jurassic Park, bei der die Schritte des Tyrannosaurus das Wasser im Glas zum Vibrieren bringen:
Natürlich ist die Szene ziemlich unsinnig – der T. rex macht irgendwie alle paar Sekunden einen Schritt (zwischendurch denkt er wahrscheinlich darüber nach, warum er laut Drehbuch schon wieder was fressen soll, obwohl er gerade ne leckere Ziege hatte), wartet dann, und der Schritt ist zwar ansonsten nicht zu spüren, bringt aber das Wasser im Glas (und später in einer Pfütze) zum Schwingen, aber nicht zum Überschwappen. (Tatsächlich wurde von unten eine Gitarrensaite am Glas befestigt und angezupft, um so schöne Schwingungen hinzubekommen.) Schön gruselig war die Szene aber trotzdem – und sie wirft natürlich die Frage auf, ob die Schritte eines T. rex tatsächlich den Boden erzittern lassen.
Von Elefanten weiß man ja, dass der Schall ihrer Schritte sich ziemlich weit im Boden ausbreiten kann und dass andere Elefanten diese Schritte mit Sensoren in ihren Füßen spüren können. Ein T.rex ist mit etwa 6 Tonnen tendenziell etwas schwerer als die meisten Elefanten – konnten seine Schritte auch über einen weiten Bereich bemerkt werden und wenn ja, machte das ein Anschleichen an seine Beute nicht unmöglich?
Diese ziemlich abgefahrene, aber auch interessante Frage wurde jetzt untersucht, mit einem durchaus interessanten Ergebnis. (Ich weise mal gleich im Vorfeld darauf hin, dass die Studie eine allererste Annäherung an das Problem ist und sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss.) Dazu wurden zunächst Fußspuren verschiedener Dinos auf ihre Form hin analysiert, anschließend wurde (in einer Computersimulation) berechnet, wie sich der Schall der Schritte im Boden ausbreiten würde.
Verglichen wurden die Fußspuren unterschiedlicher Dino-gruppen: fleischfressende und eher große Beute jagende Raubsaurier (T.rex et al.), andere Raubsaurier wie die Therizinosaurier (große, etwas plump aussehende Dinos mit langen Klauen an den Händen, die aber nicht zum Jagen da waren) oder Ornithomimosaurier (die berühmten Vogelnachahmer, von denen es eine Menge gab – eine der unplausibelsten Szenen bei Jurassic Park ist ja, dass Tim in der Lage war, durch bloßes Hinsehen einen Gallimimus von einem anderen aus dieser Gruppe zu unterscheiden – es sei denn, er hatte den Namen vorher im labor gesehen), dann Ornithopoden (wie der berühmte Iguanodon) und schließlich Sauropoden (die “Brontosaurier”). Auch wenn die Daten stark streuen, wurde dabei schon ein interessanter Trend deutlich: Die Fußabdrücke der meisten Dinos waren etwa so lang wie breit, lediglich die fleischfressenden Raubsaurier bildeten da eine Ausnahme, ihre Fußabdrücke waren tendenziell schmal, doppelt so lang wie breit.
Hat diese Form der Füße Auswirkungen darauf, welche Schallsignale sich beim Laufen im Boden ausbreiten? Dazu dienten die Simulationen der Schallwellen. Es wurde vereinfachend angenommen, dass der Fuß sich als Ganzes einigermaßen gleichmäßig auf den Boden absenkt – für Menschen ist das keine gute Annahme, wir kommen ja erst mit der Ferse auf und rollen dann ab, aber zum Beispiel bei Straußen ist diese Näherung nicht so schlecht.
Zunächst einmal zeigt die Simulation, dass die Stärke der Schallsignale im Boden ziemlich beachtlich ist: Bei einem Raubsaurier oder Ornithopoden wird etwa doppelt so viel Schallenergie im Boden abgestrahlt wie bei einem Elefanten; bei einem Sauropoden war es etwa 25 mal so viel. Es ist also durchaus plausibel, dass auch Dinos, wie Elefanten, Schallwellen im Boden wahrnehmen konnten, jedenfalls war genug zum “Hören” da.
Analysiert man jetzt, wie sich die Schallwellen im Boden ausbreiten, wenn der Fuß deutlich länger als breit ist, so wie bei den raubsauriern, dann findet man das hier:
(Bild aus Blanco et al. siehe unten)
Unten (A) seht ihr den Fußabdruck, oben links seht ihr, wie sich die Schallenergie richtungsabhängig im Boden ausbreitet, rechts seht ihr die Energie als Funktion des Abstands, einmal in Vorwärts-Richtung (0°), einmal zur Seite (90°). Zwei DInge fallen auf: zum einen ist die Abstrahlung zur Seite deutlich stärker als nach Vorn. Solange unser Raubsaurier also auf seine Beute zuschleicht, strahlt er vergleichsweise wenig Schall nach vorn ab. (bei einem Fuß, der so lang wie breit ist, wäre die Abstrahlung dagegen in alle Richtungen wohl ungefähr gleich, die Ergebnisse dazu sind im Paper leider nicht drin oder ich habe sie überlesen.) Hinzu kommt noch etwas anderes: Ab einer bestimmten Entfernung (ausgedrückt in Vielfachen der Fußbreite W) ändert sich die Stärke des Signals nicht mehr nennenswert, wenn der Dino näher kommt. Es ist also nicht nur schwer, die Fußtritte wahrzunehmen, wenn der Saurier auf euch zukommt, es ist auch schwer, die Entfernung einzuschätzen, in der er gerade ist.
Man kann natürlich fragen, warum die Beute nicht sofort wegrennt, sobald ein Raubsaurier in die Nähe kommt, aber das tun Gnus oder Zebras in der Serengeti auch nicht. Wenn sie ein Raubtier sehen, achten sie auf die mögliche Gefahr, aber jedes Mal gleich davonzurennen wäre vermutlich mit zu viel Energieaufwand verbunden.
In der Arbeit wird das beschriebene Phänomen als “seismic camouflage” (“seismische Tarnung”) bezeichnet. Man sollte allerdings in meinen Augen nicht annehmen, dass die Evolution die Füße von Raubsauriern auf genau diese Eigenschaft hin optimiert hat – Füße müssen eine ganze Menge leisten, ein Raubsaurier muss schnell oder ausdauernd laufen können, möglicherweise der Beute folgen, wenn diese abrupte Wendungen macht, um zu entkommen und muss sich natürlich auch sonst effizient bewegen. Die Schallausbreitung im Boden ist also allenfalls einer von sehr vielen Aspekten, die bestimmen, welche Form ein Fuß hat. Aber möglicherweise waren die Füße von Raubsauriern auch darauf optimiert, sich gut an die Beute anschleichen zu können.
Blanco, R. Ernesto, Washington W. Jones, and Nicolás Benech. “The seismic wave motion camouflage of large carnivorous dinosaurs.” Journal of Theoretical Biology (2018).
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