Zugegeben: Der Titel klingt reißerisch. Aber ein Experiment, dessen Bestandteile sich über einige Milliarden Lichtjahre erstrecken, verdient diesen Titel vermutlich schon. Zugegeben, niemand hat mit Überlichtgeschwindigkeit das Universum durchquert und irgendwo anders einen Detektor aufgebaut oder so, aber trotzdem ist das Experiment schon ziemlich abgefahren.

Geht’s auch weniger reißerisch und vielleicht mit mehr Informationen? Na klar, jetzt habt Ihr ja eh schon hier geklickt (muahahahaha $$$$), dann kann ich auch noch mal halbwegs in Ruhe erklären, worum es eigentlich geht. Hintergrund des Ganzen Experiments ist die Quantenmechanik, genauer gesagt die berühmte Verschränkung in der Quantenmechanik. Ausführlich habe ich die in dieser dreiteiligen Serie erklärt (Teil 1, Teil 2, Teil 3), deshalb gibt es heute nur eine Kurzfassung mit der Grundidee:

Ein Verschränkungsexperiment beginnt damit, dass man zwei Teilchen erzeugt (oder anderweitig verschränkt, aber heute nehmen wir Licht, also Photonen, die man erzeugen kann), und zwar so, dass ihre Eigenschaften gekoppelt sind. Gekoppelte Eigenschaften gibt es natürlich auch klassisch: Wenn ich zwei Bälle mit einer Feder verbinde, die Feder zusammendrücke und dann loslasse, fliegen die beiden Bälle genau in entgegengesetzte Richtung weg, wenn ich den einen beobachte, kann ich na klar vorhersagen, was der andere macht. Die Quantenverschränkung ist allerdings ein bisschen seltsamer als das.

Unsere beiden Photonen können polarisiert sein – stellt man sich ein Photon als eine kleine elektromagnetische Welle vor (was sehr vereinfacht ist, aber für unsere Zwecke heute ausreicht), dann schwingt bei einem polarisierten Photon das elektrische Feld in einer bestimmten Richtung auf und ab. Die Richtung des elektrischen feldes ist immer senkrecht zur Ausbreitungsrichtung, fliegt unser Photon von links nach rechts, kann die Polarisation senkrecht sein (auf und ab) oder waagerecht (vorn und hinten) oder irgendwas dazwischen.

Will man wissen, ob Licht polarisiert ist, schickt man es durch einen Polfilter:

polarisation1

(Eigenes Bild)

Oben seht ihr eine senkrecht und eine waagerecht polarisierte Welle. Treffen die auf einen senkrechten Polfilter, kommt die eine durch, die andere nicht, Die durchkommende Welle trifft dann auf einen waagerechten Polfilter und es bleibt nichts übrig.

Unten seht ihr, dass man das Bild ändern kann, wenn man einen dritten Polfilter hinzufügt, der um 45° gedreht ist. Jetzt kommt ein Teil des Lichts durch diesen Filter durch. Betrachtet man ein einzelnen Photon, das senkrecht polarisiert ist, dann zwingt dieser gedrehte Polfilter das Photon, sich zu “entscheiden”: Es hat eine 50%-Wahrscheinlichkeit, durchzukommen, und eine 50%-Wahrscheinlichkeit, absorbiert zu werden.

Bei einem Verschränkungsexperiment sendet man jetzt die beiden Photonen so aus, dass sie dieselbe Polarisation haben – ist das eine senkrecht, dann auch das andere, ist das eine waagerecht, dann auch das andere. Senden wir die beiden Photonen zu zwei unterschiedlichen Beobachterinnen (die traditionell Alice und Bob heißen), dann misst Alice ein waagerecht polarisiertes Photon, wenn Bob es misst, und umgekehrt. Misst Alice mit einem schrägonal gedrehten Polfilter unter 45°, dann zwingt sie ihr Photon, sich zu entscheiden, ob es durch den Polfilter geht oder nicht. Wenn Bob auch unter 45° misst, dann bekommen beide immer noch perfekt korrelierte Ergebnisse, nach wie vor sind beide Photonen immer perfekt korreliert. Es kann deshalb nicht so sein, dass die Photonen sich schon beim Aussenden entscheiden, wie sie polarisiert sein wollen, denn zum Aussendezeitpunkt steht ja noch nicht fest, wie Alice und Bob ihre Filter orientieren. (Eine detaillierte Analyse, die zeigt, wie die Korrelation zwischen Alice und Bob genau aussieht, findet ihr in der oben verlinkten Artikelserie. Und nein, man kann damit auch keine überlichtschnellen Signale übertragen, auch wenn das auf den ersten Blick so aussehen mag.)

Aber Moment: Wenn wir in einem Labor Polfilter drehen, dann dauert das eine Weile. Und wenn wir das Experiment mit Photonen machen, die ja ziemlich flott unterwegs sind (299792458m/s), dann ist es in den meisten Experimenten doch sicher so, dass die Polfilter schon eingestellt sind, bevor die Photonen erzeugt werden. Könnte es also nicht sein, dass die Drehung der Polfilter auf irgendeine seltsame Weise dafür sorgt, dass der Zustand der Photonen beeinflusst wird?

Um sicherzustellen, dass das nicht so ist, kann man ein Experiment aufbauen, das diese Schlupflöcher schließt, und so etwas hat man auch in der Tat bereits getan (habe ich hier erklärt, übrigens nochmal mit einer Erklärung der Verschränkung). Dabei wird sichergestellt, dass die Entscheidung bei Alice und Bob, wie die Polfilter orientiert sein sollen, erst getroffen wird, nachdem das Photon schon ausgesandt wurde. Ganz geschlossen ist das Schlupfloch damit aber immer noch nicht – wer sagt denn, dass die Entscheidung von Alice und Bob nicht durch den Aufbau des Experiments selbst irgendwie determiniert war? Es könnte ja auf irgendeine mysteriöse Weise so sein, dass beim Aufbau des Experiments irgendwelche Bedingungen geschaffen wurden, die determinieren, wie die Detektoren bei Alice und Bob genau eingestellt wurden und die immer für eine perfekte Korrelation zwischen der Photonenquelle und den beiden Detektoren sorgen. Zugegebenermaßen ist das schon ziemlich an den haaren herbeigezogen und es glaubt vermutlich kaum jemand (niemand sage ich lieber nicht, seit ich diesen Blog schreibe, habe ich gelernt, dass Menschen seeeehr seltsame Dinge glauben können), dass so etwas tatsächlich passiert, aber wer weiß?

Und genau da kommt jetzt das größte Experiment der Welt ins Spiel: Wir sorgen dafür, dass nicht Alice und Bob selbst entscheiden, was sie messen, sondern dass das von Außen entschieden wird. Und zwar von Photonen, die aus dem All kommen.

Quasare sind sehr helle Objekte im All, die so weit entfernt sind, dass das Licht von ihnen zu uns viele Milliarden Jahre braucht. (Die genaue Entfernung zu einem Quasar ist immer ein etwas kniffliges Konzept, weil sich das All bekanntlich ausdehnt und man immer gucken muss, welchen Entfernungsbegriff man meint. Details erklären Florian oder Alderamin.) So oder so sind Quasare Milliarden Lichtjahre entfernt. Wir können jetzt das Licht von einem Quasar nehmen, daraus ein Photon als “Steuerphoton” (mein Begriff) quasi isolieren und an Hand von dessen Eigenschaften bestimmen, wie wir unseren Polfilter einstellen wollen. Wir machen das bei Alice und Bob mit dem Licht von zwei Quasaren in ganz unterschiedlichen Himmelsgegenden. Zur Festlegung der Polarisation nimmt man die Wellenlänge des Steuerphotons, weil man davon ausgeht, dass die sich bei der Ausbreitung durchs All (abgesehen von der Rotverschiebung durch die Expansion) nicht ändert, während so etwas wie die Polarisation ja durch irgendwelche Moleküle im All, die als Polfilter wirken, beeinflusst werden könnte.

Zusätzlich stellt man auch noch sicher, dass beide Steuerphotonen (eins bei Alice, eins bei Bob) erst detektiert werden, nachdem die verschränkten Photonen ausgesandt wurden, nicht dass jemand da noch ein Schlupfloch sieht. Dieses Diagramm zeigt den Ablauf schematisch:

quasarentangle1

(Aus Rauch et al., s.u., CC4.0-Lizenz)

Bei S wird das Photonenpaar erzeugt, ein Photon fliegt zu A, eins zu B, wo es detektiert wird. QA und QB sind die beiden Quasare, deren Licht als Steuerphotonen bei dem kleinen Galaxiensymbol aufgefangen wird und dann die Messeinstellung bei A und B steuert. Die blauen und roten Bänder geben die Breite der Messunsicherheit an – so gewählt, dass die Steuerphotonen weder S noch den jeweils anderen Detektor beeinflussen können, während umgekehrt S auch nicht die Auswahl der Polarisation (beim Galaxiensymbol) beeinflussen kann. Und weil Licht lichtschnell ist, kann auch nix anderes vom Quasar ausgesandt worden sein, nachdem das Steuerphoton losgeflogen ist, und hier bei uns irgendwie auf unseren versuch eingewirkt haben.

So sieht das ganze dann insgesamt aus:

quasarentangle2

 

(Aus Rauch et al., s.u., CC4.0-Lizenz)

Die beiden Teleskope stehen auf der Insel La Palma in den Kanaren und sind etwa einen Kilometer auseinander. Ungefähr in der Mitte zwischen ihnen wird die Quelle für die verschränkten Photonen aufgebaut, CRNG steht für “cosmic random number generator”, also das Gerät, dass aus dem Quasarlicht die Orientierung der Polfilter bestimmt.

Mit diesem Aufbau kann man jetzt ein ansonsten einigermaßen handelsübliches Verschränkungsexperiment steuern und prüfen, ob die Vorhersagen der Quantenmechanik sich erfüllen. Es wird euch nicht überraschen, dass sie das tun, ansonsten hättet ihr das vermutlich in den Nachrichten zu hören bekommen, denn alles andere wäre vermutlich die größe wissenschaftliche Sensation seit knapp 100 Jahren.

Wenn man also trotzdem noch annehmen will, dass der Zustand der Photonen, die bei S ausgesandt werden, irgendwie passend zu den Einstellungen der Detektoren determiniert war, dann müssten sich die beiden Quasare irgendwie “abgesprochen” haben, als sie ihr Licht ausgesandt haben. Der nähere der beiden Quasare hat sein Licht vor 7,78 Mrd. Jahren ausgesandt, der entferntere vor 12,21 Mrd. Jahren. Das Universum hätte damit also bereits vor knapp 8 Milliarden Jahren die Photonen der beiden Quasare passend so korrelieren müssen, dass wir heute die richtigen Quanteneffekte messen.

Fairerweise muss man zugeben, dass es einen philosophischen oder metaphysischen Ausweg gibt, der auch durch dieses Experiment nicht ausgeräumt werden kann: Betrachtet man die Zeit als Illusion und das Universum im Bild des Blockuniversums, dann ist das Universum schlicht ein vierdimensionales Raumzeit-Gebilde, in dem das Vergehen der Zeit eine Illusion ist. In so einem Universum wären alle Ereignisse vollständig determiniert und damit wäre es auch möglich, dass alle Quantenverschränkungen immer passend zu den jeweiligen Messungen entstehen. (Als einfaches Modell könnt ihr euch vorstellen, das Universum wäre ein Buch und ihr wärt die Autorin – natürlich wäre es für euch kein Problem, alle Elemente der Handlung so zu steuern, wie ihr es braucht, ohne dass innerhalb des Buches Widersprüche entstehen.) Dieser Ausweg macht aber natürlich auch ziemlich spezielle Annahmen und ist auch nicht mehr wirklich physikalisch, denn das Bild des Blockuniversums macht ja keine anderen physikalischen Aussagen als andere Ideen. (In gewisser Weise ist das Blockuniversum natürlich auch nicht-lokal, weil ja sozusagen alles “auf einmal” stattfindet.)

Auf jeden Fall zeigt die Quantenmechanik wieder einmal, dass sie einerseits ziemlich seltsam ist und andererseits unsere Welt anscheinend extrem gut beschreibt.

              

Cosmic Bell Test Using Random Measurement Settings from High-Redshift Quasars

Dominik Rauch et al., Phys. Rev. Lett. 121, 080403 (open access)

 

Kommentare (45)

  1. #1 rolak
    24. November 2018

    Paßt wunderschön zu der lockeren Unterhaltung heute mittag über den Unterschied ‘ist Realität’-‘ist Realität gut beschreibend’ bei NaWi-Modellen – und wieder (diesmal sogar Kontext-passend) wunderschön locker & unterhaltsam geschrieben, MartinB.

    Dennoch ein Kritikpunkt: bei “hahahaha $$$$” fehlt sowohl ein ‘ha’ als auch ein ‘$’, denn bekanntermaßen sitzt erst ab 5fach die Unterhose richtig.

  2. #2 Funktonalistiker
    24. November 2018

    Eine Frage müsste dann doch noch dringend beantwortet werden!!!
    Was passiert im Universum oder was passiert nicht, weil es diese Quantenverschränkung gibt???

  3. #3 MartinB
    24. November 2018

    @funktionalistiker
    Keine Ahnung, was mir die Frage sagen soll. Was passiert ist dass wir Quantenverschränkung beobachten können, was niht passiert ist, dass wir sie nicht nicht beobachten?

  4. #4 Anonym_2018
    24. November 2018

    Das ist das kleinste Experiment des Universums, weil die raumzeitlichen Abstände zwischen allen Ereignissen des Experiments Null sind.

  5. #5 nihil jie
    24. November 2018

    “Zugegeben: Der Titel klingt reißerisch.”

    Bin darauf natürlich voll reingefallen 😉

  6. #6 MartinB
    25. November 2018

    @Anonym_2018
    Sorry, aber auch in der SRT haben räumliche Abstände ihre Daseinsberechtigung, insbesondere, da es im expandierenden All ein ausgezeichnetes Bezugssystem gibt.

    @nihil je
    Hände-reib.

  7. #7 Funktionalistiker
    25. November 2018

    Zu Nr.: 3
    Inder Liste ungelöster Probleme der Physik (s. Wikipedia) findet man:
    „Die Baryonenasymmetrie der Teilchenphysik ist die beobachtete große Dominanz der Materie gegenüber der Antimaterie im Universum. Sie ist eines der wichtigsten noch nicht verstandenen Phänomene der Teilchenphysik, da sie nicht durch das Standardmodell erklärt werden kann.“
    Man darf es als geboten ansehen, mal darüber nachzudenken, ob vielleicht die Quantenverschränkung aus dem Urknall heraus im Wesentlichen nur eine Art von Materie entstehen ließ.
    D.h. es entstanden dann nicht 2 Arten von Materie.
    Oder es gab eben etwas anderes im Zusammenhang mit der QV.
    Ist meine Frage damit verstanden?

  8. #8 MartinB
    25. November 2018

    @Funktionalistiker
    Nein. Der Messprozess kan einen von zwei möglichen Zuständen entstehen lassen, wenn ein System vorher in einem Überlagerungszustand ist. (Also beispielsweise ein unter 45° polarisiertes Photon wird beim Auftreffen auf den senkrechten polfilter entweder durchgelassen oder eben nicht). Das Universum war aber nie in einem Überlagerungszustand aus “Materieüberschuss” + “Antimaterieüberschuss”, den man dann hätte kollabieren können. Insofern gibt es da ziemlich sicher keinen Zusammenhang.

    Und welche Kristallkugel hätte ich gebraucht, um diese Frage aus deinem Kommentar #2 herauszulesen?

  9. #9 roel
    25. November 2018

    @MartinB Schön hier wieder etwas mehr lesen zu können.

  10. #10 m.k.
    26. November 2018

    … die Redewendung – ich muss mir davon erst einmal ein Bild machen wie es weiter gehen soll – sagt auch dem Laien was ein Photon als Determinante in uns ist – eben ein bildhafter Vektor mit einer Richtung. Die Grosse Unbekannte ist wohl doch GOTT – mit den Worten ihr sollt kein Bild von mir machen als letzte Fügung und Schicksals Lenkung. Einstein wurde jetzt mit Hawkings im Himmel sagen – also unser gemeinsames Datum vom 14.03. als Meeting da oben passt und Marylin mischt mit Jesus die Karten.

  11. #11 MartinB
    26. November 2018

    Weiteren sinnlosen Spam, der nichts mit dem Blogartikel zu tun hat, gelöscht.

  12. #12 Wizzy
    26. November 2018

    Ich finde schon (Eigenes Bild) auf Seite 1 sehr erstaunlich, noch bevor ich über Verschränkung nachdenke.
    Frage: Ist das ein Quanteneffekt oder kann man das auch klassisch erklären? Gäbe es eine vorstellbare klassische Materie-Licht-Wechselwirkung z.B. beim diagonalen Polfilter, die das Licht dreht? (–> Ich vermute mal: Nein, und die Nicht-Auslöschung des Lichts ist dort bereits quantenmechanisch.)

  13. #13 MartinB
    26. November 2018

    @Wizzy
    Ja, das mit der Polarisation kann man rein klassisch erklären: Denk dir einen Satz aus waagerecht verlaufenden Metalldrähten. Metalle reflektieren licht, weil die Elektronen darin dem elektrischen Feld der Welle folgen (siehe den letzten Teil meiner Serie zu den Maxwell-Gleichungen). In den Drähten können die Elektronen aber nur waagerecht laufen, nicht senkrecht (dazu müssten sie die Drähte verlassen). Also wird Licht mit einem E-Feld parallel zu den Drähten reflektiert, eins mit E-Feld senkrecht dazu wird nicht beeinflusst.
    Trifft das Feld schräg auf, entsteht entsprechend eine reflektierte Welle parallel zu den Drähten, der Anteil kommt nicht durch, der andere schon.

    Reale Polfilter funktionieren nicht genau nach diesem Prinzip, es veranschaulicht aber ein einfaches Modell, wie es funktionieren kann.

  14. #14 Adam
    26. November 2018

    Ich glaube, ich muss das nochmal lesen, um es zu verstehen, liegt nicht an dir, Martin, aber da merke ich wieder, dass ich einfach kein Physiker bin :D.

    Eine andere Sache, die nur teilweise mit dem Inhalt dieses Blogs zu tun hat. Ich hoffe, dass du sie mir trotzdem beantwortest, da ich nicht weiß, wo ich es sonst fragen könnte, oder wen.

    Leonard Susskind hat, soviel ich weiß, mit seiner Arbeit mit dem Titel ER = EPR, wobei ER wohl für Entanglement irgendwas steht, also Verschränkung, und EPR für Einstein Podolsky Rosen (Brücken), also Wurmlöcher, gezeigt, dass es eine mathematische Äquivalenz gibt.

    Wie ist das zu verstehen? Sind Verschränkungen also Wurmlöcher oder findet bei ihnen etwas statt, dass Wurmlöchern ähnelt? Wären dann nicht auch Verschränkungen ein Indiz für Wurmlöcher, für die wir nach wie vor keine Beweise haben?

  15. #15 MartinB
    26. November 2018

    @Adam
    Das ist eine reine Vermutung, gezeigt ist das nicht.

  16. #16 Adam
    26. November 2018

    Danke, Martin.

  17. #17 Wizzy
    26. November 2018

    @MartinB
    Ja danke, mit Metalldrähten kann ich das gut nachvollziehen. Trotzdem witzig, der Effekt mit dem zusätzlichen Polfilter.

  18. #18 MartinB
    26. November 2018

    @Wizzy
    Ja, mag ich auch. Man kann es schön nutzen, um zu zeigen, wie leicht logische Argumente in die Irre gehen können:
    Ich habe eine Anordnung, die Licht absorbiert.
    Ich füge ein weiteres Bauteil hinzu, das ebenfalls Licht absorbiert.
    Hinterher wird das Licht teilweise nicht mehr absorbiert.
    Rein logisch klingt das erstmal so, als wäre das unmöglich…

  19. #19 Wizzy
    27. November 2018

    @MartinB

    Wobei eigentlich habe ich mein Verständnis zu früh deklariert mit den Metalldrähten. Diese müssten ja orthogonal zu den eingezeichneten “Schlitzen” Deiner Skizze stehen. Da sie schon in Polfilter 1 die waagrechte Schwingungsrichtung herausfiltern, kann nach meinem Verständnis im 45° verschobenen Polfilter eigentlich (klassisch) die zuvor herausgefilterte Schwingungsrichtung nicht wieder dazukommen. Eine Zerlegung in die 2 Komponenten die relevant sind für Polfilter 2 halte ich für verboten, da die waagrechte Komponente für jeden Neubasis-Schwingungsvektor benötigt wird, diese aber zuvor herausgefiltert wurde.

    Ich könnte mir das klassisch höchstens so erklären: Das Material des Polfilters 2 wird durch die Anregung durch die einfallende Welle zu einer Neuemission mit veränderter Schwingungsrichtung angeregt. Anders kann ich mir das klassisch nicht erklären.

  20. #20 7eggert
    27. November 2018

    Anonym_2018 meint wohl, daß Photonen in Bewegungsrichtung keinen Raum erfahren sowie keine Zeit. Damit wäre bei verschränkten Photonen jeder der beteiligten Orte zur selben Zeit am selben Fleck.

  21. #21 MartinB
    27. November 2018

    @Wizzy
    “Diese müssten ja orthogonal zu den eingezeichneten “Schlitzen” Deiner Skizze stehen.”
    Richtig.

    ” kann nach meinem Verständnis im 45° verschobenen Polfilter eigentlich (klassisch) die zuvor herausgefilterte Schwingungsrichtung nicht wieder dazukomme”
    Du musst es physikalisch sehen: Du bis ein Elektron in einem Draht unter 45° zum anliegenden E-Feld. Der Komponente in Drahtrichtung kannst du folgen, es wirkt in dieser Richtung also eine Kraft, also wirst du beschleunigt, also gibt es auch den “Spiegeleffekt”.

  22. #22 Wizzy
    27. November 2018

    @MartinB
    Hm, ich habe mir gerade ein von einer Maschine streng linear geschütteltes Seil vorgestellt als noch anschaulichere Transversalwelle (entspricht Licht hinter dem ersten Polfilter). Das Seil wäre am fernen Ende fixiert und dazwischen würde man statt jedes Polfilters jeweils das Seil durch zwei zueinander parallel aber orthogonal zum Seil angebrachte Stangen mit einem Spalt von ~Seildicke führen. Hinter jedem Stangenpaar könnte es so nur noch in Spaltrichtung schwingen.

    Damit funktioniert die Signalübertragung bei einem 45° und dahinter einem 90° gedrehten Stangenpaar dann auch (denn die Stangenkraft führt das Seil in die erste schräge Schwingung, dann die zweite), im Gegensatz zu einem sofort bei 90° liegenden. Verrückte Welt.

  23. #23 MartinB
    27. November 2018

    @Wizzy
    Ja, mit nem Seil geht’s auch.

  24. #24 Anonym_2018
    27. November 2018

    @7eggert #20
    Ja. Bei Photonen macht es aus meiner Sicht keinen Sinn, von “spukhafter Fernwirkung” zu sprechen, weil der räumliche Abstand zweier Ereignisse (z.B. 1. Trennung der Photonen, 2. Auftreffen auf dem Polarisationsfilter) relativ und für Photonen sogar Null ist.

    Etwas anders sieht das bei Elektronen aus, deren Spin verschränkt ist. Aber zumindest die Phasengeschwindigkeit von deren Materiewelle breitet sich mit Überlichtgeschwindigkeit aus.

  25. #25 MartinB
    28. November 2018

    @Anonym_2018
    Der räumliche Abstand ist nicht null, nur der raumzeitliche. Und Photonen sind kein gültiges Bezugssystem…

  26. #26 Anonym_2018
    29. November 2018

    Und Photonen sind kein gültiges Bezugssystem…

    Warum?

  27. #27 MartinB
    29. November 2018

    Weil es kein Ruhesystem eines Photons gibt. Photonen können nicht ruhen, niemand kann relativ zu einem Photon ruhen.
    Das war letztlich der Ausgangspunkt für Einstein: Was würde passieren, wenn ich neben einer Lichtwelle herfliege? Die Maxwellgleichungen verbieten eine stationäre Welle.

  28. #28 Anonym_2018
    1. Dezember 2018

    Die Maxwellgleichungen verbieten eine stationäre Welle.

    Dann müssten die Maxwellgleichungen ja die Geschwindigkeit der Wellen vorgeben. Das widerspricht aber folgender Aussage: “Die Lichtgeschwindigkeit ist also nicht wirklich eine Konsequenz des Elektromagnetismus, sondern es ist eher umgekehrt”. Falls die Geschwindigkeit eines Photons aber durch die Raumzeit vorgegeben ist, dann folgt aus den Maxwell’schen Gleichungen, dass in diesem mit c bewegten Bezugssystem das Produkt ε₀ µ₀ = unendlich ist.

  29. #29 MartinB
    1. Dezember 2018

    @Anonym_2018
    Natürlich steckt die Lichtgeschwindigkeit in den maxwellgleichungen, das widerspricht auch nicht meiner Aussage.
    Der zweite Satz ergibt keinen Sinn – es gibt kein mit c bewegtes Bezugssystem. Wenn es das Gäbe, könnten in ihm die Maxwellgleichungen nicht gelten, genau damit hat Einstein doch mal angefangen (Was passiert, wenn man auf einer Lichtwelle surft).
    Irgendwo hakt da dein verständnis, ich kann aber nicht sagen, wo.

  30. #30 Anonym_2018
    1. Dezember 2018

    Wenn es das Gäbe, könnten in ihm die Maxwellgleichungen nicht gelten

    Für das Photon, das in diesem (umstrittenen) Bezugssystem ruht, wäre das egal, weil es die Frequenz Null, damit keine Energie h * f und damit auch keine relativistische Masse hat. Es wäre also dasselbe, wie ein (nur in diesem Bezugssystem) nicht existierendes Photon. Für ein diesem (Null-Energie-)Photon entgegenkommendes Photon würden die Maxwellgleichungen nach wie vor gelten.

  31. #31 MartinB
    1. Dezember 2018

    @Anonym_2018
    Wenn du schon selbst sagst, dass das Photon nicht existiert, dann macht es auch keinen Sinn, davon zu reden, ihm könne ein Photon entgegenkommen.
    Die Physik macht keine Aussagen über das Verhalten von nicht existierenden und unmessbaren Dingen….

  32. #32 Anonym_2018
    1. Dezember 2018

    Wenn du schon selbst sagst, dass das Photon nicht existiert …

    Das sage ich nur für dieses besondere Bezugssystem. In diesem hat das Photon die Frequenz Null, weil sich das Bezugssystem mit einem Wellenberg mitbewegt. Dadurch bleibt ein elektrischer Feldvektor an einem bestimmten Ort dieses Berzugssystems zeitlich konstant. Aber das elektrische Feld selbst existiert auch in diesem Bezugssystem. Vielleicht hat das irgendeinen Einfluss auf die Verschränkung. Die Maxwellgleichungen beschreiben die Wirklichkeit nicht exakt, weil sie die Quantisierung der Energie und des Spins nicht beschreiben.

  33. #33 MartinB
    1. Dezember 2018

    @Anonym_2018
    Wie soll denn das E-feld im Bezgssystem des Photons aussehen, wenn seine Energie null ist und damit E²=0 ist?
    Es ergibt wirklich keinen Sinn, sich ins Ruhesystem eines Photons zu setzen – keine Lorentztransformation führt dich dahin, keine daraus weg…

    “Vielleicht hat das irgendeinen Einfluss auf die Verschränkung.”
    Vielleicht ist der Mond auch in Wahrheit aus grünem Käse oder vielleicht haben auch die Sternbilder einen Einfluss auf die Quantenverschränkung oder sonst irgendwas…

  34. #34 Anonym_2018
    1. Dezember 2018

    Wie soll denn das E-feld im Bezgssystem des Photons aussehen, wenn seine Energie null ist und damit E²=0 ist?

    Die Energiedichte des statischen elektrischen Feldes wäre schon endlich (falls ε₀ in diesem Bezugssystem den üblichen Wert hat). Die Energie wäre bei der Frequenz Null aber nicht quantisiert. D.h. dem elektrischen Feld müssten unendlich viele virtuelle Photonen mit jeweils h * f = Null entsprechen.

  35. #35 Anonym_2018
    1. Dezember 2018

    keine Lorentztransformation führt dich dahin, keine daraus weg…

    nur, wenn man ab und zu mal durch Null dividiert. Aber das haben glaube ich Mathematiker nicht so gerne 🙂

  36. #36 MartinB
    1. Dezember 2018

    @Anonym_2018
    Aha, wir haben also unendlich viele energielose Photonen, die zusammen ein endliches E-Feld ergeben, das jedoch nicht durch die Maxwell-Gleichungen beschrieben wird….
    Das hat jetzt wirklich mit Physik nur noch insofern was zu tun, als du Begriffe verwendest, die aus der Physik stammen. Bitte nicht hier auf meinem Blog.

  37. #37 7eggert
    2. Dezember 2018

    Die maxwell’schen Gleichungen werden in dem zweidimensionalen(?) Bezugssystem des Photons nicht so gelten, wie sie sich uns vierdimensionalen Wesen ergeben. Auf jeden Fall ist Die Rechnung E=hf in so einem System Unsinn, da f nicht definierbar wäre. Auch der Rest der üblichen Mathematik bricht da zusammen, Alles, was auf Zeit oder Ausbreitungsgeschwindigkeit Bezug nimmt. Ein Ausbreiten findet ja dort gerade nicht mehr statt.

    Bei s=½at² haben wir auch eine andere Formel genommen und aufgehört, unendlich kleine Zeitscheiben ds = v(t) * dt aufzusummieren, nur einmal bewiesen, daß am Ende die Rechnung gültig ist. Daß man da auch andere Formeln als bei gleichförmiger Bewegung bekommt, haben wir hingenommen.

    Ich habe leider nicht Einsteins (Newtons/Leibniz) Genie, das in einer neuen Mathematik auszuführen. Ich fürchte auch, daß die im Verhältnis zu Einstein so verständlich sein würde, wie Einstein im Verhältnis zu Newton im Verhältnis zu dem kleinen Ein Mal Eins.

  38. #38 MartinB
    2. Dezember 2018

    @7eggert
    Ich verstehe nicht so recht, worauf du hinaus willst. Es ist wirklich kein Problem, dass es kein Bezugssystem eines Photons (oder Gravitons oder sonstigen masselosen teilchens) geben kann, weil diese Teilchen auch keine Messungen machen können. Es ist letztlich eine zwingende Folge aus der Tatsache, dass die Minkowski-Metrik eine Pseudometrik ist, bei der es nicht identische punkte mit Raumzeitabstand Null gibt.

  39. #39 Anonym_2018
    3. Dezember 2018

    @7eggert #37

    Die maxwell’schen Gleichungen werden in dem zweidimensionalen(?) Bezugssystem des Photons nicht so gelten

    Nach meinem Verständnis sind Bezugssysteme der SRT immer vierdimensional. Falls es ein Bezugssystem des Photons gibt, muss das also auch dafür gelten.

    Würde man z.B. in diesem Bezugssystem die Geschwindigkeit eines entgegenkommenden Photons mit dem relativistischen Additionstheorem berechnen, dann hätte es in diesem Bezugssystem die Geschwindigkeit
    (c+c)/(1+ (c*c)/c²) = c.

    Es in gleicher Richtung wie dieses Bezugssystem fliegendes Photon hätte nach dem relativistischen Additionstheorem die Geschwindigkeit
    (c-c)/(1+ (c*c)/c²) = Null.

    Ein mit v₁ entgegenkommendesTeilchen mit Ruhemasse hätte nach dem relativistischen Additionstheorem die Geschwindigkeit
    (c+v₁)/(1+ (c*v₁)/c²) = c.

    Ein mit v₁ transversal bewegtes Teilchen mit Ruhemasse hätte aufgrund der Zeitdilatation die Geschwindigkeit Null.

    => In diesem Bezugssystem gäbe es nur die Geschwindigkeiten Null oder c, nichts dazwischen.

    Ob in der Wirklichkeit ein Photon von A nach B fliegt, können wir nach meinem Verständnis nicht wissen, weil es nur bei A (=Emmission) und bei B (=Absorbtion) beobachtet wird. Dazwischen scheint es aber eine Welle zu geben, wie ein Doppelspaltexperiment zeigt. Die Erklärung der QED (Integration über alle möglichen Wege) scheint mir nur eine effektive Theorie zu sein. Das Wellenmodell halte ich hier für realitätsnäher.

  40. #40 MartinB
    4. Dezember 2018

    @Anonym_2018
    ” Die Erklärung der QED (Integration über alle möglichen Wege) scheint mir nur eine effektive Theorie zu sein. Das Wellenmodell halte ich hier für realitätsnäher.”
    Huh? Die QED schließt doch das Wellenmodell ein???

  41. #41 Anonym_2018
    4. Dezember 2018

    Jetzt weiss ich, auch, warum das hier “Hier wohnen Drachen” heisst:

    Der theoretische Physiker John Wheeler sprach einmal vom »großen, rauchenden Drachen«, um ein Lichtteilchen zu beschreiben, dass sich von einer Quelle zu einem Detektor bewegt. »Das Maul des Drachen ist scharf, damit beißt er in den Detektor. Seine Schwanzspitze ist scharf, dort ist die Quelle«, schrieb Wheeler. Das Photon besitzt also sowohl am Anfang als auch am Ende eine eindeutig definierbare Realität. Doch dazwischen ist der Körper des Drachen unwirklich, gewissermaßen in Nebel gehüllt. »Es lässt sich nichts darüber aussagen, wie der Drache in diesem Bereich aussieht oder was er dort macht.«

    Quelle:
    https://www.spektrum.de/magazin/realitaet-und-kausalitaet-in-der-quantenphysik/1603740

  42. #42 Anonym_2018
    4. Dezember 2018

    Wenn ein Photon in ein Mach-Zehnder-Interferometer fliegt, legt es darin keinen der beiden mögliche Wege zurück (das machen Wellen, die interferieren), kommt aber am Ausgang mit 100% Wahrscheinlichkeit bei Detektor D₁ an. Wenn man den 2. Strahlteiler entfernt (= keine Interferenz), kommt es mit 50% Wahrscheinlichkeit beim Detektor D₁ und sonst beim Detektor D₂. Was dazwischen passiert, ist unbekannt.

  43. #43 MartinB
    5. Dezember 2018

    @Anonym_2018
    Zum ersten Kommentar: Nein, der blog heißt nicht deswegen so.
    Zum zweiten Kommentar: Kann man so ausdrücken, wenn man es unbedingt möglichst schwer verständlich machen will.

  44. #44 Anonym_2018
    8. Dezember 2018

    @MartinB #40

    Huh? Die QED schließt doch das Wellenmodell ein???

    In dem Buch “QED The Strage Theory of Light and Matter” von Richard Feynman wird das Wort “Welle” jedenfalls nur in historischen Betrachtungen verwendet. Ansonsten ist nur von möglichen Photonen-Wegen, Amplituden und Wahrscheinlichkeiten die Rede.

  45. #45 MartinB
    9. Dezember 2018

    @Anonym_2018
    Ja, kann man machen, schließt aber das Wellenbild trotzdem ein, siehe meine QFT-Serie.