Schwarze Löcher sind sicherlich die spektakulärste Vorhersage der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART). Heute schaue ich einmal auf einen besonderen Aspekt der Schwarzen Löcher: Warum sie nach den Gesetzen der ART nahezu unausweichlich sind.
Sternstabilität
Sterne wie unsere Sonne sind stabil, weil sich zwei Größen gegenseitig ausbalancieren: Die Gravitation der Teilchen, aus denen die Sonne besteht, sorgt für eine Kraft, die die Teilchen zum Zentrum der Sonne hin beschleunigt. Wenn ihr allerdings ein Gasatom irgendwo in der Sonnenatmosphäre seid, könnt ihr nicht einfach zum Zentrum der Sonne hin stürzen, denn andere Teilchen sind im Weg. (Oder, im Bild der Raumzeitkrümmung ausgedrückt: Die Masse der Teilchen krümmt die Raumzeit, so dass die geradesten Linien in der Raumzeit zum Zentrum der Sonne zeigen und die Teilchen diesen Linien folgen würden, wenn sie nicht daran gehindert würden.) Der Druck dieser Teilchen hindert die Sonne daran, in sich zusammenzustürzen.
Da die Teilchen der Sonne ein Gas bilden, ist dieser Druck der Gasdruck. Der ist um so höher, je heißer ein Gas ist – wäre die Sonne kalt, könnte das Gas zusammenstürzen, aber die Sonne produziert ja im Inneren jede Menge Energie per Kernfusion, also ist sie heiß. Die Sonne ist also stabil, weil Gasdruck und Schwerkraft sich die Waage halten.
Da sich die Schwerkraft nicht abschalten lässt, muss etwas Ähnliches für jedes stabile Objekt im All gelten: Die Schwerkraft, die die Teile des Objekts nach innen zieht, muss durch irgendetwas ausbalanciert werden, das einen Gegendruck aufbaut. Und dieser gegendruck ist, wie wir dann nachher sehen werden, leider nicht unproblematisch…
Weiße Zwerge
Am Ende eines Sternlebens passieren jede Menge komplizierte Dinge, über die ich hier gar nicht reden will (fragt lieber Florian oder Alderamin, die kennen sich da besser aus), da gibt es erst mal rote Riesen und möglicherweise Sternexplosionen und all solches Zeugs. Irgendwann kehrt aber Ruhe ein. Was mit dem verbleibenden Sternenrest passiert, hängt von seiner Masse ab.
Ist die Masse kleiner als etwa 1,44 Sonnemassen, dann ist der Sternenrest ein Weißer Zwerg, so wie in diesem Bild (in dem ein solcher Zwerg von einem Haufen Zeugs umkreist wird, damit es hübscher ist…)
Von ESA/Hubble, CC-BY 4.0, Link
Ein Weißer Zwerg ist nicht mehr gasförmig, sondern ziemlich massiv – er hat eine Dichte von etwa einer Tonnen pro Kubikzentimeter. Bei so einer hohen Dichte liegen die Atome nicht mehr in ihrer üblichen Form vor – die Atomkerne sind sehr eng zusammengequetscht und die Elektronen entsprechend ebenfalls. Am Anfang des Lebens eines Weißen Zwergs ist er (wegen des vorausgegangenen Kollaps) noch sehr heiß, aber irgendwann nimmt die Temperatur im Inneren ab. Was jetzt den Gegendruck aufbaut, sind die Elektronen. Elektronen mögen es nicht so gern, wenn man sie eng zusammenquetscht – je enger der Raum ist, auf den man die Elektronen zusammendrückt, desto höher ist ihre Energie. (Das ist auch bei normaler Materie so: Man kann sich ein einfaches Modell der metallischen Bindung bauen, wenn man sich vorstellt, jedes Atom wäre ein Kasten, bei dem das Elektron eingesperrt ist. Es ist dann energetisch günstiger, 8 Elektronen in einem Kasten mit doppelter Kantenlänge zu haben als 8 einzelne Elektronen in einem Kasten, der nur so groß ist wie ein Atom.) Dieser Effekt ist übrigens ein Effekt der Quantenmechanik (der letztlich daran liegt, dass Elektronen nie im selben Zustand sein wollen) – was nebenbei ein schönes Beispiel dafür ist, dass quantenmechanische Effekte auch für große Objekte wichtig sein können.
Der Gegendruck durch die Elektronen in einem Weißen Zwerg ist ziemlich hoch – das muss er auch sein, denn an der Oberfläche herrscht ja eine hohe Schwerebeschleunigung (so etwa 500000 mal höher als auf der Erde), die die Teilchen nach innen zieht. Irgendwann reicht aber auch dieser Gegendruck nicht mehr aus.
Neutronensterne
Sterne mit größerer Masse werden zu Neutronensternen. Hier werden Elektronen und Protonen so zusammengequetscht, dass sie sich zu Neutronen vereinen. Der Stern besteht dann im Inneren nur noch aus Neutronen und hat eine Dichte von etwa 400 Millionen Tonnen pro Kubikzentimeter (wenn ich mich nicht verrechnet habe), die Schwerebeschleunigung an der Oberfläche beträgt das 100 Milliardenfache von der der Erde. Für die Neutronen im Neutronenstern gilt dieselbe Regel für die Elektronen in einem eißen zwerg: Je enger man sie zusammenquetscht, desto höher wird ihre Energie. Da dieser Efekt aber von der Masse der beteiligten Teilchen abhängt, lassen sich mit den viel schwereren Neutronen auch wesentlich höhere Drücke realisieren als mit Elektronen, bevor das Ganze instabil wird.
Wenn die Masse des Sternenrests etwa 2,2 Sonnenmassen überschreitet, dann ist auch der Neutronenstern nicht mehr stabil. Diesen Wert verdanken wir übrigens der Gravitationswellenastronomie – durch die Beobachtung der Verschmelzung von Neutronensternen zu Schwarzen Löchern ließ sich die vorher deutlich ungenauer bekannte Grenzmasse gut bestimmen.
In unserem Universum gibt es jetzt keinen weiteren Effekt, der einen Kollaps verhindern kann – es gibt keine Kräfte oder Teilchen, die einen höheren Druck aufbauen können als Neutronen, so dass der Stern jetzt immer weiter kollabiert und zum Schwarzen Loch wird. Man kann sich aber natürlich fragen, ob das so sein muss – könnte es nicht einen weiteren Effekt geben, der eine noch höhere Dichte zulässt und immer so weiter?
Die Antwort lautet: Nein.
Kommentare (110)