Die Einsteingleichung
Der Grund dafür liegt in der Einsteingleichung, die beschreibt, wie die Materie die Raumzeit krümmt. Die Gleichung lautet (nicht erschrecken)
Die linke Seite ist der sogenannte Einstein-Tensor. Der sagt etwas über die Krümmung der Raumzeit aus. Das G hat Indices (die griechischen Buchstaben mu und nu), denn es ist ein Tensor (so ähnlich wie ein Vektor), hat also mehrere Komponenten. Besonders interessant ist die Komponente G00, die etwas über den veränderten Zeitablauf aussagt. Die uns aus dem Alltag vertraute Schwerebeschleunigung lässt sich ja darauf zurückführen, dass in der Nähe einer Masse die Zeit langsamer verläuft (wie das im einzelnen funktioniert, habe ich beispielsweise in meiner Artikelserie “Von Einstein zu Newton” erklärt – klickt bei den Artikelserien, um die zu lesen), und dieser Effekt steckt in diesem G00.
Auf der rechten Seite haben wir die Gravitationskonstante G, die Lichtgeschwindigkeit c und dann den sogenannten Energie-Impuls-Tensor. Für Details dazu könnt ihr den Link anklicken, hier ist nur eine Komponente wichtig, nämlich T00. Laut der Gleichung ist diese Komponente ja (bis auf den Vorfaktor) gleich G00, sorgt also für den veränderten Zeitablauf und damit auch für das, was wir im Alltag als “Schwerkraft” wahrnehmen. In T00 steckt die Masse (genauer gesagt die Dichte) drin, aber zusätzlich auch etwas anderes, nämlich der Druck. Steht Materie unter Druck, krümmt sie die Raumzeit stärker, als wenn sie nicht unter Druck stünde.
Nebenbemerkung: Das ist übrigens auch ein Grund, warum es in der ART kein homogenes Schwerefeld geben kann. In der klassischen Newtonschen Theorie entsteht so ein Schwerefeld über einer unendlich ausgedehnten massiven Platte – in der ART muss man aber berücksichtigen, dass die Materie in der Platte sich ja auch gegenseitig anzieht und dadurch einen Druck aufbaut, der die Krümmung der Raumzeit beeinflusst. Ein homogenes Feld mit konstanter Schwerebeschleunigung ist dann nicht mehr möglich.
In einem Neutronenstern ist der Druck bereits sehr hoch – so hoch, dass er auf der rechten Seite der Einsteingleichung berücksichtigt werden muss. Der Neutronenstern krümmt die Raumzeit also stärker, als man erwarten würde, wenn man nur seine Masse selbst betrachtet.
Erhöht man die Masse weiter, dann muss der Druck im Stern immer weiter zunehmen, um die Materie am Kollaps zu hindern, aber der zunehmende Druck selbst sorgt wiederum dafür, dass die Schwerebeschleunigung noch größer wird, so dass man einen noch höheren Druck braucht, um das zu kompensieren, was aber zu noch mehr Schwerebeschleunigung führt usw. (Sehr schön erzählt auch in dieser Geschichte.)
Nehmen wir als Beispiel die Sonne und stellen uns vor, wir würden sie immer weiter komprimieren. Bei einem Radius von etwa 10 Kilometern wäre sie ein Neutronenstern (die Sonne wird nie ein Neutronenstern werden, weil sie dazu zu leicht ist, aber es ist ja nur ein Gedankenexperiment), aber wir komprimieren sie einfach immer weiter. Wie gesagt gibt es in unserem Universum keine Kraft, die eine höhere Materiedichte stabil halten kann, aber wir können uns ja vorstellen, dass es einen bisher unbekannten Effekt gibt, der theoretisch auch Drücke erzeugen und stabil halten kann, die beliebig groß sind.
Wir komprimieren die Sonne also immer weiter, auf einen Radius von 5 Kilometern, vier Kilometern, und dann noch ein bisschen. Der Druck im Inneren nimmt dabei immer weiter zu, und weil der Druck selbst die Schwerebeschleunigung erhöht, nimmt er immer stärker zu, weil die Materie immer mehr nach Innen drängt. Bei einem Radius von knapp 3400 Metern ist dann Schluss: Der Druck im Zentrum der komprimierten Sonne muss jetzt nicht bloß extrem groß sein, um den Kollaps zu verhindern, sondern unendlich groß. Und keine denkbare Wechselwirkung der Welt kann einen unendlich großen Druck erzeugen. Die Sonne muss jetzt also zwangsläufig kollabieren und in sich zusammenstürzen. Sie wird zu einem Schwarzen Loch mit einem Radius von etwa 3000 Metern, dem Schwarzschild-Radius. (Wer’s genau wissen will: Generell ist der minimale stabile Radius das 1,125-fache des Schwarzschild-Radius.)
Entscheidend ist also, dass der Druck selbst die Schwerkraft (die Krümmung der Raumzeit) beeinflusst: Ein hoher Druck sorgt für zusätzliche Schwerebeschleunigung. Dieser Effekt folgt direkt aus der ART, ist aber in der klassischen Physik nicht vorhanden – nach Newton erzeugen Massen Schwerkraft, aber keine Drücke. Im Alltag merken wir davon nichts. Das liegt daran, dass im Energie-Impuls-Tensor eigentlich nicht die Masse (oder Dichte) drin steckt, sondern die Energie. Und nach der berühmten Gleichung E=mc² entspricht auch schon eine kleine Masse einer ziemlich hohen Energie, weil c² ziemlich groß ist. Im Druckterm dagegen steckt kein c², er ist also normalerweise vernachlässigbar klein.
Dichte und Größe
Bisher habe ich erklärt, was passiert, wenn man ein Schwarzes Loch betrachtet, das so etwa sternengroß ist. Hier wird die Dichte extrem groß, bevor der Kollaps unaufhaltsam wird. Tatsächlich ist das aber nicht für alle Schwarzen Löcher so: Je größer ein Schwarzes Loch ist, desto kleiner ist seine Dichte. Stellen wir uns beispielsweise eine gigantische Kugel aus Wasser vor, die einen Radius von etwa 450 Millionen Kilometern hat (also so etwas mehr der halbe Abstand zwischen Jupiter und der Sonne). Egal welche Kraft wir uns vorstellen, die die Kugel am Kollabieren hindern soll, sie wird nicht ausreichen – denn auch in dieser Kugel ist der Druck im Zentrum unendlich hoch. Solange wir also hinreichend viel Masse an einem Ort anhäufen, entsteht zwangsläufig ein Schwarzes Loch.
Sind Schwarze Löcher unausweichlich?
Nach dieser Logik sind Schwarze Löcher also tatsächlich unausweichlich. Das heisst allerdings nicht, dass es sie in unserem Universum auch zwangsläufig geben muss. Es könnte ja sein (und man hat das früher auch angenommen), dass alle Sterne am Ende ihres Lebens durch eine Explosion so viel Masse verlieren, dass sie nie zu einem Schwarzen Loch werden können. In einem anderen Universum könnte diese Grenze höher sein als in unserem, wenn es dort andere Kräfte gibt. Ob es also in einem Universum, in dem die ART gilt, tatsächlich Schwarze Löcher gibt, muss man durch Beobachtung herausfinden. (In unserem Universum ist die Sache klar, wir wissen ziemlich sicher, dass es Schwarze Löcher gibt, spätestens dank der Gravitationswellen.) Aber wenn man nur genügend Masse an einem Ort anhäuft, dann muss ein Schwarzes Loch entstehen, dafür sorgt der Druck als Quelle der Raumzeitkrümmung.
PS: Weit mehr zur ART findet ihr rechts bei den Artikelserien und in meinem anscheinend demnächst tatsächlich erscheinenden Buch.
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