Ein Plan wird gefasst
Als Miranda am nächsten Abend aufwachte, galt ihr erster Blick dem Wetter. Sie zog die Vorhänge zur Seite und sah, dass es draußen schneite. „Es schneit. Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen, denn die letzten Tage war es viel zu kalt für Schnee.“
„Es ist aber immer noch ziemlich kalt“, sagte Wyveria, als sie in der Schule ankamen und Wyveria aus dem Besen herauskletterte und schnell ins Schulhaus huschte.
„Es tut mir Leid, dass die Schule gestern ausfallen musste“, sagte die Hexenlehrerin. Die Hexenkinder lachten, denn natürlich hatte allen die freie Nacht gut gefallen. „Übermorgen muss die Schule leider noch einmal ausfallen, ihr dürft alle zu Hause bleiben.“
„Warum fällt denn dauernd die Schule aus?“, wollte Draconia wissen.
„Wir haben etwas wichtiges im Hexenrat zu besprechen, aber darüber braucht ihr euch keine Gedanken zu machen.“
Während des Unterrichts schaute Miranda immer wieder zum Fenster. Draußen schneite es noch immer und es schien tatsächlich etwas wärmer geworden zu sein. Miranda und Wyveria waren erleichtert und froh, dass der Zauber der Hexen anscheinend so gut geklappt hatte.
Für Wyveria war es draußen ohne Warmzaubertrank allerdings immer noch zu kalt. Als sie wieder zuhause waren, braute Miranda neuen Zaubertrank, doch sie beschlossen, ihn für einen wichtigen Anlass aufzusparen, denn der Zentaurenwein würde ja nicht ewig reichen. Immer wieder schaute Miranda aus dem Fenster hinaus. Der Schneefall hatte aufgehört und sie hoffte, dass es bald anfangen würde zu tauen. Sie wandte sich wieder ihrem Zaubertrank zu, doch nach einer Weile hörte sie, wie draußen ein Wind zu heulen begann. Er rüttelte an ihren Fensterläden und ließ ihre Haustür klappern. Miranda ging zur Tür und spürte, wie ein eisiger Wind durch den Türspalt hindurchwehte. Vorsichtig öffnete sie die Tür, nur für einen Moment. Der Windstoß, der hereinfuhr, war so kalt, dass Miranda die Luft wegblieb. Schnell knallte sie die Tür wieder zu.
„Es hat nicht funktioniert“, sagte sie traurig. „Der Wetterzauber der Hexen war nicht stark genug.“
„Weißt du, was das bedeutet?“, fragte Wyveria.
„Ja, die Hexen müssen sich etwas neues einfallen lassen.“
„Nein, es bedeutet, dass wir zum Frostdrachen fliegen müssen.“
„Wir? Ein Hexenkind und ein junger Drache? Was sollen wir denn gegen den Frostdrachen ausrichten können?“
„Überleg doch mal“, sagte Wyveria. „Mit dem Zentaurenwein kannst du mich vor der Kälte schützen. Du kannst ihn nicht an einen anderen Drachen geben, denn für einen der großen Drachen würde der Trank nicht lange reichen. Also bin ich der einzige Drache, der zum Frostdrachen fliegen kann.“
„Aber wie sollst du gegen den Frostdrachen kämpfen können?“
„Ich weiß es nicht. Aber die Drachen haben gesagt, nur ein Drache kann gegen den Frostdrachen siegen, und ein Drache bin ich, wenn auch ein kleiner.“
„Trotzdem“, sagte Miranda. „Außerdem ist das genau das, was der Frostdrache will. Aus irgendeinem Grund hat er es auf dich abgesehen, es wäre doch unsinnig, dich direkt zu ihm zu bringen.“
„Aber wenn wir es nicht versuchen, dann wird er die ganze Welt eineisen. Es wird nie wieder Frühling werden, und alles nur meinetwegen. Ich kann doch nicht schuld daran sein, dass alles für immer im Eis verschwindet“, sagte Wyveria nachdrücklich.
Miranda seufzte. „Ich fürchte, du hast recht“, sagte sie dann. „Aber wir müssen unsere Reise sorgfältig planen.“
„Natürlich“, sagte Wyveria.
„Gut. Dann lass uns überlegen, was wir alles mitnehmen müssen.“
Miranda begann mit Wyverias Hilfe zu packen. Als erstes holte sie ihren Kessel zum Zaubertrank-Kochen, das Fass mit dem Zentaurenwein, die Zutaten für ihre Zaubertränke und auch etwas Feuerholz, ohne das sie im Schnee ja keinen Trank brauen konnte. Außerdem packte sie ihr Zauberbuch und ihre Kristallkugel ein, die sie vorsichtig in ein dickes Tuch hüllte, damit sie nicht zerkratzte. „So, meine Zaubersachen haben wir. Jetzt brauchen wir noch Proviant.“
Miranda ging in die Küche, wo sie für sich ein paar Brote schmierte, einige Äpfel und ein Stück Käse einpackte und für Wyveria ein großes Stück Fleisch. Dann kramte sie ihre warmen Wintersachen heraus. „Wenn wir ganz im Norden sind, muss ich mich sicherlich warmzaubern, aber es ist besser, ich ziehe mich trotzdem so warm an, wie es geht. Für Dich packen wir ein paar Decken ein, und wenn es zu kalt wird, trinkst du vom Warmzaubertrank.“
„Ist gut“, sagte Wyveria, „ich hoffe, der Zaubertrank reicht für die weite Reise.“
„Wir müssen so schnell fliegen, wie es nur geht“, sagte Miranda.
Als Miranda an den vielen Schnee dachte, den es am Gletscher geben würde, hatte sie noch eine Idee. Sie suchte ein großes, weißes Bettlaken heraus, faltete es sorgfältig zusammen und packte es ebenfalls ein.
Schließlich hatte Miranda alles gepackt und verstaute es draußen im Besen. Es war immer noch schrecklich kalt draußen. Miranda gähnte. „Vielleicht sollten wir uns noch eine Weile ausruhen, bevor wir losfliegen. Es wird sicher anstrengend.“
„Ist gut“, sagte Wyveria. „Vielleicht sollten wir am Tag losfliegen, da ist es doch hoffentlich etwas wärmer.“
„Ja, das machen wir“, antwortete Miranda und dann fiel ihr etwas anderes ein. „Hmm, wenn ich heute Abend nicht zur Schule komme, dann wird die Hexenlehrerin sich bestimmt wundern. Am besten sage ich, dass ich krank bin.“
Miranda holte ihre Kristallkugel und rief Draconia an. Sie erzählte ihr, dass sie sich fürchterlich erkältet hätte und am nächsten Abend nicht zur Schule kommen würde.
„Bist du wirklich erkältet?“, fragte Draconia. „Sieht man gar nicht.“
„Doch, doch“, sagte Miranda schnell und schniefte in ein Taschentuch. „Ich muss mich jetzt hinlegen, ich habe Kopfschmerzen.“
„Gute Besserung“, sagte Draconia zum Abschied.
„Warum hast du Draconia nicht gesagt, was wir vorhaben? Sie ist doch deine Freundin“, wollte Wyveria wissen.
„Wenn sie wüsste, was wir vorhaben, würde sie bestimmt mitkommen wollen. Aber ich glaube, es ist schrecklich gefährlich, und ich will nicht Schuld sein, wenn ihr etwas passiert. Du musst gehen, weil du der einzige Drache bist, der gehen kann, und ich muss gehen, weil du alleine nicht soweit reisen kannst. Aber jemand anderen möchte ich nicht in Gefahr bringen.“ Miranda seufzte. Dann krabbelte sie in ihr Bett, um sich vor der großen Reise etwas auszuruhen, aber sie war sehr aufgeregt und schlief nur unruhig.
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