Gemäss dem Schweizer Parlament sind aber manche gleicher.

Letzten Donnerstag hat das Schweizer Parlament beschlossen, dass beim Festsetzen von Haftpflichtprämien für Autofahrer Versicherungen weiterhin nach Nationalität diskriminieren dürfen.

Dieser Entscheid hat einen hässlichen Nachgeschmack von Rassismus. Der Hintergrund ist, dass in der Schweiz in erster Linie Immigranten vom Balkan den Ruf haben verantwortungslose Raser zu sein. Auf diese Stereotypen will ich hier gar nicht erst eingehen, es geht mir um eine grundsätzlichere Frage. Nehmen wir einfach an, dass in dieser Gruppe ein erhöhtes Risiko für Autounfälle besteht.

Kann es zulässig sein gemäss dem Pass zu diskriminieren? Vieles prägt unser Verhalten, aber unsere Nationalität ist bestimmt ein schlechter Ansatz um dieses vorauszusagen. Tut man es trotzdem ist das Resultat zwangsläufig diskriminierend und unfair. Das ist doch eine Form von Sippenhaft (oder in diesem Fall wohl eher Sippenverantwortung). Von der Stigmatisierung einzelner Gruppen soll hier gar nicht erst die Rede sein. Es würde mich auch interessieren inwiefern demographische Eigenheiten solcher Gruppen in diesen Berechnungen mit einbezogen werden (z.B. Geschlechter oder Altersstruktur). Ich befürchte kaum, weil ansonsten würde eine Diskriminierung nach Nationalität ja weniger Sinn machen und eher dieses alternative Kriterium angewendet werden.

Der Mob mag diesen Entscheid gut finden, aber ich glaube nicht dass viele mit anderen analogen Szenarien ebenfalls einverstanden wäre (und es kann nunmal kein Gesetz gegen eine einzelne Gruppe geben in einem Rechtsstaat).

Würde das Parlament auch ethnische Unterscheidungen in den Prämienberechungen akzeptieren? Vielleicht könnten man nach Hautfarbe (Schwarze) oder Religion (Juden) unterscheiden oder wäre das dann plötzlich nicht mehr eine so gute Idee?

Der Staat sollte Privaten zwar möglichst nicht vorschreiben mit wem sie Geschäfte machen sollen. Hier handelt sich aber um ein staatlich geregeltes und unter Aufsicht stehendes Solidaritätssystem (Versicherung) und daher wäre ein Eingreifen des Staates meiner Meinung nach durchaus gerechtfertigt (oder zumindest eine Verurteilung der Diskriminierung). Ich möchte nicht für das aggregierte Verhalten meiner Schweizer Mitbürger verantwortlich gemacht werden.

Das ist schlichter Tribalismus. Vielleicht heisst die grosse Kammer in der Schweiz deswegen Nationalrat.

Kommentare (3)

  1. #1 Thilo
    März 22, 2008

    Auch wenn das kein Trost sein wird, aber solche Regelungen sind keine Besonderheit der Schweiz.
    In Deutschland gibt es zum Beispiel höhere Policen für Fahrer aus Mecklenburg-Vorpommern (wohl wegen angeblich höheren Alkoholkonsums) und niedrigere Policen für Fahrer aus dem öffentlichen Dienst (wohl wegen angeblicher Langsamkeit im Straßenverkehr).

  2. #2 Versicherungsmathematiker
    März 23, 2008

    Bei der Tarifierung einer Versicherungspolice werden alle statitistisch aussagekräftigen Merkmale verwendet: Diese beinhalten Alter, Geschlecht, Wohnort, Garage, gefahrene Kilometer etc. Und auch Nationalität. Das hat nix mit Diskriminierung zu tun sondern nur mit statistischer Auswertung.

    Angenommen, Gesellschaft A sieht in den Daten, dass Leute mit langen Haaren (LH) mehr Unfälle haben als solche mit kurzen Haaren (KH). Entsprechend verlangen sie von LH eine höhere Prämie (200) als von den KH (100). Vor der Auswertung zahlten alle (LH und KH) 150 Prämie. Nun kommt Gesellschaft B und unterscheidet nicht sondern verlangt nach wie vor von allen 150. Was passiert? LH gehen zu Gesellschaft B und zahlen dort mit 150 weniger als die von ihnen verursachten Schäden; alle KH gehen natürlich zu Gesellschaft A und zahlen dort den angemessenen Tarif. (Und bald schon ist Gesellschaft B tot …)

  3. #3 ali
    März 23, 2008

    @Versicherungsmathematiker

    Ich kann nicht sagen auf was kontrolliert wird. Wie ich geschrieben habe, hoffe ich sehr, dass auf Geschlecht und Alter statistisch kontrolliert wurde. Ob alle relevanten Faktoren miteinbezogen werden weiss ich hingegen nicht.

    Vor kurzem wurde eine Studie zu Jugendkriminalität (anderes Thema, ähnlich vorutreilsbeladen) der Schweiz veröffentlicht, wo mit der gleichen Methode in den Heimatländer der ausländischen Jugendlichen die gleiche Untersuchung gemacht wurde. Die Resultate zeigte einen Unterschied zwischen den Gruppen in der Migration und im Heimatland. Es scheinen also noch andere Faktoren als die Nationalität relevant zu sein und diese ist nur eine Annäherung (zugegebenermassen wie anderen Merkmale wie z.B. das Geschlecht auch).

    Wie auch immer, ich habe oben zwar Fragen zur statistische Auswertung aufgeworfen aber mein Hauptargument ist ein politisches: Welche Diskriminierung können wir noch akzeptieren? Man kann die Population in immer kleinere Untergruppen aufspalten, aber irgendwann geht das Solidaritätsprinzip einer Versicherung verloren. Wo erzwingt der Staat die Solidarität und wie approximativ darf ein Kriterium sein?

    Ich vermute es gibt beispielsweise in den USA eine Korrelation zwischen Hautfarbe und Gefängnispopulation. Sollen deshalb Schwarze in den USA von der Polizei mehr überwacht werden als Weisse? Die Politik muss solche Entscheide fällen und ich finde den obigen aus den dargelegten Gründen falsch.

    Das Beispiel mit den Haaren gefällt mir gut. Erstens fehlt der Regulator und das ist genau worum es hier geht. Zweitens und nicht unwichtig, Haare kann man abschneiden.