Die Unruhen in Tibet, von denen ich schon vor ein paar Tagen berichtete, haben inzwischen ein grösseres Ausmass angenommen.
Ich habe schon in diesem Beitrag auf die Protestaktionen in Tibet hingewiesen. Die Proteste sind nun eskaliert und es wird von 80 bis 100 Toten gesprochen. Der Korrespondent des Economist hat zufälligerweise kurz vor dem Ausbruch der Unruhen eine Genehmigung erhalten, Tibet zu bereisen und berichtet nun von den Ereignissen vor Ort.
Gründe für die Krawalle scheinen nicht nur der Kampf für kulturelle Selbstbestimmung zu sein, sondern auch steigende Lebensmittelpreise. Es wurden Geschäfte von ethnischen Han Chinesen geplündert und angezündet. Der Ausbruch der Unruhen fällt mit dem historischen Jubiläum des 10. März zusammen, der Tag an dem die Tibetaner dem niedergeschlagenen Aufstand von 1959 gedenken. Dieser Aufstand kostet wahrscheinlich tausenden von Tibetanern das Leben und war der Auslöser für die Flucht des Dalai Lamas ins Exil.
Der Kampf Tibets und seines exilierten Führers geniesst grosse Sympathie beim westlichen Publikum. Ich vermute, dies hängt mit einem romantischen (und wohl auch etwas verklärten) Bild dieses Bergvolkes und des Buddhismus zu tun. Filme wie “Sieben Jahre in Tibet” prägen die öffentliche Wahrnehmung.
Ich möchte hier aber einen weiteren weniger bekannten und gewalttätigen Aspekt in der Geschichte Tibets ansprechen. Eine Zeit, als es eine bewaffnete Widerstandsgruppe gab, die sich Voluntary Force for the Defence of Buddhism nannte und als die CIA während mehr als einem Jahrzehnt verdeckt im Tibet operierte. Ab 1957 hat die CIA Tibetaner in den USA für Sabotageakte ausgebildet, tonnenweise Waffen abgeworfen und eine Widerstandsgruppe in Mustang (Nepal) an der Grenze zu Tibet ausgebildet. Die CIA koordinierte ihre Aktionen mit dem Dalai Lama (so wurde er beispielsweise von der CIA über ein sogenanntes Stipend von jährlich 180 000 USD finanziert). Im gleichen Dokument werden übrigens auch weitere detaillierte Ausgaben für den tibetanischen Widerstandskampf erwähnt.(1) Der Operation in Tibet war nie ein grosser Erfolg beschieden. Die CIA hat die Operationen aufrecht erhalten, obwohl es bald offensichtlich wurde, dass die Verluste an Menschenleben und Material in keinem Verhältnis zu den Resultaten stand. Wahrscheinlich wollte man vor allem den Kommunisten in China ein auf den Füssen rumtreten mit den Aktionen.
Einen guten Überblick über diese Aktivitäten findet man im Buch Orphans of the Cold War – America and the Tibetan Struggle for Survival von John Kenneth Knaus.(2) Es gab auch eine BBC Doku zu diesem Thema, die ich aber nie gesehen habe.(3)
(1) Foreign Relations of the United States, 1964-1968, Volume XXX, China, Document 371
(2) Knaus, John Kenneth, Orphans of the Cold War – America and the Tibetan Struggle for Survival, 1999, PublicAffairs, New York. Es muss angemerkt werden, dass der Autor für die CIA arbeitete und eine wichtige Rolle in der Tibet Operation spielte.
(3) Wer sich nun brennend für das Thema interessiert, kann mich kontaktieren, ich kann noch eine Bibliographie dazu nachliefern
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