Es ist in breiten Kreisen der Bevölkerung der Eurozone ein Allgemeinplatz, dass mit der Einführung des Euro alles teurer wurde. Die Sache hat nur einen Haken: Es stimmt nicht.
Statistisch konnte keine inflationäre Wirkung des Euros festgestellt werden. Man suchte auch nach alternativen Messmethoden um zu sehen ob das Problem in der Datenerhebung lag. Trotzdem sind grosse Teile der Bevölkerung überzeugt, dass mit dem Euro das Leben teurer wurde. Ich habe diese Diskussion schon häufig geführt und fast niemand hat sich von gegenläufigen Statistiken von dieser Irrmeinung abringen lassen. Es ist wie eine Diskussion um Homöopathie oder vierblättrige Kleeblätter: Man hat es selbst beobachtet, also weiss man dass es stimmt!
Wenn es um Inflation geht, kann das Problem sich durch die Wahrnehmung selber schaffen, da die Einschätzung der zukünftigen Inflation einen Einfluss auf die effektive Inflation hat. Geldpolitik hat nicht zuletzt immer auch eine psychologische Komponente. Um so wichtiger ist es diesen Widerspruch zwischen Wahrnehmung und Statistik zu erklären.
Die Europäische Zentralbank hat 2006 ein Working Paper veröffentlicht in dem die Autoren das Phänomen mit einem Aufmerksamkeitsdefizit der Konsumenten zu erklären versuchen. Bei der Einführung der neuen Währung benutzten die Konsumenten in der Regel einen gerundeten Umrechnungskurs um den Gegenwert in der alten Währung zu berechnen. Dies schafft eine Diskrepanz zwischen Händler und Verkäufern wenn es um Preise ging (bei besonders komplizierten Umrechnungen nehmen es die Konsumenten hingegen wieder genauer). All dies betrifft aber vor allem Lebensmittel, Kleider und ganz kleine Beträge.
Gibt es denn noch andere Erklärungen ohne einen monetären Plazeboeffekt bemühen zu müssen?
Es wird ein Artikel erscheinen im Psychonomic Bulletin & Review von den Autoren Adam Alter und Daniel Oppenheimer (1). Die beiden Psychologen behaupten, dass einem weniger vertrauten Zahlungsmittel weniger Wert zugestanden wird. Dazu haben sie legale, aber seltene US-Dollar Banknoten und Münzen benutzt. Ihre Probanden fragten sie jeweils wie viel sie sich für die entsprechende Münze oder den vorgezeigten Schein kaufen könnten. Die so getesteten wollten konsequent weniger tauschen gegen das weniger vertraute Zahlungsmittel. Es mag nicht die eigentliche Absicht der Autoren gewesen sein zur Euro Frage beizutragen, aber dieses Experiment bietet eine interessante alternative Erklärung für die Lücke zwischen Inflationswahrnehmung und statistisch festgestellter Inflation bei der Einführung des Euro.
(1) Ich habe versucht die Referenz zu finden, aber der Artikel ist noch nirgends aufgelistet. Ich bin über diesen Artikel im Economist darauf gestossen.
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