Die Brasilianische Regierung hat Fotos veröffentlicht, von einem isoliert lebenden Indiostamm im Amazonas. Was fasziniert so an dieser Meldung? Ein paar Sonntags Gedanken meinerseits.
Die Welt berichtete darüber ebenso wie die New York Times, BBC und viele andere. Die kernigen Vergrösserungen sind überall zu finden und scheinen eine grosse Wirkung zu erzielen. Um auf das Schicksal der indigenen Völker und die Bedrohung duch die fortschreitende Abholzung aufmerksam zu machen ist der Coup auf jeden Fall gelungen. Mich interessiert diese Faszination die von der Meldung und den Fotos ausgeht.
So fand ich beispielsweise dieses Zitat zur obigen Meldung (Quelle):
Diese Menschen werden eben nicht mit Chemikalien aufgepumpt, nehmen keine Wachstums- und Sexualhormone über die Nahrung auf, kennen kein Plastik, putzen sich nicht mit Fluorid die Zähne, haben kein Fluorid im Trinkwasser, verwenden weder künstliche Geschmacksverstärker noch Aspartam, keine Aluminium-haltigen Deos, keine Hormon-imitierende Parfums, nehmen keine Antidepressiva, kein Prozac, fahren nicht mit dem Auto zum Einkaufen, haben keine Granaten mit abgereichertem Uran und keine Atomkraftwerke.
Kann es sein, dass wir von einem romantisierten Bild des noch mit der Natur im Einklang lebenden, unverdorbenen Menschen geprägt sind? Ich vermute auch, dass das Erbe von Jahrhunderten Dominanz des Christentums in unserer Kultur vieles zu dieser Romantisierung beiträgt. Wir sehen uns als die aus dem Paradies vertriebenen und für immer von diesem Makel gezeichneten. Im Gegensatz dazu stehen diese indigenen unkontaktierten Stämme. Sie leben von was ihnen die Natur gibt. Die meisten modernen Errungenschaften (auf die wir interessanterweise nicht verzichten möchten) stehen als omnipräsente Erinnerungen an unsere Erbsünde (ein Konzept das ich schon immer als abstossend empfand, aber das, so bin ich überzeugt, kulturell tief in uns Wurzeln geschlagen hat).
Aber wenn wir ganz ehrlich sind, da gibt es nichts zu romantisieren. Das Leben im Urwald ist knallhart, die Lebenserwartung wohl tief. Hygiene ist bestimmt nicht einfach, Krankheiten und Infektionen könne kaum behandelt werden, die Kindersterblichkeit muss hoch sein. Möglichkeiten zu verunglücken sind im Dschungel allgegenwärtig. Das Gelände ist schwierig und der lebende Mensch nimmt wieder seinen angestammten Platz in der Nahrungskette ein.
Es geht mir nicht darum, dass diese Indigenen nun ‘kontaktiert’ (welch seltsames Wort in diesem Zusammenhang) werden sollen, oder dass es nicht eine lobenswerte Sache ist, sich gegen die Abholzung der Regenwälder einzusetzen und das diese diese Völker bedroht. Ich bin nur erstaunt über diese romantischen Vorstellungen eines Naturzustandes, die sooft gepflegt werden. Dies geht meist einher mit einer Verteufelung von vielen modernen Errungenschaften. Doch sollte nicht vergessen werden, dass diese Lebensweise sehr viel auch mit schierem Überlebenskampf zu tun hat und wenig mit paradiesischen Zuständen.
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