Die wenigsten würden die Wiedereinführung der Prügelstrafe gutheissen. Zurecht wird sie als grausame und erniedrigende Massnahme wahrgenommen und verurteilt. Menschenrechtsorganisationen kritisieren regelmässig Länder die diese Strafe anwenden. Doch viele Länder Europas scheinen eine Ausnahme zu machen.
Für die eigentlich speziell schutzbedürftige Gruppe der Kinder ist es vielerorts völlig in Ordnung, dass für strafrechtlich irrelevante Bagatellen ohne Garantie eines fairen Prozesses und durch nicht unter staatlicher Kontrolle stehender Akteure, die Prügelstrafe ausgeführt werden darf. Körperliche Züchtigung heisst dies dann und gilt als Erziehungsmassnahme. Der Europarat hat am 15. Juni 2008 eine Kampagne gestartet um diesen Zustand zu ändern.
Schaut man sich die Karte an, was von Staateswegen in Europa erlaubt ist, sieht man, wie sehr diese Aktion Not tut. Grün sind die Länder in denen körperliche Züchtigung in der Schule und zu Hause gesetzlich untersagt sind. Blau gefärbt sind diejenigen, die nur in der Schule Prügel verbieten und Rot wo keine rechtlichen Verbote bestehen (die Grafik wurde auf der Basis dieses Berichtes in .pdf erstellt).
Bildquelle: wikicommons
Die Schweiz die sich so gerne ihrer vermeintlichen ‘humanitären Tradition’ rühmt, scheint dieser Humanität weniger Bedeutung zuzumessen wenn es um die eigenen Kinder geht. Ich verstehe, dass das Eingreifen des Staates in Erziehungsangelegenheiten heikel ist. Hier muss diese Freiheit aber abgewogen werden gegen den Schutz von Kindern und dem Verbot einer sonst als unmenschlich geltender Bestrafung. In vielen anderen Fragen geniesst das Kindswohl zurecht Priorität, warum sollte dies hier anders sein.
Es gilt zu vermuten, dass trotz progressiver Gesetzgebung in vielen Ländern körperliche Züchtigung von Kindern immer noch weit verbreitet und gesellschaftlich akzeptiert ist. Es gilt als der Normalzustand. Das ist wohl auch der Grund, warum es für manche anscheinend gar eine Ausnahme zur Christlichen Nächstenliebe darstellt. Ich vermute die Kinder müssen lernen die andere Wange hinzuhalten (1).
Der häufig ins Feld geführte ‘harmlose Klapps auf den Hintern’ ist ein Euphemismus ohne Basis in der Realität. Die Harmlosigkeit wird sowieso durch den Schlagenden definiert und statistisch gesehen steht dieser ‘harmlose Klapps’ meist am Anfang von härteren und intensiveren Bestrafungen. Auch das dieser ‘noch nie geschadet hätte’ stimmt so nicht. Wer also die Prügelstrafe für Erwachsene als unmenschlich empfindet muss konsequenterweise auch ein Verbot von körperlicher Züchtigung von Kindern befürworten.
(1) Der Autor des besagten Artikels meint auch “dass die biblischen Anweisungen über Disziplinierung immer die besten sein werden”. Ob das wohl auch die Steinigung von ungehorsamen Kindern die in der Bibel als Bestrafung gefunden werden kann, miteinschliesst?
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