In der Blogwelt Serie von scholarz.net waren gestern Theologie Blogs an der Reihe. Ich frage mich inwiefern es sich bei den vorgestellten Blogs überhaupt um Wissenschaftsblogs handelt. Es geht hier um ein grundlegendes Problem der Theologie.

Ich will hier auf keinen Fall die leidige Diskussion starten, was nun ein Wissenschaftsblog ist oder nicht. Ich gehöre zur liberalen Fraktion ohne grosse Ansprüche. Vom Tagebuch bis zur Besprechung von Fachartikeln soll meinetwegen alles reinpassen. Bei den vorgestellten Theologieblogs wird jedoch sogar mein Minimalanspruch unterschritten.

Es fällt auf, wie in den vorgestellten Blog nicht wirklich wissenschaftliche Fragestellungen behandelt noch referenziert werden. Kein Forschungsalltag wird da beschrieben, keine Artikel besprochen. Überall hingegen dreht sich alles um den Christlichen Glauben und die Bibel. Da wäre zuerst mal das ZeitGeist Blog:

Wir wollen auf diesem Blog gemeinsam über die Verbindung von Kultur und Evangelium nachdenken. Wie können wir Christus in unserer gegenwärtigen Gesellschaft nachfolgen, ja noch mehr, wie können wir so leben, dass sich die Gesellschaft um uns herum verändert?

oder auf theolounge.de:

Unsere Seite soll ökumenisch ausgerichtet sein und den christlichen Glauben – sowie den Glauben an Gott generell – kommunizieren.

oder Eins in Christus:

Der Titel dieses Weblogs soll beschreiben, worum es aus meiner Sicht bei Ökumene und Mission geht: Wir sind als Christen eins in Christus (Joh. 17,21) und gesandt in die Welt (Joh. 20,21).

Mit wissenschaftlicher Arbeit, Methodik, Denken oder Thematik hat das meines Erachtens gar nichts zu tun. Es reflektiert hingegen gut den Sonderstatus den die Theologie geniesst. Zweifelt man an der Wissenschaftlichkeit der Theologie wird einem sogleich entgegnet, was alles an Forschung betrieben wird. Dies ist aber nur die halbe Geschichte. Es wird bestimmt viel interessantes geforscht im Fach Theologie. Ich bin aber überzeugt, dass dies alles gut in anderen Departementen untergebracht werden könnte (wie schon schon dargelegt von Richard Dawkins in einem Leserbrief an den Britischen Independent). Der Rest jedoch gehört in die Kirche aber nicht an die Universität.

Ich würde es nie wagen, ein Blog als Politikwissenschafts Blog zu bezeichnen, wenn ich darin meine Zeit verbringen würde, den Leserinnen und Lesern zu sagen, was sie an der nächsten Abstimmung auf ihren Zettel schreiben sollen und welche Partei die Beste ist. Dies sind subjektive und persönliche Feststellungen. Tue ich es aber doch, dann schreibe ich (hoffentlich klar deklariert) als interessierter Bürger. Nie würde ich dies zum Hauptinhalt eines Wissenschaftsblog machen, denn mit meiner wissenschaftlichen Arbeit hat es wenig zu tun. Es wäre schlicht ein Etikettenschwindel. Ich unterscheide zwischen meiner versucht distanzierteren Meinung als Wissenschaftler und meiner Wertungen und Qualifizierungen als Privatperson. Genau das ist häufig ein Problem in der Theologie.

Obwohl in vielen Theologischen Fakultäten bestimmt ausgezeichnete wissenschaftliche Arbeit geleistet wird, findet eine Vermischung zwischen Forschung und religiösem Hokuspokus statt. Glaube an etwas in Abwesenheit von einem Beweis ist eben per Definition unwissenschaftlich. Wissenschaft will genau das Gegenteil. Die Theologie sollte sich deshalb entscheiden, ob sie Wissenschaft sein möchte oder nicht. Auf beiden Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen kann im 21. Jahrhundert aber nicht mehr angehen.

Kommentare (6)

  1. #1 Uwe Seibert
    Juni 25, 2008

    Lieber Herr Arbia,

    Sie beurteilen das ganz richtig. Mein Ökumene-Blog (https://einsinchristus.wordpress.com) hat auch gar keinen wissenschaftlichen Anspruch, sondern dient vor allem der Weitergabe von Informationen über Themen, Veranstaltungen u.a. im Bereich Mission, Ökumene und Dialog der Kulturen und Religionen. Zielgruppe sind keine Wissenschaftler, sondern das “einfache Kirchenvolk” in meiner Region (Dekanat Dillenburg der EKHN). Ich weiß selber nicht, wie mein Blog es in die Kategorie “Theologie-Blog” geschafft hat. Um bloße Propaganda für den christlichen Glauben geht es mir allerdings auch nicht, wie Sie selbst feststellen können, wenn Sie ein paar meiner Blogbeiträge lesen. Wenn ich etwas propagiere, dann vor allem das bessere gegenseitige Kennenlernen von Menschen verschiedener Konfessionen, Religionen, Kulturen und Sprachen. Darum geht es mir persönlich, das ist das Anliegen meines Blogs.

    Weiterhin viel Erfolg für Ihre Forschungsarbeit und Ihr Blog wünscht

    Uwe Seibert

  2. #2 theolounge.de
    Juni 25, 2008

    Hallo Ali,

    keine Ahnung, warum theologisch.com als Wissenschaftsblog referiert wird. Vermutung: weil wir über den Tellerrand schauen.
    Allerdings ist unsere Prämisse nicht, theologische Wissenschaft zu betreiben, sondern allenfalls ab und an mit einzubeziehen und zu reflektieren.

    Theologie als Wissenschaft ist übrigens durchaus sehr getrennt von dem, was man als Kirche bezeichnet. Theologie ist natürlich eine Wissenschaft, allerdings eine Geisteswissenschaft, keine Naturwissenschaft.
    Hier können Sie sich mehr informieren:
    https://www.evtheol.uni-muenchen.de/index.html

    Auch interessant, wenn auch nicht sehr mit Theologie verknüpft (berührt theolog. Fragen aber auch am Rande mit):
    https://timms.uni-tuebingen.de/

    Viele Grüße,
    Marc Gerlach

  3. #3 florian
    Juni 25, 2008

    Vielleicht eine blöde Frage, aber: wie genau ist denn der Unterschied zwischen Theologie und Religionswissenschaft definiert?

  4. #4 Uwe Seibert
    Juni 25, 2008

    Lieber Florian,

    es gibt (fast) keine dummen Fragen. Zur Beantwortung deiner Frage könnte folgender Link hilfreich sein:

    https://www.religionswissenschaft.info/was-ist-religionswissenschaft/

  5. #5 Rudi
    Juli 30, 2008

    Hallo Ali,

    ein interessanter Blogeintrag. Als Theologe habe ich ihn gerne gelesen, auch wenn ich oft etwas schmunzeln musste.

    Siehst du nicht einen Widerspruch in deinen Aussagen, dass an ‘vielen Theologischen Fakultäten bestimmt ausgezeichnete wissenschaftliche Arbeit geleistet wird’ und ‘Glaube an etwas in Abwesenheit von einem Beweis ist eben per Definition unwissenschaftlich’? Theologie ist nun mal die Disziplin, die sich mit übernatürlichen Sachen beschäftigt. Natürlich ist es nicht nachprüfbar… Dein Zugeständnis, dass an Theologischen Fakultäten wissenschaftliche Arbeit geleistet wird, wäre somit ein Widerspruch zu deiner vorherigen Einschätzung.

    Es ist auch interessant, dass du die Einschätzung verbreitest, dass Theologie im 21. Jhd. nicht auf beiden Hochzeiten tanzen kann. Spätestens seit des 21. Jhd. kehrt man sich von der ‘wissenschaftlichen Objektivität’ ab, da es so etwas gar nicht geben kann. Oder glaubst du wirklich, dass irgendjemand Vorurteilsfrei an einem Text, Idee, etc. arbeiten kann.

    Zum anderen gilt Theologie als Geisteswissenschaft und nicht als Naturwissenschaft. So wie man Geschichte unterschiedlich beurteilen kann (‘subjetiv’?) , kann es eben auch in der Philosophie und Theologie geschehen.

    Viele Grüße
    Rudi Drews

  6. #6 Leonore
    Oktober 22, 2009

    Zum Lachen:

    »Was ist ein Philosoph? « Antwort. »Ein Philosoph ist ein Mann, der bei dunkler Nacht eine Katze zu fangen sucht, die es gar nicht gibt.«

    »Was ist ein Theologe?« Antwort: »Ein Theologe ist ein Mann, der bei dunkler Nacht eine Katze zu fangen sucht, die es gar nicht gibt. Und der behauptet, er habe sie schon gefangen.«

    Ja ja, sehr lustig aber die Naturwissenschaftler sollen auch nicht leer ausgehen:

    Ein Mann geht bei stockfinsterer Nacht die Dorfstraße entlang. Unter der einzigen Laterne sieht er einen anderen Mann jeden Quadratzentimeter absuchen. »Was machen Sie denn da? « fragt er. »Ich suche meinen Hausschlüssel«, antwortet der andere. »Sind Sie denn sicher, dass Sie ihn hier verloren haben? « – »Nein, überhaupt nicht, aber hier kann ich wenigstens etwas sehen.«

    Wissenschaften sehen nun mal nur die “Wirklichkeit”, nicht die “Realität” (im Sinne von Gerhard ROTH)… wer will der Theologie vorwerfen zu versuchen wenigstens an die Realität zu glauben und, wenn irgendwie möglich, zu versuchen einen kurzen Blick über den Tellerrand der Wirklichkeit zu werfen?

    Viele Grüße,
    Leonore