Letzten Herbst veröffentlichte die New York Times einen Artikel über mehrere statistische Analysen die angeblich Belege liefern, dass die Todesstrafe erfolgreich abschreckt. Man könnte also sagen Leben rettet.
Eine parallele Diskussion wurde gestern auch in der Blogosphäre lanciert (via). Greg Mankiw behauptet, dass die Todesstrafe zumindest Rückfälligkeit einen Riegel vorschiebt.
Der oben verlinkte New York Times Artikel ist schon wegen der Zusammenstellung von relevanten Papers von Interesse. Darin finden sich interessanterweise vor allem Beiträge von Ökonomen. Die statistischen Analysen haben natürlich alle ihre Stärken und Schwächen und ich möchte diese gar nicht im Detail diskutieren. Auch sind die Resultate zum Teil widersprüchlich.
Drei Gedanken möchte ich aber zu dieser Frage hier zum Besten geben:
Erstens muss man sich der Grenzen von solchen Analysen in diesem Kontext bewusst sein. Die Zusammenhänge sind sehr kompliziert und es gibt eine gigantische Anzahl von alternativen Erklärungen für eine allfällige Korrelation, die man testen müsste, zudem sind die Zahlen klein. Fast allen ausser den Hardcore-Quantifizierer in den Sozialwissenschaften sollte das Problem dieser enormen Komplexität bekannt vorkommen. Dazu kommt, dass man mit relativen kleinen Zahlen operieren muss. Es werden zum Glück nicht genug Leute von Staates wegen umgebracht, dass sie genug Datenmaterial für stichfeste Statistiken liefern könnten. Ich möchte hier auch auf eine interessante These von Steven Levitt hinweisen, der den Rückgang in Kriminalität in den USA in den 90ern auf die Legalisierung der Abtreibung durch das Urteil in Roe vs. Wade von 1973 zurückführt.
Zweitens, Mankiws Argument ist ein wenig demagogisch. Die Sache ist doch etwas komplizierter und man kann moralische Überlegungen nicht einfach ausblenden. Sonst kann man die Todesstrafe für alles einführen.
Drittens, glaube ich nicht, dass man die in den Wirtschaftswissenschaften üblichen Grundannahmen einfach übernehmen kann. Wer jemanden umbringt, tut dies in den wenigsten Fällen überlegt und rechnet seine Opportunitätskosten durch (“ich nehme mir das Geld und habe dafür eine 36% Wahrscheinlichkeit lebenslänglich zu kriegen und eine 20% Wahrscheinlichkeit auf dem elektrischen Stuhl zu landen…”). Die Rationalitätsannahme kann in vielen Fällen sehr nützlich sein, selbst wenn sie sich nicht mit unseren täglichen Erfahrungen deckt. Bei einem so ausserordentlichen Ereignis wie Mord, macht sie aber wenig Sinn.
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