Im Blog von Olivia Judson erschien ein Post mit dem Titel “Let’s get rid of Darwinism”.
Sie argumentiert darin, dass Darwins Werk zwar ein riesiger Sprung nach vorne war und dass die moderne Biologie ihm viel zu verdanken hat, dass es aber an der Zeit ist, den Wortgebrauch der wissenschaftlichen Realität anzupassen. Begriffe wie ‘Darwinsimus’ und ‘darwinistisch’ seien eigentlich veraltet. Darwin würde heute abgesehen von den Grundmechanismen in der modernen Biologie nicht sehr viel von seiner Theorie wiedererkennen. Judson schreibt dazu:
They [The terms Darwinism, Darwinian and Darwinistic] suggest a false narrowness to the field of modern evolutionary biology, as though it was the brainchild of a single person 150 years ago, rather than a vast, complex and evolving subject to which many other great figures have contributed. (The science would be in a sorry state if one man 150 years ago had, in fact, discovered everything there was to say.) Obsessively focusing on Darwin, perpetually asking whether he was right about this or that, implies that the discovery of something he didn’t think of or know about somehow undermines or threatens the whole enterprise of evolutionary biology today.
Besonders der letzte Satz ist wohl auch auf die vor allem in den USA wütende Debatte um die Realtitätsverweigerung der Kreationisten gemünzt. Aber nicht nur deswegen denke ich, liegt Judson richtig. Wie sie treffend darlegt, zementieren diese Begriffe auch das Bild einer Wissenschaft, die sich kaum vorwärts bewegt und wenn sie es doch tut, nur in riesigen Sprüngen nach Entdeckungen von ganz wenigen ausserordentlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
‘Darwinismus’ ist ausserdem inzwischen vor allem ein politscher Begriff. Er beschreibt häufig ein seher primitives Verständnis von Evolution und wird fast ausschliesslich negativ benutzt. Dies tut auch dem guten alten Darwin und seinem Werk bestimmt keine Ehre.
Nachtrag in Form einerFrage an unser Hausbiologen: Judson spricht von Gruppenselektion als sei es ein mehr oder weniger gesichertes Faktum. Ich fand Dawkins Argument jedoch immer sehr einleuchtend, dass nur Gene als Selektionseinheit Sinn machen und meinte diese Diskussion sei überholt. Aber anscheinend scheint diese Debatte doch nicht zu Ende zu sein. Hat sich da seit den 60ern so wenig geändert oder vertritt Judson einfach die Position einer kleinen Minderheit?
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