Kurz vor meiner Blogpause erschien ein Artikel in PloS Medicine, in welchem die Autoren behaupten, dass Konditionen bei der Kreditvergabe durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) im ehemaligen Ostblock mit der Verbreitung von Tuberkulose korreliert.
Ich möchte dieses Thema, obwohl nicht mehr ganz frisch, hier doch noch aufnehmen. In der deutschsprachigen Blogosphäre hat Martin Booker von Homo Sociologicus den Artikel aufgegriffen und sich über das fehlende Echo in den Medien beklagt. Für einmal war die mediale Unterlassungssünde aber wohl nicht so schlimm. Statistisch steht die Studie auf wackligen Füssen.
Steve Kass liefert eine plausible Kritik (via). Sein Hauptargument ist, dass es fast keine Länderjahre von 1994 bis 1997 im Datensatz ohne IWF Kreditprogramm gibt. Dies bestätigt auch meine erste intuitive Reaktion als ich von der Studie las.
Als mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Osten die Ökonomien und die staatlichen Institutionen vieler Länder ebenfalls kollabierten, hatten dies Staaten riesige währungspolitische Probleme und Stabilitätssorgen. Der IWF erschien als Retter in dieser Not und vielleicht auch als willkommene Ausrede, um die bei der Bevölkerung verständlicherweise unbeliebte Reformen anzupacken. Ein Anstieg der Tuberkulosefälle korreliert vermutlich wie vieles anderes auch in der betreffenden Periode und Region mit den IWF Kreditvergabe-Programmen. Das belegt noch lange keinen Kausalzusammenhang und ein solcher kann mit dem Beispiel Osteuropa schlecht bewiesen werden. Die spezifischen historischen Umstände und der totale wirtschaftliche Zusammenbruch gepaart mit den spezifischen strukturellen und institutionellen Problemen dieser ehemals kommunistischen Staaten eignen sich wohl nicht um allgemeingültiges über die IWF Programme abzuleiten (1). Ironischerweise ist genau dies eine häufige Kritik am IWF: Er würde seine Rezepte nicht den individuellen Umständen anpassen.
Vielleicht wenn ähnliche Effekte in anderen Ländern unter weniger partikulären Gegebenheiten gefunden würden, müsste der IWF über die Bücher (2).
(1) Von den Problemen mit den notorisch schlechten Statistiken in vielen dieser Länder gar nicht zu reden.
(2) Die Autoren der Studie behaupten, dass dies getan wurde, ich habe aber die Bibliographie zugegebenermassen nicht durchstöbert.
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