Während sich Europa und die USA besorgt zeigen wegen den mutmasslichen nuklearen Ambitionen Irans und Nordkoreas, scheinen sich die gleichen Mächte wenig um die nukleare Aufrüstung in einem anderen Land zu scheren, dieses sogar aktive dabei zu unterstützen. Die Meldung ist nun doch schon drei Wochen alt, aber dies Geschichte hat in meinen Augen nicht genug Aufmerksamkeit erhalten.
Am 6 September hat die Nuclear Suppliers Group (NSG, Gruppe der Kernmaterial-Lieferländer) einstimmig beschlossen, den zivilen Handel mit Nuklearmaterial mit Indien wieder aufzunehmen. Deutschland, die Schweiz und Österreich sind alle Mitglied der NSG und haben also der Ausnahme zugestimmt. Zumindest hier in der Schweiz hat man kein grosses Aufsehen darum gemacht.
Bildquelle: Wikimedia Commons
Zwei Aspekte sind beachtenswert: Erstens gibt es nur fünf Länder weltweit die Nuklearwaffen besitzen und von solchem Handel auch profitieren können (1). Diese haben aber im Gegensatz zu Indien alle den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet der die Weitervebreitung von Nuklearwaffen verhindern soll (die USA und China haben ihn jedoch noch nicht ratifiziert). Zweitens wurde die NSG ironischerweise als Kartell gegründet, als Reaktion auf den ersten indischen Atomwaffentest 1974 (die Website der NSG erwähnt Indien nicht namentlich).
Dank der NSG Ausnahme wird Indien seine zur Verfügung stehende Uranium Menge verdoppeln können. Das Uranium aus dem Ausland, welches für zivile Zwecke genutzt werden muss, setzt so natürlich trotzdem heimisches Uranium für militärische Nutzung frei. Ein Überschwappen von technischem Know-How aus dem zivilen Sektor ist ebenfalls zu erwarten. Vor allem diplomatisch wird die Ausnahme als grosser Erfolg Indiens gewertet und ich stimme dem zu. Für ein Land welches sich selbst auch als regionale Grossmacht wahrnimmt, ist eine solche Spezialbehandlung durchaus eine wichtige Bestätigung insbesondere weil der Traditionsgegner Pakistan diese eben nicht besitzt.
Bis zur nuklearen Selbstversorgung Indiens ist es jedoch noch ein weiter Weg. Indien besitzt offensichtlich Thorium in grossen Mengen, welches es aber noch nicht in der Lage ist im grossen Stil zu nutzen (eine Schätzung meint, dass eine Selbstversorgung frühstens im Jahre 2050 erreicht werden könne (2)).
Der Entscheid der NSG kann jetzt noch vom US Kongress aufgehalten werden, da dieser die Stimme der US Regierung noch absegnen muss.
(1) USA, Grossbritannien, Frankreich, China, Russland
(2) The Economist, Quantum Politics, 11. September 2008
Kommentare (6)