Andernorts toben hier bei Scienceblogs.de Kommentarschlachten zu Feng Shui (Marcus und Christian), Homöopathie (Ulrich und Florian) und Astrologie (schon wieder Florian). Das erinnerte mich an eine Studie aus dem Jahre 2007 die ‘nachwies’, dass gewisse Sternzeichen anfälliger sind für spezifische Krankheiten. Skeptisch? Nicht ohne Grund.

Um es gleich vorwegzunehmen, die Geschichte ist alles andere als neu. Die Studie geisterte offensichtlich schon durch die Blogosphäre (bei GWUP und Plazeboalarm, ausgelöst durch einen Artikel in der Bild aufgegriffen durch Bildblog).

Die vermeintliche “Astrologiestudie” illustriert aber zwei Dinge ausgezeichnet und darum möchte ich sie nochmals aufgreifen und zu erklären versuchen:1 Erstens zeigt sie, wie wissenschaftliche Resultate missbraucht werden können. Wer will kann sich zusammenpicken was sein Weltbild zementiert (oder seine Geschäftsgrundlage stärkt). Dies selbst wenn man die Studie zu 180 Grad entgegen den Intentionen des Verfassers interpretieren muss. Zweitens und das ist die eigentliche Aussage der Studie, wer nach etwas sucht, wird es auch finden. Das heisst nicht, dass man keiner Statistik glauben darf. Das heisst nur, dass nicht jeder statistische ‘Beweis’ effektiv ein solcher ist.

Peter Austin von der Universität Toronto hat herausgefunden dass Personen die im Sternzeichen der Waage geboren sind, mit grösserer Wahrscheinlichkeit eine Beckenfraktur erleiden, Fische eher einen Herzinfarkt kriegen und Frauen die im Zeichen der Jungfrau geboren sind, während der Schwangerschaft eher Erbrechen müssen. Austin unternahm diese Studie mit der Absicht aufzuzeigen, dass man wenn man genug Hypothesen mit dem gleichen Datensatz testet, ein Resultat erhalten wird, egal ob es Sinn macht oder nicht.

Wie ging Austin vor? Normalerweise legt man bei einer statistischen Analyse eine Grenze fest, ab welcher Wahrscheinlichkeit man den gemessenen Effekt als ‘real’ einstuft (typischerweise 95%). Das heisst aber auch, dass man statistisch gesehen im Durchschnitt auf 20 Hypothesen einmal falsch liegen wird (5% entsprechen1:20). Bei den 223 ‘getesten’ Krankheiten, wäre es erstaunlich gewesen, hätte Austin keine Zusammenhänge gefunden. Austin wollte Mediziner daran erinnern, dass man die statistische Methode entsprechend anpassen muss. Er wählte Sternzeichen als Hospitalisierungs-Auslöser, weil er dies für eine offensichtliche absurde Korrelation ohne jegliche Basis hielt. Leider hat er die Leichtgläubigkeit vieler Menschen unterschätzt.

Wie oben verlinkt, griff zum Beispiel die Bildzeitung die Studie unter dem Titel auf: Endlich alle zwölf Sternzeichen erforscht – So wirken die Sterne auf Ihre Gesundheit. Nun könnte man hoffen, dass alles schon wieder im Medienrauschen untergegangen ist. Doch stiess ich bei meiner kurzen Google Suche zum Thema auf eine Firma, die ‘astrologisch angepasste Nahrungsergänzung’ anbietet und behauptet diese seien aufgrund eben dieser Studie lanciert worden. Die Produkte werden mit angeblichen ‘Zahlen’ aus der Studie beworben:

Die AstroVital Nahrungsergänzungslinie entstand aufgrund einer Studie von Peter Austin. An dieser Studie nahmen 10 Mio. Patienten über
15 Jahre teil. Mit folgendem Resultat: 75 % Übereinstimmung der Krankheitsdispositionen bei den verschiedenen Sternzeichen.
Da es keine 100% Übereinstimmung gab, war es medizinisch nicht signifikant genug. Mir persönlich waren aber 75% der Übereinstimmungen genug.

(Gefunden hier. Auf der Firmen-Website wird behauptet dass die Idee für das Produkt als Eingebung beim Betrachten des Sternenhimmels kam und die Studie wird nicht erwähnt).

Alles Quatsch. Austin zapfte eine Datenbank an und führte nicht “über 15 Jahre eine Studie mit 10 Millionen Patienten” durch (abgesehen davon analysierte er Daten über 2 Jahre soweit ich das überblicke). Wie schon erwähnt, sein Ziel war nicht den Einfluss der Astrologie zu belegen. Im Gegenteil, er betrachtet als gesetzt, dass sie absolut keinen Einfluss auf die Menschen hat.

Ich habe keine Ahnung wie der Autor der obigen Mail auf diese 75% kommt und was diese bedeuten soll. Ich vermute er bezieht sich auf die Aussage im Paper2, dass ein signifikanter Zusammenhang mit einer 70.8% Wahrscheinlichkeit auftritt, wenn man 24 Hypothesen mit dem 5% Signifikanz-Level testet. Mal abgesehen davon, dass der Herr von AstroVital in dem Fall sehr grosszügig aufgerundet hat, ergeben seine Aussagen absolut keinen Sinn. Diese 70.8% repräsentieren die Wahrscheinlichkeit mit der mindestens eine der 24 Hypothesen einen siginifikanten Zusammenhang aufzeigen wird, auch wenn man die Personen in 24 zufällig bestimmte Gruppen statt Sternzeichen einteilen würde. Aber das ist wohl, egal, Hauptsache er kann einen ‘wissenschaftlichen Beweis’ anführen. Wer seiner Kunden wird wegen der Statistik nachhaken oder gar das Paper von Peter Austin besorgen?

1 Meine Statistikkenntnisse sind eher bescheiden. Sollte ich mich irgendwo verhauen, bin ich um Anmerkungen dankbar.
2 Wer das Dokument möchte, darf mir eine Mail schreiben.

Kommentare (18)

  1. #1 florian
    November 10, 2008

    Das erinnert mich an die Geschichte mit den Spinnen, die man im Schlaf verschluckt. Da wollte auch mal eine Forscherin untersuchen, wie sich “urban legends” im Internet verbreiten und hat sich selbst ein Beispiel dafür ausgedacht: Jeder Mensch verschluckt in seinem Leben im Schlaf X Spinnen (X=8 oder so). Natürlich hat sich diese Geschichte verselbstständig und geistert seitdem als Tatsache durchs Internet 😉

  2. #2 sil
    November 10, 2008

    Schon mal nachgeschaut welcher österreichische “Gesundheitsexperte” mit weißem Haar und Ehrenprofessortitel den Astrovitalblödsinn bewirbt?

    https://www.bankhofer-gesundheitstipps.de/categories/41

    Da ist doch alles klar.

  3. #3 ali
    November 10, 2008

    Habe gerade gesehen, dass die ‘wissenschaftliche Grundlage’ auch andernorts zitiert wird.

  4. #4 Bernd
    November 10, 2008

    Ali, ich würde sagen, dass Du das Problem multipler Vergleiche (“…dass man statistisch gesehen im Durchschnitt auf 20 Hypothesen einmal falsch liegen wird…”) und die Interpretation des Signifikanzniveaus/-levels (“…ab welcher Wahrscheinlichkeit man den gemessenen Effekt als ‘real’ einstuft…”) durcheinander bringst bzw. statistische Signifikanz falsch deutest. Um zu der Aussage zu kommen, etwas ist statistisch signifikant, berechnet man eine Irrtumswahrscheinlichkeit und nicht die Wahrscheinlichkeit, einen gemessenen Effekt als ‘real’ einstufen zu können.

    Empfehlenswert für eine Diskussion der fehlerhaften Interpretationen des p-Wertes (= Irrtumswahrscheinlichkeit) sind Arbeiten von Haller/Krauss (2002) (engl.) und Haller (1999) (dt.).

    Davon abgesehen, stimme ich Deiner Kritik natürlich zu und diese wird von meinen Anmerkungen auch nicht (kaum 🙂 berührt.

  5. #5 buchstaeblich
    November 10, 2008

    Nachdem man vor einiger Zeit im Supermarkt sogar nach Sternzeichen sortierte Schokoladensorten vom Anbieter mit der lila Kuh zu erwerben sich erblöden konnte, wundert mich nichts mehr.

    Sil,
    der ist alt und braucht das Geld – jetzt wo er im öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen nicht mehr dummschwätzen darf.

  6. #6 Ulrich
    November 11, 2008

    @ Bernd:
    Du bist zu streng mit Ali. Er hat damit Recht, dass ein Effekt in der Praxis de facto als “real” behandelt wird, wenn die Nullhypothese auf dem 5%-Niveau abgelehnt werden kann. Und daraus folgt, dass ohne Korrektur für multiples Testen bei 223 unabhängigen (und richtigen) Nullhypothesen etwa 11 falsch positive dabei sein werden.

  7. #7 Bernd
    November 11, 2008

    @ Ulrich: Dass ich zu streng bin, mag sein. Ali musste heute morgen (vermutlich noch vor dem Frühstück) schon eine (schnell “zusammengeschusterte”) Statistiklektion von mir verkraften.

    Ich stimme Dir auch zu, dass das in der Praxis so gehandhabt wird. Aber das macht es ja nicht unbedingt besser. Und eine Formulierung wie “ab welcher Wahrscheinlichkeit man den gemessenen Effekt als ‘real’ einstuft (typischerweise 95%)” ist falsch. Diese Informationen lässt sich einem p-Wert nicht entnehmen — auch wenn man gerne würde (siehe Haller 1999: 4, Aussage 4). (Setze ich mal ein selbstkritisches) Oder?

  8. #8 ali
    November 11, 2008

    Ich finde man sollte fairerweise noch anfügen, dass ich um die Statistiklektion zum Frühstück gebeten habe. Es ist nicht so, dass Bernd einfach so aus einem Schulmeister-Reflex heraus mich mit solchen E-mails belästigt, sondern dass er mir netterweise auf eine Mail geantwortet hat.

    Inhaltlich bin ich vielleicht heute Abend etwas schlauer.

    Kauft trotzdem nichts bei AstroVital in der Zwischenzeit 😉

  9. #9 Tim
    November 11, 2008

    Ob man da wirklich keinen Zusammenhang finden kann? Wer als Skorpion geboren wird, erlebt sein erstes halbes Lebensjahr im Winter; wer als Stier geboren wird, im Sommer. Ich möchte nicht ausschließen, daß es da tatsächlich Effekte geben könnte. So völlig absurd finde ich das nicht. Was sagen die Entwicklungspsychologen dazu?

    Im übrigen gilt natürlich: Wir Wassermänner glauben nicht an Astrologie.

  10. #10 florian
    November 11, 2008

    @Tim: Das gilt dann aber natürlich nur für die Nordhalbkugel. Bzw. für deren gemäßigten Breiten…

  11. #11 ali
    November 11, 2008

    @Tim

    Erstens, soweit ich das Überblicke wurde die diskutierte Studie mit Spitaldaten aus Toronto durchgeführt und die 223 häufigsten Gründe für eine Hospitalisierung wurden dafür verwendet. Viele Krankheiten sind also nicht abgedeckt, dafür Hospitalisierungsgründe wie Knochenbrüche usw. Zudem lag das Alter der berücksichtigten Patienten zwischen 18 und 100 Jahren (der Effekt der Jahreszeit müsste also noch im Erwachsenenalter zum Tragen gekommen sein).

    Zweitens, wäre es ein signifikanter Nachteil in einer bestimmten Jahreszeit geboren zu werden, vermute ich, hätte die Evolution dafür gesorgt, dass die menschlichen Geburten nicht gleichmässig über das Jahr verteilt sind (oder der Nachteil kompensiert wird).

    @all

    Noch keine Nachrichten von der Statistikfront meinerseits.

  12. #12 Ronny
    November 12, 2008

    @Tim,
    Ich könnte mir solche Effekte nur bei Krankheiten wie z.b. Allergien vorstellen. Wenn Kinder die im September geboren werden keine allergenen Stoffe als Kind mitbekommen und dann Allergien entwickeln.
    Aber bei Knochenbrüchen kann ich mir das nicht wirklich vorstellen.

    @Ali, gibts wo eine gute Seite zu Statistiken ? Ich hausiere immer mit meiner Theorie dass eine neue Hypothese 0% wahrscheinlich ist. Kann man das mathematisch belegen?

    Um zu wissen worums bei Astrologie geht einfach mal so mehrere Büchlein über Sternzeichen kaufen (eigenes und andere) und markieren: rot = nein, grün = ja.
    Das Farbenspiel ist in allen gleich (so 80% grün).

  13. #13 Tim
    November 13, 2008

    @Ronny: Ich meinte Entwicklungseffekte ganz allgemein, also auch Persönlichkeitsunterschiede usw.

  14. #14 Anhaltiner
    November 17, 2008

    Das Sternzeichen sagt nur was über den Stand der Sonne etwas aus. Astrologisch bedeutend sind aber wohl auch die Planeten in den Häusern. Ich denke das ist wohl noch ein weites Feld. 2 Mio Horoskope erstellen ist wohl nicht ganz so einfach wie der Abgleich von Geburtstagen. Und wer weis schon welcher Planet in welchem Haus stand…

  15. #15 ali
    November 17, 2008

    @Anhaltiner

    Stimmt. Damit ist sogar gemäss der Astrologie-(un)logik die Idee dieser Nahrungsergänzung völliger Humbug. Das nenn ich wenig überzeugend: Sogar die völlig an den Haaren herbeigezogene ‘Theorie’ besagt, dass das ganze ohne jegliche Grundlage ist. Hauptsache es verkauft sich…

  16. #16 Ralf Dürich MA
    November 18, 2008

    Die Naturwissenschaft hat die Klimakatastrophe hervorgebracht, nur leider kann sie sie nicht mehr beherrschen. Die Wissenschaft regt vieles an, was sie der Sache nach nicht beherrscht. Was aber in der Welt allemal geeignet war mehr Propleme zu stiften als es voher gab. Die Schulmedizin tötet mehr Menschen als sie heilt und jährlich foltert sie 300 MIO Tiere in Versuchslaboren zu tode. Hat diese sinnlose Forschung einen Sinn ? Nein, sie wird nur durch Steuergelder bezahlt, weil die Naturwissenschaft trotz ihrer haarsträubenden Pleiten dennoch die Meinungsführerschaft hat. Aber warum ? Weil sie über eine politische, religiöse, ökonomische und publizitische Mafia verfügt die sehr reich (Pharmaindustrie, Atomindustrie, Mineralölindustrie,..,) ist und sich eine Propagandalobby leisten kann, die sich darauf versteht die Massen durch Begierden und Ängste; wie Schlachtvieh vor sich herzutreiben, dem sicheren Ende entgegen, immer behauptend es gehe ja schließlich um Fortschritt, Gesundheit, Sicherheit und Blablabla worauf ja wohl kein Mensch verzichten kann. Und die Uniformiertheit der dummen Masse, gibt die eigene Gesundheit, Wahrheit, Frieden und Wohlergehen der Naturwissenschaft zum Opfer preis. Aber was erhält sie dafür: Klimakatastrophe, Vergiftung, Verstümmelung, Tierversuchs KZ´s,…, Ihr seid selbst das Kontrafaktum zu Darwin: ihr habt uns weiter zurückgeworfen als die Menschheit je im Mittelalter stand; dahero: es gibt keine Evolution. Was wir brauchen ist eine Revolution mit dem Ziel der Abwicklung aller naturwissenschaftlichen Einrichtungen und dem ökologischen Rückbau aller Produkte und Verfahren, die je aus dem Ungeist der Naturwissenschaft entsprungen sind, dann werden sich auch die Krisen dieser Welt wieder beruhigen.
    Wir müssen lernen unsere Begierden durch Zufriedenheit zu transformieren und unseren Hass durch Liebe, dann werden sich die Ängste und die Verblendungen aufheben und wir die Welt wieder mit respekt behandeln können.
    Ihr habt eine falsche Anschauung von Krankheit und werded auf diesem Pfade nie glücklich oder gesund werden. Eure Methodden haben es früher nicht gekonnt und können es heute nicht. Ein Beispiel: zwei voneinander unabhängige molekulargenetische Institute haben mir im Jahre 2000 diagnostiziert, dass ich an einer tötlichen Krankheit CHD leide und nur noch vier Jahre zu leben hätte. Ich bin also entweder: 1. ein medizinisches Wunder oder aber 2. ein Verstorbener der Ihnen schreibt, dass dürfen Sie sich aussuchen !! Bei meinen Recherchen zu CHD erfuhr ich dann, dass Fehldiagnosen keine Ausnahme, sondern die Regel sind, d.h. es gibt mehr medizinische Wunder heute, als es Wunder im Mittelalter gab ! Es lebe der medizinische Fortschritt, wohl dem, der daran nicht teil hat !
    Stellen Sie Ihre Arbeit ein.

  17. #17 ali
    November 18, 2008

    @Ralph Dürich

    a) Mehrfach den gleichen Unsinn posten, macht ihn nicht besser
    b) Politikwissenschaft ist keine Naturwissenschaft
    c) Wenn Sie ein so grosses Problem mit allem haben, was die Wissenschaft hervorgebracht hat, schlage ich vor, Sie gehen mit gutem Beispiel voran und hören auf Ihren Computer zu benutzen. Damit wäre der Allgemeinheit (zumindest hier) tatsächlich gedient.
    d) Ich vermute die höhere Lebenserwartung ist nur ein Zeichen der drastisch gestiegenen Zahl an Wundern. Macht alles Sinn (wenn man denn in einer Parallelwelt leben möchte).
    e) Eine Anekdote beweist gar nichts. Individuelle Erfahrungen sind was sie sind: Individuelle Erfahrungen und nichts allgemeingültiges.
    f) Zum Vergleich zwischen medizinisch motivierten Tierversuchen und einem Völkermord wurde Ihnen schon anderswo mit korrektem Prädikat geantwortet. Ich muss das hier nicht wiederholen.

  18. #18 Anhaltiner
    November 18, 2008

    @R. Dürich ist mit “CHD” die chorea Huntington disease gemeint?