Mit Humor ist es so eine Sache. Es gibt vieles, dass als witzig gilt, ohne dass ich darüber lachen könnte. Wenn es aber zwei Dinge gibt, die sich ganz und gar nicht mit Humor zu vertragen scheinen, sind dies Politik und Religion.
Was heute als ‘Karikaturenstreit’ gilt, liegt nun schon bald drei Jahre zurück. Ich fand die Karikaturen damals zwar nicht lustig und eine plumpe (und von Islamisten zusätzlich angeheizte) Provokation von Jyllands-Posten, trotzdem müssen natürlich solche Zeichnungen veröffentlicht werden dürfen und können. Ich verzichte gerne auf die Humorpolizei. Mir war aber nie ganz wohl, wie plötzlich so viele Politiker in Westeuropa nach Meinungsfreiheit schrien, ich sie jedoch verdächtigte, dass sie das ganz anders sehen, wenn in ihrem eigenen Vorgarten rumgetrampelt wird.
Ich möchte dem französischen Präsidenten für seine Illustration dieses Verdachtes danken. Damals verkündete er: “Lieber zuviel Karikatur als zuviel Zensur!” (“Je préfère un excès de caricature à un excès de censure”). Eigentlich hat er recht. Nur gilt das nicht mehr wenn man ihn karrikiert. Zumindest ging er diesen Herbst gerichtlich gegen die Produktion einer humoristischen ‘Voodoo’-Puppe mit seinem Antlitz und Zitaten von ihm vor (und machte sie somit erst zum Verkaufsschlager).
Doch auch auf muslimischer Seite scheint man auch nicht wirklich etwas gelernt zu haben. In Indonesien sind auf Blogs sexuell explizite Darstellungen des Propheten aufgetaucht. Immerhin will Indonesien ‘nur’ diese Blogs schliessen und (im Moment zumindest) werden keine Botschaften gestürmt. Doch auch die Krawalle 2006 brachen mit beträchtlicher Verzögerung aus. Der Unterschied ist wohl, dass es sich hier vermutlich um indonesische Seiten handelt und eine Aufwiegeln nach dem ‘wir gegen sie’ Muster nicht so gut funktioniert.
Es ist nicht so, dass der Islam ein Monopol auf Humorlosigkeit hätte. So wurde im September in Italien eine Komödiantin wegen Papstbeleidigung angeklagt. In Grossbritannien gibt es sogar ein Gesetz, das Blasphemie verbietet. Fairerweise muss man festhalten, dass es trotz diverser Versuche seit 1922 nicht mehr für eine Verurteilung herangezogen wurde (es schützt übrigens nur die Church of England und wird wohl bald abgeschafft). Da war auch noch die Dame, die abblitzte weil sie die Schliessung einer Kunstausstellung verlangte, wegen einer Jesus Statue mit Erektion (Bild beim Guardian).
Aber auch in der Schweiz gibt es Leute, die meinen, sie können juristisch ihren Vorstellungen von Humor zum Durchbruch verhelfen. In einer Satiresendung wurde in Anspielung auf Haiders Unfalltod und die Bankenunterstützung gewitzelt, dass “es schon verrückt ist, dass es in der Schweiz 68 Milliarden braucht, um das geringste Problem zu lösen, in Österreich hingegen 1,8 Promille genügen”. Dies wurde ohne Erfolg als pietätlos angefochten. Die ‘Grenzen des guten Geschmacks’ scheinen nicht den Demarkationslinien der Beschwerdeführer zu folgen.
Ich möchte mit einem oft zitierten Satz (und oft auch fälschlicherweise Voltaire zugeschrieben) diesen Eintrag beenden.
Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen. (Evelyn Beatrice Hall in Die Freunde von Voltaire)
Das gilt auch für Witze.
Bildquelle: wikimedia (bearbeitet)
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