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Im (sehr kleinen) Politikwissenschaftdepartement unseres Instituts werden seit neustem regelmässig Vorträge (Colloquium genannt) von Gästen organisiert. In der Regel sind es auswärtige Professoren auf der Durchreise die einen Kontakt im Departement haben. Da im Departement jeder jeden kennt und eine Teilnahme erwartet wird, kann man sich nicht allzu häufig davor drücken.

Heute war nun wieder eines dieser Colloquia angesagt und ich hatte wenig Lust zu gehen. Es war ein interner Wirtschaftsprofessor (aus dem inzwischen mit uns fusionierten Institut für Entwicklungsstudien) der den Vortrag hielt. Das Thema The Making of a (vice-) President: Party Politics, Ethnicity, Village Loyalty and Community-Driven Development. Weder senegalesische Lokalpolitik noch Entwicklungsstudien sind Themen die bei mir sehr viel Interesse wecken. Noch dazu unterrichtet der Vortragende normalerweise Ökonometrie und das Paper war voll mit Formeln. Alles nicht gerade Dinge die mir Lust geben auf meine Mittagspause zu verzichten. Zum Glück habe ich mich doch aufgerafft hinzugehen.

Der Vortrag war ein ausgezeichnetes Beispiel wie interessant Forschung über Disziplinen-Grenzen hinaus sein kann und wie man trotz allen Unterschieden im Stil und Methode immer wieder neues und interessantes entdecken kann. Solche Vorträge gehören zu den bereichernden Dinge im universitären Leben.

Die Forschenden haben Daten zu den letzten Lokalwahlen in Senegal im Jahre 2004 gesammelt. Sie analysierten die Art und Weise wie Gelder eines spezifischen, gut dotierten Weltbankprogramms verteilt wurden (im Entwicklungshilfe-Jargon Community-Driven Development Project). Dieses Geld wird in einem kompetitiven Verfahren an Dörfer gegeben, der Entscheidungsprozess ist aber politisch. Dieser Entscheid wird von einer Art regionalem Zwei-Kammern Parlament entschieden, wobei die ‘grosse’ Kammer durch den Präsidenten der ‘kleinen’ (und durch Volkswahl eingesetzten) Kammer bestellt wird.

Sie zeigten, dass das System relativ gut funktioniert und dass es eine Art Check-and-Balances im diesem gibt. Einer der interessantesten Schlüsse fand ich, dass Ethnie keinen Einfluss auf die Vergabe von Projekten hatte. Dies bestätigt was ich vor kurzem auch im Zusammenhang mit den Kämpfen im Kongo betonte: Ethnische Zugehörigket ist entgegen dem Klischee nicht so zentral in Subsahara-Afrika. Ethnische Heterogenität als Problem ist ein Klischee welches nicht nur von Journalisten sondern auch von vielen ‘Experten’ aber regelmässig kolportiert wird.

Was waren also die entscheidenden Faktoren? Eigentlich wenig überraschend sind es geographische Loyalität (welche sich in Senegal nicht mit Ethnie deckt) und Parteizugehörigkeit die die Verteilung der Gelder beeinflusste. Das kommt einem doch von zu Hause her irgendwie bekannt vor. Wurde nicht gerade ein ganze Wahlkampagne in den USA unter anderem auf dem Widerstand gegen sogenanntes ‘Pork Barrell‘ aufgebaut?

Wen es interessiert, das Paper zum Vortrag findet man hier als .pdf.

Kommentare (1)

  1. #1 Jane
    November 27, 2008

    Danke für den Hinweis auf diese interessante Studie. Es ist tatsächlich so, dass es nicht immer nur die ethnischen Loyalitäten sind, sondern dass geographische Zugehörigkeiten ebenso ein Rolle spielen z.B. beim Wahlverhalten.

    Das macht auch Sinn: Angesichts fehlender anderer “cleavages” wie ausgeprägter gesellschaftlicher Klassen und geringer programmatischer Unterschiede der Parteien untereinander ist es durchaus nachvollziehbar, wenn man sein Wahlverhalten an geographischen Zugehörigkeiten ausrichtet.