Viele kriegen einen Gähnanfall wenn von Geldpolitik die Rede ist. Eigentlich schade, denn es betrifft jeden einzelnen direkt und ist meist auch internationale Politik, da es in der Regel auch um Wechselkurse geht. Ein aktuelles Beispiel mit der Schweizer Notenbank.

Die Schweizer Nationalbank (SNB) hat letzte Woche angekündigt die Zinssätze noch weiter zu senken. Das ist noch nichts spezielles und entspricht der Geldpolitk der meisten anderen Nationalbanken. Die Idee ist, wenn man bei der Nationalbank zu einem tiefen Zinssatz Geld leihen kann, dass dieser tiefe Zinssatz auch weitergegeben wird und somit wieder flüssige Mittel in die Wirtschaft fliessen und Investitionen die auf Kredit getätigt werden, ‘billiger’ sind.

Das Problem ist nun überall, dass man sich immer mehr dem Zinssatz 0% annähert. Wenn dann immer noch nichts passiert, muss man entweder kapitulieren oder andere Massnahmen ergreifen. Genau einen solchen Versuch startet jetzt die Schweizer Nationalbank. Eine Massnahme ist, dass Anleihen von privaten Schuldnern in Schweizer Franken gekauft werden sollen (also somit mehr Geld in die Wirtschaft eingebracht werden sollen).

Von besonderem Interesse fand ich aber, dass die SNB beschlossen hat, auf den Devisenmärkten zu intervenieren um den Schweizerfranken im Verhältnis zu anderen Währungen an Wert verlieren zu lassen und somit der Exportwirtschaft zu helfen (sinkt der Schweizer Franken, werden für Ausländer Schweizer Exporte billiger). Dies ist aus zwei Gründen interessant:

Erstens ist es ein Instrument, welches von der Schweizer Nationalbank (offiziell) sehr selten eingesetzt wird. Die letzte offizielle Intervention war 1995. Während einer langen Zeit blieb der Schweizer Franken jedoch verdächtig stabil im Verhältnis zum Euro und die Vermutung liegt nahe, dass die SNB doch intervenierte. Die Schweiz profitierte so von scheinbar völlig freien Wechselkursen, die aber gleichzeitig stabil blieben. Die beste von zwei Welten sozusagen. Wie auch immer, die SNB hat nun mit dieser Tradition gebrochen, ein Hinweis auf die Dramatik der Situation.

Zweitens ist eine Abwertung interessant im Hinblick auf die Internationalen Beziehungen. Eine Devaluation ist immer vis-à-vis anderen Währungen. Wenn Währung A im Verhältnis zu Währung B tiefer ist als vorher, heisst dass logischerweise auch, dass Währung B im Verhältnis zu Währung A höher ist im Vergleich. Will man nun mit einer Abwertung die Exportwirtschaft ankurbeln, es ist daher möglich, dass das andere Länder dies nicht zulassen werden. Man riskiert eine kompetitive Abwärtsspirale. Das Konzept funktioniert nur, wenn man das einzige Land ist, welches eine solche Politik verfolgt.

Nun muss man fairerweise erwähnen, dass der Schweizer Franken während der Krise aufgewertet wurde. Vermutlich benutzte man ihn als Fluchtwährung und sicheren Hafen. Damit stieg die Nachfrage nach Schweizer Franken und der Kurs stieg. Eigentlich sollte aber in einer Krise ein sich frei bewegender Wechselkurs eine ausgleichende Wirkung haben. Die Aufwertung verschlimmert jedoch die Krise tendenziell, da sie die unter sinkendem Absatz leidende Exportwirtschaft weiter schwächt.

Die Frage ist, ob der neue Ansatz der SNB überhaupt etwas bewirkt. An den Devisenmärkten werden heutzutage so grosse Volumen gehandelt, dass einige bezweifeln, dass eine Zentralbank überhaupt effektiv an diesen intervenieren kann. Kurzfristig half aber wohl alleine die Ankündigung.

P.S.: Gratulation an diejenigen, die bis zum Ende dieses Posts durchgehalten haben.

Kommentare (4)

  1. #1 Shin
    März 17, 2009

    Ich halte das Mittel der Geldpolitik für problematisch. Eigentlich sollte auch der Wert von Geld wie der Wert von Gütern durch den Markt ergeben, stattdessen wird er durch Geldpolitik jedoch willkürlich beeinflusst. Es ist zweifelhaft, ob Zinssenkungen der Krise wirklich effektiv entgegenwirken, denn gerade jetzt ist Geldwertstabilität meines Erachtens wichtig. Durch Niedrigzinsen erwirkte Wirtschaftsstimulation ist immer mit einem irreversiblen Wertverlust des Geldes erkauft, und falls sie fehlschlägt kommt es zur gefürchteten Stagflation.

  2. #2 Sceric
    März 17, 2009

    danke…so schlimm war es aber auch nicht mit dem Durchhalten…
    irgendwie bestärkt mich die Beschreibung des Vorgehens der SNB aber in meiner Vermutung, das Geld und Wirtschaftswissenschaft eher ein Handwerk (keine Beleidigung vo Handwerkern impliziert) als eine Wissenschaft ist. Sieht für mich ähnlich aus wie was wohl beim Bau der “Knickpyramide” passiert ist: Wir probieren mal und wenn es nicht klappt ändern wir schnell (trial and error)! Von einer Wissenschaft würde ich schon ein wenig mehr und präziesere Vorhersagen erwarten.

  3. #3 Shin
    März 17, 2009

    @Sceric
    Zustimmung. Man kann wirtschaftliche Phänomene und deren Folgen zwar empirisch erfassen, aber es gibt keine kontrollierbaren oder replizierbaren Bedingungen, unter denen man irgendwelche Beobachtungen wiederholen Experimente durchführen könnte, und die Gesamtheit aller Wechselwirkungen ist viel zu komplex, um irgendwelche zuverlässigen Prognosen zu stellen. Makroökonomie ist trotz Ökonometrie daher letztlich eine Geistes- und keine Naturwissenschaft. Viele – zum Glück aber nicht alle – Ökonomen sehen dies leider nicht ein.

  4. #4 Anhaltiner
    März 18, 2009

    Gerade die großen Volumina können dabei hilfreich sein. Wenn viele Banken kurzfristige Positionen in CHF deswegen auflösen weil sie Angst haben das der Franken fällt, dann fällt er, egal ob die SNB schon interveniert hat oder noch nicht. Dann muss die Notenbank nur noch sagen das der Kurs ihr gefällt und alles ist in Butter.
    (Oder kaum fällt der franken greifen alle hastig zu, weil so günstig wollte jeder schon einsteigen und der Kurs steigt. – halte ich aber für unwahrscheinlich.)

    Die Ökonomie wird zu den Sozialwissenschaften gezählt, wäre es eine Naturwissenschaft könnte man die Börsen dicht machen.