Der normalerweise etwas lockerere Sonntagseintrag ist heute ein eher trauriger. Nicht traurig im Sinne von vielem, worüber ich normalerweise schreibe. Es geht um das langsame Ende eines Produktes, das seit 1939 produziert wird, wohl nicht nur bei mir Kindheitserinnerungen weckt. Sagt ‘Adieu’ zum View-Master!
Das ist vielleicht etwas zu dramatisch formuliert. Aber das Angebot der Rädchen für das Gerät wird auf ein Minimum mit wenigen Kinder-Titeln runtergefahren. Dabei haben die Apparate anscheinend sogar noch technische Verbesserungen erlebt: Beim Googeln habe ich entdeckt, dass die 3D Feldstecher inzwischen auch Töne von sich geben.
Vielleicht wart ihr auch stolze Besitzer dieses kleinen 3D-Kinos der unbewegten Bilder. Ein eher grosser Plastikklotz in den man kleine Weisse Rädchen schieben konnte. Man schaute hindurch und kann sich dann durch eine Bildergeschichte klicken. Heimkino als Klickstrecke im 3D-Comic Format. Ich erinnere mich vor allem an zwei Serien dieser kleinen Rädchen, die ich selber besass: Das Dschungelbuch von Disney (immerhin auf ‘grosser’ Literatur basierend) und die Verfilmungen von Karl Mays Winnetou (zugegeben nicht ganz so grosse Literatur).
Generationen von Kinder haben durch den Plastikfeldstecher Geschichten erlebt. Sie haben so ‘Farbfilme’ geschaut, lange bevor solche auf der Mattscheibe existierten und noch viel länger bevor solche in jede Wohnstube flimmerten. Auch lernen konnte man was. Der Discovery Channel hatte eine eigene Serie.
Aber nicht nur Kinder profitierten von den didaktischen Vorzügen dieser 3D Klick-Stummfilme. Gemäss dem Economist wurden im zweiten Weltkrieg Soldaten damit ausgebildet und lernten wie man Freund und Feind an der Bauart ihrer Kriegsgeräte unterscheiden kann. Medizinstudenten lernten mit dem View-Master die menschliche Anatomie besser kennen.
Schade um dieses Stück Kulturgut. Solltet ihr also noch Rädchen auf dem Dachboden haben, gut festhalten, die haben vermutlich bald Sammlerwert. Es entbehrt wohl auch nicht einer gewissen Ironie, dass die View-Master seit 1939 so viele technische Erneuerungen überlebt haben und nun in die Nähe des Aussterbens gebracht werden, just in dem Moment, wo 3D eine Wiedergeburt erlebt. Nun dürfen wir wohl alle Generationen übergreifend etwas sentimental sein.
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