Am 17. Mai 2009 werden die Schweizer wieder einmal zur Urne gebeten. Wie immer werde ich als pflichtbewusster Helvete bei Scienceblogs darüber berichten. Einem Thema möchte ich spezielle Aufmerksamkeit widmen: Der Vorlage zur Komplementärmedizin.
Florian, Ritter ohne Furcht und Tadel im Kampf wider Voodoo und für die Vernunft, hat früher schon einmal darüber berichtet. Ich mache diese Vorlage hier zum Thema, weniger wegen den politischen Fragen (Gesundheitskosten, Krankenkassen, etc.) sondern weil es in meinen Augen eine wichtige wissenschaftliche Komponente gibt, in den Argumenten gegen diese Vorlage. Diese wird aber vermutlich im Abstimmungskampf von der Kostenfrage in den Hintergrund gedrängt sein.
Zuerst zur Geschichte der Vorlage: Ursprünglich wurde eine Volksinitiative lanciert, die die Verankerung der Komplementärmedizin in der Schweizer Verfassung verlangte. Diese hätte zu einer Volksabstimmung geführt, da die nötige Zahl an Unterschriften zusammenkam (100’000). Das Parlament hat daraufhin einen sogenannten Gegenvorschlag ausgearbeitet, ebenfalls auf Verfassungsebene. Dieser Gegenvorschlag gleicht dem ursprünglichen Text sehr. Daraufhin hat das Inititaivkomitee ihren Vorschlag zurückgezogen. Wir stimmen also über folgenden Verfassungszusatz am 17. Mai ab:
Art. 118a (neu) Komplementärmedizin
Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Berücksichtigung der Komplementärmedizin
Im Moment ist es so, dass gemäss dem Schweizerischen Krankenversicherungsgesetz (KVG) Leistungen unter der Bedingung bezahlt werden, “wenn nachgewiesen ist, dass sie wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind.” Genau hier setzt nun meine Kritik an dieser Vorlage an. Ich sehe eine hervorragende Gelegenheit in dieser Debatte eine Lanze für die Wissenschaft und wissenschafts basierte Medizin zu brechen und klar Position zu beziehen. Das wird also nicht das letzte mal sein, dass man hier zu dieser Abstimmung lesen wird.
Ich sehe nicht ein, warum ein Standard festgelegt wird, wie die Wirksamkeit nachgewiesen werden muss um anschliessendeine ganze Gruppe von genau diesem Nachweis zu befreien. Das wäre so in etwa wie zu verlangen, dass wer Unterstützungsgelder für eine Firmengründung beantragt, einen Bedürfnisnachweis erbringen muss, Blumenverkäufer jedoch davon ausgenommen sind, weil diese grosse Sympathien in der Bevölkerung geniessen.
Eine spezielle Erwähnung in der Verfassung kommt zudem einer ‘Adelung’ gleich, die materiell nicht zu begründen ist. Abgesehen davon, wird auf wissenschaftlichen Methoden basierende Medizin, die viel strengeren Kriterien genügt, nicht speziell aufgelistet. Wer eine Behandlungsmethode oder ein Medikament verkaufen will, soll belegen, dass es besser als ein Plazebo funktioniert und zwar unter den selben strengen Bedingungen, die für alle gelten. Ansonsten werden dann bald auch noch die Kirchen über die Krankenkasse finanziert.
Die Vorlage ist natürlich in der Schweizer Bevölkerung sehr populär. Populär wie die Komplementärmedizin (wer will sich schon nicht mehr bezahlt kriegen). Darum hat wohl auch das Parlament diesen Gegenvorschlag ausgearbeitet und darum gibt es auch kein Gegenkomitee (genau, Weissrussische Zustände, es gibt keine Opposition!). Es bleibt nichts anderes übrig, als die Diskussion online zu führen. Ich glaube zwar nicht, dass die Abstimmung gewonnen werden kann, aber zumindest kann man die Plattform nutzen, um einen wissenschaftlichen Standpunkt an die Frau und den Mann zu bringen. Ich hoffe zumindest in der Blogosphäre wird es etwas Lärm geben. Ideen was unternommen werden könnte sind willkommen ebenso wie weitere Beiträge (vielleicht mit gemeinsamer Auflistung). Es gibt eine Facebook Gruppe gegen die Initiative, viel mehr habe ich bis jetzt nicht entdeckt. Freiwillige?
Kommentare (30)