Gestern schrieb ich über die Resolution des UN Menschenrechtsrates, welche ein Vorgehen gegen die Diffamierung von Religion verlangt. In der Diskussion wurde die Frage aufgeworfen, ob es denn nicht in Ordnung sei, Respekt zu verlangen. Daher hier ein kleines Beispiel wie so die Definitionshoheit von was als ‘Verletzung von religiösen Gefühlen’ zu gelten hat an die vermeintlichen ‘Opfer’ ausgelagert wird.
In Genf wurde angefragt ob die Atheisten Buskampagne auf die öffentlichen Verkehrsmittel gebracht werden könnte. Die Transports Publiques Genevois ein Unternehmen mit staatlichem Leistungsauftrag (oder genauer,der mit Werbung beauftragte Ableger von ihnen) lehnten ab. Der Slogan Dieu n’existe probablement pas, cesse de t’en faire, profite de la vie! (In etwa: Es gibt wahrscheinlich keine Gott, hör auf dich zu Sorgen und geniess das Leben) war zu provokativ. Die Begründung:
nos clauses déontologiques sur les publicités confessionnelles nous pousseraient à refuser, car le slogan peut heurter la sensibilité des passagers et du public.
Man führt also zuerst Regeln ins Feld, welches angeblich konfessionelle Werbung untersagt und meint dass ‘religiöse Gefühle der Passagiere verletzt werden könnten’ (über ähnliches hat übrigens auch schon Christian berichtet).
Nun habe ich vor zwei Tagen eine Foto geschossen von einem der Fahrzeuge (siehe Bild). Die Kampagne erinnerte mich stark an eine frühere Osterkampagne der Katholischen Kirche. Ich wusste, dass schon konfessionnelle Werbung geschaltet wurde im Genfer öffentlichen Verkehr, ging aber davon aus, dass man nicht so dreist sein wird, unmittelbar nach der Absage, den Katholiken diese Plattform zu geben. Heute wurde nun der Hintergrund der Kampagne mit dem unbemalten Ei und dem flauschigen Schaf bekannt: Eine Osterkampagne der Katholischen Kirche. Darauf angesprochen antwortete der Verantwortliche bei den TPG gemäss der Lokalzeitung Le Courrier: Die religiöse Kampagne sei korrekt. Er hätte bis heute nie Beschwerden erhalten zu den Kampagnen der Kirchen.
Das zeigt doch schön: Was ‘religiöse Gefühle’ verletzt ist was Gläubige als verletztend empfinden (oder gar was willkürlich als etwas solches eingestuft wird). Man kann machen was man will, aber man wird immer irgendwen finden, der sich so verletzt fühlt. Wenn ich nun den TPG eine Mail schreibe, denkt irgendjemand, dass die nächste klerikale Kampagne nicht geschaltet werden darf? Soviel zum laïzistischen Genf.
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