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Nach dem Ausbruch des A(H1N1) Virus (oder eben Schweinegrippe) haben gemäss Pressemeldungen China, Russland und vier weitere Länder Schweinefleisch Importe untersagt oder eingeschränkt. In Ägpyten wurde intern gegen die Schweinefleischproduktion vorgegangen und dies führte gar zu Scharmützeln mit der Polizei. Warum diese Massnahmen, wenn doch gemäss heutigem Stand der Erkenntnis keine Gefahr von Übertragung durch Fleischkonsum besteht?

Der Verdacht liegt nahe, dass ökonomische oder politische Interessen hinter den Verboten stehen. Im Falle der angeordneten Schlachtungen in Ägypten zum Beispiel trifft die Massnahme vor allem die Minderheit der koptischen Christen. Doch nur eine Geste in Richtung religiösen Drucks ist es vielleicht doch nicht, denn auch Muslime sind betroffen, vor allem die ärmsten. Vielleicht ist es eine Gelegenheit sich einem Problem anzunehmen, dass man bisher nicht nicht anpacken konnte.

Interessant sind vor allem die ausgesprochenen Importverbote von China und Russland. Diese haben sogar ein gemeinsames Statement der Welthandelsorganisation (WTO), der Welt Ernährungsorganisation (FAO), der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) provoziert. Besonders im Kontext der Welthandelsorganisation ist die Frage der Relevanz dieser Massnahmen interessant. Dazu werde ich morgen mehr schreiben, für den Moment möchte ich bei der Motivation für diese Importverbote bleiben. Warum diese irrational anmutende Reaktion? Ein paar Spekulationen mit Blick auf die Statistiken, die ich im Netz dazu finden konnte.

Schaut man sich die Daten der FAO an, sieht man, dass Russland und China unter den Top 10 Produzenten von Schweinefleisch sind (Für das Jahr 2007: China Rang 1 und Russland 10). Russland scheint dazu einen grossen Teil an Schweinefleisch zu importieren, ist es doch bei den Importen auf Rang 13 und bei den Exporten nur auf Rang 57 (Daten für das Jahr 2006). Für China ist das Bild etwas ausgewogener findet man es als viertgrössten Exporteur und drittgrössten Importeur von Schweinefleisch.

Diese Zahlen suggerieren, dass in beiden Ländern wichtige Interessen bestehen, ob nun Schweinefleisch importiert wird oder nicht. Im Falle Russlands haben wir einen relativ grossen Produzenten, der viel mehr importiert als exportiert. Folglich steht eine beträchtliche Zahl heimischer Produzenten in Konkurrenz mit dem Ausland es gibt aber vermutlich kaum eine Exportlobby die Retorsionsmassnahmen fürchten müsste. Das Importverbort für die USA (für welche Russland der viertgrösste Abnehmer von Schweinefleisch ist und die Nummer eins für Geflügel) bezieht sich nur auf gewisse Bundesstaaten. Interessant ist auch, dass die Russen auch Lieferungen von Geflügel und Rind aus einigen US-Staaten gestoppt haben. Der Zusammenhang mit der Schweinegrippe ist hier wohl sehr konstruiert.

Wie sieht es mit China aus? China hat eine gewaltige Schweinefleischproduktion. Im Jahre 2007 produzierte China (wiederum basierend auf den FAO Daten) mehr als das sechsfache die weit abgeschlagen folgenden USA. China ist die Nummer zwei unter den Kunden für US Schweinefleisch. Einzig nicht ganz ins Bild passt, dass Import und Export nur einen kleinen Teil auf die Gesamtproduktion ausmachen und sich in etwa die Wage halten (jeweils ca. 3%). Da müsste man wohl genauer hinschauen wie der Markt für Schweinefleisch in China funktioniert. Vielleicht hat die Führung auch einfach autoritäre Reflexe spielen lassen (wie auch mit den unter Quarantäne gesetzten Mexikanern). Vielleicht will man den amerikanischen Kollegen in der WTO auch einfach eines auswischen (China ist, im Gegensatz zu Russland, Mitglied in der Organisation).

Kommentare (4)

  1. #1 Anhaltiner
    Mai 5, 2009

    @Ali “auch Muslime sind betroffen”, öhm das verstehe ich nicht ganz. Steigen dadurch die anderen Fleischpreise, oder arbeiten sie als Hirten von Schweinen? (oder gibts ne Ausnahmegenehmigung für den Verzehr? – Könnte ich mir sogar vorstellen – da ich schon einmal mit einem Moslem Bier getruken habe – und er mir erklärte es ist ein Lebensmittel seines Gastgeberlandes – oder so ähnlich)

  2. #2 ali
    Mai 5, 2009

    Im Beitrag habe ich einen interessanten Artikel aus der NZZ dazu verlinkt der deine Frage wohl beantwortet. Anscheinend leben einige Muslime von der Schweinezucht in Ägypten (das wusste ich vorher auch nicht).

    Schweinezucht sei eine Arbeit und habe mit der Religion nichts zu tun. In Ezbet an-Nakhl und im «Müllviertel» leben vorwiegend Muslime. Einige habe es zu etwas gebracht und Wohnblocks gebaut, die sie nun vermieten, oder sie besitzen Geschäfte. Doch viele sind auf der Strecke geblieben. Sie wohnen im Innern des Viertels, wo weit weg von den öffentlichen Augen und Nasen ein Teil des 80’000 Tonnen Mülls, der täglich in Kairo anfällt, verarbeitet wird. Sie arbeiten, essen und schlafen in den Ställen.

    Was das Bier anbelangt: Beliebige und willkürliche Auslegungungen von veralteten Texten ist halt kein christliches Privileg….

  3. #3 Christian Weihs
    Mai 5, 2009

    War Bier nicht auch ein eleganter Weg der Mönche, um die Strapazen der Fastenzeit quasi zu umgehen? Fasten heisst fasten, so stehts geschrieben. Aber Bier? Das ist ja nur ein Getränk, das zum Großteil aus Wasser besteht, nicht wahr?

    Anhänger des jüdischen Glaubens lassen am Sabbat Nichtjuden für sich arbeiten, erfinden Geräte die man benutzen kann, ohne sie angreifen zu müssen und pflanzen ihr Getreide (oder was auch immer) halt “über” dem Ackerboden an.

    Aber Hauptsache, der Sinn (oder Unsinn) hinter den Auflagen der jeweiligen Glaubensrichtung ist klar.

  4. #4 Alexander Knoll
    Mai 6, 2009

    Witzig: Afganistan hat sein einziges Schwein (ich glaube jetzt mal Reuters wegen der Zahl), das sogar noch in einem Käfig im Kabuler Zoo lebt, unter Quarantäne gestellt. Dass sich die Besucher nicht anstecken.