Es wurden Barrikaden errichtet. Vertreter der Staatsmacht wurden davon abgehalten, ihres Amtes zu walten und mussten unverrichteter Dinge wieder abziehen. In Deutschland wurde gar gegen eine Person Erzwingungshaft verordnet. All dies eine Folge des Widerstandes gegen Impfungen. Noch ein Impfgegner Post? Fast. Dieses mal sind auch Lamas betroffen.
Aber alles schön der Reihe nach. Es gibt eine Virusinfektion bei Wiederkäuern, die heisst Blauzungenkrankheit. Es wurde ein Impfobligatorium verfügt. Nun kursieren anscheinend bei den Betroffenen (den Bauern, nicht den Schafen) Gerüchte, dass diese Impfung furchtbare Nebenwirkungen hätte: Sie führe zu Fehlgeburten und die Milchqualität leide.
Die Schweiz hat Bestimmungen erlassen, wie man mit Impfverweigerern umgehen soll. Ungeimpfte Tiere dürfen unter anderem nicht zur Sömmerung auf die Alp gebracht werden. Was tut also der impfkritische Bauer? Er organisiert den zivilen Ungehorsam, so geschehen gestern in der Schweiz, wo der Kantonstierarzt daran gehindert wurde, eine ungeimpfte Schafherde von dort wieder runterzuholen. Er wurde also von protestierenden Bauern daran gehindert, dem Recht Achtung zu verschaffen. Aber bevor ihr euch zu sehr über die Schildbürger im Süden freut, auch Deutschland hat sture Bauern, die weder impfen noch Busse zahlen wollen.
Die Parallelen zur Impfgegenerschaft bei den Menschen ist kaum zu übersehen. Gemäss dem Bundesamt für Veterinärwesen wurde der Impfstoff breit getestet. Die Studien haben keinen Einfluss auf die Fruchtbarkeit oder die Milchqualität gezeigt (hier die Zusammenfassung, wobei ‘Details’ etwas übertrieben ist). Das Problem liegt aber darin, das einige Bauern wohl meinen, dass ihr persönlicher Eindruck natürlich viel mehr zählt. Da ich auf dem Land aufgewachsen bin, kann ich mir gut vorstellen, dass viele sich nicht von einem “Gstudierten” etwas über ihre Kühe sagen lassen wollen. Man weiss es schliesslich besser. “Die” arbeiten ja nicht mit Kühen.
Hier nochmals das zuständige Bundesamt in einer Broschüre (die sich übrigens grosse Mühe macht, verständlich und mit vielen Bildern das Problem darzustellen):
- Die Impfung hat keine Auswirkungen auf die Milchqualität. Die Zellzahlen der Milch wurden analysiert, die Werte sind mit denen von 2007 vergleichbar.
- Die Impfung hat keinen Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Die Besamungsdaten wurden mit denen der Vorjahre verglichen. Auch hier sind die Daten von 2008 mit denen von 2007 vergleichbar.
- Die Impfung hat keine Auswirkungen auf die Zahl der Aborte.
- Der Impfstoff wurde sowohl in der Schweiz wie auch im Ausland schon vor der Kampagne 2008 getestet: In der Schweiz insbesondere bei Rindern und trächtigen Schafen, in Deutschland auch bei trächtigen Kühen und Milchkühen. Auch gemäss diesen Tests hat sich der Impfstoff als sicher erwiesen.
Zum Schluss sei mir noch eine politische Randbemerkung vergönnt, etwas verallgemeinernd und ohne Daten, einfach so als Kommentar. Ich finde es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass genau jene Kreise in der Schweiz, die sich immer so über die angeblich so unschweizerische Kriminalität von Ausländern ereifern können und die Direkte Demokratie als absolut feiern, überhaupt keine Probleme damit haben, das Recht zu brechen und sich den Behörden zu widersetzen, weil sie meinen, dass ihr Bauchgefühl besser ist, als eine Untersuchung in mehr als 29’000 Milchbetrieben. Trotz der vielbeschworenen Bauernsolidarität (die normalerweise von der ganzen Bevölkerung verlangt wird) haben diese Impfgegner auch kein Problem damit, asozial gegenüber ihren Kollegen zu sein.
Lamas können übrigens auch geimpft werden. Müssen aber nicht. Wie es um Hornochsen steht, weiss ich nicht.
Bildquelle: Daniel Schwen, wikimedia commons
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