Florian hat gestern von einem selbst durchgeführten Weinexperiment geschrieben in dem er einen selbsternannten Weinkenner mit der Verpackung des Weines reinlegen konnte. Er wies auch auf eine Studie hin, die zeigte wie sehr die Erwartungshaltung beim Weine Testen mitspielt. Mir sind einige Studien zum Thema begegnet und daher will ich hier Florians wissenschafltiche Linkliste zu einem faszinierenden Thema ergänzen.

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Bildquelle: Wikimedia Commons, rdesai

Das von Florian beschriebene Phänomen wurde auch schon in anderen Studien beobachtet. Gil Morot, Fréderic Brochet and Denis Dubourdieu haben ein Experiment durchgeführt in dem Sie Schülern einer Önologie Schule gefärbten Weisswein vorgesetzt haben. Diese konnten Weisswein nicht von Rotwein unterscheiden (Gil Morot, Fréderic Brochet and Denis Dubourdieu, The Color of Odors, Brain and Language, 2001). Ich war betreffend dieses Resultats immer etwas skeptisch. Ich bin zwar kein Weinkenner würde mich aber als Weingeniesser bezeichnen (wer im französischsprachigen Raum lebt, tut besser daran es zu sein) und kann mir selbst bei meinen bescheidenen Weinverköstigungsfähigkeiten nicht vorstellen, dass ich diesen Unterschied nicht schmecken würde. Ich habe nun aber festgestellt, dass die Studie (zumindest die einzige die ich gefunden habe, vielleicht findet jemand eine andere) nur von Geruch spricht. Der Wein wurde also nicht geschmeckt sondern nur mit der Nase beurteilt.1

Das Hirn scheint intensiv mitzuschmecken. Ein Test der American Association of Wine Economists kam zum Schluss, dass die Probanden Hundefutter nicht von Pâté unterscheiden konnten (John Bohannon, Robin Goldstein and Alexis Herschkowitsch, Can People Distinguish Pâté from Dog Food?, AAWE Working Papers No.36, 2009). Inwiefern dies an den fehlenden vorgängigen Erfahrungen mit Pâté scheiterte weiss ich nicht. Am meisten erstaunt es mich, weil ich dachte, Tierfutter sei kaum oder gar nicht gesalzen. Ich melde mich aber nicht freiwillig für einen Selbsttest.

Aber vielleicht war Florian etwas zu streng mit seinem weinliebenden Freund. Die Erwartungshaltung spielt tatsächlich eine wichtige Rolle. Wenn das Hirn aber mitschmeckt, dann muss man auch eingestehen, dass der Wein für den Weinkenner dann auch wirklich besser schmeckt. Mit einem anderen Experiment wollten Forscher dies zeigen (Hilke Plassmann, John O’Doherty, Baba Shiv, and Antonio Rangel, Marketing actions can modulate neural representations of experienced pleasantness, Proceedings of the National Academy of the United States of America, 2007) . Die Testpersonen kriegten alle mehrmals den gleichen Wein vorgesetzt während man ihre Hirnaktivität scannte. Den Probanden wurden fünf vermeintlich verschiedene Weine vorgesetzt die angeblich zwischen 10$ und 90$ kosten.Tatsächlich fanden die Testpersonen den ‘teureren’ Wein besser. Nicht nur das, auch die Hirnaktivität im medial orbitofrontal cortex war gesteigert, eine Region die offensichtlich mit der Empfindung von Genuss in Verbindung gebracht wird. Dies galt für Testpersonen aus einem Weinklub ebenso wie für Nicht-Kenner.

Es gibt aber auch Untersuchungen die zeigen, dass zumindest Weinkenner durchaus einen Unterschied schmecken. Eine Auswertung von 6000 Weinverköstigungen zeigte, dass zwar Laien einen teureren Wein nicht wirklich zu schätzen wissen und teure Weine anders als Weinkenner bewerten (Robin Goldsteina, Johan Almenbergb, Anna Dreberc, John W. Emersond, Alexis Herschkowitscha, and Jacob Katz, Do More Expensive Wines Taste Better? Evidence from a Large Sample of Blind Tastings, Journal of Wine Economics, Volume 3, Number 1, Spring 2008). Es scheint sogar als ob Weinbanausen einen teureren Wein weniger mögen als die billigeren Varianten. Die Frage ist also inwiefern es sich um einen angelernten Geschmack handelt.

Da bei Florian noch eine Diskussion um Weinkartons, Schraubverschlüsse und Korken entbrannt ist, möchte ich hier auch noch den Chemikern etwas bieten und noch auf eine weitere Studie hinweisen. Normalerweise wird die Schachtel-Lagerung von Wein kritisiert, weil der Wein durch die Packung Sauerstoff aufnimmt und dies dem Geschmack abträglich sei. Eine Studie bestätigte das, stellte aber auch fest, dass diese Packungen auch sogenannte alkyl-methoxypyrazine (keine Ahnung ob das die korrekte Schreibweise auf Deutsch ist) aufnehmen (Amy Blake, Yorgos Kotseridis, Ian D. Brindle, Debbie Inglis, M. Sears and Gary J. Pickering, Journal of Agricultural and Food Chemistry, Volume 57 (11), 2009, pp 4680-4690). Diese Verbindungen lassen den Wein schmecken als wäre er von tieferer Qualität und aus unreifen Trauben hergestellt. Wenn asiatische Marienkäfer, die gerne Trauben futtern, in den Wein gelangen kann dies zudem die Konzentration von diesen Stoffen erhöhen und die Population dieser Käfer scheint zuzunehmen. Warum der Karton alkyl-methoxypyrazine aufnimmt ist nicht klar. Man könnte aber diese zur Lagerung von Wein benutzen den man jung trinkt (und der viele Marienkäfer enthält) bevor die Oxydation einsetzt.

Na dann Prost.

1 Zum Glück schreibe ich hier auf Deutsch. Im Schweizerdeutschen gibt es keinen linguistischen Unterschied zwischen Schmecken und Riechen. Das wäre verwirrend.

Kommentare (2)

  1. #1 Ulrich Berger
    August 5, 2009

    Ich bin etwas skeptisch, was den Hundefuttertest betrifft. Die Autoren selbst aber auch. Denn tatsächlich haben 72% der Probanden das Hundefutter als am schlechtesten der vier Proben gerankt. Da sie aber anscheinend erwartet haben, dass Hundefutter bei diesem Test sich als besser schmeckend erweisen würde, haben sie wohl auf eine besser schmeckende Probe und damit daneben getippt.

    (Das kommt davon, wenn man so einen Test drei Stunden vor Silvester durchführt…)

  2. #2 Jörg Friedrich
    August 7, 2009

    “Den Probanden wurden fünf vermeintlich verschiedene Weine vorgesetzt die angeblich zwischen 10$ und 90$ kosten.Tatsächlich fanden die Testpersonen den ‘teureren’ Wein besser.” Die Frage ist, ob hier die Probanden überhaupt noch auf ihren Geschmackssinn trauen und dieser nicht durch die Preis-Vorinformation ausgeschaltet wird.