Vor nicht langem war ich in der Vidoethek. Mit Freude sah ich, dass hier gebrauchte überschüssigen DVDs im Multipack verscherbelt werden (4 für 20$), etwas dass ich so nicht kenne aus der Schweiz. Da habe ich mir eine handvoll Filme, die ich sowieso schon lange mal (wieder) sehen wollte geschnappt. An der Kasse stellte ich fest, dass die resultierende Auswahl eine unleugbare Tendenz ins politische hatte. Darum müsst ihr jetzt hier die nächsten Wochen mit Besprechungen von Filmen leben, die teilweise schon lange aus den Kinosälen verschwunden sind.
Eines dieser Polit-DVDs war der Film “Frost/Nixon” von 2008. Eine wahrhaft unwahrscheinliche Idee für einen Film: Wer möchte schon die Verfilmung der Geschichte eines 28-stündigen Interviews mit einem Politiker welches 1977 auf sechs Stunden gekürzt ausgestrahlt wurde, antun? Das Resultat ist aber erstaunlich. Ein durchaus kurzweiliger und unterhaltsamer Film.
Das Interview wird natürlich stark dramatisiert. Ich bezweifle, dass da wie im Film suggeriert, ein junger naiver Journalist sich blauäuig stundenlang hat von Nixon weichquatschen lassen um dann im letzten Interview sich aufzulehnen und eine Art Entschuldigung herauszupressen. Es war wohl eher so, dass er Nixon durch eine unglaubliche Hartnäckigkeit über 28 Stunden mürbe gekriegt hat. Im Film entsteht auch der Eindruck, dass die Interviews kaum geschnitten wurden und fast ausgestrahlt wie gefilmt wurden. Doch all dies scheinen mir akzeptable Konzessionen an die Dramaturgie.
Nixon, dessen Bild bei mir vor allem durch die Dokumente der Foreign Relations of the United States geprägt sind, wird im Film gut dargestellt (das Lob gilt ebenso für den Schauspieler Frank Langella wie für die Drehbuchautoren). Es ist natürlich oft schwierig zwischen der Karikatur und dem ‘echten’ Nixon zu unterscheiden. Aber seine Selbstgerechtigkeit und das fehlende Unrechtsbewusstsein kommen gut zum Ausdruck und das sind sicher prägende Facetten zumindest des ‘öffentlichen’ Nixons.
Aufgefallen ist mir auch, dass der Film vermutlich nicht nur um die Interviews von David Frost mit Richard Nixon geht. Er ist indirekt durch sein Timing auch ein Film über die Administration von Bush Junior. Die Idee, dass der US Präsident über allem stehen soll (oder wie es Richard Nixon sagte “If the President does it, it is not illegal!”), sogar über dem Recht, der Hang zur Geheimhaltung und Intransparenz und die Konzentration der Macht in der Exekutive sind eben eine längere Tradition, die nicht erst mit George W. Bush angefangen hat (und leider mit Obama auch [noch] nicht gestoppt wurde).
Ich muss mir auf jeden Fall nun einmal das Originalinterview besorgen, welches vor etwa einem Jahr auf DVD neu herausgebracht wurde. Jeder der einmal ein (Forschungs-)Interview gemacht hat, weiss wie schwer es ist, länger als eine Stunde dabei zu bleiben, Vorauszudenken und dazu die erhaltene Information zu verarbeiten. Sieht man Ausschnitte aus dem Original Interview, kann man erahnen, was für eine grossartige journalistische Arbeit David Frost damals als Interviewer geleistet hat.
Hier noch der hübsch zusammengeschnittene Trailer zu den Original-DVDs mit einigen Schlüsselmomenten der Interviews:
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