Eigentlich wollte ich wieder etwas mehr über internationale Politik schreiben. Ganz sicher nicht schon wieder etwas über die Schweiz und auch nicht unbedingt über die Impfdiskussionen. Doch erhielt ich von einem Leser einen Hinweis auf einen Artikel im Tages Anzeiger zu einem Schweizer Parlamentarier, der mit den Anti-Impfern zusammengespannt hat. Soviel Dummheit kann ich nicht unkommentiert lassen.
Es handelt sich um ein Mitglied der Schweizerischen Volkspartei. Sein Name ist Peter Föhn ein Möbelfabrikant aus einem kleinen Innerschweizer Kanton. Zum Glück weiss das ehemalige Mitglied der Wissenschaftskommission [sic!] des Parlaments wo er sich die notwendige Expertise holen muss.
Am Anfang stand bei ihm wohl die Meinung, dass die Impfung gegen die Blauzungenkrankheit, die den Bauern verordnet wurde, trotz gegenteiliger wissenschaftlicher Faktenlage eben doch schlecht für das Vieh sei. Über diese spezielle Gruppe der Impfgegner habe ich schon berichtet. Dann tat der Herr Föhn, was so viele andere auch tun: Statt die Fakten zu evaluieren und auf ihre Plausibilität zu überprüfen, suchte er sich jemanden, der behauptet wissenschaftlich zu begründen, was Herr Föhn sowieso schon zu wissen glaubt. Regelmässige Scienceblogs-Leserinnen und Leser können sich vorstellen, dass es nicht all zu schwer war, einen entsprechenden Crank zu finden.
Sein Einflüsterer der Wahl wurde offensichtlich Stefan Lanka, ein einschlägig bekannter Virusleugner der seine Realitätsverweigerung im biologischen Bereich mit grotesken politischen Verschwörungstheorien vermischt. Diese Kooperation führte dann zu einer Anfrage von Peter Föhn an die Exekutive, gespickt mit den typischen Fragen von Verschwörungstheoretikern und auch vielen anderen, die sich wissenschaftliche Tatsachen verweigern, seien es nun Kreationisten oder Homöopathen: Man stellt Fragen und verlangt “lückenlose Beweisketten” über die man natürlich Definitionshoheit hat. Kriegt man eine Antwort muss man dann nur noch behaupten, dass dies nicht reiche. So einfach geht das. Viren gibt es also nicht. QED.
Interessanterweise verlangt Föhn einen Foto-Beweis. Dass scheint seine Vorstellung von wissenschaftlicher Beweisführung zu sein. Was fotografiert werden kann, das existiert. Die Liste der Dinge von denen ich bis jetzt glaubte sie würden existieren, aber es nicht tun ist somit wohl lang (ob der Herr Föhn wohl z.B. auch an der Existenz des Windes oder von Meereströmungen zweifelt ist mir nicht bekannt). Trotzdem gehören die Viren nicht dazu. Der gleiche Beweis wurde auch bei Tobias auf weitergen verlangt. Doch die Parallelen hören damit nicht auf. Auch der ausgeschriebene Betrag von 10’000 Euro für den Nachweis habe ich bei Stefan Lanka gefunden. Ob er wohl bei Tobias unter Pseudonym kommentiert? Dem Herr Föhn sei auf jeden Fall die Lektüre des soeben verlinkten Eintrags bei weitergen empfohlen.
Vielleicht sollte er sich, wenn er schon am Computer sitzt, sich noch ein wenig schlau machen (vermutlich eine grosse Herausforderung) mit wem er sich da ins Bett gelegt hat. Es kursiert unter anderem eine Newsletter vom Lankas Klein-Klein Verlag die den Irrsinn seiner Logik zeigt. Ein Ausschnitt:
Obwohl das Schweizer Volk Gentechnik und Nanopartikel mehrheitlich ablehnt und der Chemotherapie kritisch gegenüber steht, akzeptiert das Volk mit langer demokratischer Tradition, dass die zentralen Bestandteile des Pandemieimpfstoffes, den seine Regierung gekauft hat, Gentechnik, aktivierte Nukleinsäure (rtDNS) in Kringelform (Plasmide), Nanopartikel als behauptete Hilfsstoffe (Adjuvanzien MF59, AS03 etc. ) und chemoaktive Substanzen sind, die den Zellkern, die Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen) und die Zellen der Geimpften auflösen.
Das ganze mündet in einem Aufruf zum bewaffneten Widerstand:
Wir in Deutschland haben entsprechend des Grundgesetz für die BRD Artikel 20 Absatz 4 das verfassungsmäßige Recht zum Widerstand, weil „andere Abhilfe” seit 14 Jahren nicht möglich war und ist. Ihr habt dieses Recht nicht, dafür hat fast jeder Wehrfähige eine ordentliche Spritze zu Hause. [Referenz zur Dienstwaffe]
Nun findet sich eine ominöse Distanzierung auf der Seit des Verlages aber diese scheint sich auf eine andere Newsletter zu beziehen. Wie politisch informiert die Verfasser sind, merkt man daran, dass Lanka anscheinend meinte, die Schweiz sei nach wie vor kein Mitglied der UN (dies wurde später in “EU” umgewandelt) und konsequent die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) dem Militärdepartement zuordnet. Immer wieder schreibt er vom ‘Pentagon (CDC)’ (vermutlich weiss er gar nicht was das Pentagon ist). Macht sich wohl einfach besser in einer Verschwörungstheorie. Ein Gesundheitsdepartement welches die Weltdominanz anzustreben versucht klingt einfach nicht sehr überzeugend.
Peter Föhn kooperiert also mit solchen Extremisten vermutlich nur weil sie seine vorgefasste Meinung pseudowissenschaftlich belegen. Eigentlich ging es ja Peter Föhn um das arme Vieh und Blauzungenkrankheit. Vielleicht sollte er sich wieder um die wichtigen Dinge kümmern von denen er vielleicht eine Spur mehr versteht. Wie zum Beispiel Volksmusik im öffentlich rechtlichen Radio.
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