Florian schrieb sich schon die Finger Wund zum vermeintlichen Weltuntergang 2012 und dem Film zur Apokalypse. Ein zentraler Aspekt des Films kam leider viel zu kurz: Wie würde die internationale Gemeinschaft politisch mit der Apokalypse umgehen? Zeit für mich mir den Expertenmantel überzuwerfen.
Die Frage der Global Governance der Apokalypse wurde in Passport von Foreign Policy aufgworfen und Drezner hat auch prompt geantwortet. Obwohl ich den Film nicht gesehen habe, möchte ich auf dieser Basis und in alter Expertentradition trotzdem meine Meinung zu dieser ernsten Angelegenheit äussern.
Offensichtlich nimmt sich im Film die G8 (Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Russland, Grossbritannien, USA und als neunter Geisterbeisitz die EU) dem Ende der Welt an. Passport fragt nun ob dies wirklich eine realistische Gremium wäre, auf welches die Wahl fallen würde und falls nicht, wer sich wohl dem Management des Weltuntergangs annehmen würde.
Drezner meint, das Hollywood kaum je akkurate die internationale Krisendynamik zeigt. In der Regel würden im Film kompetente Experten einen brillanten Plan ausarbeiten, der das Problem vor welches die Regierungen gestellt werden, löst. Mutig packt man diesen nach einer Abwägung der Risiken an. Drezner gibt uns eine alternative und realistischere Dynamik. Am Ende steht eine gescheiterte Lösung und viele Verschwörungstheorien. Zur Frage wer sich dem Problem annehmen würde meint er, eine neue Institution würde wohl ins Leben gerufen und man würde nicht auf eine bisherige zurückgreifen.
Zuersteinmal gehe ich mit den verlinkten Blogs einig: Die G8 wäre kaum das gewählte Forum. Die ‘Organisation’ ist eigentlich keine und ist so informell, sie besitzt nicht einmal eine Website (solche werden nur für jeden Gipfel erstellt). Ursprünglich als Plattform zum Austausch für die reichsten Länder gedacht wurde sie von der G6 auf G7 erweitert und dann hat sich mit dem Ende des NATO Krieges in Kosovo Russland auch noch einen Sitz ersteigert. Heute läuft international nur noch wenig ohne China, Indien oder Brasilien. Dies gilt inzwischen auch für Handels- und Finanzfragen (welche häufig im Vordergrund stehen bei G-Irgendwas Versammlungen) aber noch viel mehr für grössere Fragen wie eben zum Beispiel das Ende aller Zeiten.
Was würde also passieren, wenn die Regierungen der verschiedenen Nationen plötzlich vom Ende eben diese erfahren würde? Ganz allgemein halte ich die Möglichkeit der Geheimhaltung für völlig lächerlich. Selbst Memos, die nur durch wenige Hände gehen können kaum geheimgehalten werden. Etwas von solchem Ausmass mit dem Wissen von tausenden würde keine zehn Minuten geheim bleiben.
In einem ersten Schritt würde die Politik wohl Experten anhören. Das sehe ich wie Drezner. Ich bin mir aber nicht so sicher, dass sich auf der Basis eines herausgebildeten wissenschaftlichen Konsens dann ein politisches Programm entwickeln würde. Ich glaube eher, dass die Politiker sich auf Realitätsverweigerung verlegen würden und einfach denjenigen Wissenschaftler glauben, die das sagen, was die Politik hören will weil es weniger Probleme schafft (“Die Daten sind falsch, es gibt keinen Weltuntergang”). Das Muster kennt man allzu gut. Die Welt könnte dann untergehen und es wäre sowieso niemand mehr da, der sagen kann, er oder sie hätte es von Anfang an gewusst. Die Wiederwahl ist somit nicht gefährdet.
Aber sollte ein geeignetes Forum gesucht werden, wo könnte man es finden? Oft spricht man für solche Fragen von Institutionellem Design (welche Organisation ist am besten in der Lage um das Problem zu lösen). Es geht darum, wer eine effiziente Lösung für das Problem bieten kann. Zwei mögliche Kriterien dafür sind: Erstens stehen der Institution die notwendigen Mittel zur Verfügung (Finanzen, Expertise, Macht)? Zweitens sind die wichtigsten Akteure darin vertreten und sind es genug um die Legitimität des Entscheides zu sichern?
Betrachtet man die Mittel, macht es Sinn vor allem die grössten und/oder reichsten Länder miteinzubeziehen. Aber die G8 scheint keine gute Wahl zu sein. Ausser man braucht Atomwaffen oder viel Land für die Lösung, geht es zum Beispiel auch gut ohne Russland. Hingegen schon nur bevölkerungstechnisch sollten Indien und China mit von der Partie sein. Darum wäre der UN Sicherheitsrat wohl auch keine wirkliche Lösung, obwohl thematisch dies als ‘Sicherheitsfrage’ durchaus in seinen Zuständigkeitsbereich fallen würde. Tendenziell wäre es eher die G8+5 (G8 und Brasilien, China, Indien, Mexico und Südafrika) oder die G20. Vor allem letztere soll ja bis auf weiteres sowieso die G8 ersetzen.
Die Vertretungsfrage ist etwas schwieriger. Einerseits betrifft es die ganze Menschheit. Das würde für die UN Generalversammlung sprechen. Dort würde vermutlich aber drei Monate nachdem die Welt zerstört wurde, die erste Arbeitsgruppe gebildet, die dann zwei Jahre später in einem Bericht feststellen könnte, dass die Mittel fehlen um tatsächlich etwas zu unternehmen.1 Die Legitimität wäre wohl kaum ein Problem bei einer kleineren Gruppe (eine Rettung würde legitimieren und für den Rest ist es eh egal). Man muss wohl vor allem die kritische Grösse erreichen um den Plan umsetzen zu können.
Darum ist wohl die Gründung einer neuen (ad hoc) Institution am wahrscheinlichsten. Neue Organisationen werden häufig zur Lösung neuer Problemstellungen gegründet. Diese Organisation würde sich vermutlich irgendwo zwischen G8 und G20 bewegen. Aber ob die Erde so gerettet würde bezweifle ich. Wer den Klimagipfel in Kopehagen beobachtet wird mir hier wohl zustimmen: Die Internationale Gemeinschaft, die ihre nationalen Interessen für das Allgemeinwohl zur Seite schiebt um schnell eine gemeinschaftliche Lösung auf der Basis des wissenschaftlichen Konsens zu finden, scheint fast ähnlich unrealistisch wie das Szenario von 2012.
1Ich sage nicht, dass die UN Generalversammlung nur bürokratisch und überflüssig ist. Ich bin vom Gegenteil überzeugt. Ich behaupte jedoch, dass sie für diese Art von dringlichem Problem völlig ungeeignet ist.
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