Eine parlamentarische Kommission in Frankreich hat einen Vorschlag verabschiedet, der künftig die vollständige Verschleierung von Musliminnen in gewissen Bereichen verbieten will. Wieder einmal sehe ich mich genötigt, trotz meines Atheismus für die Rechte von (in diesem Fall sogar orthodoxen) Gläubigen zu argumentieren. Eine verkehrte Welt ist das.

Hijab_in_Yemen.jpg

Zuerst etwas Hintergrund für alle die die Diskussionen nicht mitverfolgt haben. Gemäss dem französischen Innenministerium gibt es nur etwa 1’900 Frauen in Frankreich viele unter ihnen Französinnen, die sich ‘ganz verschleiern’ (voilée intégralement wird das im Bericht genannt). Obwohl häufig von einem Burkaverbot die Rede ist, handelt es sich eher um den Hidschab genannten Schleier. Die Burka ist die afghanische Variante und der Hidschab ist die von der saudischen Orthodoxie bevorzugte Verhüllungstechnik (ich halte übrigens beide für lächerlich und den Unterschied für minim).

In Frankreich müssen diese knapp 2’000 Frauen heute schon gewisse und in meinen Augen durchaus nachvollziehbare Kompromisse eingehen, zum Beispiel im Umgang mit Behörden. Nun schlägt eine Kommission der Nationalversammlung vor, dass so verkleidete Frauen der Zugang zu öffentlichen Gebäuden in Zukunft gesetzlich verwehrt werden soll. Der Bericht erklärt, warum der Vollschleier gegen Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit verstösst (tut der Bericht tatsächlich, das ist hier nicht nur methaphorisch gemeint).

Es gehe darum ein Zeichen zu setzen, meint die Kommission. Das Problem mit Zeichen ist aber, dass man die Interpretationshoheit nicht zwangsläufig behält. Darum (und aus den gleichen Gründen warum ich mich gegen das Minarettverbot in der Schweiz gewehrt habe) halte ich den Vorschlag der Kommission für äusserst problematisch.

  • Wie Frei ist unsere Gesellschaft noch, wenn Kleidervorschriften von der Staatsgewalt durchgesetzt werden sollen? Die Kleiderpolizei waren doch bis jetzt Spezialität der Saudischen und Iranischen Polizei. Wir verzichten auf die beanspruchte moralische Überlegenheit aber die Fundamentalisten freut es bestimmt.
  • Wie überzeugend ist es, wenn ein Parlament mit 18.2% Frauenanteil sich plötzlich der Gleichberechtigung verschreibt?
  • Ist es ein Zeichen von echter Besorgnis um die Rechte dieser Frauen, wenn man ihnen vorschreibt, wie sie sich zu kleiden haben und wenn man um ihre Ausgrenzung zu mildern sie gesetzlich noch weiter ausgrenzt? Ist es hilfreich wenn Männer Frauen vorschreiben, wie sie sich zu kleiden haben, weil diese Männer davon ausgehen, dass andere Männer ebendiesen Frauen vorgeschrieben haben sich so zu kleiden?
  • Kann man es einem so oft beschworenen laizistischen Staat abnehmen, wenn er plötzlich einer religiösen Minderheit erklärt, wie sie ihre Religion zu leben und ihre heilige Schrift auszulegen hat (dies gilt natürlich nur solange andere Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht betroffen sind)? Im Bericht steht zum Vollschleier wörtlich: “Ein Praxis, die aus einer Minderheiten-Interpretation entstammt und sich auf keinerlei explizite und zweifelsfreie Text-Basis stützen kann” (Une pratique née d’une interprétation très minoritaire ne reposant sur aucun fondement textuel explicite et incontestable). Koranexegese durch die Nationalversammlung?
  • Das Kopftuch (und der Schleier) wurde vor allem durch die Fundamentalisten zum politischen Symbol erhoben. Einschränkungen und Verbote unterstützen diese und geben den Islamisten recht.
  • Wer vorgibt Integration erreichen zu wollen, sollte nicht die Bewegungsfreiheit der Menschen im öffentlichen Raum zusätzlich einschränken, die man besser zu integrieren wünscht.
  • Spätestens wenn man jemandem von einer Minderheit Busfahren nur unter gewissen Bedingungen erlauben möchte, sollte man merken, dass man ein heftiges PR Problem hat. Wie war das nochmals mit Rosa Parks?

Es geht vor allem um eine populistische Massnahme. Keine der vorgebrachten Gründe wirkt sehr überzeugend. Wie beim Schweizer Minarettverbot eignet sich das Thema ausgezeichnet zur Stimmungsmache mit kaum Konsequenzen für die Initianten. Einmal mehr wird aus billigem Populismus im Namen der Freiheit und ‘westlichen Werten’ ein Verrat an genau diesen begangen.

Bildquelle: Frau mit Hijab in Yemen von Steve Evans, Wikimedia Commons

Kommentare (94)

  1. #1 Tobias
    Januar 27, 2010

    ich halte übrigens beide für lächerlich

    Ich halte beide für frauenfeindlich und diskriminierend.

  2. #2 ali
    Januar 27, 2010

    @Tobias

    Stimmt. Sofern nicht freiwillig getragen. Mein Statement war deswegen so ‘weich’ gewählt. Was der Prozentsatz der ‘Freiwilligen’ in Westeuropa ist, ist nicht so klar. Die Massnahme scheint mir trotzdem falsch: Ist es freiwillig, dann ist es Patriarchalismus. Werden sie dazu gezwungen, macht man ihnen das Leben noch schwerer.

  3. #3 Andrea N.D.
    Januar 27, 2010

    @Ali:
    “Wie Frei ist unsere Gesellschaft noch, wenn Kleidervorschriften von der Staatsgewalt durchgesetzt werden sollen? Die Kleiderpolizei waren doch bis jetzt Spezialität der Saudischen und Iranischen Polizei. Wir verzichten auf die beanspruchte moralische Überlegenheit aber die Fundamentalisten freut es bestimmt. ”

    Hier geht es nicht um “Kleidervorschriften”, sondern um entwürdigende sexsistische Diskriminierung. Ich würde nicht Freiheit mit Freiheit zur brutalen Unterdrückung verwechseln. Freiheit geht (zumindest in Deutschland seit Kant) nur so weit, wie die Freiheit einer anderen nicht beschnitten wird, und das ist hier massiv der Fall. Insofern hinkt auch der Vergleich mit den Fundamentalisten oder einer etwaigen moralischen Überlegenheit. Wir würden kaum die Beschneidung von Mädchen als religiöse Praktiken (obwohl wird das nicht auch in Europa geduldet?!?) erlauben, um ein noch krasseres Beispiel zu wählen.

    “Wer vorgibt Integration erreichen zu wollen, sollte nicht die Bewegungsfreiheit der Menschen im öffentlichen Raum zusätzlich einschränken, die man besser zu integrieren wünscht.”

    Das ist nur eine kurzfristige Möglichkeit. Entweder werden diese Frauen jetzt ganz weggesperrt (in diesem Fall sollte wieder etwas unternommen werden; und versuch einmal mit dem Ding herumzulaufen, viel Unterschied zu absolut keiner Bewegungsfreiheit ist da nicht mehr) oder die Männer werden gezwungen die Frauen ohne diesen Schleier loszuschicken. Dann wäre das Ziel erreicht.

    “Kann man es einem so oft beschworenen laizistischen Staat abnehmen, wenn er plötzlich einer religiösen Minderheit erklärt, wie sie ihre Religion zu leben und ihre heilige Schrift auszulegen hat (dies gilt natürlich nur solange andere Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht betroffen sind)? Im Bericht steht zum Vollschleier wörtlich: “Ein Praxis, die aus einer Minderheiten-Interpretation entstammt und sich auf keinerlei explizite und zweifelsfreie Text-Basis stützen kann”

    Keine Koranexegese, nur Klarstellung, dass der Koran das Kopftuchtragen nicht vorschreibt und der angebliche Bezug der Männer, die meinen ihre Frauen zum Kopftuchtragen zu zwingen, nicht tragfähig ist. Toll, dass die Franzosen sich das trauen! Die Türkei rudert ja leider eher wieder zurück.

    Religion ist Privatsache – in Frankreich glücklicherweise noch mehr als in Deutschland. Privat heißt privat. Wenn die Frauen religiöse Symbole zur Schau tragen wollen – dann bitte privat. Wenn sie beten wollen – dann bitte privat und nicht mit Minarett. Freiheitliche Grundrechte und Religionsfreiheit dürfen nicht mit Terror einer Minderheit über eine Mehrheit oder Männern über Frauen verwechselt werden.

    Ich finde Deinen Artikel gut und denke, dass wir verschiedene Ansätze haben. Ich argumentiere von der Gesetzgebung aus und finde diese gut, um vielleicht zukünftig etwas in der Praxis des Schleiertragens und damit in der Situation der Frauen etwas zu verändern; Du argumentierst von den Folgen des Schleierverbots / Bewegungseinschränkung aus – das mit dem Busfahren ist absolut einleuchtend. Allerdings ist das nur eine Möglichkeit. Die andere wäre ja eine Bewegungserweiterung, weil die Frauen jetzt auch endlich einmal etwas sehen würden. Vielleicht wollen sie auch ohne Schleier gehen, wenn es ihnen die Männer / entsprechende Gesellschaft nicht mehr aufpressen können.
    Vielleicht ist es auch verkehrt, über ein Bewegungseinschränkungsverbot das Schleiertragen einschränken zu wollen, das scheint mir Dein Hauptkritikpunkt. Ich finde trotzdem, dass es ein Versuch wert ist.

  4. #4 Stefan
    Januar 27, 2010

    Aber Kleidervorschriften macht der Staat doch schon immer, und ganz verzichten mag doch sowieso niemand, oder?

    Wenn ich das Gegenteil tue, also nackt herumlaufen, dann würde ich auch wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses bestraft, und in der Nähe von Kindergärten/Schulen als Mann bestimmt als Kinderschänder dargestellt.

  5. #5 Julius Cäsar
    Januar 27, 2010

    Wie Frei ist unsere Gesellschaft noch, wenn Kleidervorschriften von der Staatsgewalt durchgesetzt werden sollen?

    Offensichtlich leben wir nicht in einer freien Gesellschaft, denn bei Demonstrationen gibt es hierzulande ja das Vermummungsverbot und das Verbot der “passiven Bewaffnung”. Durch die Burka wird die für den Staat und seine Vollzugsbeamten so wichtige Möglichkeit der Identifizierung verhindert. Okay, man kann jetzt sagen, dass das sowieso irgendwie doof ist, wenn man sich gegenüber einem Beamten zu erkennen geben muss, aber wenn das gilt, dann bitteschön für alle, und wenn nicht, auch für alle.

  6. #6 Julius Cäsar
    Januar 27, 2010

    Wieder einmal sehe ich mich genötigt, trotz meines Atheismus für die Rechte von (in diesem Fall sogar orthodoxen) Gläubigen zu argumentieren.

    Das ist immer wieder ein interessantes Phänomen, dass sich Linke und Atheisten so gern mit dem Islam, gar einer radikalen Spielart, verbünden. Woran das liegt, weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass der Schuss nach hinten losgehen könnte. Für einen gläubigen Moslem gilt ein Christ oder ein Jude weniger als ein Moslem, aber ein Atheist hat Leben eigentlich schon verwirkt. Ist Ihnen das bewusst?

  7. #7 Joern
    Januar 27, 2010

    @ Julius Cäsar

    Das Vermummungsverbot gilt aber eben nur bei Demonstrationen.
    Ansonsten kann ich mich im öffentlichem Raum vermummen wie ich möchte.

  8. #8 Arno
    Januar 27, 2010

    Die beiden Konzepte “Tragen einer Burka” und “jemand anders zwingen, eine Burka zu tragen” sollten hier (in den Kommentaren) doch etwas sauberer unterschieden werden. Eine Burka schraenkt zunaechst einmal genau eine Person ein: Den Traeger.

    Ob es ein geeigneter Weg sein mag, das Tragen einer Burka zu verbieten, um den Zwang zum Tragen einer Burka zu verhindern, weiss ich nicht. Dazu muesste man dann natuerlich erstmal wissen, wie freiwillig die Teile in Westeuropa so getragen werden; sich ueberlegen, ob die Opfer solchen Zwangs nicht eh ermutigt werden muessten, ihre Maenner/Vaeter/wen auch immer ganz zu verlassen, usw.

  9. #9 Christoph Wagner
    Januar 27, 2010

    Wie auch immer man dazu steht (ich bin für ein volles Verbot), die jetzige halbe Lösung erscheint mir wie kompletter Unfug.
    Dann wird den in Niqab/Hidchab eingesperrten Frauen halt verboten die öffentlichen Gebäude zu betreten. Was hat man gelöst? Nichts.

  10. #10 hertzi
    Januar 27, 2010

    wenn man einer religioesen Gruppe verbietet Teile der Glaeubigen zu unterdruecken dann kann man das doch nicht als Verstoss gegen die relegioese Selbstbestimmung sehen, oder? Die Wuerde aller Menschen sollte doch hoeher angesehen werden als relegioese Selbstverwirklichung einzelner…
    Wenn wir Diskriminierer diskiminieren ist das doch keine Diskiminierung.

  11. #11 4cc9
    Januar 27, 2010

  12. #12 Jonas
    Januar 27, 2010

    “Wie Frei ist unsere Gesellschaft noch, wenn Kleidervorschriften von der Staatsgewalt durchgesetzt werden sollen? Die Kleiderpolizei waren doch bis jetzt Spezialität der Saudischen und Iranischen Polizei.”

    Also zumindest Deutschland ist für mich ein sehr freies Land, auch wenn die “Kleiderpolizei” mir mächtig Ärger machen würde, wenn ich Prinz Harrys alte Faschingskostüme auftragen würde.
    Ich hab keine Ahnung wie das in Frankreich aussieht, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es dort ähnlichen Ärger geben würde. Also wo ist jetzt nochmal genau das Problem beim “Burkaverbot”?

  13. #13 ZA
    Januar 27, 2010

    Oh bitte. Das Gegenteil zu Burqa/Hijab ist nicht nackt herumzulaufen. Es wären – und wir reden hier von Frauenkleidung, anders ist es nicht vergleichbar wenn wir auf den diskriminierenden Aspekt eingehen wollen – weite Ausschnitte, kurze Röcke, hochhackige Stiefel, alles was Reize zeigt. Die Verwendung ist in den Medien oft klar sexistisch, aber es ist nicht verboten. Man lässt auch unseren zu Objekten gemachten Frauen die Wahl. Natürlich ist es auch nicht explizit vorgeschrieben, aber das heißt nicht dass es keinen Druck gibt, keinen internalisierten Sexismus. Und der ist ganz eindeutig nicht verboten. Sonst würde ich nicht an einem Plakat das für Männerkleidung wirbt vorbeilaufen auf dem kein Mann, sondern eine fast nackte Frau ist.
    Das Argument “wenn wir woanders hinreisen dürfen wir xy doch auch nicht” zählt meiner Meinung nach sowieso nicht. Meine Mutter pflegte auf ähnlich strukturierte Argumente in meiner Kindheit zu sagen: “Du bist aber nicht die anderen.”

    Für eine neue Perspektive (interessant wie viele – dem Benutzernamen nach – männliche Personen sich hier äußern. Wenn Sexismus/Diskriminierung im eigenen Land, bzw. der eigenen Kultur diskutiert wird, ist die Verteilung in der Regel anders, bzw. hört man dann idR nur noch selten dass Männer die sexistischen Verhältnisse kritisieren) würde ich gerne auf folgenden Artikel aufmerksam machen (ich hoffe das ist okay?):
    https://www.jo.jo/index.php?option=com_content&view=article&id=719:the-fake-muhajaba&catid=81:politics&Itemid=197

  14. #14 Arno
    Januar 27, 2010

    hertzi, diese Regelung diskriminiert nicht die Diskriminierer, sondern nochmals die Diskriminierten

  15. #15 Anne
    Januar 27, 2010

    Ich finde den Artikel gut und lesenswert und kann Ihre Argumentation nachvollziehen. Auch bin ich selbst Atheistin und würde mich wohl als unbedingte Demokratin einstufen.

    Trotzdem unterstütze ich dieses Burkaverbot und finde es richtig!

    Wenn es nur darum ginge das hier eine religiöse Gruppe in der Ausübung ihrer Rituale beschränkt würde, dann hätten Sie mit Sicherheit auch mich auf Ihrer Seite. Für mich ist jedoch die Burka oder meinetwegen Hidschab ein Symbol für die Unterdrückung von Frauen überall in der islamischen Welt. Es spielt auch keine Rolle ob es Frauen gibt die dieses Kleidungsstück freiwillig oder gar absichtlich tragen. Mir ist es egal welche Religion ein Mensch hat. Naja, zumindest sollte es mir egal sein. Mir ist es jedoch nicht egal wenn eine Hälfte einer Gesellschaft eben wegen einer Religion in Unfreiheit lebt und de facto unterdrückt wird.

    Angenommen es wäre in einer Religion üblich die Frauen in Handschellen durch die Straßen gehen zu lassen. Der Aufschrei in unserer westlichen Welt wäre groß und das Verständnis für ein Verbot jederzeit gegeben. Die Kleidervorschrift um die es hier geht ist nur unwesentlich davon entfernt. Versuchen Sie doch einfach mal eine Woche unter Beachtung der orthodoxen islamischen Kleidervorschriften zu leben und stellen Sie sich vor das Ihre gesellschaftliche Stellung nur unwesentlich höher ist als die eines Haustieres. Ich bin gespannt ob Ihnen die religiöse Freiheit dieser Gruppe dann immer noch mehr wert ist als die gesellschaftliche Freiheit der Frauen.

  16. #16 radicchio
    Januar 27, 2010

    ein burkaverbot ist keine kleidervorschrift. den frauen wird nicht vorgeschrieben, WAS sie zu tragen haben, sondern was nicht.
    viel wichtiger ist allerdings, dass eine burka eben kein x-beliebiges normales kleidungsstück ist.
    sie ist auch nicht zwingend im islam vorgeschrieben. d.h. sie hat im grunde mit der religionsausübung oder freiheit des glaubens nichts zu tun.

    das argument der freiwillgikeit des burkatragens ist ein scheinheiliges. diese frauen wurden von kindesbeinen an indoktriniert und konditioniert, sich dieser unfreiheit zu fügen. einer unfreiheit, die nun in eine freiheit uminterpretiert wird. das ist heuchelei erster güte.

    wenn die burka verboten ist, haben die burka tragenden frauen das gesetz auf ihrer seite, um dieses ungetüm abzulegen. sie werden dadurch mit sicherheit nicht diskriminiert.

  17. #17 hertzi
    Januar 27, 2010

    Nach etwas mehr Nachdenken bin ich mir nicht mehr ganz sicher ob das Burkaverbot zum gewuenschten Ziel fuehren kann, denn immerhin kann man sich ja auch anders vermummen…. Was kommt dann als naechstes? Werden lange Maentel mit hohen Kragen, Schals und Muetzen verboten? Wie saehe dann wohl der naechste Winter aus? Oder wird es ‘Saisongerechte Bekleidung’ heissen? 🙂

    Uebrigens bin ich nicht der Meinung dass man den eventuellen (in D aber ganz und gar nicht vorhandenen) sozialen Zwang zum Minnirock tragen mit der Burkapflicht in manchen islamischen Laendern gleichsetzen sollte.

  18. #18 YeRainbow
    Januar 27, 2010

    Es steht n der Bibel, daß man ein ungehorsames Kind züchtigen, notfalls töten soll.

    Hat lange auch durchaus so funktioniert. Mißhandlungen mit und ohne Todesfolge gab es durchaus.

    Ist trotzdem verboten. Inzwischen gänzlich.

    Oder sollte man das auch aus religions-respektierenden Gründen wieder erlauben?
    Ist dann immerhin nicht Pflicht. Wer seine Kinder am Leben lassen will, kann das ja gerne…

  19. #19 YeRainbow
    Januar 27, 2010

    Öhm, auch das VErbot, seine Kinder zu mißhandeln oder zu töten, wirkt nicht vollständig.
    Es gibt immer wieder Fälle.

    also, das VErbot also auch deshalb wieder aufheben?

  20. #20 radicchio
    Januar 27, 2010

    Was kommt dann als naechstes? Werden lange Maentel mit hohen Kragen, Schals und Muetzen verboten? Wie saehe dann wohl der naechste Winter aus?

    ach komm, das steht doch nicht zur debatte.

  21. #21 Andrea N.D.
    Januar 27, 2010

    @ herzti:
    “Was kommt dann als naechstes? Werden lange Maentel mit hohen Kragen, Schals und Muetzen verboten?”
    Du hast den Knackpunkt irgendwie nicht verstanden. WER wird gezwungen lange Mäntel mit hohen Kragen zu tragen und WELCHE Benachteiligung ergibt sich für die Träger/-innen daraus?

  22. #22 S.S.T.
    Januar 27, 2010

    Die Verschleierung, ja oder nein, ist ein Nebenkriegsschauplatz. Das reaktionäre Frauenbild des Islams ist das eigentliche Thema. Dazu Pressemeldungen dieser Woche zu den Hausdurchsuchungen wegen des Buchs “Frauen im Schutz des Islams”, z.B.

    Das Buch, das auch auf diversen islamischen Internetseiten zu finden ist, wurde bereits am 15. Januar 2009 als jugendgefährdend indiziert. In den entsprechenden Passagen wird dargelegt, dass das Schlagen von Frauen zwar grundsätzlich verboten sei, es aber als letztes Mittel, „das heißt, wenn eine Frau den Anweisungen ihres Ehemannes ? nicht gehorcht“, zulässig sei.
    Nach einer Stufe der „Ermahnung“ und „Warnung vor Allahs Strafe“ solle der Mann als weitere Sanktion „das Bett der Frau meiden“. Wenn dies ebenfalls nichts bewirke, käme „die nächste Stufe der Züchtigung“: „Schlagen, ohne zu verletzen, Knochen zu brechen, blaue oder schwarze Flecken auf dem Körper zu hinterlassen, und unter allen Umständen vermeiden, ins Gesicht zu treffen.“
    Diese Behandlung habe sich für „kontrollierende oder führende Frauen“ als ebenso wirksam erwiesen wie bei unterwürfigen Frauen: „Diese Frauen genießen es, geschlagen zu werden.“

    https://www.welt.de/politik/deutschland/article5921859/Polizei-stellt-frauenfeindliche-Islam-Buecher-sicher.html?print=yes#reqdrucken

    Wer das Buch lesen möchte, findet es u.a. auf https://www.scribd.com/doc/8081591/Frauen-im-Schutz-des-Islam
    (Die Passage über das Schlagen der Frauen kann man auf Seite 59 nachlesen.)
    Auf jeden Fall sollte einem nach der Lektüre ganz klar werden, dass alles was so Westler möglicherweise als Einschränkung von Frauenrechten sehen könnten, in Wirklichkeit einzig und allein zu deren Besten ist (auch wenn das evtl. die eine oder andere Frau nicht hergeben möchte).

  23. #23 Andrea N.D.
    Januar 27, 2010

    @S.S.T:
    Das klang hier ja auch bereits an. Burka tragen schützt, weil Minis zur Vergewaltigung einladen. Das mit der “gewollten” Unterdrückung ist ein ziemlich komplexes Thema und dauert Generationen es überhaupt zu bemerken.

    Noch einmal zum Thema: Der französische Staat (und nicht nur dieser) hat offensichtlich keine Möglichkeit, direkt gegen die Diskriminierung bestimmter muslimischer Frauen vorzugehen. Also hängt er sich (fälschlicherweise?) an dem angeblich religiösen Symbol der Verschleierung auf, um auf diesem Weg die Frauen aus ihrem Elend zu holen. Die Fragen sind: Kann dies rechtens sein (Widerspruch zu grundrechtlichen Freiheiten, Religionsfreiheit) und bringt dies praktisch tatsächlich etwas?
    Im Gegensatz zu Ali meine ich “ja” und “hoffentlich”. Es ist zumindest ein Anfang.

  24. #24 hape
    Januar 27, 2010

    Zu der Sache mit der Unterdrückung. Ich finde es ziemlich problematisch, dass sozusagne von außen so zu interpretieren, denn es sind meist die Außenstehenden, und auffallend oft Nichtmuslimische Männer, die dieses Argument bringen. Männer die sonst aufschreien und hysterisch werden, wenn man selbst offensichtlichen Sexismus anspricht. Natürlich ist die Verschleierung, die die Taliban in Afghanistan zwanghaft eingeführt haben, Unterdrückung, aber ob das bei 100% aller Fälle in Frankreich der Fall ist, traue ich mir nicht zu zu beurteilen.

    Man kann die Vollverschleierung vielleicht als Symbol der Unterdrückung sehen, aber umgekehrt kann man, besonders wenn der Vorschlag von Leuten kommt die sich sonst nicht gerade um Gleichberechtigung aller, insbesondere von Frauen und Minderheiten scheren, das Verbot auch als Symbol einer bevormundenen Symbolpolitik sehen. (das soll kein wortspiel sein, aber mir fiel kein Synonym ein).

  25. #25 Eugen
    Januar 27, 2010

    Der französische Staat handelt hier mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie er einst zu Ungungsten der Franzosen Fremde aus islamischen Ländern ins Land reinließ. Jetzt wird versucht diesem Fehler mit alleilei Gesetzen und Regelungen zu begegnen. Aber es werden vermutlich die Franzosen als erste auf den Trichter kommen, dass es kein Zusammenleben zwischen so verschiedenen Kulturen geben kann und bietet die Moslems früher oder später (eher früher) nach Hause zu gehen. Das Ende dieser Episode zeichnet sich schon ab.

  26. #26 ali
    Januar 27, 2010

    Auweija, da war einiges los während ich die Schweizer Bergwelt genossen habe. Zuerst einmal ein Dankeschön für die mehrheitlich gesittete Diskussion (wie ich seit meinen Posts zum Minarettverbot weiss, nichts selbstverständliches in diesem Zusammenhang und der alte Römer konnte es sich leider auch nicht ganz verkneifen).

    Ich schaffe es nicht mehr jeden einzelnen Einwand hier aufzugreifen und werde darum ein paar allgemeine Argumente, die mir nach dem Durchlesen der Kommentare auf den Nägeln brennen hier anbringen. Sollte jemand der Meinung sein, ich hätte was wichtiges vergessen oder nicht beachtet, können wir Morgen gerne weiterdiskutieren.

    Erstens befürworte ich natürlich nicht Diskriminierung. Aber wenn solche stattfindet und nicht erwünscht ist (was tatsächlich nicht immer der Fall ist), soll gegen die Diskriminierung vorgegangen werden und nicht das Medium, über welche sie transportiert wird. Überspitzt formuliert, wenn jemand nicht ‘an Ausländer vermietet’, wird man nicht den Ausländern verbieten, Wohnungen zu mieten.

    Zweitens wissen wir nicht, wieviele der 2000 Hidschab-Trägerinnen dies aus freien Stücken tut. Da viele von ihnen Französinnen sind, häufig gar konvertierte (ich habe das mehrmals gehört, habe aber keine Quelle zur Hand die man überprüfen könnte) werden es wohl einige sein. Darf der Staat ihnen wegen anderen Kleidungsvorschriften machen? Das wäre doch auch sehr frauenfeindlich oder?

    Drittens, in der/dem/das [‘heilliges’ Buch nach Wahl] steht immer vieles. Manches wird interpretiert, manches wird eingehalten anderes wird ignoriert. Eine brauchbare 1:1 Lebensanleitung findet man m.E. kaum in 2000 Jahre alten Schriften. Obwohl ich diese Bücher daher ebenso hilfreich oder unnütz finde wie jedes andere Stück Literatur, welches aus dem Kontext gerissen wird, finde ich, dass im Rahmen der Religionsfreiheit der Staat sich eben rauszuhalten hat, solange die Interpretation nicht Unfreiwillige, Nicht-Gläubige oder Kinder schädigt und einschränkt. Sonst kommt man regulatorisch in Teufels Küche: Gilt das auch für neuerer Bücher (e.g. Mormonen? Scientology?), wie klar muss etwas erwähnt sein im Buch, etc? Falls das zu abstrakt ist: Die katholische Kirche zelebriert die unbefleckte Empfängnis. Wenn wir nun zum Schluss kommen, dass dies ein Grund für unerwünschte Teenagerschwangerschaften ist (oder sonst irgendwie negativ für 2000 Personen) könne wir das dann der katholischen Kirche verbieten, weil es ja nicht in der Bibel steht?

    Viertens, ob Kleidungsvorschriften im Negativ oder im Positiven formuliert werden, spielt doch keine Rolle. Oder ist es OK wenn Frauen im Sudan keine Hosen tragen dürfen, es ist aber nicht OK wenn sie einen Schleier tragen müssen?

    Fünftens gibt es tatsächlich eine misogynistisch Kultur im Islam. Aber die ist nicht dem Islam eigen. Die gibt es auch im Christentum (sogar bei ‘gemässigteren’ wie Obamas Amtseinführungspfarrer Rick Warren) und vermutlich in allen anderen Religion auch. Wahrscheinlich dient Religion sowieso nur der Rationalisierung.

    Sechstens wenn ein Vermummungsverbot oder ein Verbot nackt rumzurennen als Begründung reicht, damit der Staat Kleidervorschriften erlassen kann, dann muss man auch akzeptieren, dass obligatorische Bärte/Kopftücher etc. in Ordnung sind. Der iranische Wächterrat wird sich darüber freuen, solche Massnahmen als legitime Mittel eines liberalen Staates zu sehen.

    Siebtens stellt sich mir eine Frage, wenn es doch nur um den Schutz der Frauen geht, wo bleibt der Staat bei anderen religiös begründeten Diskriminierungen (die christlich Orthodoxen, die Katholiken, orthodoxe Juden, Hindus und alle anderen stehen wohl schon an)? Vielleicht kann ich mich von einem staatlichen Durchgreifen überzeugen lassen, dann soll dies aber bitte konsequent sein. Im Rechtsstaat gibt es kein Rosinenpicken.

  27. #27 Ronny
    Januar 28, 2010

    Zitat Ali: soll gegen die Diskriminierung vorgegangen werden und nicht das Medium, über welche sie transportiert wird.

    Genau meine Meinung, nur was soll man machen wenn sich die Diskriminierer hinter der Religionsfreiheit verstecken ? Genau diesen Punkt finde ich am Verwerflichsten. Unter dem Deckmäntelchen der Religion wird eine Diskriminierun quasi legitimiert.
    Deshalb sollte man hier auch sehr streng sein und welcher Religion auch immer mitteilen, dass in der EU sich religiöse Gesetze den staatlichen unterzuordnen haben.

    Darf der Staat ihnen wegen anderen Kleidungsvorschriften machen?

    Ja, denn dann entsteht vielleicht ein hoher Leidensdruck der diese Frauen mal nachdenken lässt. Ich würde sowieso dann bei der Exekution des Burkaverbots aufgegriffene Frauen einmal über ihre Rechte informieren. Schon lange würde ich mir im Fernsehen, Schule und in der öffentlichen Diskussion eine Infokampagne wünschen, die in vielen Sprachen durchgeführt wird und den Frauen mitteilt welche Rechte sie in der EU haben. Vielen ist das vielleicht gar nicht bewusst.
    Übrigens: Mir als Motorradfahrer macht der Staat auch Kleidungsvorschriften (Helmpflicht).

    … Rahmen der Religionsfreiheit der Staat sich eben rauszuhalten hat, solange die Interpretation nicht Unfreiwillige, Nicht-Gläubige oder Kinder schädigt und einschränkt.

    100% Zustimmung, aber in diesem Fall gehts darum, dass sich ein religiöses Gesetz der Verschleierung mit einem Grundwert der EU in die Quere kommt (Diskriminierung). Genau in dem Fall muss IMO der Staat eingreifen.
    Fordert eine Religion dass sich ALLE verschleiern, dann hätte ich kein Problem damit, aber einseitig NUR Frauen, da läuten die Alarm’glocken’.

    … wo bleibt der Staat bei anderen religiös begründeten Diskriminierungen

    Die gelten meist für alle Mitglieder. Man könnte hier vielleicht noch sagen, dass bei christlichen Kirchen Frauen nicht Priester werden können und das einem Berufsverbot gleichkäme, naja, aber das sehe ich auf einem andern Level.
    Bei Beschneidungen von Männern finde ich es schlimm, wenn dies ohne Narkose passiert und im Kindesalter durchgeführt wird. Wird da nicht der Tatbestand der Kindesmisshandlung erfüllt ?
    Das ist auch seltsam, warum regt sich darüber niemand auf ? Ich vermute mal, dass man dann sofort als Antisemit bezeichnet wird.

  28. #28 ali
    Januar 28, 2010

    Ich habe noch ein paar Zahlen beizusteuern (ich nehme an die mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen sind). Zuerst aus der Libération (Quelle ist das Innenministerium, die Grafik stammt wahrscheinlich von den South Park Machern):

    Von 1’900 vollverschleierten
    leben 815 in der Region Paris und über 1300 verteilen sich auf nur vier Départements.
    90% sind jünger als 40 Jahre.
    65% sind Französinnen.
    25% sind Konvertiten aus nicht muslimischen Familien.

    Gemäss France Soir der sich auf die gleiche Quelle zu stützen scheint sind “weniger als die Hälfte 2. oder 3. Generation Migrantinnen’ (was das genau für die andere Hälfte bedeutet ist nicht klar im Artikel).

    Stimmen diese Zahlen wirkt es nach dem Versuch vieler katholischer als der Papst zu sein (man möchte mir das Bild verzeihen) als nach den behaupteten Integrationsproblemen und importierter Unterdrückung. Es scheint mir angesichts dieser Zahlen wesentlich sinnvoller gegen die Diskriminierer vorzugehen als gegen das gewählte Mittel der Diskriminierung (da es für einen vermutlich beträchtlichen Teil der Gruppe frei gewählt ist).

  29. #29 YeRainbow
    Januar 28, 2010

    Das stimmt so nicht. Es gibt einige gute Bücehr von Lightfoot-Klein, die schon vor vielen Jahren über die Beschneidung (auch die der männlichen Menschen) einige kluge und harte Dinge sagt.

    Beschneidung ist Kindesmißhandlung.
    Ganz klare Sache.

    Wer sich als ERwachsen/R dazu entschließt, darf das hingegen mit sich selbst ausmachen.

    Da aber Frauen in vielen Religionen (nicht nur im Islam… zb auch im Judentum! aber es gibt da noch wesentlich mehr Beispiele) nicht als ERwachsener gesehen werden, sondern als Nichterwachsener, kann eine Frau in dem Kontext nicht wirklich eine freie Entscheidung treffen…

    Und wie ich schon schrieb – das Gesetz, das es Eltern verbietet, ihre Kinder zu mißhandeln, besteht auch – obwohl es in der Religion positiv gesehen wird.

    Der Schutz von Abhängigen vor Übergriffen, die sich kontraproduktiv auf ihre Persönlichkeitsentwicklung auswirkt, ist ein wichtiges demokratisches Gut.

    Wären die Frauen in den Religionen vollständig entscheidungsberechtigt (und befähigt), würde mein Kommentar ganz anders ausfallen.

    Und der Schutz der Frau durch gewisse äußerlch anzulegende Zeichen (der Schleider ist ein sehr, sehr altes Unterscheidungsmerkmal zwischen der Unfreien, sprich also “Benutzbaren” und der “gehobeneren” Frau – in dem Falle würde ein Übergriff das Eigentum eines Hochgestellten beschädigen, was Repressionen nach sich ziehen würde…. – das gab es LANGE vor dem Islam als Religion)

  30. #30 Andrea N.D.
    Januar 28, 2010

    @Ali:
    zu den Zahlen: sind die 65 % Französinnen z.B. mit einem Franzosen verheiratete Araberinnen, sind es eingebürgerte z.B. Araberinnen? 65 % Französinnen sagt für unser Thema nichts aus.

    “Erstens befürworte ich natürlich nicht Diskriminierung. Aber wenn solche stattfindet und nicht erwünscht ist (was tatsächlich nicht immer der Fall ist), soll gegen die Diskriminierung vorgegangen werden und nicht das Medium, über welche sie transportiert wird. ”
    Sollen wir deshalb den Misshandlungen und Unterdrückungen weiter zusehen, weil wir uns nicht an das Medium herantrauen? Ich fand das Beispiel mit den Handschellen gut. Würdest Du auch wegsehen, wenn anstatt Burka Handschellen angesagt wären?

    Zweitens wissen wir nicht, wieviele der 2000 Hidschab-Trägerinnen dies aus freien Stücken tut. Da viele von ihnen Französinnen sind, häufig gar konvertierte (ich habe das mehrmals gehört, habe aber keine Quelle zur Hand die man überprüfen könnte) werden es wohl einige sein. Darf der Staat ihnen wegen anderen Kleidungsvorschriften machen? Das wäre doch auch sehr frauenfeindlich oder?

    Das haben wir doch oben ausführlich diskutiert. Es gibt einen guten Kommentar, warum (ich glaube von radiccio) das “freie Stücke” nur Schöngerede ist. Natürlich gibt es immer ein paar “Verblödete”, aber die sind hier nicht repräsentativ.
    Und ja, das habe ich bereits zweimal gepostet: Der Staat DARF in diesem Fall Kleidervorschriften abschaffen, weil diese Kleidervorschriften die Unterdrückung einer Minderheit symbolisieren und die Freiheit des Angezogenwerdens (Verlangen, dass sich jemand verhüllt) dort endet, wo die Freiheit von jemand anderen derartig extrem beschnitten wird (auch hier wieder Verweis auf die Handschellen; es muss ja nicht gleich die Beschneidung sein).

    “Drittens, in der/dem/das [‘heilliges’ Buch nach Wahl] steht immer vieles.”

    Wo ist hier das Problem? Das wurde bereits von YeRainbow gut dargestellt. Nur weil in der Bibel Handlungsanweisungen zur Kindererziehung stehen, ist das kaum für unsere Gesetze bindend. Die Scharia wird ja wohl hier auch keiner einführen wollen, oder? Es steht in allen angeblich religiösen Büchern nicht nur nicht immer vieles sondern auch viel Veraltetes und teilweise kompletter Blödsinn. Dieser sollte kaum handlungsleitend sein. Es als Gegenargument zu nehmen, weil die franz. Gesetzgebung sagte, das steht nicht im Koran, deshalb muss es nicht sein, finde ich ein extrem schwaches Argument.

    “Viertens, ob Kleidungsvorschriften im Negativ oder im Positiven formuliert werden, spielt doch keine Rolle. Oder ist es OK wenn Frauen im Sudan keine Hosen tragen dürfen, es ist aber nicht OK wenn sie einen Schleier tragen müssen?”
    Ja? Ist wohl nur eine “sprachliche Formalität”.

    “Sechstens wenn ein Vermummungsverbot oder ein Verbot nackt rumzurennen als Begründung reicht, damit der Staat Kleidervorschriften erlassen kann, dann muss man auch akzeptieren, dass obligatorische Bärte/Kopftücher etc. in Ordnung sind. Der iranische Wächterrat wird sich darüber freuen, solche Massnahmen als legitime Mittel eines liberalen Staates zu sehen.”
    Geht es wirklich darum? Ein sehr schwaches Argument. Es geht doch nicht darum, dass irgendjemand sich irgendwie kleidet. Es geht darum, dass ein Teil der französischen Bevölkerung gezwungen wird besonders bewegungseinschränkend herumzulaufen und dass glücklicherweise jemand erkannt hat, dass das moderne Sklavenhaltertum seit einiger Zeit vor bei ist und dagegen einschreitet.

    “Siebtens stellt sich mir eine Frage, wenn es doch nur um den Schutz der Frauen geht, wo bleibt der Staat bei anderen religiös begründeten Diskriminierungen (die christlich Orthodoxen, die Katholiken, orthodoxe Juden, Hindus und alle anderen stehen wohl schon an)? Vielleicht kann ich mich von einem staatlichen Durchgreifen überzeugen lassen, dann soll dies aber bitte konsequent sein. Im Rechtsstaat gibt es kein Rosinenpicken.”
    Meine Rede: Keine Kirchturmglocken, keine Minarette, kein Religionsunterricht, kein scheinheiliges Geschwafel.
    Andererseits gibt es schon noch einen gewaltigen Unterschied zwischen der religiös legitimierten Unterdrückung muslimischer Frauen und Christinnen in Deutschland. Hier sollte mach schon ein bisschen differenzieren dürfen.

    Noch einmal, weil das ist eine absolut generelle Frage: Ist ein demokratisch-humanistischer Staat verpflichtet das Grundrecht der Freiheit seiner Bürgerinnen gegen die Religionsfreiheit deren Brüder, Väter, Ehemänner zu schützen? Ja! Wo bliebe denn unsere Menschlichkeit, wenn wir bei diesem Treiben weiterhin tatenlos zusehen?

  31. #31 YeRainbow
    Januar 28, 2010

    Frage:
    warum mögen eigentlich keine Männer diese Dinger tragen?
    Wenigstens Kopftuch.
    Wenigstens für die ganz jungen MÄnner, die doch gewiß auch noch bissl Schutz brauchen…

    Ich plädiere ja eigentlich für den SChottenrock für Männer (bzw beliebigen Rock, denn ich halte das für eine wirklich große Erleichterung, wenn die Preciosen frei schwingen dürfen, vor allem in der Hitze)…
    Da wäre doch so ein Ganzkörperröckchen sicher auch angenehm, was?

    Oder woran liegt es?
    Liebe Muslimischen Männer, äußert Euch doch mal, warum Ihr auf den Hijab verzichtet?

    Abgesehen von Räubern, die die Kalaschnikow mitnehmen wollen – und unerkannt vom Ort des Geschehens ziehen mögen (so geschehen vor paar Jahren in einem britischen Juweliergeschäft….)

    Ich würde den MÄnnern auch andere Farben erlauben, was sie wollen…
    Nur verschleiern sollen sie sich halt. Hübsch, hübsch.

  32. #32 ali
    Januar 28, 2010

    @Andrea N.D.

    zu den Zahlen: sind die 65 % Französinnen z.B. mit einem Franzosen verheiratete Araberinnen, sind es eingebürgerte z.B. Araberinnen? 65 % Französinnen sagt für unser Thema nichts aus.

    Die Nationalität sagt sehr wohl was aus. Eine vorgeschlagene Massnahme ist zum Beispiel den französischen Pass nicht zu geben, wenn frau dem Hidschab nicht abschwört. Der hohe Anteil an Französinnen könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass es einen beträchtlichen Anteil Frauen gibt, die sich ihren Rechten bewusst sind und das ist nicht ein ‘importiertes’ Problem ist (passt zum tiefen Alter). Das sind die Zahlen die ich habe. Mehr kann ich nicht bieten und ich befürchte damit müssen wir operieren.

    Sollen wir deshalb den Misshandlungen und Unterdrückungen weiter zusehen, weil wir uns nicht an das Medium herantrauen?

    Ich finde du gehst nicht auf meinen Punkt ein. Wenn jemand freiwillig Handschellen in der Strasse tragen möchte, bitte. Den Zwang dazu kann man aber gesetzlich untersagen. Man verbietet dann nicht ganz allgemein Handschellen.

    Es gibt einen guten Kommentar, warum (ich glaube von radiccio) das “freie Stücke” nur Schöngerede ist. Natürlich gibt es immer ein paar “Verblödete”, aber die sind hier nicht repräsentativ.

    Einmal ehrlich: Das weisst du genau so wenig wie ich. Ich befürworte darum Massnahmen gegen Diskriminierung zu ergreifen mit denen man nicht riskiert Freiheitsrechte einzuschränken. Wie geschrieben sehe ich in den Statistiken eher ein Hinweis auf Überanpassung als importierte Unterdrückung. Das ist alles was wir an Daten haben. Woraus schliesst du, dass es nur ‘ein paar verblödete sind’ und diese nicht Repräsentativ sind? Ich vermute weil du persönlich es nicht nachvollziehen kannst (ich übrigens auch nicht). Das sollte uns aber nicht zu voreiligen Schlüssen bringen.

    Vielleicht sind sie indoktriniert und tragen deshalb den Hidschab. Es ist aber nicht am Staat das zu entscheiden. Sonst könnte man Religion gleich ganz verbieten. Das würde das Prinzip der Religionsfreiheit ad absurdum führen. Ich glaube auch, dass es bei dieser ‘Freiwilligkeit’ um Indoktrination handelt. Die Schlussfolgerung es besser zu wissen und gesetzlich durchzusetzen ist aber extrem paternalistisch und anti-liberal. So wurde eine gewaltige Masse an Unterdrückung in der Geschichte gerechtfertigt, von Kolonialismus bis zur Verweigerung des Frauenstimmrechts. Das kann nicht euer Ernst sein.

    Nur weil in der Bibel Handlungsanweisungen zur Kindererziehung stehen, ist das kaum für unsere Gesetze bindend. Die Scharia wird ja wohl hier auch keiner einführen wollen, oder?

    Ich verweise nochmals auf was ich geschrieben habe. Ich spreche hier von Praktiken, die die Freiheit von dritten nicht beinflussen. Wenn eine Frau meint die Überwachungskamera im Himmel möchte ihre Haare nicht sehen, dann soll sie tragen dürfen was sie will. Wenn ein Mann dies meint und seine Frau dazu zwingt, dann soll er das nicht dürfen. Ich befürworte weder das Steinigen von Kindern noch das Einführen von Hände abhacken. Das ist eine arge Misinterpretation von dem was ich geschrieben habe.

    Viertens war eine Antwort auf diesen Kommentar.

    Es geht darum, dass ein Teil der französischen Bevölkerung gezwungen wird besonders bewegungseinschränkend herumzulaufen

    Da ist sie wieder diese Annahme von der wir nicht wissen können ob sie stimmt. Es trifft bestimmt auf einige der 2000 Fälle zu. Die Frage ist wieviele. Ich finde die Zahlen vom Innenministerium weisen darauf hin, dass es zumindest einen beträchtlichen Teil gibt für die es eine Wahl ist (z.B. 25% konvertierte). Zugegeben wir können nur spekulieren auf deren Basis aber immerhin haben wir die. Worauf basiert du aber deine Annahme? Du unterstellst mir hier zum zweiten Mal ein ‘schwaches Argument’ ignorierst aber was ich schrieb. Wenn man die Prämissen einfach selber definiert ist es natürlich einfach Antworten so vom Tisch zu wischen.

    Nochmals damit das ganz klar ist: Weder teile ich das Frauenbild der verschiedenen alten Bücher die wir hier debattieren noch finde ich man sollte nicht gegen Diskriminierung gegen Frauen vorgehen. Vermutlich bin ich wesentlich radikaler in dieser Hinsicht als der grösste Teil der Befürworter (bewusste Wahl der männlichen Form) von solchen Verboten. Man soll aber eben gegen die Diskriminierung vorgehen und nicht deren Instrument, wenn das Instrument eben für einige ein Teil ihrer freien Religionsausübung ist und ausser ihnen selbst, niemand wirklich beeinträchtigt.

  33. #33 Spaceman Spiff
    Januar 28, 2010

    Die hier regelmaessig aufgestellte Behauptung dass diskriminierung von Frauen legal sei weil sie Religioes begruendet wird ist meiner Meinung nach Unsinn. Ein Muslim darf seiner Frau genausowenig Vorschriften machen wie ich das darf. Wenn die betroffenen von ihrem Recht nicht gebrauch machen kann ich ihnen auch nicht helfen. Aber freiwilligen Burkatraegerinnen ihr Recht zu verbieten nur weil andere sich diskriminieren lassen ohne ihre Rechte warzunehmen finde ich ziemlich unsinnig. Diese Art von Bevormundung mag bei Kindern oder Geistig behinderten gerechtfertigt sein, erwachsene Personen jedoch sind fuer ihr Leben selbst verantwortlich.

  34. #34 itz
    Januar 28, 2010

    „Ist ein demokratisch-humanistischer Staat verpflichtet das Grundrecht der Freiheit seiner Bürgerinnen gegen die Religionsfreiheit deren Brüder, Väter, Ehemänner zu schützen? Ja!“

    Auch von mir ein ja,….
    aber ich glaube nicht, dass ein Burkaverbot das richtige Mittel ist. Der Schuss könnte nach hinten losgehen!
    Was machen denn die Burkaträgerinnen in Zukunft?
    Werden sie wirklich Gesicht zeigen, oder werden sie ihr mobiles Gefängnis gegen ein echtes Gefängnis in ihren eigenen vier Wänden eintauschen (müssen)?
    Oder werden sie einfach die Kleidung wechseln? Es gibt ja viele Möglichkeiten sich zu vermummen!

    Wer sagt denn eigentlich, dass nur „ehrenwerte“ Damen eine Burka tragen? Oder überhaupt Damen?

    Besser als jedes Verbot: Allahf

  35. #35 Markus
    Januar 28, 2010

    Der wesentlichste Aspekt scheint mir zu sein: Die “Burka” ist oft, aber durchaus nicht immer, ein Symbol der Unterdrückung. Beseitigt man dieses Symbol zb gesetzlich, ändert sich nichts an der Unterdrückung, die sich dann eben anders äußert. Somit ist niemandem geholfen – den unterdrückten Frauen nicht, die weiterhin der Willkür ihrer Patriarchen ausgeliefert sind und den Frauen nicht, die sich freiwillig verschleifen, weil völlig ungerechtfertigt und unverhältnismäßig in ihre Freiheit eingegriffen wird. Unterm Strich ergibt das mehr Unfreiheit als vorher.

    Diskriminierung und Unterdrückung lassen sich durch gesetzliche Verbote von außen so gut wie gar nicht wirksam bekämpfen. Es bräuchte eine Vielzahl an Maßnahmen, die unterdrückten Frauen helfen, unabhängig zu werden: Bildung, Frauenhäuser, Beratungsstellen etc – Sozialarbeit. Wegverordnen und verbieten lassen sich Abhängigkeitsverhältnisse nicht, man kann nur ein Umfeld schaffen, das den Betroffenen das Ausbrechen erleichtert. Burka- wie Minarettverbot sind Maßnahmen völlig wirkungsloser Symbolpolitik, sie verstellen nur den Blick auf wirklich sinnvolle Lösungsansätze.

  36. #36 Andrea N.D.
    Januar 28, 2010

    @Ali:

    ” Es ist aber nicht am Staat das zu entscheiden. Sonst könnte man Religion gleich ganz verbieten. Das würde das Prinzip der Religionsfreiheit ad absurdum führen.”

    Reden wir hier aneinander vorbei? Selbstverständlich ist der Staat zu bemühen, wenn entscheidende Grundrechte seiner Bürgerinnen (die ja wohl Bürgerinnen sind, wie die Daten klar sagen) eingeschränkt werden. Und die Religion wird doch damit nicht verboten? Im französischen Fall wird doch nur klar gemacht, dass eine Trennung zwischen Staat und Religion besteht, die von dieser Gruppe der Muslime unterwandert wird! Das ist doch ein Riesenunterschied zur Religionsfreiheit? Und dazu wird in vielen Fällen (der Nachweis wird wohl datentechnisch nicht erbracht werden können) das moderne Sklavenhaltertum unter dem Deckmäntelchen der Religion und damit auch der Religionsfreiheit befördert! Was ist das für ein Staat, der das zulässt? Noch einmal: die Religionsfreiheit der Männer wiegt keinesfalls mehr als die Freiheitsrechte der Frauen. Im deutschen GG unterliegt so ein Fall dem Abwägungsrecht und ich bin mir sicher, dass das Grundrecht Religionsfreiheit gegen das Grundrecht Freiheit “verliert”. Von ad absurdum kann hier wohl keine Rede sein. Religionsfreiheit einer Gruppe DARF nur so weit gehen, wie die Freiheit einer anderen Gruppe nicht eingeschränkt ist. Das ist hier kaum der Fall.

    “Die Schlussfolgerung es besser zu wissen und gesetzlich durchzusetzen ist aber extrem paternalistisch und anti-liberal. So wurde eine gewaltige Masse an Unterdrückung in der Geschichte gerechtfertigt, von Kolonialismus bis zur Verweigerung des Frauenstimmrechts. Das kann nicht euer Ernst sein.”

    Die Tatsache, dass im Kolonialismus das “Besserwissen” paternalistisch war, bedeutet doch nicht, dass Du dies 1:1 auf die Situation der Burkaträgerinnen in Frankreich übertragen kannst. Hier sollte schon differenziert werden. Wenn die Religionsfreiheit, sagen wir es ruhig, von einigen Männern in einem freiheitlich-demokratisch humanistisch geprägten Staat derart brutal gegen Frauen ausgeübt werden DARF, was sind dann die anderen Grundrechte noch wert?

    Noch einmal, wenn Du verbietest, dass die muslimischen Männer Ihre Frauen in Handschellen hinter sich herschleifen, würdest Du doch nicht generell den Einsatz von Handschellen bei der Polizei verbieten. Du machst genau den Fehler der Liberalen oder der Multi-kulti-Nichteinmischmännergesellschaft in Deutschland. Wir sind ja soooo liberal, wir gucken lieber weg, wenn Frauen gezwungen werden, in Burka herumzulaufen.

    Vorschlag zur Güte: Jetzt laufen einmal 1400 Jahre die Männer in Burka herum und dann sprechen wir noch einmal über Religionsfreiheit und so.

  37. #37 ali
    Januar 28, 2010

    Noch einmal, wenn Du verbietest, dass die muslimischen Männer Ihre Frauen in Handschellen hinter sich herschleifen, würdest Du doch nicht generell den Einsatz von Handschellen bei der Polizei verbieten.

    Genau. Ein Burkaverbot ist aber das Äquivalent zu einem generellen Handschellenverbot in dieser Metapher.

    Die Tatsache, dass im Kolonialismus das “Besserwissen” paternalistisch war, bedeutet doch nicht, dass Du dies 1:1 auf die Situation der Burkaträgerinnen in Frankreich übertragen kannst

    Es ging um die Aussage, dass einige Frauen vielleicht ‘meinen’ es sei ihre freie Entscheidung aber sie eigentlich nichts von ihrer Gefangenschaft wissen. Wenn man auf dieser Basis anfängt via Gesetz über mündige Bürgerinnen zu bestimmen, dann ist das paternalistisch. Sonst musst du mir erklären warum du es besser weisst, als diejenigen Frauen, die sagen, den Hidschab aus freien Stücken zu tragen.

    Was du mir mit dem Schlusssatz sagen möchtest, verstehe ich nicht ganz. Ich rede hier ja nicht der Verschleierung das Wort. Ich kann es nicht klarer sagen als ich es schon tat. Kann man auch die Rechte von Menschen verteidigen wenn man nicht einverstanden ist, wie sie sie nutzen, solange dabei keine Dritte in Mitleidenschaft gezogen werden? Oder wird man dann einfach in diese Ecke gestellt?

    Ich warte inzwischen darauf, dass du mir sagst, warum du weisst, dass die überwältigende Mehrheit der 2000 Vollverschleierten in Frankreich dies aus purem Zwang tut. Warum ich glaube das dem nicht so ist, habe ich erklärt.

  38. #38 Arno
    Januar 28, 2010

    Gegenwaertige gesetzliche Lage (in Frankreich, etc): Jede(r) entscheidet selbst, ob er/sie eine Burka traegt
    Geplante gesetzliche Lage: Niemand darf eine Burka tragen (in gewissen Situationen)

    Rein juristisch geht hier also ganz klar Freiheit verloren. Die typischerweise religioese Motivation zum Burkatragen ist hierbei zunaechst irrelevant, und mit der Religionsfreiheit der Ehepartner der potentiellen Burkatraeger hat das erst recht garnichts zu tun.

    Die Argumentation, um ein Burkaverbot zu rechtfertigen laeuft nun etwa so:

    1. Ein signifikanter Anteil der Burkatraeger tut dies nicht freiwillig, sondern aufgrund von Zwang aus dem persoenlichen Umfeld.
    2. Wird die Moeglichkeit zur Teilnahme eines Burkatraegers am oeffentlichen Leben eingeschraenkt, so wird weniger Zwang gemaess 1. ausgeuebt werden.
    3. Es gibt keine besseren (da nicht freiheitseinschraenkende) Massnahmen gegen 1.

    Keinen der Punkte 1. bis 3. sehe ich bislang plausibel belegt.

  39. #39 Millie
    Januar 28, 2010

    Ich habe mal eine Erklärung einer Niqab(?)-Trägerin in Schweden gelesen, die ich sehr überzeugend fand:
    Sie sei in einem Land aufgewachsen in dem sie von kleinauf darauf gedrillt wurde, dass das die einzig sinnvolle Kleidung ist. Sie nun zu zwingen die Verschleierung abzulegen, sei für sie ungefähr so wie für eine Durchschnittseuropäerin, die in Afrika dazu gezwungen würde “oben ohne” zu gehen, weil das lokal so üblich ist. Sie käme sich ohne Verschleierung sehr nackt vor.

    Ich kann das ehrlich gesagt nachvollziehen obwohl ich persönlich Vollverschleierung ziemlich fragwürdig finde. Aber haben wir das Recht sie anderen zu verbieten, die es aus (mehr oder weniger) freiwilligen Gründen auf sich nehmen wollen?

    In demselben Buch kamen einige gebürtige Schwedinnen zu Wort, die vom Christentum zum Islam konvertiert sind und ebenfalls vollverschleiert aus dem Haus gehen. Sie behaupten, dass die Verschleierung eine enorme Befreiung sei, da niemand weiß wer und was darunter steckt. Man kann ungeschminkt und unfrisiert oder topgestylt, weinend oder lachend durch die Gegend laufen und niemand weiß das, niemand kann einen danach beurteilen.
    Dass sie natürlich gerade durch die Verschleierung trotzdem be- und ggf. verurteilt werden, ist eine andere Frage.

    (Ein wunderbares Fotobuch über Kopftuch tragende und verschleierte muslimische Frauen in Schweden von Elin Berge. Leider nur auf schwedisch verfügbar. Ein Zeitungeartikel mit Fotos: https://etc.se/artikel/9449/aer-sloeja-alltid-foertryck )

  40. #40 Andrea N.D.
    Januar 28, 2010

    @Ali:
    “Genau. Ein Burkaverbot ist aber das Äquivalent zu einem generellen Handschellenverbot in dieser Metapher.”
    Eben nicht. Wenn du im Fasching eine Burka tragen möchtest oder zu Hause so herumlaufen möchtest, ja sogar auf der Straße hast Du kein Problem. Du darfst lediglich ein öffentliches Gebäude nicht betreten. Ob das dann seinen Sinn erfüllt weiß ich nicht, aber ich habe eine gewisse Hoffnung. Zumindest wird die Öffentlichkeit mit der Nase auf die Problematik gestoßen und das ist enorm wichtig, um nicht ständig wegzugucken.

    “Kann man auch die Rechte von Menschen verteidigen wenn man nicht einverstanden ist, wie sie sie nutzen, solange dabei keine Dritte in Mitleidenschaft gezogen werden? Oder wird man dann einfach in diese Ecke gestellt?”
    Ich wollte Dich wirklich in keine Ecke stellen, tut mir leid. Aber zu behaupten, dass keine Dritte in Mitleidenschaft gezogen werden ist schon arg.
    Deshalb gehst Du nicht auf den von mir bereits mehrfach dargestellten Zusammenhang zwischen freier Religionsausübung der Männer und Einschränkung der Freiheitsrechte der Frauen ein. Das ist paternalistisch (der Fakt, nicht, dass Du nicht darauf eingehst).

    Zu der Freiwilligkeit hatte ich vorhin schon etwas entworfen, fand dann aber, dass es zu weit weg führt: Wenn tatsächlich eine Frau meint, sie müsse freiwillig in einer Burka herumlaufen: dann soll sie das bitteschön zu Hause tun! In Frankreich herrscht Trennung von Kirche und Staat und diese gilt vor der eigenen extra zwanghaften demonstrierten Religiösität in der Öffentlichkeit (das gilt auch für Minarette und Leichen am Kreuz). Das hat ja auch einen gewissen Sinn, so fühlt sich keiner gestört oder belästigt und keine Religion wird über die andere erhoben (= Religionsfreiheit).
    Also ganz ehrlich, die Freiwilligkeit spielt meines Erachtens keine große Rolle. Vor allem, weil diese angebliche Freiwilligkeit sich nur auf ein Geschlecht bezieht. Das mutet schon sehr seltsam an. Und darauf bezog sich die Bemerkung, dass jetzt sich erst einmal die Männer im Dunkeln (praktisch nicht) bewegen sollen und dann diskutieren wir noch einmal.

    Interessant wäre zu erfahren, wie viele der 2000 Burkaträgerinnen verheiratet sind und vor allem, wie viele einer geregelten Arbeit nachgehen bzw. ob sie überhaupt jemals gearbeitet haben. Das scheint mir kaum möglich – wieder ein Recht eingeschränkt.

    Ich bin der Meinung, wir haben in unseren demokratisch Staaten eine gewisse Entwicklung gemacht, hinter die wir nicht zurück dürfen. Aus falsch verstandenem Liberalismus “archaische”, angeblich religiöse Praktiken zu dulden halte ich für falsch. Angeblich deshalb, weil sie selbstgewählt (von Männern oder Frauen) und nicht religiös vorgeschrieben sind, aber im Namen der Religion als Abgrenzungsmerkmal eingesetzt werden. Selbstverständlich kann man nach anderen Lösungen suchen. Es wäre aber schon viel geholfen, wenn die Frauen mehr sehen und sich frei bewegen könnten. Zur Integration trägt das Tragen einer Burka kaum bei – auch wenn dies freiwillig geschieht.

  41. #41 radicchio
    Januar 28, 2010

    Rein juristisch geht hier also ganz klar Freiheit verloren.

    das ist das perfideste argument der ganzen debatte: aus gründen der FREIHEIT muss man die unfreiheit der burka schützen / dulden / tolerieren.

    ich frage mich, wie man so um die ecke denken kann. freiheit bedeutet, gegen unfreiheit einzutreten. so wird ein schuh draus.

    auch eine vermeintlich freiwillig gewählte unfreiheit bleibt eine solche: unfreiheit.

  42. #42 Andrea N.D.
    Januar 28, 2010

    @Millie:
    “Sie sei in einem Land aufgewachsen in dem sie von kleinauf darauf gedrillt wurde, dass das die einzig sinnvolle Kleidung ist. Sie nun zu zwingen die Verschleierung abzulegen, sei für sie ungefähr so wie für eine Durchschnittseuropäerin, die in Afrika dazu gezwungen würde “oben ohne” zu gehen, weil das lokal so üblich ist. Sie käme sich ohne Verschleierung sehr nackt vor. ”
    Geschlechtscharakter benötigen sehr lange, bis sie geändert werden. Der Punkt hier ist, ob “sie” das an ihre Tochter weitergibt oder diese frei aufwachsen kann. Und solange und wenn der Schleier als religiöses Symbol missbraucht wird, dann muss auch die Tochter den Schleier tragen und es geht immer weiter. Wenn ein Designer sich jetzt eine Burkamode ausdenken würde, dann haben wir alle die Vorteile, die Du beschrieben hast. Wir können zwar nicht mehr arbeiten, wissen nicht mit wem wir reden (könnte ja auch ein Mann darunter stecken), können nicht mehr Autofahren, laufen, Sport treiben, schwimmen … Wenn wir das alles nicht mehr können, dann müssen wir vielleicht auch zu Hause bleiben, wo (und das kann jetzt bestimmt datentechnisch verifziert werden), wenn kein Besuch da ist, das erste, was wir tun, die Burka herunterreißen ist. Und wo andere über uns und unser Leben bestimmen. Vielleicht ist das der Grund, warum diese Mode beispielsweise für die europäische Frau noch nicht kreiert wurde?

  43. #43 ali
    Januar 28, 2010

    @radiccio

    auch eine vermeintlich freiwillig gewählte unfreiheit bleibt eine solche: unfreiheit.

    Wenn du das wirklich vertrittst, dann haben wir einen Punkt in der Diskussion erreicht, wo ich nicht mehr viel anzufügen habe. Das ist eine fundamentale philosphische Differenz. Es bleibt nur noch die Frage wer darf in diesem Fall entscheiden was ‘echte’ und was nur ‘vermeintlich freiwillige’ Freiheit ist?

    @Andrea N.D.

    Eben nicht. Wenn du im Fasching eine Burka tragen möchtest oder zu Hause so herumlaufen möchtest, ja sogar auf der Straße hast Du kein Problem. Du darfst lediglich ein öffentliches Gebäude nicht betreten.

    Es geht aber um jene Frauen die ein Burka tragen wollen. Die gibt es. Ich weiss nicht wieviele es sind, aber es gibt sie. Ausser sich selber tun sie aber niemandem etwas an, wenn sie sich ganz verschleiern, trotzdem wird deren Freiheitsrecht eingeschränkt. Weil eben die Burka verboten wird und nicht die Diskriminierung.

    Alles was du in deiner Antwort schreibst, geht davon aus, dass die Frauen gezwungen werden sich ganz zu verschleiern. Ich sage dass ist eine Annahme und warte darauf dass du das irgendwie begründest. Die einzigen Zahlen die wir haben, lassen bestenfalls Spekulationen zu und zeigen in meinen Augen in eine andere Richtung. Dies ist die zentrale Frage die du ungeklärt lässt. Zeige du mir, dass die Frauen dies in grosser Mehrheit unter Zwang machen, dann diskutiere ich nur noch über den Sinn der Massnahme und nicht mehr über Freiheitsrechte.

    Wenn Freiwilligkeit hingegen keine Rolle spielt, siehe meine Antwort an Radiccio. Das ist aber eine sehr sehr Anti-Liberale Einstellung.

    dann soll sie das bitteschön zu Hause tun!

    Wenn du das Tragen von religiösen Symbolen in der Öffentlichkeit verbieten möchtest ist das nochmals eine andere Diskussion. Dann aber nicht spezifische Symbole sondern alle. Das müsste aber gesondert diskutiert werden.

    Aber zu behaupten, dass keine Dritte in Mitleidenschaft gezogen werden ist schon arg. Deshalb gehst Du nicht auf den von mir bereits mehrfach dargestellten Zusammenhang zwischen freier Religionsausübung der Männer und Einschränkung der Freiheitsrechte der Frauen ein. Das ist paternalistisch

    Ich habe es mehrmals geschrieben aber es scheint irgendwie nicht anzukommen (oder ich verstehe nicht was du meinst). Ich versuche es nochmals:

    Es soll nicht verboten werden, dass Männer ihre Frauen zur Vollverschleierung zwingen dürfen, sondern das Tragen eines Hidschabs in öffentlichen Gebäuden. Ich verteidige also nicht das Recht dieser Männer ihre Frauen zu zwingen den Hidschab zu tragen unter der Begründung der Religionsfreiheit. Ich verteidige das Recht auf Religionsfreiheit der Frauen, die einen Hidschab tragen wollen.

    Klarer kann ich es wirklich nicht formulieren.

  44. #44 radicchio
    Januar 28, 2010

    Ich verteidige das Recht auf Religionsfreiheit der Frauen, die einen Hidschab tragen wollen.

    tragen von burka oder hidschab fällt nicht unter religionsfreiheit, sie sind keine religiösen symbole.

  45. #45 radicchio
    Januar 28, 2010

    Es geht aber um jene Frauen die ein Burka tragen wollen. Die gibt es. Ich weiss nicht wieviele es sind, aber es gibt sie. Ausser sich selber tun sie aber niemandem etwas an, wenn sie sich ganz verschleiern, trotzdem wird deren Freiheitsrecht eingeschränkt. Weil eben die Burka verboten wird und nicht die Diskriminierung.

    die burka IST diskriminierung.

    das freiheitsrecht der oben genannten frauen sehe ich nicht signifikant eingeschränkt. sie haben nach einem burkaverbot die freiheit, alles andere anzuziehen.

    hier äußert sich ein afghanin zum thema:
    https://maedchenmannschaft.net/frauenunterdruckung-in-europa-nicht-dulden/
    sehr lesenswert.

  46. #46 Manfredo
    Januar 28, 2010

    Es soll nicht verboten werden, dass Männer ihre Frauen zur Vollverschleierung zwingen dürfen, sondern das Tragen eines Hidschabs in öffentlichen Gebäuden. Ich verteidige also nicht das Recht dieser Männer ihre Frauen zu zwingen den Hidschab zu tragen unter der Begründung der Religionsfreiheit. Ich verteidige das Recht auf Religionsfreiheit der Frauen, die einen Hidschab tragen wollen.

     

    Da ist ja schön und gut, nur irgendwie sehr unpraktikabel. Und wieso setzen Sie sich für so ein kleines Grüppchen ein, die die Burka ernsthaft (?) freiwillig tragen? Da könnte ja auch der Nudisten-Verein daherkommen und nach Diskriminierung schreien. Das allerdings ist meist Erregung öffentlichen Ärgernisses.

  47. #47 ali
    Januar 28, 2010

    @radiccio

    tragen von burka oder hidschab fällt nicht unter religionsfreiheit, sie sind keine religiösen symbole.

    und

    die burka IST diskriminierung.

    Wenn eine Frau also sagt, sie wolle einen Hidschab tragen und dir in diesen Aussagen widerspricht, entgegnest du ihr dann, dass du es besser weisst was richtig ist für sie und wie sie ihre Religion zu interpretieren habe? Ich habe genau dies oben schon gefragt: Wer entscheidet für die anderen was besser ist, wenn diese sagen, dass sie etwas freiwillig tun? Der von dir verlinkte Artikel bringt da überhaupt nichts neues ins Spiel.

    Aber selbst wenn der Vollschleier an und für sich diskriminierend wäre (und nun bitte nicht einfach die vorherige Frage wegen dieses Statements überspringen), sollen Menschen nicht das Recht haben sich freiwillig in diese Situation zu begeben? Achtung: Die Frage lautet nicht ob du das gut findest, sondern nur ob sie das Recht dazu haben sollen. Falls nein, dann verbieten wir morgen den Frauen in die Synagoge zu gehen (Geschlechtertrennung), der katholischen Kirche beizutreten (keine Priesterweihe für Frauen), Homosexuellen überhaupt eine Kirche zu besuchen (man lese nur was in der Bibel so steht, oder gilt das hier nicht, weil es explizit geschrieben steht?) und Menschen die nicht nach Mekka gepilgert sind eine Moschee zu frequentieren. Sie werden in ihrem Wahlkult schliesslich alle diskriminiert und wir müssen sie davor schützen.

    Ich frage noch einmal: Willst du wirklich die Menschen zu dem von dir als ihr Glück definierten Zustand per Gesetz zwingen? Was für eine politische Philosophie ist das?

    @Manfredo

    Das Wesen einer freiheitlichen Ordnung ist eben dass auch kleine Grüppchen (oder gar Individuen) tun und lassen könne was sie wollen, solange sie andere nicht behelligen und sie das freiwillig tun. Ich setze mich hier für ein fundamentales Rechtsprinzip ein. Ich verteidige was ich für demokratische Werte halte und benutze sie nicht nur als beliebiges Argument wenn es mir gerade in den Kram passt. Manchmal muss man das Recht von jemanden verteidigen, dessen Meinung man überhaupt nicht teilt. Ich versuche schlicht konsequenter zu sein, als diejenigen die gerne Demokratie predigen, sie aber nur leben, wenn es ihnen in den Kram passt.

    Der Nudistenvergleich ist übrigens nur ein weiteres Verschieben der Torpfosten. Bis jetzt hiess es immer man will die Hidschab-tragenden Frauen schützen. Nun soll plötzlich die Gesellschaft vor den Hidschab-tragenden Frauen geschützt werden (was der Nudisten-Vergleich bedeuten würde)? So wird das Argument natürlich beliebig.

  48. #48 radicchio
    Januar 28, 2010

    Wer entscheidet für die anderen was besser ist, wenn diese sagen, dass sie etwas freiwillig tun?

    wir haben in europa eine werteordnung. auf dieser entscheidet die demokratisch gewählte regierung eines jeden landes. und da gibt es durchaus dinge, die man freiwillig im privaten rahmen tun kann, aber nicht in der öffenlichkeit.
    im übrigen zweifle ich dieses freiwillige tun an. eine freiwillgikeit, die auf lebenslanger indoktrinierung und unterdrückung beruht, ist keine solche.

    Aber selbst wenn der Vollschleier an und für sich diskriminierend wäre , …

    im grunde sollte man mit jemandem, der diese diskriminierung anzweifelt, gar keine debatte führen.

    … sollen Menschen nicht das Recht haben sich freiwillig in diese Situation zu begeben?

    siehe oben. im privaten rahmen können sie freiwillig anziehen, was sie wollen.

    Ich frage noch einmal: Willst du wirklich die Menschen zu dem von dir als ihr Glück definierten Zustand per Gesetz zwingen? Was für eine politische Philosophie ist das?

    dann sage ich dir noch mal: eines unserer höchsten güter ist die freiheit. zu dieser freiheit gehört aber nicht die »freiheit«, sich vermeintlich freiwillig in unfreiheit zu begeben = sich unterdrückung zu beugen. da ich die freiwilligkeit in dieser sache als ein scheinheiliges argument ansehe, befürworte ich ein verbot von ganzkörperverschleierung.

  49. #49 itz
    Januar 29, 2010

    @radicchio
    Sind Sie freiwilliger Demokrat, oder wurden Sie indoktriniert? Folgen Sie der europäischen Werteordnung aus freiem Willen, oder hat man Ihnen diese Werte eingetrichtert?

    Zur Freiheit gehört sehr wohl auch die Freiheit „sich freiwillig in Unfreiheit zu begeben und sich Unterdrückung zu beugen“. Sei es im Kloster, im SM Studio, in der Ehe 🙂 oder eben unter der Burka. Jeder nach seiner Facon…

    Warum sollten wir also religiöse Kleidervorschriften durch staatliche ersetzen? Das ist doch kein Fortschritt.

  50. #50 ali
    Januar 29, 2010

    @radiccio

    Da haben wir grundlegend andere Auffassungen was eine freiheitliche Ordnung ist und wie eine Demokratie Rechte garantieren soll. Ich kann dir versichern, dass dein Ansatz Freiheiten in einem Rechtsstaat zu definieren eher unorthodox ist und ich bleibe dabei, dass eine konsequente Anwendung deiner Auslegung den Staat autoritäre Züge annehmen lassen würde. Ich schlage also zum Beispiel vor, dass wir als nächstes den Frauen verbieten Mitglied in der katholischen Kirche zu werden. Sie könne ja zu Hause in ihren eigenen vier Wänden den Papst anhimmeln, wenn sie unbedingt wollen.

    im grunde sollte man mit jemandem, der diese diskriminierung anzweifelt, gar keine debatte führen.

    Ich habe geschrieben: “Aber selbst wenn der Vollschleier an und für sich diskriminierend wäre” (Kursiv hinzugefügt). Dies war eine Reaktion auf deine Feststellung “Die Burka IST Diskriminierung”. Ich halte diesen Satz für nonsensical und mein Konjunktiv war ein offensichtlich gescheiterter Versuch dies diplomatisch zu formulieren.

    Der Oxford Dictionary (sorry, gerade nichts auf Deutsch zur Hand) definiert ‘Discrimination’ wie folgt: the unjust or prejudicial treatment of different categories of people or things, esp. on the grounds of race, age, or sex. Dies Definition bestätig: Ein Kleidungsstück kann nicht wirklich Diskriminierung sein. Diskriminierung ist eine ‘Aktivität’. Ich bin mir nicht einmal sicher ob man sich selbst überhaupt diskriminieren kann (Vorurteile gegen sich selber? Ungerechtigkeit sich selber gegenüber?).

    Nachdem ich immer wieder betont habe, dass ich das Tragen eines Voll-, Halb- oder meinetwegen Dreiviertelschleiers idiotisch finde und nicht unterstütze, sollte es klar sein, dass ich nicht dem Tragen des Schleiers das Wort rede. Deine implizite Unterstellung (basierend auf etwas, das ich so nicht gesagt habe) finde ich unangebracht. Wenn du nicht diskutieren willst, weil ich deine Definitionen nicht einfach akzeptiere, meinetwegen. Aber stelle mich nicht wider besseren Wissens in eine radikale Ecke. Als regelmässiger Leser hier, weisst du, dass ich nie religiösen Zwang befürwortet habe sondern im Gegenteil, das das genau ist wogegen ich hier immer anschreibe.

  51. #51 Andrea N.D.
    Januar 29, 2010

    @Ali:
    Also ich denke nicht, dass Dir etwas unterstellt werden sollte und Du weißt bestimmt auch, dass wir Dich als sehr guten Autor schätzen. Zu dem von Dir noch einmal eingeforderten Quellenproblem: das spricht meines Erachtens bereits gegen die Freiwilligkeit: Daten sind nicht erhebbar, aber gut.

    Als Hauptknackpunkt sehe ich jetzt die Freiwilligkeit, da wir uns bei Unfreiwilligkeit einig sind. Daraus entstehen zwei Fragen: Wie weit darf “Freiwilligkeit” bei einem säkularisierten Staat gehen, d.h. inwieweit darf eine Religion öffentlich praktiziert werden und zweitens müssen, in diesem Fall die Bürgerinnen, vor ihrer eigenen “Freiwilligkeit” geschützt werden?

    Aus der ersten Frage ergibt sich die von Dir angesprochen Problematik, dass dies dann selbstverständlich für alle Religionen zu gelten habe; außerdem kann man fragen, inwieweit die “Freiwilligkeit” wieder Unfreiwilligkeit durch Nachahmung (auch unfreiwillige) produziert. Und ich würde fragen, inwieweit es aggressive Reaktionen freiheitlich denkender Menschen befördert, die per se eine Unfreiwilligkeit (psychologisch oder physisch) dahinter vermuten. Und inwieweit dadurch wieder Resentiments aufgebaut werden – wie bereits gesagt, eine tolle Integrationsleistung stellt die Burka sicherlich nicht dar. Und ich halte die Burka nach wie vor nicht für eine “Klamotte”, sondern ein Statement, d.h. es soll offensiv damit etwas ausgedrückt werden (sofern es keine Unterdrückung ist). Hier differieren wir am meisten.

    Jemanden vor einer Einschränkung seiner “frei gewählten Lebensform” zu schützen, bzw. dort einzugreifen scheint mir das größte Problem zu sein, zu dem ich auch nicht abschließend antworten kann, schon gar nicht im religiösen Bereich. Eingriffe werden dort auch meistens mit dem Schutz der betroffenen Kinder gerechtfertigt. Bei Erwachsenen fallen mir zwei Beispiele, jeweils Extreme ein: In Deutschland besteht die Gurtpflicht (gab es vor 32 Jahren noch nicht); ein Nichtanschnallen wird mit einer Ordnungsstrafe geahndet – zum Schutz. Der bestellte Mord des Mannes, der gegessen werden wollte, oder die Einlieferung suizidaler Menschen in die Psychiatrie ist das andere Extrem. Wo kann ein Schutz ansetzen? Darüber streiten wir uns gerade.
    Wenn ich jetzt doch noch einmal die potentielle Unfreiwilligkeit und die absolute Geschlechtsgebundenheit des Problems ansehe würde ich mich nach wie vor für einen Schutz und für eine Beschränkung der “Freiheit” Tragen einer Burka aussprechen.

  52. #52 ali
    Januar 29, 2010

    Der Vorwurf der Unterstellung ging an Radiccio. Ich konnte den Satz “im grunde sollte man mit jemandem, der diese diskriminierung anzweifelt, gar keine debatte führen.” irgendwie nicht wohlwollender interpretieren und fand ihn unsachlich. Ich vermute gar, dass er wider besseren Wissens formuliert wurde und das wollte ich hier nicht so stehen lassen.

    Zur Freiwilligkeit kann man sich fragen, wenn wir die Daten nicht haben, darf man Gesetzte erlassen, in der Annahme der Unfreiwilligkeit? Ist das nicht in gewisser Form eine Umkehr der Beweislast?

    Die philosophische Differenz bleibt ausserdem bestehen, dass der Staat mündigen Personen solche Dinge nicht vorschreiben sollte. Wenn Mündigkeit nicht vorausgesetzt wird, dann kann man sich auch fragen, ob Leute zum Beispiel einfach pauschal das Stimmrecht oder das Recht über die eigenen Finanzen zu verfügen, gegeben werden soll. Ein gutes Beispiel wäre ein Rauchverbot in den eigenen vier Wänden (draussen ist es was anderes da dritte auch geschädigt werden). Der Fall ist viel klarer: Der Rauchende begibt sich in eine Abhängigkeit, verursacht Kosten und schädigt sich selber. Sollen wir also Zigaretten verbieten?

    Der Sicherheitsgurt ist ein Grenzfall. Ich kann mir vorstellen, dass es erstens eine gesellschaftliche Kostenreduktion ist (keine Ahnung ob das stimmt). Wichtiger ist aber, dass da die Wirkung klar etabliert ist. Tragen alle Gurt, gibt es so und soviele Verkehrstote weniger. Von einer so klaren Kausalität sind wir aber im diskutierten Fall weit entfernt. Beim anderen Extrem müsste man wieder über Mündigkeit diskutieren.

  53. #53 YeRainbow
    Januar 29, 2010

    Ich frage mich wirklich, würüber hier eigentlich diskutiert wird.

    Mir ist Religion sowieso schnuppe, und eine religiöse Begründung ist für mich irrelevant.
    funktional muß eine Sache sein.
    ist wie mit dem Auto, fahren muß es. Der Rest? Ach, naja.

    Freiheit?
    Ach gottchen. Die Burkaträgerin, die meint, es ist so eine Erleichterung, daß sie sich nicht schminken braucht… was ist n das für ein Unsinn?
    Ist kein Argument.
    Es gibt keine Pflicht zum Geschminktsein (ich hab das im grunde noch nie richtig konsequent betrieben, seit 20 jahren gar nicht mehr – nicht daß jetzt jemand denkt, ich bin deswegen unansehlich… ist ein Gerücht, daß “lackiert” wirklich besser ist….).
    Nicht mal frisiert muß FRAU sein.

    allerdings, geht man etwas zerwurschtelt auf die Straße, zeigt es sich, wer selbstbewußt ist, und wem es am Selbstbewußtsein mangelt (ok, man kanns auch übertreiben, wie alles).

    Eine Frau ist in den Augen von Muslimen nicht erwachsen.
    Daher ist sie gar nicht entscheidungsberechtigt, ob und was sie trägt.

    Allerdings ist das Problem eigentlich keins. Mit Hijab zum Bürgermeisteramt, dort den Hijab über den Arm legen, wie einen Mantel auch.
    Beim Verlassen Hijab wieder anlegen.

    Wie kaputt muß man sein, um es nötig zu haben, nicht erkannt zu werden?
    In Vollhelm darf kein Mensch in Frankreich (D sicher auch) ein Geschäft oder eine Bank betreten….
    War heute auf der Bank, und da stehts nochmal extra an der Tür.

    Wenn die Schleierträgerinnen also mit ihrem Gesichtsschleier in die Bank dürfen, bestehe ich drauf, auch mit Vollhelm hineinzugehen.

    Zum anderen: mir stinkt diese Kopftucherei!!!
    Ich habe früher in kalter Jahreszeit IMMER ein schönes Wolltuch als Kopftuch getragen. Ist mir verleidet, seit mich mal ein älterer Herr (türke, Araber, was weiß ich) mich – vermutlich wegen falschen Anwendens des Tuches – in seiner Sprache angeschnauzt hat.
    Der hat so um die 5 Minuten herumgebrüllt, ich hab kein Wort verstanden.

    ABer das stinkt mir!
    Und seit dem ist mir mein schönes Wolltuch verleidet. Und das ist eine Gemeinheit.

    Nur wegen so ein paar “relligiösen” Typen.
    Das ist ne schöne Religion, die unbeteiligte Dritte anscheißen muß.
    und sage jetzt keiner, das ist ein einzelfall.

    ein einziger grüner Knolli im Pilzragout…. nee, nee.
    oder wie sagt man? Eine kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.

    Dabei hat sich der Typ sicherlich ziemlich stark gefühlt. Ich hab echt überlegt, ob ich ihm eins auf die Nase gebe, aber das hätte das Problem sicher nicht gelöst.

    Schöne Freiheit.

  54. #54 ali
    Januar 29, 2010

    @YeRainbow
    Du hast ja Recht. Die Frage ist hier ist aber nicht finden wir den Schleier gut oder nicht oder unterstützen wir die Begründung, sondern wie können wir die Eingriffe in die persönliche Freiheit von Menschen minimieren ohne dass Freiheiten anderer eingeschränkt werden. Betreffend dem Schleier an und für sich und Religion im allgemeinen sind wir uns glaube ich völlig einig. Für das eigentliche Problem muss man auch versuchen von der Meinung zum konkreten Gegenstand etwas zu abstrahieren.

  55. #55 Kristin
    Januar 29, 2010

    Ja, mei, in anderen Ländern darf man gewissen orte nicht betreten, wenn man nicht entsprechend gekleidet ist … ich sehe keinen grund, warum daß woanders nicht so zu halten ist oder ausdruck einer beschränkten freiheit sein soll.

    Ich hab auch kein problem damit, wenn menschen nackt in die bank gehen. ist mir recht wurscht. Im winter wird es eher für diejenigen etwas kühl, die das aufgrund ihrer heimat so gewohnt sind.

    Egal, ich finde es gut. Ich finde es voll affig, wenn man im zelt herumstiefelt als sei man der bucklige sklave des dark loards. Auch wenn ich das argument mit der frisur geelgentlich nachvollziehen kann … man könnte ja auch im nachthemd oder ganz nackt loshetzen, zelt rüber, los gehts. Schneller gehts nicht.

    Kann man darunter eigentlich unbeobachtet popeln? Wäre ja auch ein Pro-Punkt und könnte die Klo-Verweildauer in erheblichem Umfang einschränken.

  56. #56 S.S.T.
    Januar 29, 2010

    Wenn Mündigkeit nicht vorausgesetzt wird, dann kann man sich auch fragen, ob Leute zum Beispiel einfach pauschal das Stimmrecht oder das Recht über die eigenen Finanzen zu verfügen, gegeben werden soll.

    Eben diese Mündigkeit wird Frauen im Islam abgesprochen. Vielleicht solltest Du doch einmal die eine oder andere Seite des von mir verlinkten Buches “Frauen im Schutz des Islams”, das u.a. über Moscheen verbreitet wird, lesen, um einen tieferen Eindruck vom dortigen Frauenbild zu bekommen. Das Frauenbild ist zutiefst reaktionär und an zahlreichen Stellen dort werden die angeblich naturgegebenen Unterschiede von Männlein und Weiblein herauszisisiliert. Interessanterweise wird dort nirgends das Vermummungsgebot angesprochen, bestenfalls indirekt, dass sich nämlich eine Frau mehr oder weniger züchtig zu kleiden hat. Ein Beleg von Deiner Seite, warum ein Vermummungsgebot religiös bedingt ist, wäre daher nicht schlecht.

    Die Zeugen Jehovas lehnen Bluttransfussionen aus religiösen Gründen ab. Respektierst Du das auch bei deren Kindern, wenn Not am Mann ist?

    Was ist mit den Befindlichkeiten zahlreicher anderer Sekten? Kann ich eine gründen, die mir Freiheiten gewährt, die ich als Atheist nicht habe (etwa die ‘Gläubigen Atheisten’)?

    Zur Mündigkeit der Frauen im Islam: s. z.B. S. 43/44 zu Zeugenaussagen von Frauen, S. 58 zum Reisen von Frauen.
    https://www.scribd.com/doc/8081591/Frauen-im-Schutz-des-Islam

    Es gibt noch mehr ‘gute’ Seiten, allerdings sollten diese schon zum kalten Kotzen ausreichen. Soweit zur propargierten und angeblich soziokulturell vorhandenen Mündigkeit.

  57. #57 ali
    Januar 29, 2010

    @Kirstin

    Ja, mei, in anderen Ländern darf man gewissen orte nicht betreten, wenn man nicht entsprechend gekleidet ist … ich sehe keinen grund, warum daß woanders nicht so zu halten ist oder ausdruck einer beschränkten freiheit sein soll.

    Man macht an anderen Orten noch vieles. Das rechtfertigt doch gar nichts. Schon gar nicht wenn man mit dem Anspruch antritt zentrale Werte zu verteidigen.

    @S.S.T.

    Ich habe es immer wieder wiederholt, ich habe es hervorgehoben und fettgeschrieben, dass ich weder das Frauenbild im Islam verteidige, noch die spezifischen religiösen Praktiken gutheisse, noch religiöses Plingpling befürworte dass die Freiheiten dritter einschränkt oder noch schlimmer wenn dieser Wahn an Kindern ausgelassen wird (als regelmässiger Leser hier weisst du das auch). Wenn du weiterhin auf diese Strohmänner eindreschen möchtest, wünsche ich dir viel Vergnügen dabei, erwarte aber keine Replik von mir. Darum kannst du mir meinetwegen sämtliche Zeugenaussagen von Frauen, die im Netz zu finden sind hier verlinken, das bringt absolut nichts neues in die Debatte.

    Wer mit westlichen Werten argumentiert, muss auch konsequent sein, wenn er oder sie an diesen Werten gemessen wird. Dazu gehört für mich die Religionsfreiheit und dazu gehört der Rechtsstaat mit Prinzipien wie z.B. der Verhältnismässigkeit oder der Effektivität von Massnahmen.

    Und zum zigten Mal: Ich finde tatsächlich, dass es für die Religionsfreiheit keine Rolle spielt ob ich oder der Staat meinen, etwas sei ein aus einer vermeintlich ‘heiligen’ Schrift ableitbares religiöses Gebot oder nicht, solange die Praxis keine dritten schädigt und aus freien Stücken verfolgt wird. Wenn man mich nämlich wirklich fragen würde, dann müsste ich feststellen, dass ich das meiste darin für Humbug und das massive Rosinenpicken praktisch aller Religionen für absolut heuchlerisch halte. Wenn aber alles was mich stört per Gesetz aus dem Weg geschafft werden würde, dann hätten Linkssteher Rollentreppenverbot und die Nachrichten wären sportfrei. So werden keine Gesetze gemacht, so wird keine Gesellschaft organisiert und so werden schon gar nicht Grundwerte verteidigt.

  58. #58 S.S.T.
    Januar 30, 2010

    @ali

    ” Darum kannst du mir meinetwegen sämtliche Zeugenaussagen von Frauen, die im Netz zu finden sind hier verlinken, das bringt absolut nichts neues in die Debatte. ”

    Diese Aussage beweist nur eines, nämlich dass Du kein Wort in dem angesprochenen Buch gelesen hast. Dort geht es nämlich u.a. um die Beweiskraft der Zeugenaussage einer Frau im Gegensatz zu der eines Mannes und nicht wie Du fälchschlicherweise meinst um Weiber-Anekdoten. Stichwort: Reaktionäres Frauenbild im Islam.

    Und, ich warte immer noch auf den Beleg, was das Vermummungsgebot mit dem Islam als Regilion zu tun hat.

  59. #59 ali
    Januar 30, 2010

    @S.S.T.

    1. Ich habe nie behauptet ich hätte das Buch gelesen noch so getan als ob.
    2. Ich habe nie den Wahrheitsgehalt der Aussagen dieser Frauen angezweifelt (und der despektierliche Ausdruck ‘Weiberanekdoten’ stammt von dir).
    3. Lies nochmals was ich geschrieben habe. Dann kannst du gerne dem Widersprechen was ich tatsächlich schreibe oder mir sagen was du nicht verstehst. Ich werde mich hier nicht wiederholen.

  60. #60 S.S.T.
    Januar 30, 2010

    @ali

    Das Vermummungsgebot IST eine Scheindebatte. Des Pudels Kern IST das reaktionäre Frauenbild des Islams. Und deswegen IST das Buch, das nicht nur so aus Jux auf den Index kam, zumindest auszugsweise lesenswert. Und bei dem Buch handelt es sich NICHT um eine Anekdotensammlung, sondern um eine Handlungsanleitung, wie man unter religiösen Gesichtspunkten mit Frauen umzugehen hat.

    Deine Kernthese ist die, dass das Vermummungsgebot religiös (und sei es nur für eine Minderheit der Islamgläubigen) begründet ist und jedes Verbot desselben einen Eingriff in die Religionsfreiheit darstellt. Möglicherweise habe ich den Beleg für diese religiöse Begründung überlesen, falls ja, hilf mir bitte mit einem kurzen Link weiter.

    (Dass Du weder das Vermummungsgebot noch das islamische Frauenbild gutheißt, war mir schon vor diesem Artikel völlig klar.)

  61. #61 YeRainbow
    Januar 30, 2010

    Sagen wir es mal noch konkreter (ist wie immer und wie überall) – das eigentliche Problem ist eines der Machtausübung.

    Hier wird also die eine Machtausübung (Deutungsmacht und Macht, Vorschriften zu erlassen) seitens
    REligiöser Machthaber mit der Machtausübung des STaates verglichen bzw abgewägt.

    Und, wie isses?
    Sollte man wirklich Menschen Macht überlassen, die diese schon schändlich ausgenutzt haben?

    Ich will nicht behaupten, daß die Demokratie das Beste ist, was ich mir vorstellen kann. Es gibt so viele Dinge, die in einer Demokratie nicht so gut laufen.
    Aber wir haben nichts Bessres. Ich wüßte jedenfalls nicht (den Sozialismus wünscht sich vermutlich keiner?).

    Aber eine religiöse (Buchdefinierte) Minderheitenmacht, das kann ja wohl nicht die Lösung sein.
    Es ist auch schnuppe, wer da nun das Kopftuch tragen SOLL (wie gesagt, ich finde ja, man muß ausprobieren, ehe man drüber diskutieren will)…

    Genauer betrachtet ist es logisch, daß immer an den Schwächsten zuerst gehobelt wird. Von beiden Seiten.
    Die Frage ist dabei halt, welcher Hobel richtet den geringsten SChaden an?

    und da ist die Antwort doch leicht, oder? Zumal bei den Burkaträgerinnen, die das Ding niemals ablegen wollen, der SChaden schon zugefügt ist.
    Man kann den SChaden also deutlich sehen.
    Und, soll man es dabei belassen und auch noch abwarten, bis sich das Gift durch alle hindurch gefressen hat?

    Seit wann ist es ein Menschenrecht, “unerkannt” zu leben? Das ist KRANK….
    schon mal drüber nachgedacht?
    die gesamte nonverbale Kommunikation sit enorm eingeschränkt (als Verhaltensbiologe weiß ich, wie groß der Anteil an der Gesamtkommunikation ist – er läßt vieles eindeutiger werden, das sonst ambigue wirkt…. merkt man ja auch im Net, wie vieles mißverstanden wird, wenn die kleinen Zeichen fehlen…)

    Mir ist ja klar, daß es auf Kommunikation mit den Verschleierten gar nicht ankommt. Die haben eh keine eigene Stimme.

    Ich sehe hier ja etliche tiefverschleierte. Die gucken mich ganz nebenbei an, als wäre ich ein Insekt. Daran kann man sehen, WIE groß die Beschädigung bei den Betroffenen ist.

    Um es kurz zu machen.
    Wer hat ein Interesse daran, daß Macht ausgeübt wird?
    Ist diese Frage geklärt, findet sich der Rest auch.

    Es zupfe sich jeder am eigenen Barte.

  62. #62 ali
    Januar 30, 2010

    Das Vermummungsgebot IST eine Scheindebatte.

    Ich glaube in dem Punkt sind wir uns tatsächlich einig.

    Deine Kernthese ist die, dass das Vermummungsgebot religiös (und sei es nur für eine Minderheit der Islamgläubigen) begründet ist und jedes Verbot desselben einen Eingriff in die Religionsfreiheit darstellt.

    Da hingegen liegt ein Missverständnis vor wenn ich dich richtig verstehe. In meiner Antwort an dich schrieb ich gestern:

    Ich finde tatsächlich, dass es für die Religionsfreiheit keine Rolle spielt ob ich oder der Staat meinen, etwas sei ein aus einer vermeintlich ‘heiligen’ Schrift ableitbares religiöses Gebot oder nicht, solange die Praxis keine dritten schädigt und aus freien Stücken verfolgt wird. Wenn man mich nämlich wirklich fragen würde, dann müsste ich feststellen, dass ich das meiste darin für Humbug und das massive Rosinenpicken praktisch aller Religionen für absolut heuchlerisch halte. Wenn aber alles was mich stört per Gesetz aus dem Weg geschafft werden würde, dann hätten Linkssteher Rollentreppenverbot und die Nachrichten wären sportfrei. So werden keine Gesetze gemacht, so wird keine Gesellschaft organisiert und so werden schon gar nicht Grundwerte verteidigt.

    Meine These hier ist, dass es für den Staat kein praktikables Kriterium ist, ob er (respektive die Entscheidungsträger oder ein Volksmehr) etwas als für ‘religiös begründet’ betrachtet. Wer entscheidet auf welcher Basis, wenn doch ein grosser Teil was im Namen von Religion gemacht wird, kein rationale oder auch nur nachvollziehbare Grundlage hat (darum kann ich dir auch nicht belegen dass es religiös begründet ist, da ich, wie schon geschrieben, mit diesem Konzept sowieso kaum etwas anfangen kann)? Ein viel einfacheres Kriterium (und darum wohl auch fairer) ist es, dafür zu sorgen, dass keine Dritten in Mitleidenschaft gezogen werden dürfen. Alles andere schafft zwangsläufig Ungerechtigkeiten. Wie schon bei der Minarettverbotsinitative ist mir die Religionsfreiheit eigentlich weniger ein Anliegen als die Rechtsgleichheit.

    Meine Kernthese im Post war (sie mag etwas in Vergessenheit geraten sein in der Diskussion), dass mit einem solchen Verbot in Frankreich mit heuchlerischen Argumenten eine Massnahme ergriffen wird, die nicht einmal Ansatzweise verspricht effektiv zu sein.

    @YeRainbow
    Ja, wenn Leute aus freien Stücken so etwas tun, finde ich sie sollen dürfen auch wenn ich es noch so idiotisch finde. Sonst müsste man wohl viele Religionsgemeinschaften an und für sich verbieten.

  63. #63 YeRainbow
    Januar 31, 2010

    Deine Ansichten ehren Dich.

    Dich betrifft es eh nicht. Dir würde wohl niemand erklären, wie toll und wie wichtig es ist, eine Burka zu tragen…
    ich rate dennoch, das mal auszuprobieren. Wenigstns das kopftuch, mach Fotos. Und Guck Dich hinterher auf den Bildern aufmerksam an…

    Wenn Leute sich aus freien Stücken umbringen, würdest Du sich sicher auch lassen…?

    Wenn REligiöse Irre wie die Zeugen Jehovas eine Bluttransfusion ablehnen, obwohl dringend nötig, würdest Du sie auch lassen?

    Wenn es die Entscheidung für ein Kind von ZJ ist? Wie würdest du entscheiden?

    Ich bleibe dabei.
    So lange ein Mensch runderhum mündig (angesehen) ist, dann darf er gern selbst entscheiden (und ich geh künftig MIT Vollhelm in die Bank, denn das Gleichheitsprinzip… verstehst schon… übrigens auf der Straße hat mir noch keiner meinen Helm verwehren wollen – wie den Burkaträgerinnen ihre Burkas…).

    ist er nicht auf im echten Stand der MÜndigkeit, darf man kein Machtvakuum lassen, wenns denn schon erkannt wurde.

    Siehe Verbot der Kindesmißhandungen.
    Nicht zweierlei Maß, bitte…

    und erkläre mir, diplomierter Psychologin (und Forensikerin sowie Verhaltensbiologin/Ethologin), bitte mal konkret, was das ist “aus freien Stücken”. Nebst zugehörigem Kontext.
    Ich sehe dem mit großen ERwartungen entgegen. (man kann ja immer dazulernen, nicht wahr?)

  64. #64 YeRainbow
    Januar 31, 2010

    zu Deiner Kernthese
    (mal gucken, ob ich es hinkriege)
    Meine Kernthese im Post war (sie mag etwas in Vergessenheit geraten sein in der Diskussion), dass mit einem solchen Verbot in Frankreich mit heuchlerischen Argumenten eine Massnahme ergriffen wird, die nicht einmal Ansatzweise verspricht effektiv zu sein.

    Das hat schon mehrere Vorannahmen, die nicht belegt sind.
    1. uneffektivität (bin mal gespannt, wie viele Burkaträgerinnen versuchen werden, die Öffentlichen Einrichtungen vermummt zu stürmen…) läßt sich jedenfalls HINTERHER feststellen
    2. heuchlerische Argumente.
    Sehe ich beim vollhelm ganz genauso. Ist immer so umständlich, den abzusetzen. außerdem sieht man dann meine zerwuschelte Frisur… uncool.

    Eines ist wahr, das hauptargument “will sehen, welches Gesicht der Bankstürmer hat” wird konsequent verschwiegen. Habs auch nicht in Bezug auf den Vollhelm an der Bank gesehen, nur DASS es nicht gestattet ist…
    Da macht man es sich etwas einfach, das ist wahr.

  65. #65 YeRainbow
    Januar 31, 2010

    hab den Html-Kram natürlich nicht hingekriegt, seufz…
    bitte um Nachsicht.

  66. #66 Stefan W.
    Februar 1, 2010

    @ YeRainbow: “… das Gesetz, das es Eltern verbietet, ihre Kinder zu mißhandeln, besteht auch.”

    Ich habe eine Überraschung für Dich: Ein Gesetz, daß es verbietet, die eigene Frau zu zwingen, sich zu verschleiern, gibt es auch. Heißt “Nötigung”.
    Wenn aber das Problem besteht, daß man nicht nachweisen kann, daß Zwang vorliegt – womit begründet man dann das Verbot? Wird auch christlichen Frauen verboten sich zu verschleiern? Und was, wenn sich ein Mann verschleiert, der wohl kaum von seinem Mann gezwungen worden sein kann, sich zu verschleiern? Mit welchem Recht verbietet man einem Mann sich zu verschleiern? Mit welchem Recht will man Frau und Mann ungleich behandeln?

    Das Paradox derer, die Frauen verschleiern wollen ist, daß sie postulieren müssen, was sie negieren – die Unfähigkeit der Frau ihre eigenen Rechte wahrzunehmen. Kein Mann kann in einem Rechtsstaat seine Frau zwingen sich zu verschleiern. Die Frau kann das einfach ablehnen, und gegen Drohungen klagen, sich scheiden lassen usw.
    Man kann niemanden zur Freiheit zwingen.

    @ Andrea N.D.:
    “Sollen wir deshalb den Misshandlungen … weiter zusehen, …? Ich fand das Beispiel mit den Handschellen gut. Würdest Du auch wegsehen, wenn anstatt Burka Handschellen angesagt wären?”

    Ja, was wäre, wenn Männer ihre Frauen zwängen, in die Moschee zu gehen?
    Oder Eltern ihre Kinder?
    In eine Kirche?
    Eine christliche?

    Mit Kindern kann man es ja machen!

    Das es überhaupt nur 2000 Frauen betrifft scheint interessant. Wegen so weniger Personen macht man so einen Aufriß? Nur wenn es der Einstieg in die Debatte um ein Kopftuchverbot ist scheint die Aufregung berechtigt.

    Offensichtlich geht es gar nicht um die Freiheit der betroffenen Frauen, sondern es geht darum, wer bestimmen darf, wie sie rumlaufen – “bestimmen die das oder wir”?

    Das sieht man auch schön daran, daß die einen sich darauf berufen, daß dem Islamismus Einhalt geboten werden muß, während die anderen Oberimame behaupten, daß sie die Deutungshoheit über den Islam hätten, und der Koran keine Verschleierung verlangt.

    Eine demokratisch inspirierte Debatte muß sich losmachen davon, was der Koran sagt. Egal was er sagt, und wie man das versteht.

    Und das Gesetz muß für alle Bürger gelten, ob islamischen Glaubens oder nicht, ob weiblich oder nicht.

    Man kann doch nicht vor Gericht erst feststellen, ob eine Person an Allah glaubt, und wenn nein darf sie den Hidschab tragen – das wäre ja Gesinnungsjustiz. Das geht den Staat nichts an, was jmd. glaubt.

    Ich mag den Hidschab auch nicht, ich finde ihn scheußlich und er stört jede Beziehung zur Trägerin – aber damit muß ich leben. Ich mag auch keine Piercings, damit muß ich auch leben.

  67. #67 ali
    Februar 2, 2010

    @YeRainbow

    Wenn Leute sich aus freien Stücken umbringen, würdest Du sich sicher auch lassen…?
    Wenn REligiöse Irre wie die Zeugen Jehovas eine Bluttransfusion ablehnen, obwohl dringend nötig, würdest Du sie auch lassen?
    Wenn es die Entscheidung für ein Kind von ZJ ist? Wie würdest du entscheiden?

    Ja
    Ja
    Nein
    (warum nicht für Kinder, dass habe ich nun schon oft genug gesagt)

    und erkläre mir, diplomierter Psychologin (und Forensikerin sowie Verhaltensbiologin/Ethologin), bitte mal konkret, was das ist “aus freien Stücken”. Nebst zugehörigem Kontext.
    Ich sehe dem mit großen ERwartungen entgegen. (man kann ja immer dazulernen, nicht wahr?)

    Nein, dass kann ich dir nicht erklären. In einer freiheitlichen Rechtsordnung geht man aber davon aus, dass eine solche Freiheit besteht. Wir können nun natürlich über freien Willen diskutieren. Aber wenn du den Menschen diesen juristisch absprichst (ich zweifle übrigens tatsächlich auch daran, dass er existiert) wäre das für den Rechtsstaat und die Demokratie revolutionär (und ich sehe im Moment nicht wirklich ein alternatives System). In dieser Argumentation würde dir aber kaum jemand der Befürwortenden folgen wage ich jetzt einmal zu behaupten.

    Ich habe übrigens gerade “Brave New World” auf BBC7 wieder gehört. Ein starkes Bild eines Staates der dafür sorgt, dass seine Bürgerinnen und Bürger glücklich sind. Ob sie es wollen oder nicht.

    Nur noch kurz zu 1. und 2. deines zweiten Kommentars.

    1. Mit Effektivität meine ich natürlich nicht, ob sie es schaffen, dass der Vollschleier nicht mehr getragen wird. Das Verbot ist ja nicht Selbstzweck. Es geht darum ob irgendwem damit geholfen werden kann (oder meinetwegen ein wirksames Signal ausgesendet werden kann).

    2. Ich beziehe mich auf die im Bericht und in der Nationalversammlung gemachten Argumente (und liste oben auch einige auf). Das nun mit hypothetischen Argumenten zu vergleichen ist etwas einfach. Auch ‘verschwiegene’ Argumente sind eine skurrile Rechtfertigung. Wer verschweigt denn die Argumente und warum?

  68. #68 Andrea N.D.
    Februar 2, 2010

    @Ali:
    “Ja
    Ja
    Nein
    (warum nicht für Kinder, dass habe ich nun schon oft genug gesagt)”

    Die Problematik ist hier, aber das habe ich bereits angedeutet, wie viel eine Gesellschaft bereit ist für die Freiheit der Bürger und Bürgerinnen zu bezahlen. Vermummte Frauen gehen haben eine hohe Wahrscheinlichkeit Sozialhilfe zu beziehen, da sie aufgrund Ihres “selbstgewählten” Gewandes kaum einer Tätigkeit nachgehen können. Dass sie später die Rente von der Gesellschaft bekommen, ist sowieso kar. In vielen H-Diskussionen hier wurde bereits festgestellt, dass Leute, die sich nicht behandeln lassen, über kurz oder lang dem Gesundheitssystem wesentlich höhere Kosten verursachen, als wenn sie sich sofort richtig behandeln lassen hätten. Wer sich nicht anschnallt, wird im Falle eines Unfalles wesentlich schwerer verletzt; dann jedoch wird erwartet, dass die Gesellschaft für diese Kosten aufkommt. Wenn die Freiheit der Leute die Freiheit der anderen Leute, nichts für diese Leute bezahlen zu müssen, nicht einschränkt (das ist ein negativer Faktor, von dem Du sagtest, er dürfe nicht bestehen), sollen sie weiter in Burka herumlaufen. Tut sie aber, sofern nicht sämtliche Burkaträgerninnen Homearbeitsplätze besitzen. Und wenn sie den wegen ihrer Burka auch noch extra bekommen würden, müsste ich wohl konvertieren.

    Ich kann hier nicht für Frankreich sprechen, weil ich mich in der Mentalität der Franzosen nicht so gut auskenne. Der “Liberalismus”, der Dir vermutlich vor Augen schwebt, ist jedoch amerikanischer bzw. bestenfalls britischer Art. Dort sind die Leute auch eher bereit, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und etwas für die Gesellschaft zu leisten. Deutschland hat eher die Rundumversorger, Staatmachdochmentalität. Diese muss dann allerdings auch die Freiheiten mehr einschränken, beispielsweise angesichts unseres Gesundheitssystems, die Freiheit, sich selbst schädigen zu dürfen.

    Noch am Rande: In diesem Zusammenhang finde ich an der Bluttransfusionsgeschichte gar nicht die Tatsache der Verbohrtheit des Individuums so erschreckend; ich finde es erschreckend, dass es Organisationen/Ersatzrelgionen gibt, die es fertig bringen, Leuten etwas derartiges einzureden. Die Erfahrung zeigt übrigens (allerdings statistisch nicht verifizierbar), dass Zeugen Jehovas, die aufgrund einer Bewusstlosigkeit nicht befragt werden können und deshalb Transfusionen erhalten, recht glücklich sind, dass sie noch leben.

  69. #69 YeRainbow
    Februar 2, 2010

    Hm, ich hab ab und zu mit ZJ zu tun, und eine Bluttransfusion ist der Supergau.
    Kinder, die eine erhalten haben, werden komplett ausgestoßen, das heißt, NULL Kontakt für den Rest ihres Lebens.
    Kein ZJ darf mehr mit ihnen reden oder mit ihnen was unternehmen. Sie sind jetzt “Weltmenschen”, und damit, hm, unrein.

    Da gibts dann wieder paar hochproblematische (weil enorm indoktrinierte) Kinder mehr in den Kinderheimen (die müssen ja auch irgendwie ihre Auslastung schaffen, nicht?)

    Natürlich gehts um die Macht.
    Es geht genau darum. Wer darf diese Vorschriften erlassen, das ist die zentrale Frage.
    Und die darauf folgende Frage ist, welche Motivation steckt dahinter?

    Die ncähstwichtige Frage ist, welches Ziel wird angepeilt?

    Mich nervt dieser ganze REligionszirkus. Ich würde gern wieder ganz unbehelligt mein Wolltuch im Winter tragen. Einfach und wirkungsvoll.
    Vielleicht tu ich es ja wieder, und schnauze dann meinerseits merkwürdige Zeitgenossen zurück an, die meinen, mir da was sagen zu dürfen.

    Und an der Stelle merkt man halt, worum es geht.

    Menschen auf Linie zu bringen. Ich mißtraue jeder Religion, aber selten stehts so offen geschrieben wie beim Islam, wenn es um Unterwerfung und um Missionierung geht.

    Natürlich kann ich nicht gegen Piercings oder sonstwas vorgehen (wär mir auch zu albern). Aber wer ein öffentliches Gebäude betrifft, muß sein Gesicht zeigen.

    Das ist eine vorschrift, die sich ganz gut begründen läßt.
    Es redet hier keiner davon, daß man auch noch die Hosen ablegen muß….

    Was Menschen privat und für sich tun, ist deren Angelegenheit.Das geht mich nichts an. Dazu sag ich auch gar nichts. Ob Ledermontur oder Gummistrapse, iss mir doch wurscht. Oder Gesichtsschleierchen….

    (übrigens macht man sich strafbar, guckt man einem Selbstmörder seelenruhig dabei zu. spätestens wenn er nicht mehr protestieren kann, wirds ne unterlassene HIlfeleistung, mit Todesfolge. Strafrechtlich relevant.)

  70. #70 YeRainbow
    Februar 2, 2010

    Es sind dieselben Mechanismen, die einen ZJ “freiwillig” dazu bringen, jegliche Bluttransfusion mit Verzicht zu belegen
    UND die Frauen mit gewisser Vorgeschichte dazu bringen, eine Burka tragen zu WOLLEN.

    Diese Mechanismen denkt sich kein Betroffener selbst aus (von psychischen Erkrankungen mal abgesehen, da gibts sowas auch, aber die Betroffenen machen das nicht freiwillig, und sie leiden auch drunter).

  71. #71 radicchio
    Februar 2, 2010

    ich glaube, kein vergleich, ob mit piercings, minirock, selbstmord oder den ZJ bringt in dieser diskussion weiter. allein an der aufzählung wird die absurdität dieser versuche deutlich.

    es geht um burka / hidschab und genau darüber sollte man sehr nah am thema diskutieren. und über die grundsatzfrage, ob freiheit die freiheit zur unfreiheit einschließt oder ad absurdum führt.

  72. #72 Stefan W.
    Februar 2, 2010

    Piercings eignen sich m.E. recht gut.

    Ich kann auch sagen, daß ein Jugendkult die jungen Leute in den Bann schlägt, und daß sie nur meinen sie entschieden sich frei für ein Piercing – in Wahrheit sind sie aber das Opfer einer Mode.

    Nur – wenn der Begriff der Freiheit überhaupt einen Sinn hat, dann ist man ab einem bestimmten Alter für sich verantwortlich, und kann sich frei einer Mode unterwerfen, oder einem Glauben, oder man ergreift einen Beruf, der auch mit Kleidervorschriften einhergeht (Ärztin, Krankenschwester, …).

    Man kann ja behaupten, die Frauen seien alle Unfrei, die sich verhüllen, nur beweisen können sollte man es, spätestens, wenn man daraus Zwänge ableitet.

    Fakt ist doch, daß der Hidschab die westlichen Betrachter verstört, und daß die Leute mit dem Gefühl der Fremdheit nicht klar kommen, daß es in ihnen Ängste auslöst. Die Unfreiheit der Frauen ist doch nur vorgeschoben, wie man leicht daran erkennt, daß die Wortführer noch nie zuvor für die Freiheit von Frauen und Fremden stark gemacht sich haben.

    Es fehtl ja auch jeglicher Hinweis, wie denn ein Verbot die Freiheit befördern könnte. Man reißt der Frau das Tuch runter, und – hokus pokus – ändert sich ihr Bewußtsein?

  73. #73 S.S.T.
    Februar 2, 2010

    Aktuell zu dem Thema:

    Muslim wird wegen Burka-Zwang nicht eingebürgert
    Frankreichs Regierung kämpft gegen die Burka: Einwanderungsminister Besson will einem Muslim die Staatsbürgerschaft verweigern, weil dieser seine Frau zum Tragen eines Ganzkörperschleiers zwingt.

    https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,675559,00.html

  74. #74 hape
    Februar 3, 2010

    Was man ja auch nicht vergessen darf, es geht bei dem Verbot nicht darum, den Zwang zur Burka zu verbieten. Frankreich ist ein freies Land, dort genauso wie hier ist es verboten, Menschen zu Handlungen wie etwa dem Burka tragen zu nötigen. Das einzige, was das Verbot bewirken würde, wäre, dass die Burkas an bestimmten Orten nicht mehr getragen werden dürfen, was genausogut dazu führen könnte, dass die betroffenen Frauen nicht mehr in Ämter und ähnliches gehen, und letztlich also durch das Verbot stärker eingeschränkt wären und ihre Freiheit sich verringert hat.
    Insgesamt glaube ich eher, dass der Zweck des Verbotes ist, die Burkas unter der Ausrede der Gleichberechtigung (die meiner Meinung nach dadurch nicht gefördert wird) aus dem öffentlichen Raum so gut es geht zu verbannen, weil viele sie einfach nicht sehen wollen und sich von ihnen eingeschüchtert fühlen.

  75. #75 radicchio
    Februar 3, 2010

    Man reißt der Frau das Tuch runter, und – hokus pokus – ändert sich ihr Bewußtsein?

    in einem punkt hatte der olle marx recht: das sein bestimmt das bewusstsein.
    ganz gewiss ändert sich die – sagen wir ruhig mal – weltanschauung, die anschauung der welt, wenn diese nicht mehr durch ein stoffgitter wahrgenommen wird und man selbst ein gesicht bekommt!

  76. #76 Stefan W.
    Februar 3, 2010

    @radicchio: Und wer sagt, daß sich die Frau an das Verbot hält? Oder daß es nicht zu Ausweichhandeln kommt – die Frau darf nicht mehr raus auf die Straße, und muß in der Wohnung mit Burka rumlaufen, wo es keiner sieht?

    @hape hat Recht – aus den Augen, aus dem Sinn. Der Franzose will nicht damit belästigt werden – die Freiheit der Frau ist ein fauler Vorwand.

  77. #77 radicchio
    Februar 4, 2010

    … die Frau darf nicht mehr raus auf die Straße, und muß in der Wohnung mit Burka rumlaufen, wo es keiner sieht?

    zu hause kann jeder anziehen, was er will. und wenn sie es sich verbieten lässt, das haus zu verlassen, dann ist das ihre angelegenheit.

    … aus den Augen, aus dem Sinn …

    das seh ich anders. es geht hier schon explizit um freiheit der frauen. würden frauen im sari rumlaufen, der sich optisch auch stark von der europäischen kleidung unterschiedet, würde kein mensch ein verbot erwägen. weil ein sari keine unterdrückung darstellt.

  78. #78 Andrea N.D.
    Februar 4, 2010

    @Stefan W:
    Da sieht man, was für verschrobene Ansichten darüber bestehen:
    “@radicchio: Und wer sagt, daß sich die Frau an das Verbot hält? Oder daß es nicht zu Ausweichhandeln kommt – die Frau darf nicht mehr raus auf die Straße, und muß in der Wohnung mit Burka rumlaufen, wo es keiner sieht? ”
    Die Frauen laufen in der Wohnung selbstverständlich nicht in Burka herum: 1. sieht sie da keiner und 2. könnten sie in der Kluft den Mann wohl kaum bedienen.

    Ehrlich, ich verstehe Euch nicht (hape, Stefan W.): Hier wird mit aller Gewalt eine angebliche Freiheit verteidigt, die keine ist.

    Stellt Euch doch einfach vor, traditionell werden Männer seit Jahrunderten gezwungen, einen Maulkorb zu tragen, aus angeblich religiösen Gründen. Eine Gruppe dieser Männer zieht jetzt in Euer Dorf. Angeblich sind noch ein paar freiwillig Maulkorbtragende dazu gekommen. Die Gemeinde beschließt in öffentlichen Gebäuden das Maulkorbtragen zu verbieten (dies könnte enorm zur Erleichterung der gemeindlichen Geschäfte beitragen, da die Maulkorbtragenden dann fähig wären, mit den Gemeindemitarbeitern zu sprechen). WO bitteschön ist da das Problem?!? Seht Ihr nicht die absolute Absurdität Eures angeblich freiheitlichen Denkens? Dem verzweifelt nach Gründen suchen, um angebliche Freiheiten zu verteidigen? Euer Aufschrei, dass dies nur aus vorgeschobenen Gründen geschehe? Und ganz ehrlich: Ich persönlich würde sogar ein Verbot des Nichtburkakleidendürfens dem VielleichtsteckteinkriminellerunterderBurka vorziehen.

  79. #79 hape
    Februar 4, 2010

    Ich denke zu der Frage bzgl. des Problems der Freiheit hat Ali die besten Posts geschrieben, denen gibt es nicht viel hinzuzufügen. Ich glaube schlicht nicht, dass dieses Verbot wirklich zu mehr Freiheit der Frauen führen sollte. Der Grund für deren Unfreiheit (wir nehmen jetzt einfach mal die raus, die wirklich unfrei sind, ob das jetzt 20% oder 98% sind, ist erstmal egal) liegt doch nicht in der Burka, die ist nur eine Folge dieser Unfreiheit. Ich glaube nicht, dass ein Mann umgestimmt werden kann, der sowieso feindlich gegenüber der westlichen Kultur eingestellt werden ist, indem man seiner Frau Verbote auferlegt.

    Zusammengefasst also folgedes: Ich verteidige nicht eine absurde Freiheit. Vielmehr denke ich, dass dieses Gesetz keineswegs zu mehr Freiheit führen würde. Stattdessen würde es nur latenter Fremdenfeindlichkeit Auftrieb geben, weil es ich denke, dass es aus eben solchen Gründen überhaupt erst eingeführt werden soll, und gleichzeitig all denen vermeintlich recht geben würde, die aus rein ästhetischen Gründen keine Frauen mit Burkas mehr auf den Straßen sehen wollen (damit meine ich, die würden sich bestätigt fühlen, ob mit recht oder nicht).

    Um die gesellschaftlichen Verhältnisse für die betroffenen Frauen zu ändern, muss man es schaffen, in den Kern der Probleme vorzustoßen, und sie auch irgendwie näher an die eigene Gesellschaft und deren Ideale (Selbstbestimmung, Freiheit) heranholen. Das schafft man einfach nicht durch Ausgrenzung.

    Also selbst wenn die Freiheit nur eine angebliche ist, weil niemand aus freien Stücken eine Burka trägt, ich bin mir nicht sicher, ob das Gesetz selbst in diesem Fall zu mehr Freiheit führt.

    Bist du denn für ein solches Verbot, um allein schon ein Statement zu setzen, oder bist du der Meinung, dass es tatsächlcih zu mehr Freiheit für die betroffenen Frauen führt und wenn ja wie?

  80. #80 Andrea N.D.
    Februar 4, 2010

    @hape:
    Ich suche ja nicht ständig verzweifelt nach Beispielen, um Euch zu verdeutlichen, um was es geht, wenn ich der Meinung wäre, das würde nicht funktionieren, deshalb als Antwort: Beides, Statement und eventuell mehr Freiheit.
    Ich habe oben bereits alles geschrieben, aber jetzt sind wir wieder (und das finde ich viel realistischer) in der Unfreiwilligkeit gelandet.
    Und dazu stelle ich Dir ein paar Gegenfragen:
    Wie weit würdest Du zugucken? So weit, bis ein Mädchen angezündet wird und verbrennt oder erstochen wird? Und warum wurde vorher nichts getan?
    Oder würdest Du früher ins Patriarchat eingreifen wollen, in Sitten, die uns sehr wohl etwas angehen, weil sie unsere freiheitlich-demokratischen Werte bedrohen?
    Ist es in Ordnung, dass in einem freiheitlich-demokratischen Staat ein Teil der Bevölkerung in die Sklaverei gezwungen wird? Und ist es in Ordnung, weil dies entweder religiös legitimiert wird und dessen Eingreifen Fremdenfeindlichkeit schüren könnte? Steht das angebliche Schüren von Fremdenfeindlichkeit über den Freiheitsrechten, Menschenrechten? Ist das nicht ein verdammtes Armutszeugnis für unseren abendländischen Humanismus?
    Ist das ständige Tolerieren einer derartigen Sklaverei (auch wenn sie angeblich freiwillig betrieben wird) vereinbar mit der ganz persönlichen Ethik von jedem?

    Zur Praxis: Natürlich wären andere Maßnahmen besser. Warum geschieht da seit Jahrzehnten nichts? Weil es im Patriarchat immer Männer gegeben wird, die einem anderen Patriarchat nicht dreinreden und lieber zugucken wollen. Und wenn dann einmal ein Ansatz gemacht wird, ist der scheinheilig, geht an der Sache vorbei, bringt eh nichts und verursacht angebliche Beschränkungen angeblicher Freiheitsrechte.
    Deshalb gucken wir schön weiter zu. Ist ja auch gemütlicher als eine etwaige Fremdenfeindlichkeit.
    Vielleicht ist das in den männlichen Köpfen noch nicht angekommen: Vergewaltigung in der Ehe ist mittlerweile strafbar und Frau muss Mann nicht mehr fragen, wenn sie arbeiten gehen will (bis in die 1980iger Jahre, nicht 1899). Offensichtlich ist die Spanne dieser Entwicklung zu kurz, um auch feststellen zu können: Ich pfusch einem anderen Mann, der sich nicht an unsere Gesetze hält und die Rechte der Frauen achtet, ins Handwerk. Und ich lasse nicht zu, dass ganz klar definierte Unterdrückungssymbole weiterhin (freiwillig) demonstrativ getragen werden dürfen (müssen). Ein weiter weiter Weg liegt vor uns.

  81. #81 ali
    Februar 4, 2010

    @Andrea N.D.

    dies könnte enorm zur Erleichterung der gemeindlichen Geschäfte beitragen, da die Maulkorbtragenden dann fähig wären, mit den Gemeindemitarbeitern zu sprechen

    Damit hast du in deinem Beispiel eine Begründung angefügt die tatsächlich ein Grund liefert den Maulkorb zu verbieten. Um die Freiheitseinschränkung zu minimieren würde ich dann eine ‘wenn man mit dem Gemeindearbeiter sprechen will, muss man ihn ausziehen”-Regel erstellen.

    Oh, und bevor ich es vergesse, genau diese Regel gilt in Frankreich schon (der Vollschleier muss z.B. im Verkehr mit der Polizei abgelegt werden). Damit kann also der Vorschlag der Kommission gerade nicht begründet werden. Vielleicht bist du weniger einverstanden mit dem Vorschlag als das du glaubst.

    Zu deinen Gegenfragen: Ich habe es schon unzählige Male geschrieben aber irgendwie scheine ich nicht damit durchzukommen: Solange ein Individuum für sich Entscheide fällt und dritte nicht beeinträchtigt, soll er oder sie tun und lassen können wie sie/er will. Von ‘Mädchen anzünden und erstechen’ zu sprechen geht in meinen Augen klar an der Frage die ich stelle vorbei. Da sind wir uns sowieso einig (und das sollte klar sein).

    Noch eine letzte Bemerkung, etwas das mich stört, nicht wirklich relevant für das Pro und Kontra der jetzt diskutierten Frage ist, aber es stört mich weil ich die alten Herren der französischen Politik so nicht wegkommen lassen möchte. Du schreibst:

    Weil es im Patriarchat immer Männer gegeben wird, die einem anderen Patriarchat nicht dreinreden und lieber zugucken wollen.

    Die französische Politik ist eine notorische Männerdomäne, voll von patriarchalischer Strukturen und es gibt unzählige Beispiele für den Sexismus der dort gepflegt wird. Diese Leute verbieten nun Frauen ein Kleidungsstück zu tragen mit der Begründung sie schützen zu müssen. Das ist nicht glaubwürdig. Aber wie gesagt das ist ein Nebenschauplatz, substanziell ändert das natürlich nichts am Für und Wieder.

  82. #82 hape
    Februar 4, 2010

    Ich glaube wir reden aneinander vorbei. Ich bin nicht damit einverstanden, dass Männer Frauen zu irgendwas zwingen dürfen. Daher schießen all deine Fragen weit am Ziel vorbei und ich verstehe auch deinen letzten Absatz, ebenso wie die Unterstellung, es ginge nur um das Verteidigen patriarchalischer Strukturen. Ich hab sowas auch an keiner Stelle durch irgendwas was ich gesagt hab angedeutet. Daher wirken deine Andeutungen schon fast reflexhaft. Nochmal, es geht mir nicht darum, die Freiheit der Männer zur Unterdrückung zu verteidigen, so eine Freiheit gibt es nicht und darf es nicht geben.

    Der Unterschied ist einfach, du nimmst allein die Tatsache, dass eine Frau eine Burka trägt als vollkommen offensichtlichen Beweis dafür, dass sie dazu gezwungen wird. Und ich glaube nicht, dass ein Staat so denken dürfen sollte. Gibt es tatsächliche Beweise für Unterdrückung, so sollte und muss er eingreifen.

    Zu der Sache mit dem Statement: Auch wenn du ein Burkaverbot als Statement gegen die Diskriminierung von Frauen ansiehst, ich glaube die Mehrheit würde es als Bestätigung ihrer von Fremdenfeindlichkeit gespeisten Ressentiments ansehen, so dass die gewünschte Symbolwirkung pro Feminismus nicht zum Tragen käme.

    Also nochmal deutlich, damit du nicht wieder fragst, ob ich beim Anzünden von Frauen zuschaun möchte: Mir geht es nciht darum, Unterdrückung zu verteidigen, ich glaube nur letztlich, dass hier mehr die Maßnahme in keinem Verhältnis zur Wirkung steht (weil diese im schlimmsten Fall sogar entgegengesetzt sein könnte, sprich die Frauen nehmen weniger am öffentlichen Leben teil) und es bei weitem nicht die wichtigste Maßnahme ist, die gemacht werden kann. Feminismus ja und wichtig, aber nicht indem man meint, ihn erzwingen zu wollen, in dem man tendenziell fremdenfeindliche Maßnahmen ergreift (denn wie schon jemand erwähnte, es ist zumindest fraglich, ob esdem Parlament mit 18% Frauenanteil in erster Linie darum geht). Wenn eine Maßnahme nur noch reine Symbolpolitik ist (egal wer das Symbol wie interpretiert) ist sie nutzlos, weil sie letztlich real nichts ändert.

  83. #83 hape
    Februar 4, 2010

    mein letzter Beitrag ist übrigens eine Antwort an Andrea N.D., damit keine Mißverständnisse aufkommen ;).

  84. #84 Andrea N.D.
    Februar 4, 2010

    @Ali:
    Ich muss Dir leider in allem Recht geben. Ich schreibe auch – mangels Kenntnisse der französischen Politik – immer für meine Erfahrungen in Deutschland. Ich gehe automatisch von einer humanistischen Tradition aus.

    “Solange ein Individuum für sich Entscheide fällt und dritte nicht beeinträchtigt, soll er oder sie tun und lassen können wie sie/er will.”
    Ja klar. Ich schrieb ja an hape auch, dass wir jetzt wieder bei der Unfreiwilligkeit angelangt sind. Damit habe ich den kleinen Anteil der freiwilligen Trägerinnen weitestgehend ausgeschlossen; und mich damit von Deinem Artikel entfernt.

    Warum beschwert sich eigentlich kein Mann, dass er die Burka nicht tragen darf? Das ist doch diskriminierend, wenn das nur Frauen dürfen?

  85. #85 radicchio
    Februar 4, 2010

    … bist du der Meinung, dass es tatsächlcih zu mehr Freiheit für die betroffenen Frauen führt und wenn ja wie?

    das liegt doch auf der hand: die frau hat mit dem burkaverbot das beste argument selbst in der hand, um die burka nicht zu tragen. wenn sie sich bisher nicht getraut hat, ihren eigenen willen geltend zu machen, kommt ihr nun das gesetz zu hilfe.
    UND: das gesetz verbietet ja nicht nur der frau, eine burka zu tragen. de facto verbietet es dem mann, sie seiner frau zu befehlen.

    Solange ein Individuum für sich Entscheide fällt und dritte nicht beeinträchtigt, soll er oder sie tun und lassen können wie sie/er will.

    das können wir aber nicht verifizieren.
    außerdem werden durchaus dritte durchs burkatragen beeinträchtigt. eine öffentlich sichbar gemachte menschenverachtende haltung ist eine beeinträchtigung des freinheitlichen denkens und der menschenwürde – auch meiner menschenwürde. die burka fordert eine toleranz für inakzeptable zustände heraus, und das offensichtlich recht erfolgreich.

    im übrigen würde ich doch bitten, dass nicht immer wieder von der burka als kleidungsstück geredet wird, als handele es sich hier um ein paar socken.

  86. #86 Andrea N.D.
    Februar 4, 2010

    @hape:
    Also spontan würde ich zunächst einmal sagen, dass Gleichberechtigung (= u.a. gleiche Rechte) nicht mit Feminismus verwechselt werden sollte. Feminismus wurde nirgends “erzwungen”, Gleichberechtigung sehr wohl (hierfür gibt es Gesetze; ich spreche hier wiederum nur für Deutschland). Ebenso gibt es Gesetze, die Handlungen gegen Frauen unter Strafe stellen. Die Tatsache, dass jahrzehntelang bei Einwanderern/Andersgläubigen etc. nichts passiert ist, würde mir schon zu denken geben. Warum sehen nur alle zu und es fällt keinem eine sinnvollere Maßnahme ein? Gab es nicht schon genug Beweise für Unterdrückung und hat der “Staat” eben nicht eingegriffen? Wie lange soll noch gewartet werden, bis der Staat dann eingreifen darf? Das war meine Anspielung auf die Morde. Offensichtlich hat in diesen Fällen der Staat ja eben nicht eingegriffen – auch wenn er es Deiner Meinung dann nach sollte. Warum nicht?

    Ich stimme Ali und Dir zu, dass das ganze eine Posse, ein Opportunismus, eine Scheinheiligkeit sein mag. Vielleicht haben die Franzosen ein stärkeres National- und Kulturbewusstsein und stören sich maßlos an der Burka. Die Deutschen machen ja lieber auf Multikulti. Trotzdem bleibe ich dabei, dass alleine die Debatte dafür sensibilisiert, dass hier etwas nicht in Ordnung ist. Und es ist nicht in Ordnung in Europa das ganze Jahr kostümiert durch die Gegend zu laufen und dabei nichts zu sehen. Ob dies jetzt freiwillig ist oder nicht.

  87. #87 Stefan W.
    Februar 4, 2010

    @Andrea N.D.:

    Das Beispiel mit dem sich-anzünden ist gar nicht so schlecht, wie es auf den ersten Blick scheint. Wie verhindert man denn, daß sich ein Selbstmordwilliger selbst tötet?

    Mit Handschellen in einen Kerker sperren?

    Wenn der Ehemann sagt, daß die Frau nicht öffentlich ihr Gesicht zeigen darf, und die Frau ist derart angepaßt oder ängstlich, daß sie dem nachkommt, und nun verbietet der Staat vermummt auf die Straße zu gehen – was wird der Frau übrig bleiben, als zu Hause zu bleiben?

    Wie konnte sich eigentlich überhaupt in dieser Kultur die Dominanz der Männer entwickeln – wieso machen die Frauen da überhaupt mit? Weil sie von Natur aus unterlegen sind?

    Eine Frau, die gezwungen wird sich zu verhüllen kann wg. Nötigung Anzeige erstatten – ohne die Bereitschaft der Frau dies zu tun wird man den Mann dahinter nicht einschränken können. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Frau den Schleier nur im Kopf aufhat.

  88. #88 radicchio
    Februar 4, 2010

    was wird der Frau übrig bleiben, als zu Hause zu bleiben?

    das halte ich für ein scheinargument. ich glaube kaum, dass der mann sämtliche besorgungen erledigen will oder kann. außerdem gehts ja in F nur um ein vermummungsverbot in öffentlichen einrichtungen.

  89. #89 hape
    Februar 4, 2010

    das liegt doch auf der hand: die frau hat mit dem burkaverbot das beste argument selbst in der hand, um die burka nicht zu tragen. wenn sie sich bisher nicht getraut hat, ihren eigenen willen geltend zu machen, kommt ihr nun das gesetz zu hilfe.
    UND: das gesetz verbietet ja nicht nur der frau, eine burka zu tragen. de facto verbietet es dem mann, sie seiner frau zu befehlen.

    Tja es ist fraglich, ob das so klappt. Wenn der Mann es ihr vorher verboten hat, etwas anderes zu tragen, hatte sie das Gesetz auch schon auf ihrer Seite. Das übrigens auch zu deinem Zusatz: De Facto ist es bereits jetzt dem Mann verboten, seiner Frau irgendwas zu befehlen. Das meine ich eben, wenn ich schreibe, dass das Gesetz für sich nicht unbedingt zu irgendeiner Wirkung führen wird.

    @Andrea N.D.

    ich kann dir nicht ganz folgen bei den anderen Beispielen. Sie verstoßen in allen Fällen gegen das Recht hier, inwiefern hätte der Staat weiter dagegen vorgehen sollen, außer durch bessere Integration? Ich glaub nicht ganz, dass dieses Gesetzt jetzt da der Weisheit letzter Schuß sein kann. Generell ist fraglich, inwiefern da durch Gesetze, und wieviel nicht eben durch weitere, die Integration betreffende Maßnahmen geregelt werden kann/muß.

  90. #90 hape
    Februar 4, 2010

    außerdem gehts ja in F nur um ein vermummungsverbot in öffentlichen einrichtungen.

    eben. Dann ist die Frage, ob dieser Zwang überhaupt hoch genug wäre, um Frauen dazu zu bringen, keine Burkas mehr zu tragen.

  91. #91 radicchio
    Februar 4, 2010

    Dann ist die Frage, ob dieser Zwang überhaupt hoch genug wäre, um Frauen dazu zu bringen, keine Burkas mehr zu tragen.

    wenn sie auf ämtern vorstellig werden muss, wird sie halt ohne burka erscheinen müssen. ggf. gibts halt sonst kein geld, keine papiere usw. und wenn sie nicht ohne burka bus fahren will oder “darf”, muss der mann sie halt chauffieren. ob er das so prima findet? spielt eigentlich keine rolle.
    mit geld sind sehr viele zu überzeugen.

    und ja, ich finde es in der sache inkonsequent, die burka nur in staatlichen einrichtungen zu verbieten. aber es wäre immerhin ein schritt.

  92. #92 YeRainbow
    Februar 8, 2010

    https://www.heise.de/tp/blogs/8/147036

    zu irgendwas MUSS die burka ja gut sein. Würd ich auch so machen, perfekte Idee. Nicht ganz neu, die Engländer hatten es schon…

  93. #93 YeRainbow
    Februar 9, 2010

    —> Wie konnte sich eigentlich überhaupt in dieser Kultur die Dominanz der Männer entwickeln – wieso machen die Frauen da überhaupt mit? Weil sie von Natur aus unterlegen sind?

    Echt gute Frage.
    von natur aus unterlegen ist Unsinn. Wer ist gefährlicher, wenn man ihm begegnet: Herr Tiger oder Frau Tigerin, zumal wenn sie Junge führt? Na?

    Es geht hier um Strukturen.
    Oder andersrum… man kann die Dinge auf verschiedene Arten betrachten…
    1. – > die Persönlichkeit machts aus (Bsp: der Dieb ist einfach ein Langfinger, darum klaut er)
    2. – > die Situation (die Situation war so verführerisch, da hätte JEDER zugegriffen…)

    3. (schon eine Stufe weiter) Situation x Persönlicheit: Der ist einfach grundlegend ein Dieb, und die Situation war so verführerisch… also…

    4. langfristige Entwicklung von Strukturen (Kultur genannt)…

    Eine Frau gegen einen Mann mag noch zu schaffen sein. Ich selbst sag immer, zwei krieg ich noch niedergezwungen.
    Aber gegen eine ganze Horde von Leuten, die sich im Besitz der einzigen Wahrheit wähnen, bin ich hinfällig.

    War da nicht grad wieder ein Fall in der Türkei, da wurde eine 16jährige lebendig begraben… gewehrt hat die sich gewiß.
    Sie war ihren Leuten wohl zu unabhängig…

  94. #94 Stefan W.
    April 12, 2010

    Aus aktuellem Anlaß – heute war bei Anne Will Katholikenaktivistin Sophia Kuby zu Gast, die vehement erklärte, sie als Katholikin wolle gar nicht Priester werden.

    Das ist dieses Stockholmsyndrom – Identifikation mit dem Aggressor. Wenn man nun per äußerem Zwang die kath. Kirche zwingt, Frauen zum Priesteramt zuzulassen, sind diese dann freier? Oder baut man nur eine Illusion auf?

    Jedenfalls sollte man m.E. mit den Katholiken anfangen – davon gibt es in unserer Kultur ungleich mehr.