Die Schlagzeilen zu den finanziellen Problemen Griechenlands waren nicht zu verpassen in den letzten Tagen. Es wurde viel spekuliert was die Optionen sind und wie die EU reagieren wird. Manche reden bereits (seltsamerweise häufig hoffnungsvoll) vom Anfang vom Ende des Euro oder gar der EU. So weit wird es wohl nicht kommen. Ein paar politisch ökonomische Gedanken zur Vorgeschichte und der Zukunft.
Das Problem
Griechische Schulden
Griechenland ist nahe an der Pleite. Die Staatsverschuldung ist über 112% des Bruttoinlandproduktes (BIP) . Der Etat weist ein Defizit von über 12% des BIP auf. Weder das Defizit noch die hohe Verschuldung sind neu. Da es mit der Wirtschaft in den letzten Jahren aufwärts ging, sah es etwas weniger dramatisch aus, da es sich um einen Prozentsatz des BIP handelte. Eine solche Verschuldung sollte eigentlich zur Konsequenz haben, dass man zu höheren Zinsen Anleihen machen muss. Als Mitglied des Euroraumes konnte Griechenland hingegen von billigeren Krediten profitieren (da die anderen Euroländer indirekt “mitbürgen”). Der Rest war budgetäre Verantwortungslosigkeit die nicht nur in Griechenland gepflegt wird wenn auch nicht überall im gleichen Ausmass.
Kommenden April und Mai steht nun eine Rückzahlung von rund 20 Milliarden Euro an. Im Normalfall würde man einfach neue Kredite aufnehmen um die alten zu bezahlen, doch nun wird die Sache plötzlich teurer als zu Zeiten als es noch besser lief. Die Griechen wissen nicht ob sie sich das leisten können.
Der Hintergrund
Wann macht eine Währungsunion Sinn?
Das potentielle Hauptproblem mit einer Währungsunion ist, dass die Entscheide auf einer Ebene gefällt werden die einen regionalen Unterschied nicht berücksichtigt. Das heisst wenn eine kleine Wirtschaft wie die Griechenlands hops geht, merkt man das kaum in den Zahlen für den Gesamt-Euroraum. Das heisst, dass die Zentralbank ihre Geldpolitik nicht wirklich darauf ausrichten wird. Man spricht von einem ‘asymmetrischen Schock’ (was übrigens positiv oder negativ sein kann). Griechenland erlebt gerade einen solchen. Das gleiche Problem existiert aber zum Beispiel auch innerhalb der USA oder Deutschlands. Die Wärhung kann so nicht auf ein regionales Ungleichgewicht reagieren.
Die Maastrichter Konvergenz-Kriterien
Als der Euro geplant wurde zerbrach man sich interessanterweise weniger den Kopf über asymmetrische Schocks, sondern machte sich Gedanken zu einem anderen Problem. Die dezentrale Struktur der EU macht, dass das Geld auf nationaler Ebene ausgegeben wird. Die Geldpolitik wird aber in einer Währungsunion nicht mehr dort gemacht. Ein Staat könnte also versucht sein unverantwortlich Geld auszugeben und darauf vertrauen, dass die anderen ihm dann aus der Patsche helfen müssen. Allen voran Deutschland (mit einer schon fast mythischen Beschwörung der Stärke der DM) bestand auf strenge Kriterien um genau das zu verhindern. Doch wurden ausser der 3% Defizitgrenze, die Regeln relative locker ausgelegt. Trotzdem musste Griechenland noch etwas mit einem Eurozonen-Beitritt warten (ich vermute man wollte auch ein Exempel statuieren).
Was ist überhaupt die Gefahr für den Euro?
Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Die Euroländer könnten Griechenland vermutlich vorerst ohne grossen Schaden einfach seinem Schicksal überlassen. Die griechische Wirtschaft ist nur ein kleiner Teil des Euroraumes (eine grobe Rechnung ergibt ca. 2%). Das Problem ist eher, dass wenn Griechenland Zahlungsunfähigkeit deklarieren muss, die Märkte sich weitere Euroländer vorknüpfen könnten. Portugal, Italien, Spanien und Irland stehen vermutlich schon in der Schlange.
Ex post und ex ante Rationalität
Das Problem ob man den Griechen mit neuen Krediten helfen soll illustriert schön ein theoretisches Problem. Das Eintreffen eines Ereignisses kann die rationale Entscheidung beeinflussen. Bei der Gründung des Euros (also ex ante oder vor dem Ereignis) machte es Sinn, sich die Hände zu binden und klar zu deklarieren, dass das Freikaufen eines Mitgliedes ausser Frage steht. Es darf kein Zweifel an der Glaubwürdigkeit entstehen. So sollte auch niemand unverantwortlich handeln. Trifft das Ereignis dann trotzdem ein sieht die Faktenlage anders aus (also ex post oder nach dem Ereignis) und eine Rettungsaktion ist die rationale Lösung.
Die Optionen
Ein Kredit aus der EU
Die grosse Frage ist, wer zahlt? Ein Euro-Mitgliedland könnte ein Kredit an Griechenland vergeben. Doch wird das relativ schwierig sein dies den Steuerzahlenden zu erklären. Oder die EU könnte zu einem tieferen Zinssatz einen Kredit aufnehmen für Griechenland. Sie müsste dann aber dafür geradestehen. In beiden Fällen müsste man Griechenland vorschreiben wie es seine Budgetpolitik zu betreiben hat, etwas das wohl nicht gut runtergehen wird schon gar nicht wenn es von einem anderen EU Mitglied oder der Kommission her kommt.
Ein Kredit des Internationalen Währungsfonds
Eine weitere Möglichkeit wäre den Internationalen Wärhungsfonds zu holen, der eigentlich für solche Fälle existiert. Dieser stellt aber routinemässig strenge Bedingungen an seine Kredite und dass findet man zwar gut wenn es um Entwicklungs- und Schwellenländer geht ist aber in der Regel weniger gerne gesehen, wenn es um Industriestaaten geht.
Raus aus dem Euro
Dies ist ein unwahrscheinliches Szenario. Theoretisch könnte Griechenland beschliessen den Euroraum zu verlassen und dann wieder mit einer eigenständigen Geldpolitik die Krise zu bewältigen versuchen. Das würde aber vermutlich ungern gesehen und dann stünde Griechenland definitiv alleine da. Griechenland würde sich mit noch höheren Zinsen konfrontiert sehen und wohl das letzte bisschen Glaubwürdigkeit einbüssen.
Zahlungsunfähigkeit Griechenlands
Wie schon geschrieben, das ist wohl ein worst case scenario für die Euroländer. Die könnte einen Dominoeffekt starten den niemand will.
Was wird passieren?
Ab und zu kann ich der Verlockung des Kaffeesatzlesens nicht widerstehen wie die regelmässigen Leserinnen und Leser von zoon politikon wissen. Das wäre wieder so ein Fall. Ich gehe davon aus, dass die EU (respektive die Euroländer) einen Weg finden werden für Griechenland Geld zu beschaffen. Dies wird aber an strenge Bedingungen geknüpft werden und Griechenland wird ein striktes Sparprogramm auferlegt. Man wird klar signalisieren, dass Griechenland für seine Verantwortungslosigkeit mit Souveränitätseinbussen teuer bezahlen muss. Trotzdem wird man zahlen und ein Mitglied nicht hängen lassen. Ex post sieht die Sache eben anders aus.
Dies ist übrigens kein EU spezifisches Problem. New York City wurde auch schon so gerettet (trotz vorheriger gegenteiligen Beteuerungen). Auch die Bankenrettungaktion in der Finanzkrise im Herbst 2008 folgte genau diesem Prinzip.
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