Nein, ich habe mich im Titel nicht verschrieben. In den USA ist man in einigen Staaten tatsächlich verpflichtet illegale Substanzen zu versteuern. Widersprüche sind vorprogrammiert.
Ich bin bei meiner Lektüre des britischen Economist auf dieses wohl mit Recht als kafkaesk zu bezeichnendes Stück Steuerrecht einiger Staaten in den USA gestossen. Diese Wochenendunterhaltung mit ernstem Hintergrund soll euch nicht vorenthalten sein.
Man ist es gewohnt, dass Substanzen mit Suchtpotential vom Fiskus besteuert werden. Dies wird heute meist mit der Volksgesundheit begründet, es ist aber finanziell bestimmt nicht uninteressant, dass die Konsumentinnen und Konsumenten dieser Produkte weniger stark durch den Preis beeinflussen lassen und also eine ziemlich inelastische Nachfrage aufweisen (galt früher zweifelsohne auch für Salz, Spielkarten und Zündhölzer wofür man schwer Alternativen finden konnte oder heute auch für Luxusgüter). Warum soll man aber Substanzen, die man gar nicht besitzen darf, versteuern?
In den USA geht die Gesetzesgrundlage offensichtlich auf den Marihuana Tax Act von 1937 zurück (Volltext). Dieser machte Marihuana zwar nicht illegal, belegte es aber mit einer Steuer und war der erste Schritt in Richtung Kriminalisierung des Umgangs mit der Droge.
Gemäss dem Economist werden heute diverse illegale Drogen in 20 US Bundesstaaten besteuert. Die meisten Steuermarken werden vermutlich vor allem von Sammlern gekauft (die links abgebildete erinnert den Economist an ein ‘künstlerisches Tribut an Gratful Dead). Dies ist ein willkommenes Zusatzeinkommen. Wird jemand erwischt kann man dieser Person auch gleich noch eine Steuerrechnung aufbrummen und vielleicht sogar noch eine Busse oben drauf setzen. Es gibt offensichtlich sogar Lizenzen für Personen die mit Cannabis und anderen illegalen Substanzen handeln. Natürlich berechtigen einem diese Lizenzen nicht die Ware zu besitzen und zu verkaufen.
Ich vermute dies absurde Situation besteht, weil sich politisch niemand die Finger verbrennen will. Bevor die USA den Krieg gegen den Terrorismus ausgerufen haben, wurde schon der Krieg gegen Drogen deklariert (War on Drugs). Man könnte meinen letzterer sei noch metaphorischer als ersterer, doch sind die Zahlen erschreckend. Jährlich werden 1.5 Millionen US Bürgerinnen und Bürger wegen illegalen Drogenbesitzes verhaftet und ein drittel davon mit einer Gefängnisstrafe belegt. Dies kreiert einen riesigen Rattenschwanz an Folgeproblemen und -kosten. Die Untersützung für dieses Vorgehen ist nach wie vor gross in der Bevölkerung. Die Marken und Lizenzen aus Absurdistan werden wohl noch eine Weile weiterexistieren.
P.S.: US Scienceblog Kollege Ed Brayton von Dispatches of Culture Wars hat in seiner als Podcast erhältlichen Radiosendung Declaring Independence ein interessantes Interview mit einem ehemaligen Drogenfahnder zum Drogenkrieg geführt. Darin wird detailliert auf die Konsequenzen dieses “Krieges” eingegangen.
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