Gestern wurde vor den Toren des Kongresses des American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) der mächtigen konservativen Pro-Israel Lobby ein Pressecomuniqué dieser Organisation verteilt. In diesem wurde von Israel ein Einfrieren des Siedlungsbaus gefordert um Verhandlungen zu ermöglichen. Es ist erstaunlich, dass sogar das National Public Radio und ABC darauf hereinfielen und jemand nicht dessen Echtheit bezweifeln konnte. Es handelte sich natürlich um eine Fälschung.
Es klingt wenig plausibel, dass die AIPAC so etwas fordern würde war der Siedlungsbau in den besetzten Gebieten doch schon immer einer der grossen Zankäpfel im Konflikt und ein grosses Anliegen Israels. Der momentane Streit zwischen Israel und den USA geht zum Beispiel darauf zurück, dass während des Besuches von Vizepräsident Joe Biden der Bau weiterer Siedlungen angekündigt wurden. Aber das ist kein plötzliches Weichwerden weil eine demokratische Administration ins Weisse Haus einzog. Schon in der sogennannten Road Map unter George W. Bush verpflichtete sich Israel zum Einfrieren der Sidlungsaktivitäten.
Inzwischen scheint die Kluft zwischen den Parteien so riesig zu sein wenn es um mögliche Vorbedingungen zu Friedensverhandlungen geht, dass man sogar über die die Art und Weise wie man Gespräche beginnen könnte, sich nicht einigen kann.
Es wird kaum noch erwähnt, was das Völkerrecht zu dieser Frage zu sagen hat. Es gilt weitherum als akzeptiert, dass es sich um besetzte Gebiete handelt. So haben sich schon der UN Sicherheitsrat, das Internationale Komitee des Roten Kreuzes und viele Staaten einzeln entsprechend geäussert. Auch die USA sprechen von ‘besetzten Gebieten’. Israel selbst verwendet häufig den Begriff ‘umstrittene Gebiete’ (disputed territories).
Dem Begriff kommt eine zentrale Bedeutung zu. Handelt es sich nämlich um besetzte Gebiete gilt das humanitäre Völkerrecht. Über die sogenannten Genfer Konventionen habe ich auch schon geschrieben. Konkret geht es hier vor allem um die vierte Genfer Konvention (Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten).
Abschnitt III diese Abkommens behandelt ‘Besetzte Gebiete’. Artikel 49 schreibt vor:
Die Besetzungsmacht darf nicht Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet deportieren oder umsiedeln.
Handelt es sich um besetzte Gebiete, ist die Rechtslage also relativ klar. Warum hält Israel also am Siedlungsbau fest?
Es ist schwer zu rechtfertigen, warum der Siedlungsbau nicht unterbrochen werden kann um Friedensverhandlungen in Gang zu bringen. Die Forderung ist schliesslich nicht auf diesen zum vornherein ganz und für immer zu verzichten. Es ist somit nicht ein Eingeständnis von etwas, dass noch ausgehandelt werden muss. Der Verdacht liegt nahe, dass Israel mit dem Bau von Siedlungen schlicht Fakten schaffen möchte, die bei einem allfälligen Verhandlungsresultat in ferner Zukunft nicht ignoriert werden können. Die Zeit spielt Israel bei dieser Strategie in die Hände. Je länger man zuwartet, desto mehr solcher Fakten werden geschaffen. Ausserdem handelt es sich bei den Siedlern um eine Wählergruppe die man nicht verärgern will und vermutlich spielen inzwischen auch weniger rationale und mehr politisch-mythologische Gründe beim Festhalten an der Siedlungspolitik mit. Dies sind wahrlich keine hoffnungsvollen Aussichten für eine Lösung.
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