Griechenland befindet sich im finanziellen Absturz. Es werden Rettungspakete in Aussicht gestellt, dann wird wieder gehadert und wieder diskutiert. Unterdessen sinken die griechischen Staatsfinanzen immer weiter in den Morast. Einige Hintergründe scheinen mir im grossen Medienlärm um zahlen oder nicht-zahlen etwas verloren zu gehen.
Ich habe Mitte Februar schon einen Post zum Thema geschrieben und werde nicht alles wiederholen. Zur Erinnerung, so habe ich in besagtem Eintrag spekuliert:
Ich gehe davon aus, dass die EU (respektive die Euroländer) einen Weg finden werden für Griechenland Geld zu beschaffen. Dies wird aber an strenge Bedingungen geknüpft werden und Griechenland wird ein striktes Sparprogramm auferlegt. Man wird klar signalisieren, dass Griechenland für seine Verantwortungslosigkeit mit Souveränitätseinbussen teuer bezahlen muss. Trotzdem wird man zahlen und ein Mitglied nicht hängen lassen. Ex post sieht die Sache eben anders aus.
Eigentlich wollte ich nichts mehr dazu schreiben, aber ein Blogpost bei Matthew Yglesias und eine Reaktion bei A Fistful of Euros darauf haben mich nun doch zu einem Post inspiriert.
Was wären die Alternativen?
Ich halte an der obigen Einschätzung fest: Auch wenn sich Deutschland im Moment noch ziert, wird die Hilfe wohl doch kommen. Zahlen ist zwar unschön. Nicht-Zahlen kann aber noch viel teurer werden. Selbst wenn es schwer fällt, es zu akzeptieren, man muss vielleicht aus purem Eigennutz den Griechen aus der Patsche zu helfen versuchen. Man stelle sich die möglichen Szenarien vor:
Die Griechen verabschieden sich vom Euro, führen wieder eine eigene Währung ein und werten diese ab und bauen so den Schuldenberg ab und erhöhen ihre Wettbewerbsfähigkeit. Für die Griechen kaum ein bevorzugtes Szenario. Die erneut autonom operierende Zentralbank würde mit einem massivem Glaubwürdigkeitsdefizit starten. Alle Massnahmen dieses zu beheben würden die Griechen wieder näher den jetzigen Zustand bringen, nämlich dass man nicht wirklich mit der Geldpolitik auf die Krise reagieren kann. Aber auch für Griechenlands Geldgeber wäre diese Lösung nur bedingt interessant, ist diese Lösung mit noch viel mehr Unsicherheiten belastet und Kredite müssten trotzdem gefunden werden.
Noch extremer wäre der Staatsbankrott Griechenlands. Aber dann müssten sich die Kreditgeber sich das geschuldete Geld ans Bein streichen. Da dies sehr viele ausländische Banken sind (nicht zuletzt auch deutsche und französische), wohl auch nur bedingt interessant. Diese würden dann wohl bei ihren Staaten um Geld betteln gehen und man müsste eventuell trotzdem zahlen.
In beiden diese Szenarien würden die Finanzmarktkarawane wohl einfach zum nächsten Ziel weiter ziehen. Portugal und Spanien kamen in den letzten Tagen schon in den Strudel. Welcher Marktteilnehmer möchte darauf bauen, dass Portugal, Spanien oder vielleicht später Italien jemand zu Hilfe eilt, wenn man Griechenland hat fallen lassen. Es würde direkt zu einer noch grösseren Glaubwürdigkeitskrise führen.
Auch Deutschland hat einen Teil zur Krise beigetragen
Um es gleich vorweg zu nehmen: Nein, ich behaupte nicht, dass Deutschland an der hohen Verschuldung und der desolaten Finanzlage Griechenlands die Schuld trägt. Die Hauptlast tragen die Griechen, sie verweigerte sich den politischen Konsequenzen gewisser finanzieller Realitäten (ein jedoch nicht nur griechisches Phänomen), man hat sich und die anderen getäuscht und Probleme vor sich her geschoben.
Wie auch immer, das Ausmass der jetzigen Krise ist auch eine Konsequenz des Designs der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Euroraumes. Diese wurden nicht zuletzt auf grossen Druck Deutschlands so ausgestaltet. Deutschland pochte auf die Ausrichtung auf ein strikte Inflationsziel und sonst gar nichts. Das gesetzte Ziel war strenger als was die Deutsche Bundesbank befolgt hat, als ob man die Stabilität der Deutschen Mark noch hätte übertreffen wollen, um sicher zu sein, dass niemals nichts anbrennen wird. Die Konsequenz davon war, dass die EZB in ihrer Geldpolitik noch weniger Spielraum mit ihrer Geldpolitik hatte um sich auf schwächere Mitgliedländer einzustellen. Deutschland hat genau das gewollt und es auch gekriegt. Vielleicht hätte die EZB die Härte des Schlages gerade auch für Portugal, Spanien und Italien dämpfen können und man hätte früher und unter weniger Druck eine Lösung suchen können. Die Lösung wäre billiger und vielleicht einfacher.
Wer zahlt eigentlich was für wen? Die Klärung eines Missverständnisses
Was so ein Hilfspaket eigentlich in Sachen Transfers bedeutet, gibt es ein grosses Missverständnis wie mir scheint. Liest man die Schlagzeilen, könnte der Eindruck entstehen, dass Deutschland alleine den Griechen ihre Frühpension und grosszügigen Sozialleistungen bezahlen soll. Doch geht es darum, Kredite zu sprechen (also Geld das, wenn alles gut geht, inklusive Zinsen zurückbezahlt werden soll). Diese Kredite sind zudem an Bedingungen geknüpft. Die Griechen werden starke Einschnitte in ihre Budgetfreiheit sehen, sie werden höhere Steuern bezahlen und wahrscheinlich auf viele Sozialleistungen verzichten müssen um diese Kredite zu erhalten. Dies soll dann an den Märkten mehr Zuversicht schaffen und soll die Zinsen auf neue griechische Anleihen zum sinken bringen da man sie nun als weniger risikoreich betrachtet werden. Dies wiederum ermöglicht das Aufnehmen neuer Schulden um alte zurückzuahlen. Es sind also nicht pirmär die Griechen, die einem Goldregen ausgesetzt werden, sondern deren Geldgeber und unter denen sind nicht zuletzt auch deutsche Banken.
Das Problem für Bundeskanzlerin Merkel ist relativ klar. Die Konsequenzen eines nicht zustande gekommenen Hilfspaket wären mittelfristig schlimmer als die Kosten für einen Hilfskredit. Nur dies muss man dem Wahlvolk verkaufen können. Es ist wie mit den Hilfsgeldern an die Banken. Sie waren notwendig um einen Zusammenbruch des Finanzsystems zu verhindern, wahrgenommen wurden sie aber nur als Stützen für die gierigen und unverantwortlichen Banken. Manchmal ist nichts tun noch schlimmer als etwas tun, das man nicht will. Für Politiker ist das ein Alptraum.
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