Gestern fiel der Schweizer Franken gegenüber dem Euro von 1.43 auf fast 1.40 ab. Für die beiden Währungen ein ziemlich grosse Veränderung für nur einen Tag. Wer nun denkt, dies sei uninteressant ausser wenn man mit Währungen spekuliert oder eine Urlaub im anderen Währungsgebiet plant, könnte überrascht werden. Die Grafik die den Absturz zeigt, erhellt einige Aspekte der Währungspolitik. Auch die Schlussfolgerungen sind für jene von Interesse, die meinen, die griechische Krise bestätige, dass eine Euro-Mitgliedschaft eine schlechte Idee war.
Um die Geschichte der obigen Grafik zu verstehen, muss man zuerst wissen was in der Geldpolitik die Unmögliche Dreifaltigkeit ist (Leserinnen und Leser die mit dem Konzept vertraut sind, können diesen Abschnitt überspringen). In Sachen Währungspolitik, stehen Regierungen vor einem Dilemma. Es gibt drei Dinge die sie gerne hätten, aber auf eines der dreien müssen sie verzichten:
- Eine autonome Geldpolitik
- Freier Kapitalfluss
- Einen fixen Wechselkurs
Mindestens eines der drei Elemente muss aufgegeben werden um die anderen zwei haben zu können. Warum das so ist, kann ich bei Bedarf ein anderes Mal erläutern, für heute bitte ich einfach darum, mir das zu glauben oder selbst zu recherchieren.
Für die Schweiz ist es interessant einen stabilen Wechselkurs zum Euro zu haben, gehen doch zwei Drittel unserer Exporte in den EU Raum und etwa 80% unserer Importe stammen von dort. Offiziell intervenierte die Schweizerische Notenbank nicht um diesen Wechselkurs stabil zu halten. Sie reagiert nur um zum Beispiel gegen eine ‘offensichtliche Überbewertung’ einzugreifen. Ein Vizepräsident der Schweizerischen Nationalbank hat vor ein paar Jahren darum festgestellt, dass die Schweiz für sich sozusagen die unmögliche Dreifaltigkeit gelöst hat. Die Märkte hielten den Kurs stabil (vielleicht mit ein Bisschen Nachhilfe der Nationalbank, aber das braucht man nicht laut zu sagen, Anmerkung des Blogautors) und man bleibt autonom in seiner Geldpolitk, ohne dass man den Kapitalfluss einschränken muss. Der logische Fehler ist dabei ist natürlich, dass dies nur solange funktioniert, wie es funktioniert, will heissen, solange der Franken nicht unter Aufwertungs- oder Abwertungsdruck gerät (das sieht man auch schön in der unten geposteten Zwei-Jahres-Grafik).
Genau das ist jetzt aber wegen der griechischen Finanzschwierigkeiten passiert. Die Nachfrage für Franken gegen Euros steigt, weil man dem Euro weniger traut und der Schweizer Franken sich als Fluchtwährung anbietet. Grössere Nachfrage lässt den Preis des Frankens in Euro (also in anderen Worten den Wechselkurs) ansteigen. Dies ist also die Geschichte, die die erste Grafik oben (der Scheizer Franken-Euro Kursverlauf gestern) zeigt:
Die Notenbank versucht den Franken stabil auf etwa 1.43 zu halten. Sie kann das machen, in dem sie mit Schweizer Franken die sie selber produzieren kann, Euro kauft. Theoretisch könnte sie das in beliebigen Mengen machen, riskiert aber so die Inflation anzutreiben was sie per Auftrag nicht sollte. Kurz nach 11 Uhr hat die Notenbank gestern anscheinend eingesehen, dass sie nicht weiter Euros kaufen kann und der Kurs sackte sofort ab. Es sieht so aus, wie sie versucht hätte auf 1.4225 nochmals einzuspringen doch auch dies wird um etwa 13 Uhr aufgegeben.
Und nur falls dem einen oder anderen Lesenden die Konsequenzen davon nicht klar wären: Dies Aufwertung freut natürlich die Schweizer Exportwirtschaft ganz und gar nicht. Innerhalb von ein paar Stunden wurden ihr Produkte im Euroraum über 2% teurer und der Trend hält an.
Nun aber wieder weg von den Wirtschaftswissenschaften zurück zu den Internationalen Beziehungen: Was hat das nun aber mit den Eingangs erwähnten Lektionen für Euroländer zu tun? Ich glaube diese Bewegungen zeigen zumindest vier Dinge die bedenkswerte Lektionen darstellen können (die zugegebenermassen teilweise nicht neu sind):
- Die Geldmengen an den Devisenmärkten machen es sehr schwierig sich gegen die Marktkräfte zu stemmen, selbst im einfacheren Fall wo man das Geld einfach “produzieren” kann.
- Es wurde viel geklagt, dass man nicht dem Euro hätte beitreten sollen und das man nun die Quittung dafür erhält. Der Euro ist jedoch eigentlich nichts anderes, als eine völlig rigide fixierte Währung. Die Schweiz hätte zumindest in dieser Situation weniger Probleme wäre sie Teil der Eurozone (dafür hätte sie sich vielleicht an den Krediten beteiligen müssen).
- Die Episode zeigt etwas anders auch sehr schön, das ist in den letzten Tagen oft unerwähnt blieb: Die Kehrseite von der Abwertung einer Währung ist immer die Aufwertung einer anderen. Abwertung ist genau Rezept, das man als griechische Lösung sieht, wenn man sagt, man hätte Griechenland nicht in den Euroraum akzeptieren sollen. Das heisst aber eine Aufwertung der anderen Währungen. Würde der Euro nicht existieren, würden dann vielleicht auch Portugal folgen, dann Spanien, dann Italien und wer weiss wer sonst noch. Deutschland würde entweder die eigene Währung ebenfalls abwerten oder mit beträchtlich verschlechterten Exportchancen leben müssen.
- Die vierte Lektion die man daraus ziehen könnte ist: Abseitsstehen existiert nicht als Option. Gerade in einem wirtschaftlich so eng verflochtenen Raum ist es schwierig völlig autonom zu sein und die Situation in anderen Ländern einfach zu ignorieren. Die Schweiz hat es vorgemacht. Die Frage nach Krediten für Griechenland hätte sich unter Umständen also trotzdem gestellt mit oder ohne Euro.
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