Vor etwas mehr als einem Jahr hat die Schweizer Stimmbevölkerung die Komplementärmedizin in der Verfassung verankert. Ein Thema welches auch hier im Blog hohe Wellen geworfen hat (einmal, zweimal, dreimal, viermal ). Die Neue Zürcher Zeitung bringt ein kleines Update wie es weitergeht.
Zur Erinnerung: Das Schweizer Stimmvolk hat mit fast 70% Ja Stimmen am 17. Mai 2009 beschlossen, die sogenannte Komplementärmedizin in der Verfassung zu verankern (“Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Berücksichtigung der Komplementärmedizin“). Die Initiantinnen und Initianten wollten, dass diese in die obligatorische Grundversicherung übernommen werde und was mich persönlich noch mehr störte in “Lehre und Forschung” mehr berücksichtigt werden (zumindest wenn dies in ihrem Sinne geschieht). In meinen Augen ist das fast eine Einschränkung der Forschungsfreiheit.
Im April wurden Gesuche eingereicht, dass einige Methoden (anthroposophische Medizin, Neuraltherapie, Homöopathie und Phytotherapie) in den Grundkatalog aufgenommen werden. Das zuständige Eidgenössische Departement des Innern (EDI) bestand aber auf die Anwendung der gleichen Kriterien wie bisher, Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit müssen gegeben sein oder in anderen Worten: Ohne Evidenz keine Medizin.
Gemäss NZZ wird im “Rahmen des Curriculums zwischen 36 (Lausanne) und 116 (Zürich) Stunden” entsprechender Stoff im Medizinstudium vermittelt. Mit einer gewissen Genugtuung habe ich feststellen dürfen, dass in Genf auf Voodoo im Lehrplan verzichtet wurde). An den Universitäten zeigt man sich skeptisch. Ich konnte mir ein Schmunzeln über die teilweise diplomatischen Formulierungen nicht verkneifen. So ist der Verband der Schweizerischen Medizinstudierenden (Swimsa) gemäss NZZ gegenüber den ‘komplementären’ Methoden sehr kritisch eingestellt. Man wisse vom “Stellenwert, den die alternative Medizin in der Bevölkerung” geniesse, jedoch die “Wissensvermittlung zur Komplementärmedizin dürfe nicht auf Kosten der schulmedizinischen Lehrziele erfolgen”. Man müsse den selben “wissenschaftlichen Kriterien genügen” wie in der evidenzbasierten Medizin. Was einige Professorinnen und Professoren davon halten habe ich schon früher berichtet. Der Grundtenor ist also: Die Leute wollen es auch wenn wir überzeugt sind, dass es nicht funktioniert. Was funktioniert ist eben nicht ein Abstimmungsentscheid.
Gemäss dem NZZ Artikel werden erste politische Entscheide bis “Ende Jahr” gefällt. Die Frage ist, ob nun politisch erreicht wird, was wissenschaftlich nicht gemacht werden konnte. Dies bleibt zu befürchten, Politik folgt leider eher Mehrheiten und nicht wissenschaftlichen Resultaten.
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