Es gibt Dinge wo man sich nicht so sicher ist, ob man man darüber lachen oder sich darüber ärgern soll. Die rechtskonservative Schweizerische SVP, die es regelmässig schafft die Gratwanderung zwischen Politikclownerie und Provokation auf beide Seiten hin zu verpatzen, möchte sich nun unter anderem Baden-Württemberg und Vorarlberg einverleiben. Unklar bleibt auch ob das Ignorieren internationaler diplomatischer Gepflogenheiten und die unkonventionelle Auslegung des Völkerrechts aus Ignoranz oder Böswilligkeit geschieht. Auf jeden Fall ist beides inzwischen ein Markenzeichen der SVP. Sie scheint nicht der Meinung zu sein, dass es sehr dringendere Probleme zu lösen gibt wenn ihre wichtigsten Repräsentanten solche Klamauk-Vorstössen unterstützen und damit die parlamentarische Arbeit aufhalten.
Die Schweizer Grossmachtsfantasien findet man in diesem Vorstoss des jurassischen SVP Parlamentariers Dominique Baettig (siehe Bild [Quelle: Schweizerische Parlamentsdienste]).
Gewisse an die Schweiz angrenzende Gebiete leiden unter dem Mangel an Interesse der jeweiligen nationalen und europäischen Classe Politique gegenüber den Anliegen dieser grenznahen Regionen. Deren Bedürfnis, sich gegenüber der Zentralregierung (oder gegenüber Brüssel) für autonom zu erklären, wächst. Deshalb wird der Bundesrat beauftragt, der Bundesversammlung so rasch als möglich einen verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Rahmen zu präsentieren, damit sich folgende grenznahen Departemente, Provinzen und Länder der Schweizerischen Eidgenossenschaft in der Form neuer Kantone anschliessen können, falls eine Mehrheit der dortigen Bevölkerung dies wünscht:
Elsass (F); Aosta (I); Bozen (I); Jura (F); Vorarlberg (A); Ain (F); Savoyen (F); Baden-Württemberg (BRD); Varese (I); Como (I) und andere (die Liste ist nicht abschliessend!).
Die Komikertruppe um den Vorstoss besteht nicht nur aus den üblichen Verdächtigen wie Politclown und Hobbydichter Oskar Freysinger, Ex-SVP Bundesrats-Schalk-Kandidat Toni Bortoluzzi. Der Antrag wurde auch von Fraktionschef (und Kantonslandsmann von mir) Caspar Baader und dem Präsidenten der SVP Toni Brunner höchtspersönlich mitunterzeichnet und unterstützt. Brunner begründet dies laut Tagesanzeiger unter anderem mit dem ‘Selbstbestimmungsrecht der Völker’. Das dies nicht heisst, was er vorgibt, dass es heissen würde scheint ihn wenig zu kümmern. Es ist auch nicht das erste mal wo die SVP etwas Nachhilfe in Völkerrecht gut gebrauchen könnte. Man erinnert sich zum Beispiel an ihre Ansichten zum zwingenden Völkerrecht (hier und hier).
Auch wenn das Schweizer Grossreich vermutlich morgen noch nicht Realität wird, kann man sich schon darauf freuen, was als nächstes folgen könnte, schliesslich ist die Liste gemäss Text ‘nicht abschliessend!’: Skandinavien, Grossbritannien, Nordafrika? Aber das geht dann wohl doch etwas zu weit. Aber alle Deutschen und Österreichischen mitlesenden können sich schon mental darauf vorbereiten nur noch in einem kleinen Rumpfstaat zu leben, im Schatten des schweizerischen Grossreichs.
Kommentare (47)