Vor ein paar Jahren, als der Präsident der USA noch Bush Junior war) sass ich zusammen mit einem jungen Offizier der US Marines in einem Seminar. Er hatte einen alles andere als positive Ansichten zur Aussenpolitik von George W. Bush und gute Aussichten bald in den Irak verlegt zu werden. Dies war zu einer Zeit als die Verluste der US Armee Spitzenwerte erreichte. Ich fragte ihn, ob er wirklich bereit sei, sein Leben, für ein aussenpolitisches Abenteuer zu riskieren, welches er für unnötig und gar kontraproduktiv hält. Ohne zu zögern antwortete er mit “Ja”.
Diese Identifikation mit einer Nation die aus einer Vielzahl von Kulturen zusammengewürfelt wurde beeindruckt mich. Nicht zuletzt, weil im Zusammenhang mit der EU häufig behauptet wird das könne nicht funktionieren. Nicht einmal die immer wieder beschworene Polarisierung der US Politik scheint diesem Patriotismus nichts anhaben zu können. Auch einem verhassten Präsidenten der Gegenseite schuldet und zollt man ein Minimum an Loyalität.
In diesem Zusammenhang kann (in einem nicht-wertenden Sinn) von ‘politischer Religion’ gesprochen. Tatsächlich ist dies selten so spürbar wie in den USA. Ein fester Glaube, dass die politischen Institutionen am Ende liefern werden, was sie für the greatest nation on earth liefern sollen und nirgendwo wird das deutlicher als im National Archive in Washington DC. Dort werden unter anderem drei zentrale Dokumente aufbewahrt: Die Verfassung, die Unabhängigkeitserklärung und die Bill of Rights. Diese Dokument lagern säkularen Kathedralen hinter dickem, barock verziertem Panzerglas. Schulklassen und einheimische Touristen pilgern buchstäblich dorthin und werden in grossen Massen daran vorbeigeschleust und in den ehrfürchtigen Hallen zur Stille angehalten.
Auch wenn mir persönlich der Institutionen-Kult etwas zu weit geht und zu sehr ins religiöse abdriftet (und somit wohl oft eine gesunde Skepsis verhindert), ruft es uns auch in Erinnerung wie wichtig für eine funktionierende Demokratie es ist, dass sie auch in den Köpfen stattfindet. Immer wieder erhält man den Eindruck, Demokratie sei eine Frage von ‘freien und fairen Wahlen’, von Urnen und Stimmzetteln von der richtigen ‘Hardware’. Doch es braucht auch die Überzeugung, dass diese Institutionen ihre Funktion erfüllen, dass der Mehrheitsentscheid respektiert wird und es braucht eine Identifikation mit den Institutionen. Ich habe diese selten so stark erlebt wie in den USA. Vielleicht bestenfalls noch in der Schweiz.
Dies ist ein vorbereiteter und automatisch veröffentlichter Beitrag. Pro Woche sollte bis im August jeweils ein solcher hier erscheinen. Ich übe mich bis August in Internetabstinenz und kann darum nicht auf Kommentare eingehen. Wie immer werden Ich werde mich im August aus Washington DC zurückmelden.
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