Letzten Herbst hat mich mein Aufenthalt in Washington dazu inspiriert wieder ab und an rennen zu gehen. Sehr viel Grün und eine laufverrückte Stadt lockten mit idealen Voraussetzungen. Als Motivation für das Grossprojekt Dissertation und im Zusammenhang mit den soeben erwähnten sportlichen Aktivitäten kriegte ich ein Buch des von mir geschätzten japanischen Autors Murakami von meiner Partnerin geschenkt: What I talk about when I talk about running.
Murakami ist ein begeisterter Läufer und nimmt jährlich an mindestens einem Marathon teil. Mit dem kleinen Büchlein schreibt er über drei Dinge gleichzeitig: Über das Laufen, über sich und über das Schreiben. Es gelingt im wunderbar, diese drei Dinge so zu verflechten, dass er darüber eigentlich parallell schreibt. Somit bietet diese paar Seiten etwas für jede und jeden, Langestreckenläufer, Schreibende, Murakami Fans und literarisch interessierte. Am besten bedient sind diejenigen, die zweien oder mehreren Kategorien angehören.
Ich gehe davon aus, dass der Zusammenhang zwischen Laufen und dem Schreiben der interessanteste ist für die meisten Leserinnen und Leser dieses Blogs. Gleich am Anfang erzählt Murakami wie er seinen ersten Marathon läuft, alleine in Griechenland für ein Magazin und zwar nach Marathon in der glühenden griechischen Sommerhitze. Herrlich ist es zu lesen wie er seine Empfindungen beschreibt, die sich wie er meint seit damals sich bei ihm in jedem Marathonlauf wiederholen und die durchaus auch auf die Schreibarbeit übertragen werden können. Am Anfang geht alles gut, er findet seinen Rhythmus und es geht vorwärts. Auch nach der Halbzeitmarke läuft es gut. Doch dann, wenn man mein das schlimmste hinter sich zu haben, nach etwas über 20 Meilen, wird es anstrengend. Er beschreibt wie er damals (und immer noch ) wütend wurde. Wütend auf die vorbeirasenden Griechen, die nicht auf die Tiere aufpassten, die die Strasse überqueren wollten, wütend auf die Sonne weil sie so heiss ist, wütend auf sich selber diesen Lauf angefangen zu haben und wütend auf die Tiere, die so dumm sind, sich von den vorbeirasenden Griechen überfahren zu lassen.
Patentrezepte kann natürlich auch Murakami nicht offerieren. Er sieht eine gewisse Beharrlichkeit als Schlüsssel zur Produktivität. Amüsant ist es wie er beschreibt als er am Anfang einer Trainingseinheit von einer schlurfenden alten Frau überholt wurde. Trotzdem geht er täglich im Schnitt eine Stunde Laufen zur Marathon Vorbereitung. Das Ende einer Session ist aber ebenso wichtig. Man soll nicht noch weiterrennen nur weil es gerade gut läuft. Im Gegenteil, wenn die Ideen fliessen vor dem geplanten Ende, nicht noch ‘kurz fertig machen’ sondern aufhören. Der Einstieg am nächsten Tag wird leichter fallen. Beim Schreiben gilt wie auch beim Lauftraining: Es braucht einen Rhythmus.
Murakami zitiert gleich zu Anfang des Buches einen Marathonläufer mit dem Satz: “Schmerzen sind unvermeidbar, Leiden ist optional” (Pain is inevitable, suffering is optional). Den Zusammenhang mit dem Schreiben einer Dissertation muss ich wohl nicht erläutern. Ich muss jedoch auch zugeben, dass mir die Umsetzung dieser Weisheit beim Laufen wie auch beim Schreiben nicht immer gleich leicht fällt. Es ist erfrischend wie Murakami sich nicht als grosser kreativer Autor zeichnet, sondern als Handwerker, eine Art literarische Arbeitsbiene. Dies ist bestimmt auch kein verkehrter Ansatz beim akademischen Schreiben.
Murakami erzählt auch von Erfahrungen wo er an seine Grenzen gestossen ist. Er begann Triathlons zu machen und hyperventilierte manchmal beim Schwimmen. Einmal lief er einen doppelten Marathon der seinen Körper an die Grenzen des für ihn machbaren brachte und einmal kam er mit nur grossen Schwierigkeiten und mit Krämpfen ins Ziel. Er betont wie wichtig das zu Ende laufen für ihn ist, das dies die eigentlich Hauptsache ist. Darum sagt er auch, dass man einmal auf seinen Grabstein schreiben könne:
1949-20**
Writer (and Runner)
At Least He Never Walked
Dies ist ein vorbereiteter und automatisch veröffentlichter Beitrag. Pro Woche sollte bis im August jeweils mindestens ein solcher hier erscheinen. Ich übe mich bis August in Internetabstinenz und kann darum nicht auf Kommentare eingehen. Wie immer werden Ich werde mich im August aus Washington DC zurückmelden.
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