Bei zoon politikon wird öfters das Thema Religion aufgegriffen. Meist komme ich auf zwei Hauptanliegen zurück: Da wäre einerseits die Religionsfreiheit als ein Recht, das für alle gleich gelten soll, inklusive jene, die keine Religion haben wollen. Anderseits aber auch, dass Religionsfreiheit dort ihre Grenzen finden muss, wenn die eigenen religiösen Ansichten anderen aufgezwungen werden. Dies wird mir oft als Religionsfeindlichkeit ausgelegt. Eine kürzlich erschienene Umfrage illustriert gut, wo ich das eigentliche Problem sehe.
Das Pew Forum on Religion and Public Life führt regelmässige Umfragen durch unter anderem auch zur Einstellung der Bevölkerung in Bezug auf Homesexuellen-Ehen. Die jüngste Umfrage zeigt, dass in den USA durch fast alle Bevölkerungsschichten die Akzeptanz am steigen ist und die Gegnerinnen und Gegner an Boden verlieren.
Ich möchte hier die Aufmerksamkeit auf die vermutlich religiöse Motivation lenken, die bei vielen, die sich gegen die Einführung von Ehen für gleichgeschlechtliche Paare wehren, zu finden ist.
Grafik und Daten von PEW Forum on Religion and Public Live, Support For Same-Sex Marriage Edges Upward October 2010.
Zugegeben, diese Tabelle sagt streng genommen nichts aus, was die Meinung der Befragten effektiv formt. Es gibt auch gewisse Faktoren die man herausfiltern müsste, da es vermutlich Überlappungen gibt (zum Beispiel Agnostik/Atheismus steht in der Regel mit tendenziell besserer Bildung im Zusammenhang, was wiederum die Sicht auf gleichgeschlechtliche Ehen beeinflussen kann). Verfolgt man die Debatten in den Culture Wars scheint es nicht unvernünftig, diesen Kurzschluss zu machen, auch wenn das genaue Ausmass im Dunkeln bleibt. Diese These werden auch durch die Zahlen unterstützt, mit denen sich regelmässige Kirchgängerinnen und -gänger von den anderen in ihrer Ablehnung von Homo-Ehen unterscheiden. Für den Aspekt, warum Religion und Politik meines Erachtens klar getrennt werden soll, ändert dies zudem wenig.
Das Problem ist nämlich folgendes: In vielen Ländern gibt es (oft heftige) Debatten um die Zulassung von gleichgeschlechtlichen Ehen. Wenn sich nun einige aufgrund ihrer spezifischen religiösen Vorstellungen gegen solche aussprechen, geschieht das oft mit Referenz zu den eigenen religiösen Texten und deren Interpretation. Dies ist das für nicht-religiöse, oft auch Mitglieder einer anderen Religion oder Sekte (man beachte die Unterschiede in der Tabelle oben) und manchmal gar für Gleich-Gläubige die Texte anders interpretieren, ein unverständliches, persönlich nicht nachvollziehbares Argument. Wenn im vierten Abschnitt des dritten Kapitels des heiligen Buches des Hauderkabautzs (gesegnet sei sein Bart) gesagt wird, dass zwei Menschen, die sich lieben, nicht heiraten dürfen, dann ist das für mich ähnlich relevant, wie eine Folge der Sesamstrasse.
Nun fällt auf, dass es noch viele andere Elemente gibt, die diesen Graben ebenfalls aufreissen. Die Mitgliedschaft in der Republikanischen Partei schafft einen ähnlichen Zusammenhang. Ebenso die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation, das Geschlecht und die Hautfarbe. Nur haben diese Gruppen alle etwas gemeinsam: Sie argumentieren in der Regel nicht basierend auf ihrer Gruppenzugehörigkeit. Homosexuelle soll nicht die Heirat verwehrt bleiben weil es so in der republikanischen Wahlplatform steht. Ihnen soll nicht das Ja-Wort verwehrt bleiben, weil dies “gegen die Afro-Amerikanische Kultur” gehe oder nicht Mannhaft sei. Also müssen sich all jene, die sich nicht in eine spezifische Interpretation eines über weite Strecken anachronistischen Textes flüchten, mehr oder weniger nachvollziehbare Argumente einfallen lassen. Sind diese nämlich schlecht, verlangt wiederum niemand, dass ich diesen (sozusagen Gottgegeben) viel Respekt entgegenbringe. Beim religiösen Moralanspruch hingegen wird dies geradezu vorausgesetzt. Genau das stört mich und genau darum hat eine religiöse Argumentation in politischen Debatten nichts verloren.
Bildquelle: Muppet Wiki
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