Im Historikertag-Blog hat ein Artikel über Islamwahrnehmung einige altbekannte Kommentierende wieder einmal dazu animiert, den Untergang des Abendlandes heraufzubeschwören, weil die neuen Neville Chamberlains die Tore für den islamistischen Terror weit aufgerissen hätten. Dabei wurden die üblichen Diskriminierungsvorwürfe geäussert: Man würde den Islam verteidigen während man auf dem Christentum rumhacken würde. Man täte Untaten, die im Namen des Islams begangen werden, kultur-relativistisch motiviert nicht deutlich verurteilen. Wie immer kamen ein paar lokale Überlegenheitsgefühle dazu. Vielleicht hilft eine Metapher fürs besser Verständnis.
Um es wieder einmal gleich vorwegzunehmen (nicht das jemand enttäuscht wird): Ich halte die Prämissen des Islams für ebenso wenig überzeugend wie die des Christentums. Beide, und mit ihnen viele andere Religionen, wurden im Laufe der Geschichte instrumentalisiert, für Gutes aber auch für Schlechtes. Da das selbe Missverständnis immer wieder auftaucht, versuche ich nun mit einer Analogie zu klären, warum einige mit Sehstörungen, der Illusion aufsitzen, alle anderen seien einäugig. Man stell sich vor, das Christentum sei ein Medkament und der Islam sein Generikum:
Es gibt ein Medikament und dessen Generikum auf dem Markt. Das Medikament heisst Pistis CTM (eigentlich ein Spin-Off vom früheren Marktleader ThoraLexTM mit dem man sich später in einem verbitterten Machtkampf verwickelt sah) und das Generikum Ayah MTM. Es gibt beide in verschiedenen Stärken und Varianten für verschiedene Märkte. So ist zum Beispiel Pistis C PowerTM in Nordamerika wesentlich beliebter als in Europa, wo aber auch eine stärkere Variante Pistis C ForteTM (manchmal auch Kathol CTM gennannt) von Italien her vertrieben wird. Viele andere auf lokale Märkte abgestimmte Versionen des Arzneimittels und dessen Generikum findet man weltweit. Kaum ein lokaler Markt ohne seine eigene Variante. Immer beliebter wurde in der jüngeren Geschichte auch eine homöopathische Variante von Pistis CTM die im grossen und ganzen wegen des hohen Verdünnungsgrades völlig harmlos scheint, aber wie eben typische für solche Präparate, indirekt Probleme schaffen kann (What’s the harm? Pflegen seine Verteidigerinnnen und Verteidiger zu fragen).
Die aktiven Inhaltsstoffe der beiden Mittelchen sind identisch (aus Marketinggründen enthalten die Produkte nicht-aktive Ingredienzen, das eine z.B. Aloe Vera und das andere Olivenextrakt), so ist ihre umstrittene Wirkung. Leider haben beide Arzneimittel auch sehr bedenkliche Nebenwirkungen (dies gilt natürlich nicht für die de facto nur aus Zucker bestehende homöopathische Variante). Die Fans der verschiedenen Versionen auf dem Markt bekämpfen sich teilweise heftig. Je stärker das Lieblingspräparat, desto intoleranter sind diese anderen Varianten gegenüber. Viele vermuten darin eine Nebenwirkung der manche Menschen abhängig machenden Stoffe. Interessanterweise sind die Streitereien innerhalb der Anhängerinnen und Anhänger eines Mittels oft heftiger, als die Animositäten gegenüber jenen, die den anderen Typus einnehmen. Vielleicht sind sie Opfer einer gewieften Marketingstrategie geworden, in der man vor allem versuchte die Konkurrenz schlecht zu machen.
Aber nun zum Kernproblem: Die beiden Arzneimittel sind wie schon erwähnt, wegen ihrer Nebenwirkungen stark umstritten. Die Zulassung hat vor langer, langer, sehr langer Zeit stattgefunden und kann aus politischen Gründen (man vergesse nicht die Abhängigkeiten, die teilweise bestehen) nicht zurückgezogen werden. Nun gibt es eine wachsende Kritik, die eine Neuabwägung von Risiken und Nutzen verlangt. Dies soll hier aber nicht Thema sein. Genau um diese Diskussion geht es hier nämlich nicht.
Die kritischen Geister, welche beide Mittelchen kritisieren und die in Gebieten leben, wo Pistis CTM den Markt dominiert, stellen fest, dass trotz der gleichen Wirkstoffe und Nebenwirkungen, Pistis CTM konsumierende einen vermehrt gehässigen Ton gegenüber der Ayah MTM Minderheit anstimmen. Um die Pistis CTM Mehrheit nicht in ihrer Illusion zu bestärken, dass Pistis CTM in irgendeiner Form Ayah MTM überlegen sei, wird darauf hingewiesen, dass wer die Freiheit Pistis CTM zu konsumieren verteidigt, dies analog dazu auch für die Ayah MTM Familie tun müsste (oder ansonsten die gleiche Kritik anbringen).
Die Pistis CTM Gemeinde (und das gleiche gilt auch analog für Ayah MTM Fans) nimmt Verlautbarungen von Regionalvertretern oder der Marketingabteilung von obskuren regionalen Ablegern von Ayah MTM als stellvertretend für den ganzen Vertrieb. Gleichzeitig werden ähnliche Pressemeldungen oder Interviewaussagen zum eigenen Produkt als nicht-repräsentativ abgetan. Man wedelt mit Statistiken und Studien zum verhassten anderen Präparat, ohne zu merken, dass würde man gleiches mit gleichem Vergleichen, Pistis CTM nicht wirklich besser abschneiden kann.
Darum geht es uns Abstinenten. Nicht darum, Ayah MTM zu verteidigen und Pistis CTM schlecht zu machen. Die meisten unter uns mögen beides nicht. Wir stzen uns aber für die Freiheit ein, dieses trotzdem zu konsumieren, das Arzneimittel und das Generikum.
Übrigens eine bekannte Nebenwirkung beider Medikamente sind Sehstörungen.
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