Dieses Wochenende hat die Schweizer Bevölkerung mit rund 53% der sogennanten “Ausschaffungsinitiative” zugestimmt (ich habe schon dazu geschrieben). Es ist Zeit sich ein paar Gedanken zu machen.

Als Ausgangspunkt dieser Überlegungen möchte ich eine Frage beantworten, die für mich den Kern des Problems trifft und meine Antwort darauf, die mir dieses Wochenende wieder bewusst geworden ist. Die Thiel Stiftung vergibt Stipendien und verlangt von Bewerberinnen und Bewerbern ein Essay zu schreiben zur Frage:

Tell us one thing about the world that you strongly believe is true, but that most people think is not true.

Schreiben Sie über eine Sache von der Sie überzeugt sind, sie sei wahr, aber von der die meisten anderen glauben, sie sei es nicht.

Zumindest für die Schweiz ist das für mich die Idee, dass die Mehrheit per Definition Recht hat und vielleicht noch wichtiger Recht haben muss. Warum ich glaube, dass das nicht stimmt habe ich hier im Blog schon häufig dargelegt. Ich habe versucht Beispiele anzubringen, konkrete Fälle aufzugreifen und Definitionen von Demokratie zur Diskussion zu stellen. Doch scheint es meist auf ein “Die Mehrheit hat Recht. Basta!” hinaus zu laufen oder etwas aggressiver und selbstgerechter “Wenn Du meine Meinung nicht akzeptierst, ich aber die Mehrheit hinter mir weiss, bist du kein Demokrat” (ich befürchte dass auch dieser Eintrag solche Kommentare provozieren wird). Ich würde gerne von den Menschen die dieses Wochenende Ja gestimmt haben wissen, wie sie sich zu einigen ganz spezifischen Fragen stellen im Zusammenhang mit dieser Abstimmung. Fragen die für mich zentraler sind, als das Gefühl irgendwie von Ausländerinnnen und Ausländer in der Schweiz übervorteilt zu werden.

Ich verliere regelmässig Abstimmungen. Manchmal ärgert es mich, manchmal nehme ich es gleichgültig hin. Es passiert oft, dass ich durch Resultate überrascht werde, manchmal positiv. In den meisten Fällen, nehme ich das Resultat zur Kenntnis und akzeptiere es. Das ist tatsächlich ein wichtiger Teil des Wesens einer Demokratie und ich respektiere den Mehrheitsentscheid auch wenn ich mit den Argumenten nicht einverstanden bin. Doch bin ich fest davon überzeugt, dass Macht das Potential für Missbrauch birgt und darum auch Grenzen kennen muss. Eine solche Grenze wurde in meinen Augen mit der Minarettverbotsinitiative vor einem Jahr überschritten und nun wieder mit der Ausschaffungsinitiative. Ich möchte wissen ob und wo andere diese Grenze ziehen und falls nicht, wie sie dies mit ihrer Vorstellung von Demokratie vereinbaren können.

Ich finde es schwer nachzuvollziehen was in den Köpfen jener passierte, die ein Ja eingelegt haben zu dieser Initiative (ich kann mir bestenfalls vorstellen, welchen Anteil der Bauch beim Entscheid hatte). Darum möchte ich hier ein paar Fragen stellen an all jene, die Ja gestimmt haben. Es sind Fragen die Vorstellungen von Rechtsstaatlichkeit betreffen. Also bitte verzichtet auf argumentativen “Multikulti” und “Gutmenschen” Scheingefechte. Es ist einfach Dampf abzulassen indem man einen Zettel in eine Urne wirft und sich dann hinter der Mehrheit versteckt. Nicht so einfach ist es, die Konsequenzen zu Ende zu denken. Aber vielleicht tue ich den 53% Ja Stimmenden Unrecht. Bitte erklärt mir folgendes:

Institutionen und Macht

  • Soll die Macht der Stimmbevölkerung unbeschränkt sein? Falls ja, warum ist ein Machtmissbrauch hier nicht möglich? Wäre ein Genozid, die Genehmigung von Folter, ein Apartheidssystem oder die Einführung einer Diktatur durch Volksabstimmung ebenfalls demokratisch? Es wäre nett, wenn die Frage direkt beantwortet werden könnte und nicht auf ein “darüber haben wir nicht abgestimmt” oder “das Volk würde sich schon richtig entscheiden” ausgewichen würde. Wenn die Mehrheit “immer Recht” hat, dann gilt das auch hier und sonst muss man begründen warum nicht.
  • Wenn die Mehrheit das Mass aller demokratischen Dinge ist, ist dann der von der Bevölkerungsverteilung her extrem disproportionale schweizerische Ständerat (die voll gleichberechtigte kleine Kammer mit Kantonsvertretungen im Parlament) ebenfalls undemokratisch?

Rechtsgleichheit

  • Warum soll jemand dessen Grosseltern in die Schweiz eingewandert sind und nicht naturalisiert wurden, für das gleiche Vergehen härter bestraft werden als sein schweizerischer Nachbar obwohl beide die gleiche Sprache sprechen, die gleichen Werte teilen und die gleichen Schulen besucht haben?
  • Warum fehlen Vergehen auf der Liste der Initiative (Finanzbetrug)? Sind Sozialhilfemissbrauch tatsächlich in der Schwere mit Mord und Vergewaltigung vergleichbar? Falls ja, gilt das auch für Schweizerinnen und Schweizer und falls nicht wie rechtfertigt es sich, dass die Vergleichbarkeit vom Aufenthaltsstatus abhängt?
  • Worin unterscheidet sich der kriminelle Ausländer vom kriminellen Schweizer? Inwiefern macht seine Nationalität (die man in der Regel nicht wählt) sein Vergehen moralisch verwerflicher?

Verfassung

  • Wozu dient die Schweizer Verfassung? Wenn nun auch Bauvorschriften und mehr oder weniger willkürliche Listen ihren Weg in Verfassungsartikel finden, gibt es etwas, dass da nicht hineingehört? Wer soll über die Einhaltung der Verfassung wachen?
  • Wie sollen Widersprüche zwischen zwei Verfassungsartikel gelöst werden, wenn ein Verfassungszusatz einem fundamentalen Rechtsprinzip widerspricht?

Völkerrecht

  • Werden mit einer Abstimmung zu einem Thema mit der Mehrheit sämtliche vorhergehenden widersprechenden Abstimmungen annulliert? Heisst das, dass wir jetzt die bilateralen Verträge mit der EU kündigen müssen, Verträge die wiederholt von klaren Mehrheiten gutgeheissen wurden? Falls ja, wie kann die Schweiz so noch als glaubwürdige Vertragspartnerin gelten?
  • Wie stehen Sie zu den Menschenrechten?
  • Soll die Schweiz, wenn eine Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, dass der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) widerspricht, diese künden? Falls nicht wie soll der Widerspruch aufgelöst werden?
  • Soll die Schweiz aufhören sich für Menschenrechte im Ausland einzusetzen, wenn eine Mehrheit des Schweizer Volkes mit einigen Regeln des Völkerrechts nicht einverstanden ist? Wie kann der Eindruck verhindert werden, dass Menschenrechte beliebig sind?
  • Warum soll die Schweiz das Recht haben sich über zwingendes Völkerrecht hinwegzusetzen? Falls Sie es nicht haben soll, wie sollen Widersprüche gelöst werden?

Kommentare (98)

  1. #1
    November 29, 2010

  2. #2 Logiker
    November 29, 2010

    Herr Arbia, oder auch Lieber Ali,

    Ihr/Dein Beitrag spricht mir aus der Seele. Wenn ich mir anhöre, wie hier in Deutschland seit Sarazzin – nein, vorher schon seit 40 Jahren, aber jetzt noch viel, viel lauter – dann kann ich gar nicht mehr soviel fressen, wie ich kotzen könnte.

    Hagen Rether sagte ganz richtig: “Früher hieß es ‘Kanaken raus’ und kam aus der Unterschicht. Heute heißt es ‘Islamkritik’ und kommt von ganz oben. … H M B (den Namen schreib ich nicht aus, hat der nicht verdient) hat sogar schon kapituliert vor dem Islam. Vor wem denn? Vor seiner türkischen Putzfrau oder seinem pakistanischen (jaja, auf youtube hört man einen Versprecher seinerseits) Hausarzt?”

    Ich hab inzwischen meinen Bruder, meine Schwester und meine Mutter versucht mal aufzuklären über die realen Zusammenhänge abseits einer Kelek und anderer Scharfmacher, aber es ist fast wie ein Kampf gegen Windmühlen. Komischerweise ist Mutter die einzige, die überhaupt GEWILLT ist, etwas zu lernen oder zu kapieren, die BEREIT ist, überhaupt mal nachzudenken. Komisch, ausgerechnet die mit Abstand älteste Person ist da noch am flexibelsten, vielleicht, weil ohne Privat-TV aufgewachsen…..

    Das begegnet einem immer öfter. Die Medien und bestimmte Politiker hauen etwas raus, also muss es richtig sein. NACHdenken ist schwierig, Diskurse führen erfordert Zeit, also macht man so etwas erst gar nicht…..

    Ich stehe da laufend vor einem Zwiespalt: Einfach zu sagen, ist eh sinnlos, mit Gehirnamputierten (ja, muss man mal so hart sagen) zu diskutieren und den Raum zu verlassen oder sich auf abendelange Diskussionen einzulassen und den Leuten mal das Einmaleins beizubringen (Hallo! Korrelation ist keine Kausalität…. okay, ich erklär erstmal die beiden Begriffe….). Mit mehreren Leuten hab ich deshalb auch schon den Kontakt abgebrochen, wenn man hört: “Das stand aber in der Bild!!!!!! Du willst doch nicht etwa sagen, die Medien lügen!!!!” ist eh jeder Diskurs sinnlos…..

    Naja, klingt negativ, ist aber leider so.

    Dennoch, oder trotzdem: Mach weiter so, lieber Ali Arbia, mich interessiert es einen Sche***-Dreck, welche Nationalität oder Religion jemand hat, für mich gibt es für alle Menschen auf diesen Planeten nur eine Bezeichnung: MENSCH. Wenn mich jemand nach der Nationalität fragt, antworte ich immer nur: MENSCH. Es ist erstaunlich, wie andere Menschen darauf reagieren. MENSCH sein reicht nicht, man muss einer Rasse/einem Volk angehören….. und auch noch stolz drauf sein….. *schauderndwegläuft*

    In diesem Sinne eine gute Nacht…..

  3. #3 KommentarAbo
    November 29, 2010

  4. #4 rolak
    November 29, 2010

    ‘Darf’ auch ein Nichtschweizer & Nichtjasager seine Gedanken zu den Fragen zu Bit bringen? Andernfalls war es nur ein Vortext zu den…

  5. #5 D. Haefner
    November 29, 2010

    Bei “Verfassung” sind der erste und dritte Punkt identisch.
    Ansonsten ein sehr gutes Blog. Danke, lese ich immer gerne!

  6. #6 ali
    November 29, 2010

    @Logiker

    “Ali”, passt schon. Ich finde das Internet ist über weite Strecken Dutzraum.

    Nicht aufgeben.

    @rolak

    Nur zu. Die Fragen sind nicht rein rhetorisch gemeint (obwohl ich auch denke, das die meisten die ja gestimmt haben, sich dies nicht wirklich überlegen).

    @D. Haefner

    Korrigiert. Danke für den Hinweis (und das Lob).

  7. #7 Demokrat
    November 29, 2010

    Dieser Beitrag ist wieder das typisch arrogante Verhalten des linken Wächterrats: sobald eine demokratische Entscheidung nicht ins eigene Weltbild passt, wird dem Wahlvolk Dämlichkeit unterstellt. Mit Wissenschaft hat das aber nichts zu tun.

  8. #8 Eidgenosse
    November 29, 2010

    Typisch linke Pseudoelite. Kann es nicht verkraften, dass echte Schweizer gesiegt haben! Intelleikutelles Geschwafel macht sie nur lächerlich. Die Linken Staatsschmarotzer wollen ja nur in die EU. Dort gibts für jeden Versager ein Pöstchen. Liest wohl auch nur die linken Mainstreammedien. Total ferngesteuert. Lesen sie mal was Ehrliches, was schweizerisches, lesen sie die Wahrheit. In Schweizerzeit und Weltwoche. Dann geht vielleicht auch einem Linken ein Licht auf. Dann würden sie keine so typisch linken Fragen stellen. Sie intellektueller Angeber. Kriminelle Ausländer müssen raus. Sie wollen die ja durchtherapieren, nicht wahr. Auf Kosten von uns Schweizern. Haben sicher auch so ein Jöppchen und leben von dem Gezocks.

    Naja. Das wäre wohl in ungefähr die Antwort die Sie auf ihre Fragen kriegen würden. Wäre denn jemand in der Lage, die Fragen überhaupt zu verstehen.

    Tscheggsches hei?

    😉

  9. #9 ali
    November 29, 2010

    Herzlichen Danke an den Demokraten und den Eidgenossen für Ihre fundierte Auseinandersetzung mit den gestellten Fragen. Nun weiss ich, ich kann in Ruhe schlafen. Ein “Ja” war zumindest bei beiden von euch eine wohlüberlegter Entscheid, für den die Risiken für den Rechtsstaat abgewogen wurden und ihr zum Schluss gekommen seid, dass keine fundamentalen Werte verletzt werden. Auch das Niveau an Selbstreflektion und -kritik beeindruckt. Auch bin ich natürlich froh, dass beide emotional Distanz halten und in alter demokratischer Tradition auch den Respekt vor dem andersdenkenden pflegen und mit sachlichen Argumenten versuchen zu überzeugen. Es muss ihnen wohl auch gedankt werden, dass die sie die Schweizer Demokratie nach Aussen so gut vertreten und sie zum leuchtenden Beispiel für alle anderen machen durch ihre differenzierten Kommentare.

    Danke. Danke. Danke.

    P.S. @ Demokrat: Mit Wissenschaft hat mein Post wirklich nichts zu tun. Habe ich auch nie behauptet.

    Ich habe gerade gemerkt, dass der Eidgenosse wohl ein ironischer Beitrag war. Ich hatte mal einen “Eidgenossen” der in diesem Ton kommentierte, darum habe ich es wohl nicht gemerkt. Die Satire war zu gut. Sorry.

  10. #10 Randifan
    November 29, 2010

    Die Tatsache, dass 70 % aller Insassen in den schweizer Gefängnissen keine schweizer Staatsbürger sind, dürfte viele dazu bewegt haben, bei der Volksabstimmung mit Ja zu stimmen.
    https://bazonline.ch/schweiz/standard/Haeftlinge-in-der-Schweiz-sind-zu-70-Prozent-Auslaender/story/22243843

  11. #11 Eidgenosse
    November 29, 2010

    Es ist heute inzwischen ein Kinderspiel, eine solche “Satire” zu schreiben. Ich wollte damit eigentlich zum Nachdenken anregen. Solche Eidgenossen gibts in Massen. Sie werden bewirtschaftet, gespiesen, betreut und geführt von den rechtsnationalen Strippenziehern. (Meine Verachtung gehört also nicht den “Eidgenossen” sondern den “Strippenziehern” ) und meine Empörung all den vielen, vielen guten, die immer so “vollkommen recht” haben und damit so wenig bewirken, weil sie sich damit begnügen, “einfach vollkommen recht” zu haben. Mir fehlen Strategien, Klugheit und die erforderliche Gerissenheit um nicht ständig in die”plumpesten” Fallen zu tappen. Es reicht eben nicht “vollkommen recht zu haben”. Moralische Reinheit ist keine politische Taktik. Hier müssten m.E. sowohl Linke wie Mitteparteien mal gründlich über die Bücher. Die SVP ist wie sie ist. Moralische Empörung wird daran nichts ändern. Lesen sie den ersten Beitrag des “Eidgenossen” nochmal. Was soll er mit ihren Fragen anfangen? Eben.

  12. #12 Anhaltiner
    November 30, 2010

    Direkte Demokratie is schon was Feines, dumm nur wenn es nach hinten los geht. Bei eurem nördlichen Nachbarn hatte das Ergebnis der Volkesmehrheit schon mal ganz böse Effekte. Mag sein das bei den “biblischen” wahlergebnis für die SED nachgeholfen wurde, aber auch ohne Hilfe wären wohl auch ordentliche Mehrheiten zustande gekommen.

    Was die Frage nach der Kollision mit anderen Verfassungsartikel angeht, sehe ich das nicht ganz so kritisch, wir haben “Karlsruhe”. Mal sehn wann ein emeritierter schweizer Jura-Prof. Verfassungsklage einlegt, weil jemand wegen 100 CHF Steuerhinterziehung abgeschoben (ausgeschafft?) werden soll und im Lande seiner Großeltern der Henker schon das Beil wetzt.

    Was mich nur wundert ist das man mit 53% zu 47% eine Verfassung ändert.

  13. #13 ali
    November 30, 2010

    @randifan

    Das ändert nichts an meinen demokratischen und staatsrechtlichen Bedenken. Ein noch grösserer Anteil der Gefängnisinsassen sind (junge) Männer. Gibt es eine Initiative gegen kriminelle Männer? Warum die willkürliche Liste von Vergehen wenn es um eine Massnahme zur Verminderung der Auländerkriminalität gehen würde (es ist ziemlich offensichtlich wie die Liste zustande kam). Die Ausschaffungen sind gemäss Initiative erst nach Verbüssung der Gefängnisstrafen. All das deutet darauf hin, dass es eben nicht um einen rational nachvollziehbare Massnahme zur Verbesserung eines problematischen Zustandes geht sondern nur latente Fremdenangst in politisches Kapital umgemünzt wurde. Die Lämmer die folgten sollten sich dafür rechtfertigen wenn sie meinen so gute Demokraten zu sein (und von den sozio-ökonomischen Gründen für die Gefängnispopulationsstruktur fangen wir gar nicht erst an).

    Das ein negatives Gefühl in Bezug auf Ausländer häufig Motivation beim Stimmentscheid war, bezweifle ich nicht. Ich versuchte mit meinen Fragen ein paar Denkanstösse zu geben wo die Probleme liegen. Ich habe keine Illusionen, dass ich jemanden “bekehren” werde. Ich bin schon froh wenn ich es schaffe, jemanden zu zu einem kritischen Hinterfragen zu zwingen.

    @Eidgenosse

    Lesen sie den ersten Beitrag des “Eidgenossen” nochmal. Was soll er mit ihren Fragen anfangen? Eben.

    Damit untergräbt der Eidgenosse aber genau die Argumente für die direkte Demokratie die er so wichtig findet. Das Problem ist doch, dass Ignoranz in der Schweiz als positiv wahrgenommen und unzulässiges Vereinfachen mit gesundem Menschenverstand verwechselt wird.

    @Anhaltiner

    Was mich nur wundert ist das man mit 53% zu 47% eine Verfassung
    ändert.

    Mich auch.

  14. #14 Jürgen Schönstein
    November 30, 2010

    Der New Yorker Anwalt und Bürgerrechtler Stanley Cohen (der keinem Streit und keiner Kontroverse, wie es scheint, aus dem Weg geht) hatte mir mal eine Interviewfrage zum Stichwort Demokratie mit der Bemerkung zurechtgestaucht: “Unsere Staatsform heißt nicht Demokratie, sondern Republik. Und die Republik ist der Schutz der Minderheit vor der Diktatur der Mehrheit.” Ob der Gedanke von ihm selbst war, weiß ich ebensowenig wie das, was ein Politikwissenschaftler davon halten würde. Aber mir ist damals ein Licht aufgegangen: Der Mann hat recht. Wenn immer nur die Mehrheit bestimmen dürfte, dann sähen alle unsere Staaten – mit Gewissheit Deutschland und die Schweiz – anders (und keineswegs besser) aus. Die Idee der Volksvertretung dient ja genau dem Zweck, den Populismus durch den Verstand zu ersetzen.

  15. #15 Steffu
    November 30, 2010

    Als 2x-Ja-Stimmer, der nicht viel von der SVP hält, wollte ich zuerst ernsthafte Antworten geben. Aber wie man sieht, ist ja schon alles klar, und alle Ja-Stimmer sind niveaulose, ungebildete Schweizerzeit-Leser und SVP-Wähler. Ein einfaches Weltbild hilft halt hüben wie drüben….

  16. #16 Christian Reinboth
    November 30, 2010

    Die Abstimmungsergebnisse solcher Volksentscheide sind “gefühlsgesteuert” und haben – wie man am Beispiel der Schweiz mal wieder sieht – mit den demokratischen Mehrheiten wenig zu tun. So würde meines Erachtens nach hierzulande die Position der Grünen bei einem Volksentscheid über S21 eine klare Mehrheit bekommen, bei einer Abstimmung zum Thema Integration wären grüne Positionen dagegen nicht mehrheitsfähig. Die Mehrheiten, die sich bei derartigen Volksentscheiden bilden, liegen somit hüben wie drüben außerhalb der parlamentarischen Mehrheiten. Das mag für die Abstimmung über einen Bahnhof oder Religionsunterricht in Schulen – wie in Berlin geschehen – vollkommen ausreichend sein, eine Verfassungsänderung außerhalb der parlamentarischen Mehrheit sollte und dürfte es in einer Demokratie allerdings nicht geben…

    Allein schon die Gleichsetzung von Sozialhilfebetrug, Vergwaltigung und Mord beim Strafmaß (eben der Ausweisung) ist ein direktdemokratisches Unding. Ich habe ja gewisse Sympathien für den grundlegenden Wunsch, Ausländern, die immer wieder schwer straffällig werden, irgendwann einmal die Gastfreundschaft und damit auch das Aufenthaltsrecht zu entziehen, das Zusammenwerfen von Mord und Sozialhilfebetrug zeigt doch aber schon die Gefühlsbetontheit dieser Gesetzesinitiative. Das geht – wie schon erwähnt – bei Bahnhöfen und Lehrplänen noch in Ordnung – obwohl das sicher auch keine Sternstunden der Demokratie sind – eine Verfassungsänderung auf dieser Basis sollte jedoch eigentlich ausgeschlossen sein. Ich sehe da jedenfalls ein gewisses Legitimationsdefizit, solange man die Abstimmung nicht wenigstens verpflichtend macht…

  17. #17 Bernd
    November 30, 2010

    Volksentscheide führen meiner Meinung nach zu einer zunehmend populistischen Politik. Das wird selten Vorteile mit sich bringen.

  18. #18 Ronny
    November 30, 2010

    Wow, viele interessante Fragen auf einmal. Darf man auch als Ösi antworten ?
    Ich versuche mich mal argumentativ als JA Sager

    Soll die Macht der Stimmbevölkerung unbeschränkt sein?
    Ja. Jede Einschränkung verzerrt die Ausgewogenheit, reduziert mögliche Lösungen und ermöglicht es radikalen Gruppen eine bestimmte Richtung anzusteuern.

    Falls ja, warum ist ein Machtmissbrauch hier nicht möglich?
    Machtmissbrauch ist auch hier möglich. Es ist aber sehr schwierig ein ganzes Volk in eine Richtung zu drängen. Dies funktioniert nur bei Diktaturen. Demokratien haben hier immer ein ausgleichendes Element.

    Wäre ein Genozid, die Genehmigung von Folter, ein Apartheidssystem oder die Einführung einer Diktatur durch Volksabstimmung ebenfalls demokratisch?
    Eine sehr interessante Frage. Die habe ich mir auch schon öfter gestellt. Ich sehe aber hier die Grenze. Eine Demokratie muss sich selbst schützen und deshalb
    Strömungen die die Grundfesten erschüttern (z.B. Selbstabschaffung) entschieden entgegentreten.

    Warum soll jemand dessen Grosseltern in die Schweiz eingewandert sind und nicht naturalisiert wurden, für das gleiche Vergehen härter bestraft ….
    Weil sie durch das Nichtannehmen der schweizerischen Staatsbürgerschaft demonstrieren, dass sie sich nur die Vorteile herausheben wollen ? System, Versorgung .. JA aber in der Pension dann wieder zu Hause.

    Warum fehlen Vergehen auf der Liste der Initiative (Finanzbetrug)?
    Gute Frage, das sehe ich aber als Zugeständnis an die Banken und ihrer Anleger (um mal wieder ein schweizer Vorurteil auszugraben 🙂

    Sind Sozialhilfemissbrauch tatsächlich in der Schwere mit Mord und Vergewaltigung vergleichbar?
    Nein, sicher nicht. Aber ich denke dass hier viele Menschen in der Schweiz sich ärgern, weil ein Gastangebot mit Füßen getreten wird. Das wird IMO schwerer gewichtet als die Unterschiede im Unrecht.

    Falls ja, gilt das auch für Schweizerinnen und Schweizer und falls nicht wie rechtfertigt es sich, dass die Vergleichbarkeit vom Aufenthaltsstatus abhängt?
    Da schlägt das Prinzip der einfachen Lösung zu: Schweizer kann ich nicht rauswerfen, Ausländer schon. Also wozu lange rumdikutieren wenn man Straftäter einfach los wird.
    Es zeigt sich auch bei Alis Argumenten immer dieser rote Faden: Ausweisung ist Bestrafung durch. Warum ?
    Wenn das schon so eine harte Strafe ist, warum riskieren Migranten dann diese indem sie straffällig werden ?

    Worin unterscheidet sich der kriminelle Ausländer vom kriminellen Schweizer?
    Prinzipiell nicht, aber viele Menschen werden einfach denken: mit kriminellen Schweizern muss ich leben, warum aber mit kriminellen Ausländern ? Wie auch schon oben erwähnt kommt verschärfend hinzu, dass viele vermutlich denken:
    Die kommen aus einem miesen Land, freuen sich bei uns über das hohe Sozialsystem und als Dank begehen sie dann auch noch Verbrechen. Gegenfrage: Wie entkräftet man so ein Argument ?

    Inwiefern macht seine Nationalität (die man in der Regel nicht wählt) sein Vergehen moralisch verwerflicher?
    Der Gastgeber wird verarscht. Es geht ja auch nicht um die Nationalität. Richtige Hardcore Nazis die rassistisch denken sind IMO selten.
    Die meisten ‘Rechten’ sind einfach nur neidisch und sehen es nicht gerne, wenn jemand von extern kommt, mitnascht und dann auch noch die Gesetze bricht.

    Wozu dient die Schweizer Verfassung?
    Die Regeln des Zusammenlebens festzulegen.

    Wenn nun auch Bauvorschriften und mehr oder weniger willkürliche Listen ihren Weg in Verfassungsartikel finden, gibt es etwas, dass da nicht hineingehört?
    Das finde ich auch dumm. In der Verfassung sollten nur Regeln stehen die fundamental sind.

    Wer soll über die Einhaltung der Verfassung wachen?
    Das Volk, bei der nächsten Wahl

    Wie sollen Widersprüche zwischen zwei Verfassungsartikel gelöst werden, wenn ein Verfassungszusatz einem fundamentalen Rechtsprinzip widerspricht?
    Ich verstehe die Frage nicht. Soweit ich informiert bin, dürfen doch nur Abstimmungen zugelassen werden die NICHT der Verfassung widersprechen.

    Falls ja, wie kann die Schweiz so noch als glaubwürdige Vertragspartnerin gelten?
    Nun ja, man muss den Schweizern schon irgendwie mitteilen, dass sie dann politisch unter Druck kommen könnten.

    Wie stehen Sie zu den Menschenrechten?
    100% dafür, viele JA kreuzer denken aber vielleicht, dass andere diese Rechte ausnutzen um persönliche Vorteile zu lukrieren. Gesetze die dann eigentlich als Schutz dienen sollen werden für persönliche Bereicherung benutzt.

    Soll die Schweiz, wenn eine Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, dass der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) widerspricht, diese künden? Falls nicht wie soll der Widerspruch aufgelöst werden?
    Man könnte vielleicht einen Zusatzpassus anfordern, wie es zum Beispiel bei (denke ich) Paragraph 4 der Fall ist, wo das Verbot der Zwangsarbeit einen Zusatzpassus enthält, dass junge Männer sehr wohl zu einer bestimmten Zeit Zwangs(Militär/Zivil)arbeit leisten müssen OBWOHL es der EMRK widerspricht.

    Soll die Schweiz aufhören sich für Menschenrechte im Ausland einzusetzen, wenn eine Mehrheit des Schweizer Volkes mit einigen Regeln des Völkerrechts nicht einverstanden ist? Wie kann der Eindruck verhindert werden, dass Menschenrechte beliebig sind?
    Menschenrechte werden von Menschen definiert, sie sind also per Definition beliebig. Den Schweizer Staatsbürgern sollte nur klar sein, dass dies eine Reaktion hervorrufen könnte dass dann Schweizern im Ausland auch die Menschenrechte abhanden kommen könnten.

    Warum soll die Schweiz das Recht haben sich über zwingendes Völkerrecht hinwegzusetzen? Falls Sie es nicht haben soll, wie sollen Widersprüche gelöst werden?
    Jeder kann Verträge kündigen, es wirft dann aber die Frage auf wie es weitergeht. Setzt sich die Schweiz über Menschenrechte hinweg, dann muss sie auch akzeptieren, dass Schweizer anderswo misshandelt werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies im Sinne der Bürger ist.
    Widersprüche könnte man lösen indem man das Schweizer Modell in die Menschenrechtscharta einbringt. Beim Wehrdienst hats auch funktioniert.

  19. #19 Klugscheisser
    November 30, 2010

    Was ich nicht verstehe wer zwingt eigentlich in der Schweiz Ausländer kriminell zu werden ?… richtig niemand…
    Und solange es die Wahrheit ist das der Großteil der Gefängnisinsassen Ausländer sind ist das Aussprechen dieser Tatsache keine Schüren von Ängsten…
    Das Schüren von Ängsten sind die Taten die dazu führen das man ins Gefängnis kommt…

  20. #20 S.S.T.
    November 30, 2010

    @Christian Reinboth

    Allein schon die Gleichsetzung von Sozialhilfebetrug, Vergwaltigung und Mord beim Strafmaß (eben der Ausweisung) ist ein direktdemokratisches Unding.

    Ist aber geltendes Recht in der BRD. Es kommt dabei (weniger) auf die Straftat selbst, sondern auf die verhängte(n) Strafe(n) an.

    § 53 Zwingende Ausweisung
    Ein Ausländer wird ausgewiesen, wenn er
    1.wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist oder wegen vorsätzlicher Straftaten innerhalb von fünf Jahren zu mehreren Freiheits- oder Jugendstrafen von zusammen mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,

    https://bundesrecht.juris.de/aufenthg_2004/__53.html
    2. und 3. befassen sich mit spez. Straftaten (BtmG, Landfriedensbruch, Schleuserkrim.), bei denen eine rechtskräftige Verurteilung ohne Bewährung für eine Ausweisung ausreicht.

  21. #21 Silvio Haupt
    November 30, 2010

    Ich muss jetzt mal ne ganz dumme Frage (für mich zum Verständnis) stellen: gibt es denn irgendwelche Hürden, was für Themen / Fragen überhaupt zu solch einer Abstimmung zugelassen werden? Sowohl bei der Minarett-Abstimmung als auch hier scheint doch von vorn herein nur das Anheizen eines “Volkszorns” das Ziel zu sein…

  22. #22 Christian Reinboth
    November 30, 2010

    @SST: Zur Situation in der BRD: Hier kommt es nicht auf die Art, sondern auf die Schwere der Straftat bzw. die Häufigkeit von Straftaten an, die sich im Urteil niederschlagen. Dass jemand wegen Mordes oder Vergewaltigung zu einer Strafe von weniger als drei Jahren verurteilt wird, ist relativ unwahrscheinlich, ebenso wie ein Sozialhilfebetrug kaum zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren führen wird… Wenn ich dagegen die Schweizerische Initiative richtig deute, kommt es dort auf die Art des Verbrechens an, d.h. der Sozialhilfebetrüger wird – auch wenn es nur um einen geringen Betrag geht – ausgewiesen, während der Betrug an Unternehmen oder Privatpersonen ganz anders geahndet wird, auch wenn es um wesentlich größere Beträge geht. Damit wir der 100-Franken-Sozialbetrüger mit dem gleichen Strafmaß belegt wie der mehrfache Vergewaltiger, was im Grunde nicht richtig sein kann. Die über das Urteil an die Schwere der Straftat gekoppelte Regelung der BRD macht da in meinen Augen deutlich mehr Sinn…

  23. #23 Patrik Bischof
    November 30, 2010

    Herr Arbia,

    Sie tun mit der Behauptung, dass die Ja-Stimmenden unüberlegt (geradezu dumm) und aus dem Bauch heraus entschieden haben nicht nur den 53% der Schweizer die für die Ausschaffungsinitiative gestimmt haben Unrecht, sondern auch einem Teil der 4x% der Schweiz die für den Gegenvorschlag gestimmt haben.

    Zu ihren Fragen:

    Institutionen und Macht
    Was genau haben diese beiden Fragen mit meinem Ja an der Urne zu tun? Damit implizieren einerseits, dass ich offensichtlich gerade meine Zustimmunge zu einer Sache in der Grössenordnung eines Genozids gegeben habe und andererseits, dass Sie ein Gegner von Volksabstimmungen im Allgemeinen sind. Ob es Bereiche gibt/geben soll, über die nicht abgestimmt werden darf ist ein anderes Thema und hat keinen Einfluss darauf, ob man die Ausschaffungsinitiative befürwortet oder nicht.

    Rechtsgleichheit
    1- Interpretationssache. Alle Straftäter werden in ihr Heimatland ausgeschafft. (man kann sie ja wohl kaum einfach an der Grenze aussetzen). Der Schweizer Verbrecher in die Schweiz. Abgesehen davon, gibt es die “Möglichkeit” kriminelle Ausländer des Landes zu verweisen jetzt schon in so gut wie allen Ländern der Welt. Rechtsgleichheit wie Sie sie verstehen, scheint von keinem Land respektiert zu werden.

    2- Die Liste der Vergehen ist nicht abschliessend. Ich stimme als Befürworter der Initiatitive mit Ihnen überein, dass Verhältnismässigkeit und Vergehen noch überarbeitet werden sollten, was die Iniatiative zulässt und in den nächsten Monaten/Jahren geschieht. Ich habe Vertrauen in unsere Regierung, dass ein vernünftiges Gesetz erarbeitet wird.
    Sozialhilfebetrug is offensichtlich nicht gleichwertig zu Mord. Die Ausschaffung ist nich als Bestrafung für Mord zu verstehen, sondern als Konsequenz von kriminellem Verhalten mit einer unteren Schranke. Nur weil beide Vergehen/Verbrechen eine gleiche Massnahme nach sich ziehen müssen sie noch lange nicht gleichwertig sein. Genau so wie man seinen Führerausweis verliert, wenn man angetrunken Rad fährt oder mit 200 km/h einen tödlichen Unfall verursacht. Die Differenzierung der Vergehen/Verbrechen erfolgt über die Haft-/Geldstrafe

    3- Sein Vergehen ist nicht moralisch verwerflicher. Beide erhalten für das Vergehen die gleiche Strafe nur wird dem Ausländer aufgrund der Verurteilung die Erlaubnis das Land erneut zu betreten verweigert. Und natürlich wählt man seine Nationalität. Es steht jedem frei sich dem Einbürgerungsverfahren zu unterziehen und Schweizer zu werden oder nicht.

    Verfassung
    1- Und wieder geht es wie bei den ersten beiden Fragen nicht wirklich um die Entscheidung für oder gegen die Initiative, sondern darum, ob und welche Initiativen überhaupt zugelassen werden. Da die Frage dem Volk gestellt wurde, erübrigt sich eine Diskussion. Ausserdem, was hat die Annahme der Minarettverbotsinitiative mit der Ausschaffungsinitiative zu tun?

    2- Kein Ahnung, ich bin kein Rechtsexperte. Eine Antwort auf ihre Behauptung, dass die Ausschaffungsinitiative anderen Verfassungsartikeln wiederspricht überlasse ich deshalb auch kompetenteren Personen. Im Abstimmungskampf war davon auf jeden Fall nicht allzu viel zu hören.

    Völkerrecht
    Neben den implizierten Behauptungen, dass die Initiative gegen die Menschenrechte, das Völkerrecht und andere internationale Verträge verstösst, gibts im Bezug auf mein “Ja” an der Urne nichts zu beantworten.

    Zusammengefasst, stellen Sie in ihrem Beitrag keine Fragen an die Ja-Stimmenden, sondern türmen einen Berg von Behauptungen auf. Etwas allgemeine Kritik an der direkten Demokratie und die These, dass die Ja-Stimmenden offensichtlich dumm und ungebildet sind – Fehlen nur noch dicke Babytränchen, um das Bild eines schlechten Verlierers zu vervollständigen.

  24. #24 cydonia
    November 30, 2010

    Herr Bischof, ihr letzter Satz lässt darauf schließen, dass Sie die Tragweite einer derartigen Entscheidung nicht erkennen können.
    Im Bezug auf die Abstimmenden von Gewinnern und Verlierern zu sprechen empfinde ich als recht irritierend, weil es sich nicht um einen sportlichen Wettstreit zwischen Wählenden ging, sondern um eine Entscheidung, die das Leben von Menschen, die sich an diesen Wahlen nicht beteiligen konnten, einschneidend im negativen Sinne verändern kann.
    Das Sie Hern Arbia indirekt eine lange Nase zeigen, und so tun als ginge es nicht um ausländische Menschen, sondern um ihr Sieges- oder Herrn Arbias Verlierergefühl, lässt mich an Ihrer demokratischen Reife zweifeln, die bei solchen Abstimmungen absolut unabdingbar ist.
    Bei der nächsten Abstimmung wäre es schön, wenn Sie an die Menschen dächten, und nicht an ihren vermeintlichen Sieg.

  25. #25 MoritzT
    November 30, 2010

    @ Patrick:
    – Zu Ihrer Antwort auf Institutionen und Macht: Meiner Meinung nach – und ich bin da nicht allein – hat sich die Mehrheit der Schweizer zweimal in recht kurzer Zeit von anerkannten Grundsätzen unseres Zusammenlebens verabschiedet (und das ist auch der Zusammenhang mit dem Minarettverbot). Daher ist die Frage von Ali berechtigt, ob die Mehrheit tatsächlich alles bestimmen dürfen soll. Ich bin der Meinung, dass dies nicht der Fall sein sollte. Der Vergleich mit einem Genozid ist provokant, aber sowas ist ja in der Geschichte auch schon vorgekommen.

    – Zu Rechtsgleichheit: Also, ich war bisher der Meinung, dass die Schweiz straffällige Ausländer auch jetzt schon rausgeschmissen hat. Mit Einzelfallprüfung halt. In der BRD gibts die Debatte ja auch, aber es setzt sich die Erkenntnis durch, dass man für die Vergehen der Einwandererkinder wohl nicht die Herkunftsländer verantwortlich machen kann – die Probleme sind bei uns entstanden. Sorry, sowas hört man nicht gern, aber da müssen wir uns (und die Schweizer sich) selber drum kümmern. Die wenigsten reisen ein in die Schweiz, um dort Verbrechen zu begehen.
    O, halt, natürlich: Für Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe, und um Fußballweltmeisterschaften auszukungeln. Aber das zählt nicht für eine Ausweisung. Scheint kein Ausländerdelikt zu sein. Oder wollt ihr besonders nett sein zu Euren nördlichen Steuerflüchtigen?

    Ich kanns mir nicht erklären, wie da jemand mit ja stimmen konnte. Ich bin von den Argumenten für diese Initiative absolut nicht überzeugt – und wenn ich in der Schweiz wäre, würde ich mich mit dieser Entscheidung auch nicht zufrieden geben. Volkszorn finde ich erklärt die Vorgänge noch am besten. Oder hat jemand eine bessere Erklärung als der Franz Josef Strauß selig, der da die Frage nach Basisdemokratie mit einer einfachen Phrase abtat: Vox populi, vox Rindvieh!

  26. #26 Khasarenkhan
    November 30, 2010

    Institutionen und Macht
    – Statt Stellung zu diesen grundsätzlichen Fragen zu nehmen, fantasierst du dir einen Vorwurf zurecht um den empört zurückzuweisen – Strohmann. Worüber soll das Volk mit welche Mehrheit bestimmen können?

    Rechtsgleichheit
    1. Ob andere Staaten das genauso machen oder nicht, ist keine Begründung. Und natürlich handelt es sich um eine Strafe, da es eine automatische Reaktion auf vergangene Taten ist und nicht etwa eine Prognose für die zukunft, die ihm Rahmen der Entscheidungung über die (Nicht-)Verlängerung der Niederlassungserlaubnis natürlich anzustellen ist. Strafe ist repressiv und behandelt die Vergangenheit, Gefahrenabwehr ist präventiv und kümmert sich um die Zukunft.
    2. Ausführungsgesetze können die einzelnen Tatbestände nur näher bestimmen, aber nicht gegen den ausdrücklichen Wortlaut der Verfassung die dort erwähnten nicht aufnehmen. Deine Vorstellungen zeigen ein grundlegendes Unverständnis für das Verhältnis zwischen Verfassung und einfachen Gesetzen.
    3. Man wählt also sein Nationalität – muhaha! Was meinst du denn, wieso es in der Schweiz so viele Ausländer gibt? Etwa, weil die Einbürgerung so einfach ist? Hat jemand, der in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist irgendwann nicht mal das Recht, nicht wegen jedem Furz wieder rausgeworfen zu werden?

    Verfassung
    1. Manche Frage sollte man so vielleicht nicht dem Volk stellen, weil man so seine Verfassung demontiert. Was ist an der Frage nicht legitim?
    2. Wenn du nicht erkennen kannst und sich auch nicht dafür interessieren, warum sowohl Ausschaffungsinitiative als auch Minarettinitiative im Widerspruch zu anderen Teilen der Bundesverfassung (Verhältnismäßigkeit, Schutz von Privatsphäre und Ehe & Familie, Religionsfreiheit etc.) steht, bist du vielleicht nicht kompetent, darüber abzustimmen. Womit wir wieder bei Punkt 1 wären.

    Völkerrecht
    Willst du ernsthaft bestreiten, dass die Initiative (und damit jetzt die Bundesverfassung) gegen Völkerrecht und internationale Verträge verstösst? Ali hatte die Freizügigkeitsabkommen als Beispiel genannt, danach ist eine Abschiebung eines Freizügigkeitsberechtigten nur bei einer in der Person liegenden und individuell festgestellten schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit möglich. Oder interessiert dich das einfach nicht? Wer soll den Konflikt bitte wie lösen?

    Zusammenfassend: “die These, dass die Ja-Stimmenden offensichtlich dumm und ungebildet sind” wird von dir fulminant bestätigt. Du verstehst weder die Fragen von Ali noch hast du kapiert, was für einer Regelung du da zugestimmt hast noch möchtest du es wissen.

  27. #27 radicchio
    November 30, 2010

    welche fragen soll man denn dem volk stellen dürfen? nur die, wo man das erwünschte ergebnis sicher erwarten kann? und wer ist in diesem falle »man«, der das erwünschte ergebnis definiert? die jeweils andere seite hat ja wohl – aus ihrer sicht – ein genauso berechtigtes interesse an ihrem ergebnis. und wer soll nun bestimmen, welche sicht die bessere ist? jeder hält die seine für richtig. und da alle menschen – da sind wir uns wohl einig – gleiche rechte haben (sollen), hat auch jeder das recht, seine ansicht für richtig zu halten.

    also darf man dem volk entweder alle fragen stellen, weil man jedem menschen das gleichwertige recht auf eigene meinung zubilligt, oder man darf dem volk gar keine fragen stellen, weil man ihm, sofern es – wie auch immer – anderer meinung ist, die mündigkeit sowie meinungs- und entscheidungsfreiheit nicht zugesteht. das kann man natürlich tun, möglicherweise würde damit tatsächlich die minderheit vor der mehrheit geschützt werden. nur geht dabei das paradigma “alle menschen sind gleich / haben gleiche rechte” flöten, denn die jeweils “guten” sind dann immer gleicher.

  28. #28 eidgenosse
    November 30, 2010

    Nein, der “Eidgenosse” untergräbt gar nichts. Denn direkteDemokratie bedeutet für ihn ausschliesslich: Entweder gewinnt man, oder verliert man. Aehnlich wie beim Fussballspiel. Ich nenne das “Demokratiespiel”. Und dieses Demokratieverständnis wird ihm seit zwanzig Jahren unablässig, auf allen ihn erreichbaren Kanälen, eingespiesen. Alles andere ist linkes, gutmenschliches, Elitengeschwafel. Classe Politique. Also böse Propaganda der “andern Mannschaft”. Das ermöglicht es den Strippenziehern mittlerweilen, ihn für jedes Demokratiespiel zu begeistern. Dass der Mist, der hinten rauskommt, direkt in der Verfassung landet, kümmert ihn wenig. Was der “Eidgenosse” aber braucht, wie jeder Fussbalfan auch, damit er bei der Stange bleibt, sind Siege!
    Jeder “Sieg” bringt der Mannschaft mehr Fans. Ein einfaches Gesetz. Wenn ich mich über etwas ärgere, dann über all jene, die eben (weil sie so vollkommen recht haben) diese Siege ermöglichen.

  29. #29 eidgenosse
    November 30, 2010

    Nein, der “Eidgenosse” untergräbt gar nichts. Denn direkteDemokratie bedeutet für ihn ausschliesslich: Entweder gewinnt man, oder verliert man. Aehnlich wie beim Fussballspiel. Ich nenne das “Demokratiespiel”. Und dieses Demokratieverständnis wird ihm seit zwanzig Jahren unablässig, auf allen ihn erreichbaren Kanälen, eingespiesen. Alles andere ist linkes, gutmenschliches, Elitengeschwafel. Classe Politique. Also böse Propaganda der “andern Mannschaft”. Das ermöglicht es den Strippenziehern mittlerweilen, ihn für jedes Demokratiespiel zu begeistern. Dass der Mist, der hinten rauskommt, direkt in der Verfassung landet, kümmert ihn wenig. Was der “Eidgenosse” aber braucht, wie jeder Fussbalfan auch, damit er bei der Stange bleibt, sind Siege!
    Jeder “Sieg” bringt der Mannschaft mehr Fans. Ein einfaches Gesetz. Wenn ich mich über etwas ärgere, dann über all jene, die eben (weil sie so vollkommen recht haben) diese Siege ermöglichen.

  30. #30 MoritzT
    November 30, 2010

    @ radicchio:
    Stimmt, wenn man den Wünschen und Interessen der Menschen unterstellt, sie seien gleichwertig, abwägbar und im Grunde stets Folge einer gedeihlichen Intention. Das Problem ist aber nun, dass es Rechte und Interessen gibt, die ein wenig schwerer wiegen als andere oder schlicht unveräußerlich sind. Ein Beispiel? Nun, es gibt Menschen, die wünschen sich die Todesstrafe für schwere Vergehen. Dieser Wunsch ist aber mit dem Lebensrecht des Täters unvereinbar, und das Lebensrecht wiegt mehr als jeder Wunsch nach Strafe. Gleiches gilt beim Folterverbot. Und auch der Wunsch vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger, den Islam aus Europa zu vertreiben, ist indiskutabel, weil der Wunsch nach kultureller und phänotypischer Homogenität mit dem Recht auf Selbstentfaltung und Bekenntnis kollidiert.
    In diesen Fällen gibt es keine Abwägung, sondern eine prinzipielle Überlegenheit, die auch durch noch so große Volksabstimmungen nicht geändert werden kann – man kann sich höchstens darüber hinwegsetzen, wie gerade eben die Schweizer. Wenn das aber passiert, verlässt man den Boden der gemeinsamen Werte und stellt die Menschenrechte zur Disposition der Mehrheit. Der Sinn und Zweck dieser Rechte ist aber gerade der Schutz der Minderheiten gegenüber der Mehrheit!

  31. #31 eidgenosse
    November 30, 2010

    Sorry: da hab ich was nicht korrekt formuliert: Anstelle von gewinnen oder verlieren sollte es besser heissen: Das Demokratiespiel bedeuet: Die Mehrheit hat recht. Immer. Ganz unabhängig von der Fragestellung. Ganz unabhängig vom Kontext.

  32. #32 miesepeter3
    November 30, 2010

    Wie sagte Methusalix von den Galliern so schön? “Ich habe nichts gegen Fremde. Einige meiner besten Freunde sind Fremde. Aber diese Fremden sind nicht von hier!”
    Fremde haben immer an allem Schuld und wenn es darum geht Mißstände zu beseitigen, sollen immer erst einmal die Fremden beseitigt werden.
    Das ist fast überall auf der Welt so, nicht nur in der Schweiz.

  33. #33 radicchio
    November 30, 2010

    Das Problem ist aber nun, dass es Rechte und Interessen gibt, die ein wenig schwerer wiegen als andere oder schlicht unveräußerlich sind.

    diese rechte sind weder unveräußerlich noch indiskutabel. sie sind nicht nur ergebnis eines jahrtausendelangen kulturellen wandels, sondern in jedem falle verhandlungssache. in den USA gibts die todestrafe, in islamischen ländern ebenfalls. das bedeutet nichts anderes, als das die vermeintlich gemeinsamen werte nicht existieren.

    entweder haben die USA und islamische völker das gleiche recht auf ihre eigene kultur inkl. rechtskultur, weil alle völker dieses recht haben, oder aber die linksitellektuellen europäer legen mit der von ihnen, MoritzT, postulierten »prinzipiellen überlegenheit« fest, welche rechte unveräußerlich sind. das kann man tun unter aufkündigung des rechtes aller völker auf eigene gleichwertige kultur, muss sich dann aber von dem gleichen recht für alle menschen / völker / gruppen etc. verabschiede und sich zur hegemonien bekennen.
    sie können nicht beides haben: gleiche rechte für ausnahmslos alle, aber herren über diese rechte sind die, die das überlegenheitsprinzip definieren.

  34. #34 cydonia
    November 30, 2010

    Dass solche gemeinsamen Werte nicht existieren bestreite ich. Es gibt natürlich Unterschiede in der Gestzgebung der jeweiligen Länder, aber in ihren Bedürfnissen und Wünschen sind Menschen verdammt gleich, und genau darauf kann man sich auch beziehen.
    Es ist ein leicht zu durchschauender Kunstgriff, wenn man den Unterschied zwischen Menschen über ihren jeweiligen kulturellen Hintergrund herzustellen versucht. Den Unterschied gibts in Wirklichkeit nicht. Es ist eine billige Krücke, um zu rechtfertigen, dass man Menschen unterschiedlich behandelt, je nachdem wo sie herkommen, und nicht je nachdem, wer sie sind.
    Und ich habe Schwierigkeiten, radicchio, deinen Kommentar zu lesen, was einerseits an deinem Ignorieren der Groß- und Kleinschreibung liegt, aber vor allem an der nicht stringenten Argumentation.
    Und man gebärdet sich nicht als ignoranter Hegemonialargumentierer, wenn man beispielsweise das Recht auf körperliche Unversehrtheit als universelles Recht einfordert, auch weil man voraussetzen darf, dasss es kaum einen vernünftigen Menschen gibt, der das nicht will. Das gilt auch für viele andere sogenannte Menschenrechte.
    Intellektuelle Spielchen auf Kosten von Minderheiten missfallen mir, und es geht eben sehr oft um sehr konkrete Rechte und Pflichten, die geregelt werden müssen. Der Vorwurf der Linksintellektualität ist dann ebenso überflüssig wie unsinnig.

  35. #35 cydonia
    November 30, 2010

    Nachtrag: Wenn ich richtig vermute, haben die Befürworter der Ausschaffungsinitiative wenig bis gar keine Erfahrung mit längeren Auslandsaufenthalten. Wer sich je längere Zeit in einer ihm fremden Kultur bewegen musste, weiß, welche Fallstricke sich ergeben, und wird eher dazu neigen, Menschen dabei zu helfen, die Kultur, in die es sie, aus welchen Gründen auch immer, verschlagen hat, zu verstehen.
    Solche Initiativen haben aber meist nur den Effekt Konflikte zu schüren und den erforderlichen Dialog schwieriger zu machen. Noch kontraproduktiver zu sein ist fast schon eine Kunst.

  36. #36 radicchio
    November 30, 2010

    aber in ihren Bedürfnissen und Wünschen sind Menschen verdammt gleich, und genau darauf kann man sich auch beziehen.

    wie man in der schweiz gesehen hat, ist das eine unzulässige annahme. nicht nur in der schweiz, auch in D kann man täglich beobachten, wie unterschiedlich die interessen und bedürfnisse der menschen sind: atomausstieg, stuttgart 21, rauchverbot in bayern sind nur ganz offensichtliche beispiele.

    wir reden hier nicht über die ersten 2 etagen der bedürfnispyramide, sondern eben genau über die bedürfnisse, die konflikte verursachen und das in der gesamten menschheitsgeschichte taten. diese bedürfnisse sind keineswegs gleich. wären sie es, würden wir hier nichts zu diskutieren haben.

    Es ist ein leicht zu durchschauender Kunstgriff, wenn man den Unterschied zwischen Menschen über ihren jeweiligen kulturellen Hintergrund herzustellen versucht.

    das ist kein kunstgriff, sondern tatsache. denn auch hier reden wir nicht drüber, dass alle menschen einen magen und eine blutgrupppe haben, sondern über ihre kulturellen, religiösen, ideologischen und sonstigen ziele und bedürfnisse. und dass es in dieser hinsicht enorme unterschiede gibt, kann man z.b. täglich in den einschlägigen HP debatten verfolgen.

    … aber vor allem an der nicht stringenten Argumentation.

    ich argumentiere nicht für die eine oder andere seite, sondern erläutere ein paradoxon. ein paradoxon ist nicht “stringent”.

    Es ist eine billige Krücke, um zu rechtfertigen, dass man Menschen unterschiedlich behandelt, je nachdem wo sie herkommen, und nicht je nachdem, wer sie sind.

    ich rechtfertige das nicht, sondern erläutere es.

    überdies ist das “woher kommen” ein teil dessen, wer oder was jemand ist. es ist teil seiner sozialisation und identität. inwieweit das unterschiedliche behandlung rechtfertigt, obliegt nicht meiner beurteilung, denn viele (minderheiten) legen explizit wert auf unterschiedliche behandlung. auch hier besteht dieses gleichheitsparadoxon: wenn alle gleich sind, darf man auch minderheiten nicht gesondert behandeln, auch wenn sie darauf bestehen. oder aber, es sind nicht alle gleich und man behandelt sie auch nicht gleich.

  37. #37 cydonia
    November 30, 2010

    Ich habe ausdrücklich von Bedürfnissen und Wünschen gesprochen, und nicht von Interessen!
    Nenne mir doch bitte eine Kultur, in der die Menschen kein Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit haben, und dann diskutieren wir weiter.
    Und was die HP-Debaten betrifft…das Bedürfnis ist das Gleiche: es ist das Bedürfnis nach Gesundheit. Auch universell, schätze ich mal.
    Und ich dachte, eine Diskussion zum Vorurteil, dass Menschen je nach Kultur ja so unterschiedliche Bedürfnisse haben müsste ich hier nicht führen….Ok, falsch gedacht, also führen wir sie, aber radicchio, du bringst bitte Beispiele, die mit den universellen Menschenrechten zu tun haben, und belegst, dass diese in einer bestimmten Kultur nicht existieren.

  38. #38 cydonia
    November 30, 2010

    …..die Bedürfnisse, ist klar oder? Nicht dass ich mir jetzt anhören muss, die universellen Menschenrechte seien nicht in jeder Kultur garantiert, das weiß ich selber.
    Und genau deswegen kommen auch viele Menschen gerne nach Europa, weil sie das Bedürfnis haben in Ruhe und Frieden zu leben, mit einem Einkommen, das ihnen und ihrer Familie eine Existenz ermöglicht.
    Ist das so schwer zu verstehen, oder gibt es vielleicht irgendwelche unbewussten Motive den Menschen unterschiedlichste Grundbedürfnisse zu unterstellen?

  39. #39 radicchio
    November 30, 2010

    Nenne mir doch bitte eine Kultur, in der die Menschen kein Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit haben, und dann diskutieren wir weiter.

    da kann ich dir etliche nennen:
    die mursi mit ihren lippentellern, die padaung mit ihren giraffenhälsen, früher die chinesen verkrüppelten den mädchen die füße, manche völker tätowieren sich am ganzen körper, andere beschneiden die genitalien, in der westlichen welt gibts nicht nur tattoos, piercings und schönheits-OPS, sondern auch die sog. body-modification mit den übelsten praktiken bis hin zu gespaltenen zungen und penissen. all das tun die menschen aus freien stücken, um sich selbst zu verwirklichen.

    auch das bedürfnis nach gesundheit ist nicht universell. viele ziehen die befriedigung einer sucht ihrer gesundheit vor.

    … und belegst, dass diese in einer bestimmten Kultur nicht existieren.

    das recht auf leben existiert nicht in jeder kultur. haben wir schon besprochen. auch das recht auf unversehrtheit exitiert nicht universell, denn auch wenn z.b. afrikanische mädchen nicht verstümmelt werden wollen, verstümmelt man sie aus gründen von religion und tradition, also kultur. und in anderen kulturkreisen gibts nicht nur prügelstrafen, sondern es ist durchaus üblich, gliedmaßen als strafe zu amputieren. gefoltert wird in vielen teilen der welt.

    aber so weit muss man gar nicht gehen: das recht auf gleichberechtigung ist nicht mal in D vollständig umgesetzt. recht auf meiungsfreiheit wird in verschiedensten ländern nicht gewährt. religionsfreiheit ebenso …

    ich denke, das genügt.

  40. #40 radicchio
    November 30, 2010

    Ist das so schwer zu verstehen, oder gibt es vielleicht irgendwelche unbewussten Motive den Menschen unterschiedlichste Grundbedürfnisse zu unterstellen?

    moment: ich schrieb es schon, es geht hier nicht um grundbedürfnisse. die grundbedürfnisse der schweizer werden von der frage der ausschaffung gar nicht tangiert.

  41. #41 cydonia
    November 30, 2010

    Ah ja, du nimmst an, um nur eines deiner Beispiele herauszugreifen, die jungen Frauen mit den gebundenen Füßenim alten China hätten sich ihr Los selbst gewählt, und hätten es nicht vorgezogen, richtig laufen zu können.
    Und die Beschneidung von jungen Mädchen hälst du wahrscheinlich auch für eine Form der Selbstverwirklichung?
    Und hast du nicht auch selbst das Gefühl, dass du gerade ziemlichen Blech schreibst, um dich dem Kernproblem und meiner Grundaussage nicht annähern zu müssen?
    Und du hast mich, wie ich befürchtete, mit Absicht falsch verstanden.
    Was soll das? Glaubst du, es ist kulturell bedingt, dass sich Menschen gerne quälen lassen? Glaubst du wirklich, Menschen würden, wenn sie die Wahl hätten, den Schmerz und die Krankheit wählen?
    Natürlich gibts in gewissem Sinne Ausnahmen, überall. Aber dergleichen einem Kulturkreis zuzuordnen, um die Menschen künstlich zu Wesen mit stark divergierenden Grundbedürfnissen zu machen, ist schon sehr perfide.

  42. #42 cydonia
    November 30, 2010

    Es geht nicht nur um die Bedürfnisse der Schweizer, sondern auch um die der Ausländer, weil…..sie Menschen sind. Jetzt angekommen?

  43. #43 ali
    November 30, 2010

    Ich werde später hoffentlich Zeit finden noch auf andere Kommentare einzugehen, aber das hier muss ich loswerden:

    @radiccio

    Du schreibst (meine Betonung):

    die mursi mit ihren lippentellern, die padaung mit ihren giraffenhälsen, früher die chinesen verkrüppelten den mädchen die füße, manche völker tätowieren sich am ganzen körper, andere beschneiden die genitalien, in der westlichen welt gibts nicht nur tattoos, piercings und schönheits-OPS, sondern auch die sog. body-modification mit den übelsten praktiken bis hin zu gespaltenen zungen und penissen. all das tun die menschen aus freien stücken, um sich selbst zu verwirklichen.

    Darauf könnte man entgegegnen:

    Das Argument der Freiwillgikeit […] ist ein scheinheiliges. [Sie] wurden von Kindesbeinen an indoktriniert und konditioniert, sich dieser Unfreiheit zu fügen. Einer Unfreiheit, die nun in eine Freiheit uminterpretiert wird. Das ist Heuchelei erster Güte.

    Du bist also ein Heuchler. Ich würde ja nicht so weit gehen und dich als solchen bezeichnen, aber dieses Zitat stammt (von mir nur leicht modifiziert) von dir (im Zusammenhang mit dem französischen Burkaverbot). Könnte es sein, dass du für oder gegen Kulturrelativismus argumentierst, je nach dem wie es dir gerade gelegen kommt? Dein Liberalismus scheint weniger mit Überzeugungen zu tun zu haben als mit einem gefälligen Argument. Im Vergleich zu deinem oft sehr forschen und absoluten Auftreten ist diese krasse Inkohärenz irritierend. Vielleicht ist an deinem Vorwurf der Heuchelei an dich selber doch etwas dran.

  44. #44 radicchio
    November 30, 2010

    Ah ja, du nimmst an, um nur eines deiner Beispiele herauszugreifen, die jungen Frauen mit den gebundenen Füßenim alten China hätten sich ihr Los selbst gewählt, und hätten es nicht vorgezogen, richtig laufen zu können.

    das war für die meisten kein “los”, sondern ein zeichen ihrer vornehmen herkunft: ein statussymbol.

    Und die Beschneidung von jungen Mädchen hälst du wahrscheinlich auch für eine Form der Selbstverwirklichung?

    ich hab das doch eindeutig formuliert. sei so nett und lass deine emotionen und daraus resultierenden unterstellungen mal außen vor.

    Glaubst du wirklich, Menschen würden, wenn sie die Wahl hätten, den Schmerz und die Krankheit wählen?

    es gibt sehr viele, die das tun. das glaube ich nicht, ich weiß es.

    Es geht nicht nur um die Bedürfnisse der Schweizer, sondern auch um die der Ausländer, weil…..sie Menschen sind. Jetzt angekommen?

    das habe ich nie bestritten. mir implizit zu unterstellen, ich hielte ausländer nicht für menschen, ist schon reichlich abstrus, meinst du nicht?

    allerdings war das thema das abstimmungsergebnis in der schweiz, das ich in keinster weise begrüße, und dessen gründe ich mit verlaub zu analysieren versuche.

  45. #45 cydonia
    November 30, 2010

    @ali
    Ich habe ja auch schon daran gedacht, ob wirs hier mit dem echten radicchio zu tun haben, ob er uns vera….t, oder ob er nur um der Ausreizung eines Argumentationstranges willen hier die hanebüchensten Finten postet.
    Wie dem auch sei, ich halte das Thema nicht für harmlos genug, um intellektuelle Spielchen zu spielen.
    Also radicchio, so oder so, schlechte Vorstellung!

  46. #46 cydonia
    November 30, 2010

    Bullshit, radicchio!
    Die Großmutter meiner Frau hatte solche Füße: Die hätte dir was gehustet! Wo zum Teufel hast du deine Informationen her?

  47. #47 Eidgenosse
    November 30, 2010

    und schon führen sie wieder ihre abgehobenen, rethorischen “ich habe vollkommen recht” schaugefechte. amüsant. und was wird mit mir. bin ich für immr und allezeiten auf die propaganda der svp angewiesen? Im Ernst. Interessiert es euch wirklich nicht, wie der schleichenden verblödung des volkes begegnet und der faschistoid angehauchten populistischen strippenzieherschaft zu in zukunft zu begegnen und zu kontern ist. (dämliche randaleaktionen sind damit natürlich nicht gemeint)

  48. #48 Kommentarabo
    November 30, 2010

  49. #49 cydonia
    November 30, 2010

    Werter Eidgenosse, genau das wurde von mir gerade moniert, wenn Sie genau gelesen haben. Solche sinnlosen Spiegelfechtereien sind mir auch nicht recht, und amüsant finde ich es auch nicht.
    Trotzdem will geschicktes Kontern gelernt sein, und dazu gehört eben auch eine saubere Argumentation, und auch die will geübt sein. Und faschistoid…naja…

  50. #50 eidgenosse
    November 30, 2010

    naja, reicht mir nun diebezüglich absolut nicht. rückzugsfloskel? a propos geschicktes kontern. ich befinde mich in der “realität” und ich versichere ihnen, dass geschicktes kontern hier weit mehr geist verlangt, als bei spiegelgefechten im geschützen raum.
    ich stelle faschistoide elemente in der propaganda, der nutzung direkt demokratischer instrumente und insbesondere bei der “verteufelung des meinungsgegners fest”. auch in meiner realität. es wäre wohl angebracht, diese tendenzen nicht zu verharmlosen. ansonsten lade ich sie gerne ein, auf dem lande mal intensiv hinzuhören. (intellektuelle spiegelfechtereien sind ein zeitvertreib, den ich mir angesichts der realität nicht mehr leisten kann und will. (habe deshalb auch hier nicht alles verfolgt) also: was machen wir nun? 🙂

  51. #51 cydonia
    November 30, 2010

    In die Diskussionen einsteigen! Mach ich hier auch ganz real, ich bin aber weit weg von der Schweiz. Trotzdem: auch hier gibts Meinungen, die nach einer zünftigen Auseinandersetzung schreien. Und es gibt eben immer verschiedene Wege. Ich bin z.B. sehr froh, dass Ali das Ganze auf diese Weise thematisiert hat.

  52. #52 ali
    November 30, 2010

    @Eidgenosse

    Auch wenn im schweizerischen Diskurs Dummheit inzwischen ein Ehrenabzeichen ist und “intellektuell” ein Schimpfwort: Weder habe ich Lust auf Selbstverleugnung (ja, Leute wie ich sind ebenso Teil des Stimmvolkes, genau wie die SVP Groupies auch wenn diese das Gegenteil behaupten).

    Ein grosser Teil der SVP Klientel wirft der Politik Manipulation, Heuchelei und Lügen vor. Ich (da ich nicht gewählt werden muss) habe das im Gegensatz zu ihren polternden Chefpöblern aber nicht nötig. Ich bin nicht bereit mich auf dieses Niveau zu begeben. Das wäre fehlender demokratischer Respekt. Die SVP Führungsrige ist übrigens genau so Teil einer Elite und der Classe Politique die sie angeblich bekämpft.

    Du wirst kaum eine Politikerin einen Politiker finden der wiedergewählt werden möchte und gewisse Dinge ausspricht: Die Mehrheit hat nicht immer Recht, auch dem Volkswillen müssen Grenzen gesetzt werden, das Stimmvolk hat nicht immer die nötige Kompetenz zu entscheiden (dies bezieht sich nicht unbedingt auf diese Initiative), manchmal basieren Entscheide auf Ressentiments oder gar Rassismus und das ist moralisch verwerflich, Täterschutz ist in einem funktionierenden Rechtssystem ebenfalls wichtig, etc. Dann werfe mir “intellektuelle Spiegelfechtereien” vor, wenn das der Preis für Ehrlichkeit ist, dann muss ich wohl damit leben.

  53. #53 ausländer
    November 30, 2010

    @Anhaltiner

    Direkte Demokratie is schon was Feines, dumm nur wenn es nach hinten los geht. Bei eurem nördlichen Nachbarn hatte das Ergebnis der Volkesmehrheit schon mal ganz böse Effekte.

    Mir ist nicht bekannt, dass es zu der Zeit Volksabstimmungen gab (und auch heute nicht). Es war das Parlament, das die Ermächtigungsgesetze erlassen hat. In der Schweiz hätte man ein Referendum eingereicht.

    @ali

    Wozu dient die Schweizer Verfassung? Wenn nun auch Bauvorschriften und mehr oder weniger willkürliche Listen ihren Weg in Verfassungsartikel finden, gibt es etwas, dass da nicht hineingehört?

    Es liegt wohl in der Natur der Verfassungsinitiative, dass die Verfassung überfrachtet wird mit solchen Dingen. Wir, oppla, ihr habt ja mal einen Absinth-Artikel in der Verfassung, der kürzlich abgeschaft wurde. Ich finde das nun wirklich nicht ein Grund, um sich zu ärgern. Besser eine Verfassungsinitiative als keine.

    Völkerrecht

    Na ja, auch die USA hat durch die Bombardierung das Völkerrecht missachtet. Und ich muss ehrlich gestehen, ich fand die USA haben in diesem Fall illegal moralisch gehandelt während Europa/Uno in der ganzen Linie versagt haben.

    Worin unterscheidet sich der kriminelle Ausländer vom kriminellen Schweizer? Inwiefern macht seine Nationalität (die man in der Regel nicht wählt) sein Vergehen moralisch verwerflicher?

    Das sind die kleinen Ungerechtigkeiten dieser Welt. Dass nun eine Person, die nicht Schweizer ist, nach einem Verstoss das Gastland verlassen muss, ist natürlich Pech für ihn. Wobei auch erwähnt werden muss, dass der Ausländer ja eine Alternative gehabt hat: die Straftat nicht zu begehen. Schlimm ist eine Diskriminierung dann, wenn man keine Alternativen hat, diese zu umgehen.

    Als Nichtschweizer werde ich nun baldmöglichst erneut ein Einbürgerungsgesuch einreichen (und hoffe, dass mein erster misslungener Einbürgerungsversuch kein Hindernis ist).

  54. #54 eidgenosse
    November 30, 2010

    ich bin auch froh, dass er es thematisiert hat. ansonsten wäre ich wohl nicht hier. mein interesse gilt aber (situationsbedingt) eher den praktischen belangen. wer sich wirklich sorgen macht über die gestaltung der verfassung z.b. und des rechtsstaates darf die realität (nach dieser abstimmung) nicht ausblenden. wer es tut, nimmt billigend in kauf, dass sich der rechtsstaat langsam aber unaufhaltsam auflöst. es geht also nicht (zumindest für mich) um theoretische debatten.

  55. #55 cydonia
    November 30, 2010

    Ich hatte eher die radicchio-Spiegelfechtereien im Sinn, die tatsächlich die Grenze des Sinnlosen erreichten. Ansonsten begrüße ich, wie gesagt, jede argumentativ saubere Auseinandersetzung und diesen Artikel sowieso. Warum Eidgenosse diese Art der Auseinandersetzung so wenig schätzt ist mir auch nicht ganz klar geworden, denn was will er in der Realität Anderes machen? Sich prügeln?

  56. #56 eidgenosse
    November 30, 2010

    nein, er will sich eben gerade nicht prügeln. und findet auch “raf-sonntagsabendrandalierer” keine wirkliche alternative. eidgenosse will, dass die”intellektuell-urbane-szene” zur kenntnis nimmt, dass ihre spiegelfechtereien bestenfalls amüsant, aber nicht im geringsten relevant sind, wenns um “direktdemokratische” entscheidungen geht. eidgenosse will, dass die urbane linke szene endlich wahrnimmt, dass es scheissegal ist, ob sie “vollkommen recht hat. oder nicht”. eidgenosse will, dass endlich zur kenntnis genommen wird, dass eben die entscheidungen nicht in bern, basel und genf gefällt werden. eidgenosse will, dass die überwindung des “kapitalismus” nicht zur installation des faschismus führt. (wie weihland schon mal geschehen) mehr hat der eidgenosse nicht mehr zu sagen und wünscht frohe und anregende spiele! 😉

  57. #57 Patrik Bischof
    November 30, 2010

    Ich möchte nochmals versuchen meine Meinung, die vielleicht sprachlich nicht besonders geschickt verpackt ist, kundzutun:

    Die Fragen richten sich auschliesslich an die Ja-Stimmenden, die die Konsequenzen ihrer Wahl nicht zu Ende denken. Im Prinzip wird also aufgezeigt, was die vorschnellen Ja-Stimmenden nicht bedacht haben und durch die Art wie die Fragen gestellt sind wird es ziemlich offensichtlich wie man nach der Meinung von Herrn Arbia diese Fragen zu beantworten hätte. Mir zeigt sich leider nur oft der Zusammenhang zwischen der Abstimmung über die Vorlage der Ausschaffungsinitiative und den gestellten Fragen inkl, der darin aufgestellten Behauptungen nicht.

    z.B. Soll die Macht der Stimmbevölkerung unbeschränkt sein?
    Offensichtlich sind sie der Meinung, dass die Macht nicht unbeschränkt sein soll – kann man diskutieren. Ich weiss selbst nicht genau, welche Meinung ich zu diesem Thema habe. Jedoch: Inwiefern beeinflusst diese Frage das Abstimmungsverhalten zur Ausschaffungsinitiative? Sie behaupten implizit, dass alle Ja-Stimmenden zu dieser Frage die gleiche (falsche) Meinung haben und unter anderem aus diesem Grund überhaupt Ja gestimmt haben. Meine Gegenfrage lautet jedoch: Haben Sie Nein zur Ausschaffungsinitiative gestimmt, weil Sie damit gegen die Diktatur der Mehrheit (bevor sie überhaupt wussen ob Sie nicht selbst zur Mehrheit gehören) protestieren wollten? Eher nicht, vermute ich. Klingt eher nach einem im Nachhinein vorgeschobenen Argument, weil die Diskussion der Sache an sich während des Abstimmungskampfes nicht für eine Mehrheit gereicht hat.

    Für mich sind die meisten Fragen Ausgangspunkt für nette Diskussionen, haben aber selbst nichts mit der Abstimmung direkt zu tun und basieren teils bereits auf von Ihnen aufgestellte Behauptungen: z.B. Verstoss der Initiative gegen das Völkerrecht, Konflikt mit anderen internationalen Verträgen, Nichtbeachtung der Menschenrechte etc. Sie werden für all diese Themen Experten auf beiden Seiten der politischen Lager finden, welche gegensätzliche Positionen vertreten. Wem soll man da glauben?

    Ich denke, dass viele Schweizer viel pragmatischer abstimmen. Bei einer Vorlage die vors Volk kommt, muss das Volk davon ausgehen, dass die Initiative umgesetzt werden kann d.h. dass sie so umgesetzt wird, dass z.B. zwingendes Völkerrecht beachtet wird und nicht gegen andere Verfassungsartikel verstösst. Am Ende gehts also nur noch um den Inhalt der Vorlage und der war: Möchte ich die Ausschaffungspraxis stark verschärfen, verschärfen mit Integrationsartikel oder gleich belassen wie im Moment?

    Dass von der Seite der Abstimmungsverlierer nach der Wahl nach einer stärkeren Kontrolle von Initiativen geschrien wird, damit solche “falsche” Abstimmungsergebnisse nicht mehr entstehen, ist tatsächlich “schlechtes Verlieren”. Offensichtlich wurden die sachlichen Bedenken ihrerseits im Abstimmungskampf nicht als so dringend empfunden, wie Sie diese empfinden.

    Bemerkung wegen Gewinnern/Verlierern: Es gibt natürlich nach jeder Abstimmung Abstimmungsgewinner und -verlierer. Das heisst jedoch noch lange nicht, dass nur strategisch des Gewinnens wegen abgestimmt wird.

  58. #58 radicchio
    November 30, 2010

    Du bist also ein Heuchler. Ich würde ja nicht so weit gehen und dich als solchen bezeichnen, aber dieses Zitat stammt (von mir nur leicht modifiziert) von dir (im Zusammenhang mit dem französischen Burkaverbot).

    nee, ich bin natürlich kein heuchler *ggg*. aber du hast recht, die trennlinie zwischen – ich nenn es mal “exotischer folklore” und unterdrückenden menschenverachtenden traditionen ist fließend und nicht ganz leicht zu ziehen. der unterschied zwischen burka und lippenteller o.ä. liegt für mich in der intention und dem ergebnis: das eine ist (wie immer: meiner ansicht nach) ein mobiles gefängnis mit einem hohen politischen symbolwert, das ganz eindeutig dazu dient frauen abzuwerten, auszuschließen und zu diskriminieren. das andere ist ein schönheitsideal, das die menschen zwar einschränkt, aber nicht abwertet.

    die lotusfüße waren beides, anfangs schönheitsideal und später instrument zur unterdrückung. würde das füßebinden heute aus (vermeintlich) religiösen gründen analog zur burka wieder aufkommen, würde ich jederzeit, wie von dir zitiert, das argument der freiwilligkeit für scheinheilig halten. und auch das hier würde uneingeschränkt gelten:

    “wenn die burka verboten ist, haben die burka tragenden frauen das gesetz auf ihrer seite, um dieses ungetüm abzulegen. sie werden dadurch mit sicherheit nicht diskriminiert.”

    »all das tun die menschen aus freien stücken, um sich selbst zu verwirklichen.«

    leute in deutschland, die sich operieren, piercen oder tätowieren lassen, sind in gewisser weise auch durch medien und kultur “indoktriniert” zumindest aber sozialisiert worden. allerdings obliegt ihnen die entscheidung über ihre unversehrtheit selbst und sie wird nicht zum zwecke der diskriminierung oder deren abwendung aufgegeben.

    Dein Liberalismus scheint weniger mit Überzeugungen zu tun zu haben als mit einem gefälligen Argument.

    wenn man es nicht zuende denkt, mag es so aussehen.

    Könnte es sein, dass du für oder gegen Kulturrelativismus argumentierst, je nach dem wie es dir gerade gelegen kommt?

    nö. ich bin nur daran interessiert, wie dieses gleichheitsparadoxon in verschiedenen kontexten aufzulösen wäre. und das ist ja wohl eine kernfrage:
    was macht man mit kulturen, die gleichwertig sind, aber inkompatibel zu sein scheinen?

  59. #59 ali
    November 30, 2010

    @eidgenosse

    Wir wissen jetzt was offensichtlich der falsche Weg ist. Was schlägst du also vor?

  60. #60 ausländer
    November 30, 2010

    @Patrick Bischof: Danke!
    Auf SP-Seite ist ein Posting von Pirmin Meier. Er zeigt schön auf, warum Polizisten in der unteren Etage Ja/Ja gestimmt haben (und die oberen Nein/Ja).
    https://www.sp-ps.ch/ger/Medien/Communiques/2010/SP-bedauert-Annahme-der-Ausschaffungsinitiative

  61. #61 ali
    November 30, 2010

    @Patrick Bischof

    Die Fragen richten sich auschliesslich an die Ja-Stimmenden, die die Konsequenzen ihrer Wahl nicht zu Ende denken. Im Prinzip wird also aufgezeigt, was die vorschnellen Ja-Stimmenden nicht bedacht haben und durch die Art wie die Fragen gestellt sind wird es ziemlich offensichtlich wie man nach der Meinung von Herrn Arbia diese Fragen zu beantworten hätte.

    Da tun Sie mir unrecht. Lesen Sie nochmals den Post. Ich habe niemanden pauschal als Dumm bezeichnet. Ich “türme” keine “Behauptungen auf” sondern stelle legitime Fragen, die man auch einfach beantworten kann, statt sie als pure “Meinung” abzukanzeln. Ich verstecke meine persönliche Meinung nicht und ich stelle diese Fragen weil ich Sie mir nicht mit gutem Gewissen mit einem Ja vereinbaren könnte und davon ausgehe, dass nicht 54% der Stimmbevölkerung diese Werte nicht mit mir teilen (ich hoffe es zumindest).

    Formuliert so jemand, der alle anderen Meinungen als “dumm” abstempeln möchte und nicht wirklich an einer Debatte um diese Fragen interessiert ist:

    Ich möchte wissen ob und wo andere diese Grenze ziehen und falls nicht, wie sie dies mit ihrer Vorstellung von Demokratie vereinbaren können.
    Ich finde es schwer nachzuvollziehen was in den Köpfen jener passierte, die ein Ja eingelegt haben zu dieser Initiative (ich kann mir bestenfalls vorstellen, welchen Anteil der Bauch beim Entscheid hatte). Darum möchte ich hier ein paar Fragen stellen an all jene, die Ja gestimmt haben. Es sind Fragen die Vorstellungen von Rechtsstaatlichkeit betreffen.

    Es stimmt, dass ich vermute, dass sich viele diese Fragen nicht gestellt haben. Ich bin jedoch gerne bereit, mich eines besseren belehren zu lassen oder mit jenen, die dies tatsächlich taten, eine Diskussion zu führen. Mir zu unterstellen ich würde Rundumschläge machen oder Leute nicht ernst nehmen empfinde ich als unfair.

    Soll die Macht der Stimmbevölkerung unbeschränkt sein?
    Offensichtlich sind sie der Meinung, dass die Macht nicht unbeschränkt sein soll – kann man diskutieren. Ich weiss selbst nicht genau, welche Meinung ich zu diesem Thema habe. Jedoch: Inwiefern beeinflusst diese Frage das Abstimmungsverhalten zur Ausschaffungsinitiative?

    Das Schweizer System schränkt die Macht der Mehrheit öfters ein. Die Frage stelle ich weil schon bei der Minarettinitiative das Argument oft war: Die Mehrheit hat entschieden. So einfach ist es aber nicht auch wenn der Mythos von der SVP gepflegt wird. Ich möchte nun wissen, ob diese Macht uneingeschränkt zu gelten hat (darum die extremen Beispiele). Ich bin mir sicher fast alle ziehen irgendwo eine Grenze (spätestens bei der Einführung einer Dikatur oder Folter). Darum wäre es gut zu wisssen, wo diese Grenzen festgelegt werden sollen.

    Sie behaupten implizit, dass alle Ja-Stimmenden zu dieser Frage die gleiche (falsche) Meinung haben und unter anderem aus diesem Grund überhaupt Ja gestimmt haben.

    Nein, das tue ich nicht. Ich glaube viele überlegen sich nicht, dass sie auch Grenzen setzen.

    Meine Gegenfrage lautet jedoch: Haben Sie Nein zur Ausschaffungsinitiative gestimmt, weil Sie damit gegen die Diktatur der Mehrheit (bevor sie überhaupt wussen ob Sie nicht selbst zur Mehrheit gehören) protestieren wollten?

    Nein. Ich finde über eine Initiative die fundamentale Rechtsgrundsätze und/oder zwingendes Völkerrecht verletzt sollte nicht abgestimmt werden oder eine juristische Sicherung (Verfassungsgericht) eingebaut sein. Diese Kontrolle fehlt in der Schweiz weitgehend. Ich habe unter anderem Nein gestimmt, weil die Initiative objektiv einigen solchen Regeln widerspricht.

    Für mich sind die meisten Fragen Ausgangspunkt für nette Diskussionen, haben aber selbst nichts mit der Abstimmung direkt zu tun und basieren teils bereits auf von Ihnen aufgestellte Behauptungen: z.B. Verstoss der Initiative gegen das Völkerrecht, Konflikt mit anderen internationalen Verträgen, Nichtbeachtung der Menschenrechte etc. Sie werden für all diese Themen Experten auf beiden Seiten der politischen Lager finden, welche gegensätzliche Positionen vertreten. Wem soll man da glauben?

    Es sind nicht einfach “nette” Diskussionen. Weil eine Mehrheit der Stimmbevölkerung diese Fragen nicht oder anders beantwortet hat könnten Menschen im Extremfall Todesgefahr ausgesetzt sein. In der Botschaft zu den Abstimmungen findet man normalerweise eine gut argumentierte Einschätzung zum Völkerrecht. Sie können auch selber nachdenken. Prinzipien wie Non-Refoulement oder die Personenfreizügigkeit sind ziemlich offensichtlich (so offensichtlich, dass teilweise auch SVP Exponenten in Bezug auf die Umsetzung zurückgekrebst sind).

    Wenn Sie sich zwischen den Expertenmeinungen nicht entscheiden oder beurteilen können, warum haben Sie dann beschlossen auf jene zu hören, die sagen es würde nicht gegen völkerrechtlichen Regeln verstossen (viele gibt es übrigens nicht davon)? Könnte es sein, dass Sie einfach die genehmen Beurteilungen rauspicken? Wir hatten hier schon ähnliche Diskussionen mit Kreationisten (ich sage nicht sie seien ein solcher, es geht mir um das Argumentationsmuster): Dort kriegt man häufig zu hören, es gibt auch Experten die behaupten X oder Y, darum könnte es auch so und so sein. Es ist zwar wahr, dass es in juristischen Belangen oft nicht so offensichtlich ist, wie in der Biologie, aber das ist kein Freipass um einfach den Kopf in den Sand zu stecken und zu tun und lassen was man will.

    Dass von der Seite der Abstimmungsverlierer nach der Wahl nach einer stärkeren Kontrolle von Initiativen geschrien wird, damit solche “falsche” Abstimmungsergebnisse nicht mehr entstehen, ist tatsächlich “schlechtes Verlieren”.

    Ich ‘schreie’ schon lange nach mehr Check & Balances (am liebsten wäre mir ein Verfassungsgericht welches die Gültigkeit von Initiativen überprüft). Eine Gesetzesinitiative und ein Verfassungsänderungsquorum wären auch sinnvolle Massnahmen.

    Zu sagen ich sei ein “schlechter Verlierer” ist nur eine andere Art zu sagen, die Mehrheit hat immer Recht. Ich habe oben erklärt warum ich denke, dass dem nicht so ist und was die Probleme dabei sind.

  62. #62 Hagen
    November 30, 2010

    Das Ergebnis der Volksabstimmung ist einfach nur traurig, die Argumente der Befürworter umso mehr.

  63. #63 Patrik Bischof
    November 30, 2010

    Ich habe leider keine Ahnung wie man so schön zitiert wie sie es in ihrem Beitrag gemacht haben, deswegen werde ich ihre Textstellen mit < < >> kennzeichnen.

    Tut mir leid, aber ich sehe nach wie vor keinen Zusammenhang zwischen einer Diskussion um die Fragen wie Initiativen überprüft und welche Initiativen dem Volk vorgesetzt werden mit der Abstimmung zur Ausschaffungsinitiative. Ausser natürlich man geht davon aus, dass genau diese Abstimmung bei einer genaueren Prüfung dem Volk eben nicht vorgelegt worden wäre.

    < >

    Objektiv? Laut Abstimmungsbüchlein war die Mehrheit des Parlaments der Überzeugung, dass die Initiative so ausgelegt werden kann, dass zwingendes Völkerrecht (genannt wird das “Non Refoulement Prinzip”) eingehalten werden kann. Sogar innerhalb des Abstimmungsbüchleins gehen die Meinungen auseinander.

    < < Wenn Sie sich zwischen den Expertenmeinungen nicht entscheiden oder beurteilen können, warum haben Sie dann beschlossen auf jene zu hören, die sagen es würde nicht gegen völkerrechtlichen Regeln verstossen (viele gibt es übrigens nicht davon)? Könnte es sein, dass Sie einfach die genehmen Beurteilungen rauspicken? >>

    Weil ich ganz einfach davon ausgehe, dass die Gültigkeitserklärung des Parlaments richtig war; weil die Initiative Spielraum bei der Umsetzung gewährt und ich Vertrauen in die Regierung habe, dass die Initiative insgesamt sinnvoll umgesetzt wird. Im Moment weiss noch keiner wie genau diese umgesetzt wird, aber wahrscheinlich wird das ganze dann weniger heiss gegessen als gekocht. Für mich persönlich war der Inhalt der Abstimmung wichtiger als die nicht genau zu beziffernden Probleme bei der Umsetzung.

    < >

    Wenn nach einer verlorenen Abstimmung darüber “diskutiert” wird, ob die Initiative überhaupt hätte zugelassen werden sollen, dann macht das nunmal diesen Eindruck.

  64. #64 Patrik Bischof
    November 30, 2010

    Na toll, hat ja ganz gut funktioniert mit den Quotes.

    Ich habe mich auf folgende Aussagen von Ihnen bezogen:

    1 “Nein. Ich finde über eine Initiative die fundamentale Rechtsgrundsätze und/oder zwingendes Völkerrecht verletzt sollte nicht abgestimmt werden oder eine juristische Sicherung (Verfassungsgericht) eingebaut sein. Diese Kontrolle fehlt in der Schweiz weitgehend. Ich habe unter anderem Nein gestimmt, weil die Initiative objektiv einigen solchen Regeln widerspricht.”

    2 “Wenn Sie sich zwischen den Expertenmeinungen nicht entscheiden oder beurteilen können, warum haben Sie dann beschlossen auf jene zu hören, die sagen es würde nicht gegen völkerrechtlichen Regeln verstossen (viele gibt es übrigens nicht davon)? Könnte es sein, dass Sie einfach die genehmen Beurteilungen rauspicken? ”

    3 “Zu sagen ich sei ein “schlechter Verlierer” ist nur eine andere Art zu sagen, die Mehrheit hat immer Recht. Ich habe oben erklärt warum ich denke, dass dem nicht so ist und was die Probleme dabei sind.”

  65. #65 Khasarenkhan
    Dezember 1, 2010

    Tut mir leid, aber ich sehe nach wie vor keinen Zusammenhang zwischen einer Diskussion um die Fragen wie Initiativen überprüft und welche Initiativen dem Volk vorgesetzt werden mit der Abstimmung zur Ausschaffungsinitiative.

    Du hast es doch selbst formuliert:

    Bei einer Vorlage die vors Volk kommt, muss das Volk davon ausgehen, dass die Initiative umgesetzt werden kann d.h. dass sie so umgesetzt wird, dass z.B. zwingendes Völkerrecht beachtet wird und nicht gegen andere Verfassungsartikel verstösst.

    Darauf kann sich das Volk eben nicht verlassen, solange Initiativen Verfassungsrecht schaffen. Wären es nur einfache Gesetze, hätte man das Problem der Kollision mit anderen Verfassungsartikeln schon mal nicht. Und auch Staatsverträge stehen in der Schweiz über einfachen Gesetzen. Allerdings bräuchte es dazu auch ein Instanz, welche die Gesetze/Initiativen überprüfen kann und darf, also ein Verfassungsgericht.

    Nun ist das natürlich ein furchtbar deutsches oder historisch eigentlich eher us-amerikanisches Modell. Aber wenn man das nicht will, dann muss sich der Wähler da selbst einen Kopf drüber machen und kann sich nicht denkfaul darauf verlassen, dass das schon andere für ihn getan haben. Und für besonders realistisch halte ich diese Erwartung nicht, nicht mal das Angebot einer Umsetzung der Verschärfungswünsche bis an die Grenze des rechtlich (und außenpolitisch) Machbaren in Form des Gegenvorschlags reichte den Wählern aus.

  66. #66 Patrik Bischof
    Dezember 1, 2010

    Mein wahrscheinlich letzter Kommentar:

    Als Mensch in der heutigen Zeit MUSS man sich auf Spezialisten verlassen, man hat kaum selbst die Möglichkeit in allen Bereichen des Lebens alles zu wissen…
    Dass im Fall der Ausschaffungsinitiative die Umsetzung mit Völkerrecht, Bundesverfassung etc. etc. konfligiert ist eine Behauptung, Meinung, Haltung (so drückts sogar die SP Schweiz im oben gepostetet Link aus), die anscheinend von einer Minderheit des Parlaments getragen wird.

    Abgesehen von diesem rechtlichen Argument hatten die Gegner der Initiative keinen einzigen inhaltlichen Beitrag, geschweige denn Alternativlösungen zur Initiative zur Sprache gebracht (oder zumindest kam das bei mir nicht an). Und das bei einem Thema, welches Sicherheit betrifft. Wen wunderts, dass man mit solchen Argumenten bei den Leuten nicht ankommt (von denen viele sich wahrscheinlich nicht allzu detailliert mit rechtlichen Fragen befassen)? Der Gegenvorschlag war ja offenbar nichtmal gut genug, obwohl er diese rechtlichen Probleme gelöst hat. Da fragt man sich dann, was denn eigentlich das wirkliche Problem der Initiative/Gegenvorschlag war, dass die Linke ein Doppel Nein empfohlen hat. Vielleicht ein so unpopulärer, dass man damit nicht mal Abstimmungskampf betreiben kann?

    Zum Gegenvorschlag: Der Gegenvorschlag ist meiner Meinung nach wegen dem Integrationsartikel gescheitert. Zumindest bei mir und ein paar Bekannten wars so.

  67. #67 Khasarenkhan
    Dezember 1, 2010

    Das rechtliche Argument ist nicht die Meinung einer Minderheit, sondern schlicht die Realität und wird auch im Parlament von allen bis auf die SVP geteilt. Falls das irgendwer ernsthaft leugnet und dafür auch inhaltliche Argumente hat (bei der SVP nicht zu erwarten), wäre ich an einem Link interessiert.

    Was du nicht zu kapieren scheinst: die Zulassung einer Initiative bedeutet nicht, dass sie rechtlich praktisch umsetzbar ist. Es geht allein um

    Das Parlament erklärt als Hüter der Verfassung eine Initiative nur für ungültig, wenn diese gegen das «zwingende Völkerrecht» verstösst. Eine Ungültigerklärung blieb bisher die grosse Ausnahme. Unter zwingendem Völkerrecht versteht man ausschliesslich Normen mit unbedingtem Geltungsanspruch wie die Verbote von Folter, Genozid und Sklaverei.

    Link zu interessantem NZZ-Artikel

    Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Freizügigkeitsabkommen mit der EU kann die Schweiz nämlich kündigen, die sind nicht zwingend. Die Initiative hätte ehrlicherweise so aussehen müssen:

    1. Ausländer die wegen xyz verurteilt werden, werden ausgeschafft.
    2. Der Verhältntnismäßigkeitsgrundsatz gilt insoweit nicht
    3. Die Schweiz kündigt die EMRK
    4. Die Schweiz kündigt die Freizügigkeitsverträge mit der EU (und damit automatisch auch alle anderen)
    5. Die Schweiz kündigt die UN-Kinderrechtskonvention
    6. usw.

    Ich denke kaum, dass dieser Vorschlag eine Mehrheit bekommen hätte. Genau das wäre aber nötig, um den Text tatsächlich umzusetzen. Es bleibt also nur, die Verfassung gegen den Wortlaut umzudeuten und die Umsetzung zu sabotieren. Worüber die SVP sich dann wieder aufregen kann, weil der “Volkswille” von den “Eliten” ignoriert wird. Die Strategie der SVP ist ein demagogische Frontalangriff auf den Schweizer Verfassungsstaat.

    Abgesehen von diesem rechtlichen Argument hatten die Gegner der Initiative keinen einzigen inhaltlichen Beitrag, geschweige denn Alternativlösungen zur Initiative zur Sprache gebracht (oder zumindest kam das bei mir nicht an)

    Dir scheint entgangen zu sein, dass der Gegenvorschlag ebenfalls ein strengeres Ausschaffungsregime vorsah (der Integrationsartikel war reine Verfassungskosmetik). Wieso war der “offenbar” nicht gut genug? Und wer wie SP & Grüne hingegen beide Vorschläge ablehnte, sah das Problem nicht, weil ihm die bisher geltenden Regeln streng genug sind. Wozu dann eine Alternative vorschlagen?

  68. #68 ali
    Dezember 1, 2010

    @Patrick Bischof

    Schade, dass Sie sich aus der Diskussion verabschieden wollen, nachdem wir endlich zu den konkreteren Argumenten vorstossen. Ich finde es positiv, dass Sie als Ja-Stimmer sich auf diese Diskussion eingelassen haben.

    Khasarenkhan hat es schon geschrieben: Die einzige Kontrolle die jetzt stattfindet ist durch das Parlament und da wird der Bock zum Gärtner gemacht. Das Parlamentarierinnen und Parlementarier mehr von politischen als juristischen Motiven bewegt werden ist doch sehr plausibel. Deshalb hat sich auch die restriktive Ungültikeitspolitik durchgesetzt. Man verbiegt lieber den Wortlaut als offen für eine Ungültikeit einzutreten.

    Die SVP schreibt in ihrem Argumentarium, dass alle EU Bürger die einen der Delikte begehen ausgeschafft werden sollen. Sie begründet diese mit a) der Vertrag sehe eine Ausschaffungsmöglichkeit bei “schweren Straftaten” vor (Sozialhilfebetrug? Einbruch?) und b) Thomas Cottier hätte eine Kompatibilität bestätigt. Cottier hat in einem Pressecommuniqué klargestellt, dass sie das nur unter bestimmten Bedingungen sei (genau die, die SVP nicht zulassen will).

    Ebenso für das Nicht-Rückweisungsgebot argumentiert sie mit einer Klausel zur “Gefahr der öffentlichen Sicherheit” um zu argumentieren, dass alle zurückgeschickt werden dürfen (wiederum die meine Frage nach Sozialhilfebetrug und Einbruch?). Zudem benutzt sie die Zahl von 1.5% anerkannten Flüchtlingen, doch viele sind eben in einer aufenthaltsrechtlichem Zwischenwelt weil sie wegen dem Non-Refoulement Artikel nicht zurückgeschafft werden können. Dies sind eben nicht-anerkannte Flüchtlinge.

    Die SVP pickt Artikel raus und ignoriert Sinn solcher Klauseln und die existierende Recht und ist sich nicht zu blöde von einem Abschnitt zum anderen die Argumentation zu wechseln (von allen Straftaten zu schweren). Abgesehen von der bestehenden Rechtssprechung kann das auch jeder Laie erkennen: Im Sinnne der SVP ist eine Völkerrechtskonforme Umsetzung nicht möglich.

    Nun würde es mich interessieren, warum Sie, wenn Sie es nicht schaffen Expertenmeinung abzuwägen, einfach entscheiden, dass eine solche Umsetzung also möglich ist? Zu sagen “ich muss mich auf Spezialisten verlassen” ist gut und Recht nur haben Sie das nicht getan indem Sie ein “Ja” eingeworfen haben. Zumindest haben sich sehr selektiv die wenigen “Spezialisten” rausgepickt die Ihre vorgefasste Meinung stützten und das ist das Gegenteil von “auf Spezialisten verlassen”.

    Ebenfalls interessieren würde es mich, ob sie das Gefühl haben, Ihren staatsbürgerlichen Pflichten nachzukommen, wenn Sie sagen ich kann etwas nicht einschätzen darum stimme ich “Ja”?

    Zu sagen es werde dann “weniger heiss gegessen als gekocht” heisst in meinen Ohren, dass sie einem Verfassungszusatz zugestimmt haben von dem Sie ausgehen, dass er nicht vollständig im Wortlaut umgesetzt wird. Finden Sie, dass so die fundamentalen Regeln unseres Staates (d.h. der Verfassung) festgelegt werden können? Ausserdem wird dies wie Khasarenkhan richtig bemerkte von der SVP dann wieder wie mit der Verwahrungsinitiative als Futter im Stile von “der Volkswille wird missachtet” benutzt.

    Ich kann übrigens nur wiederholen was ich schon geschrieben habe: Ich habe meine Zweifel nicht erst nach der Abstimmung geäussert.

  69. #69 Khasarenkhan
    Dezember 1, 2010

    Also man kann der SVP wahrlich nicht vorwerfen, mit ihren Ansichten hinter dem Berg geblieben zu sein. Es gibt ihr schlicht zu viele Ausländer, die Ausschaffung soll ausdrücklich Strafe und nicht Gefahrenabwehr sein. Dass dies für die 3/4 der Ausländer, die aus EU-Staaten kommen, eben gerade nicht zulässig ist, wird dreist weggelogen. Sie schreiben es doch selbst:

    Die Richtlinie 2004/38/EG für die Ausschaffung verlangt eine “tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr”, welche von der entsprechenden Person ausgehen muss. Kann der betreffende Straftäter als „Sicherheitsrisiko“ bezeichnet werden,

    tatsächlich = im konkrete Einzellfall festgestellt und nicht abstrakt per Gesetz
    gegenwärtig = auch noch im Zeitpunkt der Abschiebung nach Verbüssung der Strafe und nicht zum Zeitpunkt der Tat
    erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit = erneute Begehung schwerster (!) Straftaten zu befürchten

    Aber einen Verstoß könne die Schweiz sich leisten, schliesslich habe sie sich nicht der Rechtsprechung des EUGH unterworfen. Wozu sich da an Verträge halten? Ja wozu wohl, eventuell damit die EU sich ihrerseits daran hält?

    Und genau das gleiche Spiel beim Flüchtlingsrecht, was ausdrücklich Strafe sein soll, wird als zwingend nötige Maßnahme der Gefahrenabwehr gerechtfertigt.

    Ausweisung von Minderjährigen mit ihren Eltern: ja bitte!

    Schön fand ich die Formulierung mit dem “perfiden Gegenentwurf”, da musste ich an Kaiser Wilhelm zwo denken (“perfides Albion!”):

  70. #70 noanna
    Dezember 2, 2010

    Ali als Minderheit hat Ali anscheinend Probleme mit der Diktatur der Mehrheit und wünscht sich daher eine Diktatur einer Minderheit. Um es kurz zu machen: Egal, was das Volk als Mehrheit beschließt, es ist einfach Gesetz. Daher darf nicht eine Minderheit installiert werden (Verfassungswächter), welche den möglichen Volkswillen beschneiden können. Ansonsten herrscht wieder eine Minderheit.

    Zu sagen, die Jastimmer hätten nicht bedacht usw. zeugt nur vor einer Arroganz, welche sich eben über den Willen des Volkes stellen will. Letztlich ist es nämlich immer das Volk, also die Mehrheit, welche Entscheidungen, auch Fehlentscheidungen, zu tragen hat und daher muß das Volk auch die Entscheidungsgewalt der Mehrheit haben und hat sie auch. Das Volk wäre dumm, wenn es sich diese Macht von irgendwelchen Spinnern nehmen lassen würde.

    Was Recht ist, bestimmt das Volk und nicht irgendwelche Minderheiten. Das Volk bestimmt damit auch, ob es irgendwelche Menschenrechte anerkennen möchte oder nicht. Es kann auch seine eigenen Vorstellungen verwirklichen und wird sich hoffentlich nicht die Waffen und sofort verfügbare Munition aus den Kleiderschränken nehmen lassen, nur weil einige Spinner der Meinung sind, daß dies gefährlich sei. Früher galt als Wahlausweis der Karabiner und das war auch gut so.

    Alis Schrei nach einem Verfassungsgericht, welches gar Volksentscheide ungültig erklären kann, wäre der erste Schritt zu einer Meinungsdiktatur einer Minderheit!

  71. #71 ali
    Dezember 2, 2010

    @noanna

    Ich habe geschrieben warum ich in den meisten Fällen den Entscheid der Mehrheit akzeptiere und warum ich in diesem Fall denke, dass eine Grenze überschritten wurde. Ich habe ebenfalls darauf hingewiesen, dass auch in der Schweiz oft nicht einfach die absolute Mehrheit Recht behält (Ständerat, Ständemehr, z.B.). Ich habe auch darum gebeten auf meine Fragen nicht einfach mit einem “Die Mehrheit hat immer Recht” zu antworten. Fragen die ich als Fragen formuliert habe. Wenn du keine Antworten darauf hast, musst du das nicht auf mich projezieren und behaupten ich würde sagen Ja-Stimmende hätten X oder Y gedacht. Es ist mir eben ein Rätsel was sie gedacht haben, weil ich diese Fragen nicht mit ruhigem Gewissen beantworten könnte.

    Kommentare wie deiner lassen mich erst vermuten, dass viele meiner Landsleute sich leider wohl tatsächlich einen Dreck um den Rechtsstaat, Menschenrechte oder die humanitäre Tradition der Schweiz kümmern (auch wenn sie sich immer auf diese berufen). Wir müssen nicht gleicher Meinung sein, aber man dürfte doch zumindest erwarten, dass man sich damit auseinandersetzt und seinen Standpunkt diesbezüglich rechtfertigen kann.

    Du hättest auch im Rahmen eines demokratischen Diskurses auch erklären können, warum es kein Problem ist und die Fragen beantworten. Aber du ziehst anscheinend vor über die “Arroganz” der anderen dozieren. Ist dir die Ironie überhaupt bewusst?

  72. #72 Arno
    Dezember 2, 2010

    noanna,

    duerfte die Mehrheit deine Hinrichtung beschliessen?

  73. #73 Eidgenosse
    Dezember 2, 2010

    vom selektiven Demokratieverständnis der jeweiliengen Gewinner/Verlierer der “Matches”.

    Februar 2009. Zitate von Herrn Blocher nach der PFZ Abstimmung:

    – Es ist einfach zur Mehrheit zu gehören, das ist wie in Dritten Reich als alle Hiteler zujubelten…

    -So eine Frage darf man dem Volk gar nicht vorlegen…

    -Minderheiten: Die anderer Mehrheit ist in einer Demokratie wichtiger als die Mehrheit.

    Das ist alles selbstredend und bringt uns nicht weiter @ noanna.

    Ein Vorschlag (einer von vielen) des Eidgenossen ist also: Eine “Verfassungsgerichtsbarkeit” klärt bei Einreichung einer Initiative) alle Fragen im Zusammenhang mit Verfassung, Menschenrechten und den internationalen Verträgen usw. ab. Damit nicht wieder “Gespenster” wie oben von noanna benannt, auftauchen beurteilt sie die Initiativen auf Kompatitbilität mit den genannten “Werten”. Sie deklariert (wie bei einem Produkt” sozusagen die Nebenwirkungen und Auswirkungen. Das Volk kann dann, im klaren Wissen um die Konsequenzen, entscheiden.
    Der Graubereich der sich bis anhin mit “Behauptungen und Gegenbehauptungen” also emotional ausschlachten liess, würde damit durch Fakten “ersetzt”. Das “Volk” weiss dann, was es “einkauft”. Nebenbei: Auch die Wirtschaftsverbände wären dann gefordert.

    Es ist ein Hohn, dass wir ständig Abstimmungen haben, deren Konsequenzen und Auswirkungen wir erst im nachhinein besprechen und analysieren. Ganz abgesehen von den Kosten, die aus dieser populitische Inanspruchnahme direkt demokratischer Instrumente anfallen. Soviel erstmal von mir.

  74. #74 eidgenosse
    Dezember 2, 2010

    sorry. ich habe leider nicht die zeit um hier stundenlang zu verweilen. einträge müssen schnell erledigt werden. da schleichen sich fehler ein.

    es sollte heissen….

    natürlich hitler…;-)

    und: minderheiten die anderer MEINUNG sind..

    auf ein ander mal 🙂

  75. #75 noanna
    Dezember 2, 2010

    @arno
    “noanna,

    duerfte die Mehrheit deine Hinrichtung beschliessen?”

    Genauso gut wie deine! Mit “dürfen” hat das gar nichts zu tun sondern mit Können.

    @Ali
    Ich hatte sogar einen langen Beitrag geschrieben und habe jede einzelne Frage beantwortet und begründet!

    Daher schrieb ich am Ende als Quintessenz meine Antwort, welche dir eben nicht passt:

    “Um es kurz zu machen: Egal, was das Volk als Mehrheit beschließt, es ist einfach Gesetz.”

    Du:
    “Kommentare wie deiner lassen mich erst vermuten, dass viele meiner Landsleute sich leider wohl tatsächlich einen Dreck um den Rechtsstaat, Menschenrechte oder die humanitäre Tradition der Schweiz kümmern (auch wenn sie sich immer auf diese berufen).”

    In der Tat ist es vollkommen unerheblich, ob man sich um solche Dinge “kümmert”. Wenn Bedarf ist, wird man entsprechend handeln. Es gibt außerdem immer die Möglichkeit oder sagen wir besser es gäbe die Möglichkeit alles ausdiskutieren zu können und dann mehrheitlich zu entscheiden. Diese Möglichkeit gibt es aber bereits nicht mehr in der Schweiz und noch weniger in Deutschland. Einfach deshalb, weil die Schweizer nicht aufgepasst haben und plötzlich der Willen einer Minderheit Gesetz wird!

    So schaut es nämlich tatsächlich aus und daher bin ich gegen solche selbstherrlichen Institutionen, welche gar Volksentscheide als ungültig erklären wollen, wenn es ihnen nicht in den Kram passt!

    Es steht jedem frei, theoretisch, seine Bedenken zu einem Sachverhalt frei zu äußern und Mehrheiten zu überzeugen. Niemals darf in einer Demokratie ein Maulkorbgesetz erlassen werden, welcher das Äußern von “falschen” Gedanken unter Strafe stellt. Tatsächlich ist es nämlich so, daß solche Gesetze von einer verbrecherischen Minderheit durchgesetzt wurden, welche natürlich ein Interesse daran haben, daß ihre eigenen Verbrechen nicht aufgedeckt werden.

    Genau dieselben Verbrecher sind es nämlich, welche überall Demokratie und Menschenrechte einfordern, aber in Wirklichkeit genau das Gegenteil davon selbst tun. Diese Verbrecher wollen jedes Volk aufmischen mit irgendwelche Slogans wie, der Wert eines Volkes kann daran gemessen werden wie es mit Minderheiten umgeht. Das ist reine Idiotie und führt eben dazu, daß plötzlich die ausländischen Minderheiten die inländischen Mehrheiten beherrschen dürfen.

    Das Volk will aber gar nicht die Ausländer! Kein Volk will das, höchstens 5.Weltländer, welche die Fremden als Götter und tatsächlich als Kulturbringer ansehen. Wir sehen aber die Ausländer nicht als Götter an!

    Wir haben selbst genügend Kultur und Zivilisation uns erarbeitet und jeder “Neger”, welcher ins Land reingelassen wird, ist für uns keine Bereicherung sondern eine Belastung, welche unser erarbeitetes Niveau nur zu Boden ziehen kann!

    Wir werden aus unserem eigenen Land verdrängt und in kürzester Zeit sind *wir* eine Minderheit. So schaut es nämlich aus, mit dem verdammten dummen Gutmenschentum, welches uns diese Verbrecher ins Ohr gelegt haben!

  76. #76 ali
    Dezember 2, 2010

    @noanna

    Ich hatte sogar einen langen Beitrag geschrieben und habe jede einzelne Frage beantwortet und begründet!

    Wo ist der? Irgendwie habe ich ihn verpasst. Ich habe auch noch in den Spamkommentaren nachgeschaut und nichts gefunden.

    In der Tat ist es vollkommen unerheblich, ob man sich um solche Dinge “kümmert”. Wenn Bedarf ist, wird man entsprechend handeln.

    Du sagst doch: Menschenrechte müssen einem nicht kümmern ausser sie müssen einem kümmern.

    So schaut es nämlich tatsächlich aus und daher bin ich gegen solche selbstherrlichen Institutionen, welche gar Volksentscheide als ungültig erklären wollen, wenn es ihnen nicht in den Kram passt!

    Du bist also gegen das Parlament? Diese “selbstherrliche Institution” kann in der Schweiz nämlich Initiativen für ungültig erklären und hat das in der Vergangenheit schon gemacht.

    Genau dieselben Verbrecher sind es nämlich, welche überall Demokratie und Menschenrechte einfordern, aber in Wirklichkeit genau das Gegenteil davon selbst tun. Diese Verbrecher wollen jedes Volk aufmischen mit irgendwelche Slogans wie, der Wert eines Volkes kann daran gemessen werden wie es mit Minderheiten umgeht.

    Dies klingt wahrlich nach einer schrecklichen Hetze. Menschenrechte einfordern, wo kämen wir dahin! Das schliesst aber auch die SVP mit ein, beginnt sie doch die begründung für die Initiative mit der “humanitären Tradition” der Schweiz. Ja und wer möchte schon das Deutschland der 30er Jahre daran messen, wie es mit seinen Minderheiten umgegangen ist. Alles Verbrecher die sowas tun.

    Das ist reine Idiotie und führt eben dazu, daß plötzlich die ausländischen Minderheiten die inländischen Mehrheiten beherrschen dürfen.

    Ich dachte es wäre um kriminelle Ausländer gegangen? Ah, ging es doch um Ausländer ganz allgemein. Unglaublich übrigens wie sich die Ausländer ohne Stimmrecht geschafft haben, uns politisch zu beherrschen. Du hast bestimmt ganz viele Beispiele für diese These.

    Das Volk will aber gar nicht die Ausländer! Kein Volk will das, höchstens 5.Weltländer, welche die Fremden als Götter und tatsächlich als Kulturbringer ansehen. Wir sehen aber die Ausländer nicht als Götter an!

    Ganz ruhig. Einmal durchatmen. Nachdenken. Fällt dir auf was für ein Nonsense du da von dir gibst? Das Schweizer Volk hat auch schon mehrere ausländerfeindliche Initiativen an der Urne abgelehnt. Warum gilt diese Mehrheit nicht? Könnte es sein, dass die Mehrheit nur gilt, wenn es dir passt? Ist dir schon mal aufgefallen, dass die SVP die Mehrheit auch nur kümmert wenn sie gewinnen (der Eidgenosse hat ein Beispiel angeführt)?

    Wir haben selbst genügend Kultur und Zivilisation uns erarbeitet und jeder “Neger”, welcher ins Land reingelassen wird, ist für uns keine Bereicherung sondern eine Belastung, welche unser erarbeitetes Niveau nur zu Boden ziehen kann!

    Du disqualifizierst dich mit solchen Aussagen selbst. Man könnte tatsächlich den Eindruck erhalten, dass vor allem dein Rassismus dich zum “Ja” zur Ausschaffungsinitiative motiviert. Ich hoffe (und glaube auch nicht) das gilt nicht für die Mehrheit die ein Ja eingelegt hat. Wenn du “unsere” Kultur repräsentierst, dann möchte ich da nicht dazugehören und ich würde keine Überlegenheitsgfühle entwickeln an deiner Stelle.

    Wir werden aus unserem eigenen Land verdrängt und in kürzester Zeit sind *wir* eine Minderheit. So schaut es nämlich aus, mit dem verdammten dummen Gutmenschentum, welches uns diese Verbrecher ins Ohr gelegt haben!

    Verbrecher haben dir “Gutmenschentum ins Ohr gelegt”? Was möchtest du uns mitteilen? Vielleicht versuchst du, wenn du schon SVP Talking Points runterspulen musst, diese wenigstens in Sätze zu verpacken, die irgendwie Sinn machen? Übrigens fühle ich mich in meinem Land nur von Leuten wie dir verdrängt, die vermutlich aus einem Gefühl des Benachteiligt- und Zukurzgekommenseins irgendwie meinen, eine ganze Menschengruppe in Sippenhaft zu nehmen.

    Beantworte doch die Fragen (oder sage mir wo du das getan hast) weil was du hier von dir gibt ist eigentlich nicht wirklich einer Antwort würdig und ich werde mir vermutlich auch nicht mehr die Mühe machen.

  77. #77 noanna
    Dezember 3, 2010

    @Ali

    Den Beitrag hast du nicht verpasst sondern ich habe ihn nicht abgeschickt und deshalb nur die Quintessenz gebracht. Und die lautet einfach, daß das Volk *grundsätzlich* im Recht ist, weil es selbst *definiert*, was Recht ist!

    Anscheinend hast du eben ein absurdes Demokratieverständnis, wenn du das nicht kapierst oder nicht akzeptieren willst.

  78. #78 ali
    Dezember 3, 2010

    @noanna

    So wird es sein. Du hast einen Text geschrieben, der alles ganz vernünftige Antworten auf meine Fragen gibt (wie es Züri West mal besang: “das dr Springsteen und dr Dylan, müedi fürz dergägä wäre”). Leider wird mir diese Erleuchtung verweigert, weil du ihn nicht abgeschickt hast. Netterweise hast du dich herabgelassen eine Zusammenfassung zu hinterlassen. Ein einziges Pseudoargument, das jede Diskussion abblockt. Ein Argument, das ich schon im Post vorausgesagt habe, sicher in den Kommentaren auftauchen wird. Eines das für die Schweiz weder faktisch korrekt ist, noch wirklich irgend eine Antwort auf die von mir gestellten Fragen gibt. Eines das du nicht mal für dich selbst als Massstab nimmst: Die Mehrheit hat immer Recht. (ausser sie gibt dir nicht Recht).

    Aber natürlich habe ich ein “absurdes Demokratieverständnis”, natürlich bin ich derjenige, der sich nicht auf andere Ideen einlässt und nicht “akzeptiert” und “kapiert”. Ich wünsche dir noch eine schöne Zeit in deiner argumentfreien Blase aus Selbstgerechtigkeit.

  79. #79 noanna
    Dezember 3, 2010

    @Ali
    Wie kommst du eigentlich dazu überhaupt zu fordern, daß bestimmte Argumente bei einer Diskussion nicht benutzt werden dürfen? Kindergarten?

    Das war mein Beitrag, den ich zusammengefasst hatte in: Das Volk *grundsätzlich* Recht ist, weil es selbst *definiert*, was Recht ist!

    Aber du kannst es auch im Detail lesen:

    * “Soll die Macht der Stimmbevölkerung unbeschränkt sein? Falls ja, warum ist ein Machtmissbrauch hier nicht möglich?”

    Ja, unbeschränkt. Weil die Mehrheit bestimmt, was Mißbrauch überhaupt ist!

    “Wäre ein Genozid, die Genehmigung von Folter, ein Apartheidssystem oder die Einführung einer Diktatur durch Volksabstimmung ebenfalls demokratisch?”

    Ja.

    ” Es wäre nett, wenn die Frage direkt beantwortet werden könnte und nicht auf ein “darüber haben wir nicht abgestimmt” oder “das Volk würde sich schon richtig entscheiden” ausgewichen würde.”

    Das Volk wird so entscheiden, was es für richtig hält. Und es kann jederzeit auch eine Entscheidung wieder kippen, wenn sich herausstellen sollte, daß sie nicht gut war. Es muß nicht auf Reputationsverlust geachtet werden, wenn sich eine Entscheidung als falsch erweist.

    “Wenn die Mehrheit “immer Recht” hat, dann gilt das auch hier und sonst muss man begründen warum nicht.
    * Wenn die Mehrheit das Mass aller demokratischen Dinge ist, ist dann der von der Bevölkerungsverteilung her extrem disproportionale schweizerische Ständerat (die voll gleichberechtigte kleine Kammer mit Kantonsvertretungen im Parlament) ebenfalls undemokratisch?”

    Dies wurde bestimmt vom Volk so entschieden und wenn es will, kann es das auch ändern.

    “Rechtsgleichheit

    * Warum soll jemand dessen Grosseltern in die Schweiz eingewandert sind und nicht naturalisiert wurden, für das gleiche Vergehen härter bestraft werden als sein schweizerischer Nachbar obwohl beide die gleiche Sprache sprechen, die gleichen Werte teilen und die gleichen Schulen besucht haben?”

    Falls es sich wirklich so verhält, ist das in der Tat unverständlich. Aber es werden sicher noch weitere Randbedingungen existieren, welche das verständlich erscheinen lassen könnten.

    ” * Warum fehlen Vergehen auf der Liste der Initiative (Finanzbetrug)? Sind Sozialhilfemissbrauch tatsächlich in der Schwere mit Mord und Vergewaltigung vergleichbar?”
    Finanzbetrug wird gerade unter Juden als sehr schweres Verbrechen angesehn, wenn sie die Betrogenen sind. Dagegen als Kavaliersdelikt, wenn sie Betrüger sind. So wird auch geurteilt. Außerdem habe ich gelesen, daß die Deliktliste noch erweitert werden kann.

    “* Worin unterscheidet sich der kriminelle Ausländer vom kriminellen Schweizer?”
    Der kriminelle Ausländer hat seinen Gaststatus mißbraucht.

    “Inwiefern macht seine Nationalität (die man in der Regel nicht wählt) sein Vergehen moralisch verwerflicher?”
    In Deutschland ist es so, daß ein Ausländer praktisch nicht bestraft wird. Mord kostet dann 4 Monate Bewährung. Ein Deutscher wird dagegen wegen ein paar wahren Worten auch für 13 Jahre eingekerkert. Für dieselben Worte wird einem ****** im Gegensatz dazu applaudiert.

    Soll etwa ein fremde Nationalität ein Vergehen moralisch sogar legitimieren? Ein Ausländer hat sich in einem Gastland ganz besonders gut zu verhalten!

    ” * Wozu dient die Schweizer Verfassung? Wenn nun auch Bauvorschriften und mehr oder weniger willkürliche Listen ihren Weg in Verfassungsartikel finden, gibt es etwas, dass da nicht hineingehört? Wer soll über die Einhaltung der Verfassung wachen?”

    Das Volk.

    ” * Wie sollen Widersprüche zwischen zwei Verfassungsartikel gelöst werden, wenn ein Verfassungszusatz einem fundamentalen Rechtsprinzip widerspricht?”

    Artikel streiten nicht und Prinzipien auch nicht. Das Volk kann beides ändern, wenn es will.

    ” * Werden mit einer Abstimmung zu einem Thema mit der Mehrheit sämtliche vorhergehenden widersprechenden Abstimmungen annulliert?”

    Natürlich. Was interessiert das Geschwätz von gestern? Nur ein Idiot hält an den Fehlern von vorgestern fest!

    “Heisst das, dass wir jetzt die bilateralen Verträge mit der EU kündigen müssen, Verträge die wiederholt von klaren Mehrheiten gutgeheissen wurden? Falls ja, wie kann die Schweiz so noch als glaubwürdige Vertragspartnerin gelten?”

    Wer soll den der andere “glaubwürdige” Vertragspartner überhaupt sein? Irgendwelche EU-Beamte? Zum Teufel mit dieser EU-Diktatur!

    ” * Wie stehen Sie zu den Menschenrechten?”
    Kein Problem. Das einzige Problem ist nur, daß kleine Minderheiten die Menschrechte in Unrecht verwandeln und z.B. für eine “falsche” Meinung, welche jedoch durch die Menschenrechte garantiert sind, unter klarer Rechtsbeugung Strafen aussprechen.

    ” * Soll die Schweiz, wenn eine Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, dass der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) widerspricht, diese künden?”
    Natürlich. Es ist Sache der Schweizer, ob sie diese Konventionen für sich haben wollen oder eben auch nicht. Es ist dazu nicht nötig, sich an irgendwelche Konventionen zu binden und vor dem Ausland sich rechtfertigen zu müssen.

    “* Soll die Schweiz aufhören sich für Menschenrechte im Ausland einzusetzen, wenn eine Mehrheit des Schweizer Volkes mit einigen Regeln des Völkerrechts nicht einverstanden ist?”
    Das kann durchaus sinnvoll sein. Weshalb soll ein Schweizer andere missionieren, wo sowieso aufgrund der Macht im Ausland eine Missionierung keinen Erfolg haben wird? Gibt es nicht im eigenen Land massenhaft Probleme?
    Im Nationalsozialismus galt z.B. die Regel, sich nicht in die inneren Angelegenheiten fremder Nationen einzumischen. Gleiches wurde im Gegenzug auch vom Ausland erwartet.

    ” Wie kann der Eindruck verhindert werden, dass Menschenrechte beliebig sind?”
    Indem man sie nicht nach Belieben anwendet.

    ” * Warum soll die Schweiz das Recht haben sich über zwingendes Völkerrecht hinwegzusetzen?”
    Wer will das Recht der Schweiz und wie abspenstig machen? Schon toll. Sich über Recht und Gesetz hinwegzusetzen und dann plötzlich auf Einhaltung der Menschenrechte pochen! Notfalls vielleicht noch durch Einmarsch “europäischer” Truppen?

    “Falls Sie es nicht haben soll, wie sollen Widersprüche gelöst werden?”
    Es gibt keinen Widerspruch. Aber ein Tip. Schmeißt die ***** raus und ihr ganzes “Gesetzeswerk” gleich hinterher und macht den Krempel alleine! Dann gibt es widerspruchsfreie Gesetze. Bei uns in D. ist es schon so, daß jeder Gesetzestext durch die nächste Zeile wieder zurückgenommen wird.Das fängt bereits in den Artikeln des GG an, wo es immer wieder heißt, “falls nicht durch ein Gesetz anderes bestimmt wird” oder so ähnlich. Das ist ein Pudding, der nicht an die Wand genagelt werden kann. Erfunden und geändert von den *****.

  80. #80 Eidgenosse
    Dezember 3, 2010

    @ Ali :Also mich interessiert das “gechwätz von gestern” dieser redseligen Deutschen überhaupt nicht. brauner Qark bleibt brauer Quark.

    In aller Bescheidenheit: hab da auch was gepostet 🙂

  81. #81 Hel
    Dezember 3, 2010

    Im Nationalsozialismus galt z.B. die Regel, sich nicht in die inneren Angelegenheiten fremder Nationen einzumischen. Gleiches wurde im Gegenzug auch vom Ausland erwartet.

    Mir kommt gerade der Kaffee wieder hoch. Dieses ekelhafte Gegeifer ist potenziell schon strafrechtlich relevant. So etwas wie noanna sollte man in die Kanalisation ausschaffen.

  82. #82 noanna
    Dezember 3, 2010

    @Hel
    “Dieses ekelhafte Gegeifer ist potenziell schon strafrechtlich relevant.”

    Interessant, welche Vorstellungen dieser ***** von Demokratie, Meinungsfreiheit und Menschenrechten hat!

    Artikel 19 – Meinungs- und Informationsfreiheit

    “Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäusserung; dieses Recht umfasst die Freiheit, Meinungen unangefochten anzuhängen und Informationen und Ideen mit allen Verständigungsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.”

  83. #83 Eidgenosse
    Dezember 3, 2010

    @ noanna: Und weil Sie ein Mensch sind, haben sie ja auch das Recht ihren Quark hier auszubreiten. Wer hindert sie daran. Meine Meinung ist, dass sie zuviel plappern und zuviel zitieren. Dass sie potenziell nicht versehen und von unserem Strafrecht nicht die geringste Ahnung haben, dafür können sie nichts. Ich würde mal einen Spaziergang empfehlen. Ausserdem nehme ich mir dir Freiheit, mich Hels Meinung anzuschliessen. Die Kanalsiation scheint mir als “Ausschaffungsinstrumen” auch angemessen.

    Könnten wir uns jetzt mal um die Frage nach einer Verfassungsgerichtsinstanz kümmern und auch um deren Kompetenzen. Wie gesagt: Mein Vorschlag. Nicht verbieten, aber klar deklarieren.

  84. #84 cydonia
    Dezember 3, 2010

    Mein Vorschlag noanna: Du gehst mal für, sagen wir, mindestens 3 Jahre in ein anderes Land, das wirklich eine andere Kultur hat. Und wenn du zurückkehrst, liest du das, was du hier gepostet hast, nochmal.
    Ich rechne damit, dass jetzt die Replik kommt, jeder könne doch zuhause bleiben. Aber erstens stimmt das nicht, und zweitens könntest du echt was lernen. Und überhaupt, wo kommt denn deine Familie her? Ah, ich weiß schon, sie hat immer im gleichen Dorf gelebt. Das würde zwar Einiges erklären, glaub ich aber trotzdem nicht. Dass Menschen aus- und einwandern ist das Normalste der Welt, und hat den Staaten, die das eingesehen haben, viele Vorteile gebracht. Am besten funktioniert das, wenn man Menschen gleich behandelt: Alle anderen Versuche sind gescheitert.
    Und die angeblichen 13 Jahre Haft wegen freier Meinungsäußerung werden dadurch nicht wahrer, dass sie in extrem rechten Kreisen rauf und runter gepostet werden. Horst Mahler hat 6 Jahre gekriegt, weil ers drauf angelegt hat. Der Mann kennt die Gesetze, und gefällt sich sichtlich in der Rolle des Märtyrers.

  85. #85 Andrea N.D.
    Dezember 3, 2010

    @noanna:
    “Im Nationalsozialismus galt z.B. die Regel, sich nicht in die inneren Angelegenheiten fremder Nationen einzumischen. Gleiches wurde im Gegenzug auch vom Ausland erwartet.”

    Stimmt genau. Überfälle auf “fremder Nationen”, Ausrotten großer Bevölkerungsteile “fremder Nationen”, Annektion “fremder Nationen” und Angriffskriege in “fremden Nationen” würde ich auch nicht unbedingt als Einmischung in die “inneren Angelegenheiten fremder Nationen” bezeichnen. Es ist keine Einmischung, sondern eine absolute Herrschaftsübernahme. Da ist keine Einmischung nötig, weil sowieso alles von dem Nationalsozialismus diktiert wurde. Oder gab’s den noch auf einem Planeten, den wir noch nicht kennen?

  86. #86 Khasarenkhan
    Dezember 3, 2010

    Die Schlichtheit der Weltsicht von Nazis ist immer wieder verblüffend. Was noanna aber wieder schön belegt: die Übereinstimmung des Demokratieverständnisses von Nazis und SVP.

  87. #87 Eidgenosse
    Dezember 3, 2010

    Wir könnten ja neanna hier mal aufzeigen, wohin ihr Demokratiekurzschlussverständnis führt:

    Die Mehrheit hat immer recht. Basta.

    Wir stimmen darüber ab, ob wir neanna durch den kanal schicken wollen.

    Ich bin überzeugt, hier bringen wir eine satte mehrheit zusammen.

    – einwand: ist das nicht gegen die menschenrechte, jemanden durch die kanalisation abzuführen (oder z.b.zu vergasen?)

    In neannas Verständnis nicht: Denn es gilt allein die Mehrheit, die dann nach dem sogenannten gesunden Menschenverstand etscheidet.

    – wäre es nicht gegen die Verfassung: Minderheitenschutz usw?

    In neannas verständnis ist das alles “geschwätz von gestern” das mit jeder abstimmung eben “vom volk” neu definiert wird. die verfassung ein gemischtwarenladen der willkür und volks -befindlichkeiten

    wir könnten hier dann auch gleich darüber abstimmen, dass wir neanna niemehr ins land lassen. Allso eine grenzsperrung für deutsche.

    -Wäre das nicht gegen die pfa und weitere völkerrechtiliche vereinbarungen.

    nach neoannas verständnis: das spielt keine rolle. wir brauchen solche verträge nicht. wir können sie kündigen oder ignorieren. uns hat niemand reinzureden. etc.

    es ist zu einfältig. aber die einfalt ist heute die norm. eine künstlich gezüchtete noch dazu. kitschdemokraten.

    und zum schluss könnten wir noch darüber abstimmen, ob wir meinungsäusserungen von der art wie sie neanna vertritt, überhaupt noch zulassen wollen. nein? ok.!

    – ist das nicht gegen die meinungsäusserungsfreiheit: nein, wenn eine mehrheit solche meinungen verbieten will, dann ist das gesunder menschenverstand, und diese meinung darf eben nicht mehr geäussert werden.

    ob neanna jemals begreifen wird, dass wir uns gegen solche tendenzen wehren. zum wohle des landes und letztendlich auch für sie.? wohl kaum.

  88. #88 Hel
    Dezember 3, 2010

    @eidgenosse

    Deinen Vorschlag zur Prüfung durch eine Verfassungsgerichtsbarkeit finde ich sehr gut.

    @noanna

    Geh sterben – oder, besser noch, lass dich verhaften und in eine Gemeinschaftszelle mit lauter **** verfrachten.

    Denn nicht nur für Horst Mahler, auch für Nazi-Kakerlaken wie dich gibts § 130 StGB:

    (3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

    (4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

  89. #89 Khasarenkhan
    Dezember 3, 2010

    “Könnten wir uns jetzt mal um die Frage nach einer Verfassungsgerichtsinstanz kümmern und auch um deren Kompetenzen. Wie gesagt: Mein Vorschlag. Nicht verbieten, aber klar deklarieren.”

    Das wäre weniger ein Gericht, als eine Verbraucherschutzorganisation, Stiftung Initiativentest. Bei einem Gericht erwarte ich eigentlich auch die Kompetenz, Grenzen zu setzen und ihre Einhaltung durchzusetzen. Grob fände ich folgende Unterscheidung sinnvoll:

    1. Gesetzesinitiative: darf Verfassung und Völkerrecht nicht verletzen, sollte mit anderen Gesetzen vereinbar sein oder diese ausdrücklich abändern

    2. Verfassungsinitiative: darf ein paar unabänderliche Verfassungsgrundsätze (Demokratie, Kernbestand von Menschenrechten) nicht verletzen, muss mit bestehenden Verfassungsrecht und Völkerrecht vereinbar sein oder diese gleich mit ändern/kündigen.

    3. Als Alternative vielleicht: Eine Initiative, welche dem Bund lediglich einen Arbeitsauftrag erteilt und selbst keine direkten Regelungen trifft.

    Und ich fände es sinnvoller, das vor Zulassung der Initiative zu entscheiden. Sonst steht das Verfassungsgericht immer gegen die Entscheidung des Volkes und könnte sehr schnell völlig demontiert werden. Außerdem findet so die Debatte vor einer Abstimmung statt und nicht erst hinterher.

  90. #90 auslaender
    Dezember 3, 2010

    @ali und Khasarenkhan
    Ich schraube das Niveau mal ganz nach unten, nämlich zu meinem. Warum beschäftigt sich eigentlich das Völkerrecht mit kriminellen Ausländern? Gibt es nicht andere Prioritäten? Und dann noch etwas: welche “Grenze” wurde erreicht? Es kommt aus dem bisher gelesenen nicht heraus (oder ich habe es nicht verstanden).
    Das sind keine rethorische Fragen sondern ernst gemeint.

    Um zu zeigen, auf welchen Niveau ich tümple, hier die Motivation für meinen Nein/Ja, falls ich hätte abstimmen dürfen. Aus irgendwelchen Gründen bin ich in der Schweiz und ich muss mich überlegen, was ich aus dieser Situation mache. Wenn ich die Zustände in meinem Heimatland betrachte und die Ungerechtigkeiten hier in der Schweiz, z.B. dass ich als Ausländer kein Stipendium erhalten habe für das Studium, dann würde ich immer noch 1000x lieber in der CH sein als in meinem Heimatland, wo es keine Verfolgung gibt und wo man sehr gut isst. Wenn ich nun sehe, wie auch nahe stehende, ausländische Bekannte von mir immer wieder kleine Kavaliersdelikte begehen (zu schnelles Fahren, im alkoholisierten Zustand fahren) und kein Problem haben damit, einfach Bussen zu zahlen oder sogar einige Zeit in Halbgefangenschaft zu verweilen, dann sehe ich für diese Leute nur noch eine Möglichkeit, dass sie ihr verhalten ändern, nämlich eine potentielle Ausschaffung. Wären es Schweizer, würde ich sie gerne auf dem Mond schiessen, aber das geht nicht. Das sind alt die kleinen Ungerechtigkeiten, aber diese Ungerichtigkeiten gibt es auch unter Schweizern (wer besser vor dem Richter oder Personalchef schauspielert, kommt besser weg). Es gibt aber auch Vorteile als Ausländer: man muss kein Militär machen. Wie schon in diesem Blog erwähnt, kann man sich dieser Ungerechtigkeit entziehen, indem man ja Schweizer wird.
    Die Resultate interpretiere ich eher als ein Zeichen, dass die Richter strengere Urteile fällen sollen und nicht als Rassismus, Diskriminierung und Menschenverachtung. Denn wenn jemand jemanden verachtet, ist es wohl der, der keine Rücksicht auf die hiesigen Gesetze nimmt.

    @ali: Ich glaube auch nicht, dass die Mehrheit immer recht hat, aber in diesem konkreten Fall sehe ich nicht den moralischen Mangel, im Gegenteil: es ist ein Zeichen, dass Gesetztesverstosse keine Bagatellfälle sind. Die Motivation nein/ja zu stimmen sollte doch moralisch geleitet werden und nicht aufgrund von nichtnationalen Gesetzen, die nicht mal die Experten verstehen. Wie oben schon erwähnt, war die Intervention der USA/Nato völkerrechtswidrig und moralisch motiviert.

  91. #91 cydonia
    Dezember 3, 2010

    @ausländer
    Kann man sicher drüber diskutieren, wer sich wo wie benehmen sollte. Aber ich bezweifle, dass die Initiative dazu führt, dass sich Ausländer oder Schweizer plötzlich besser benehmen. Mich interessiert hauptsächlich, was dabei rauskommen kann, und das ist aus meiner Sicht sehr wenig Positives.
    Um es nochmal deutlich zu machen: Ich nehme der SVP ihre Argumentation nicht ab. Das verfolgte Ziel ist ein Anderes, und zum Erreichen dieses Ziels wird ein Sündenbock geopfert. Das ist eine verbreitete Taktik, aber sie bleibt moralisch verwerflich.

  92. #92 Khasarenkhan
    Dezember 3, 2010

    @ Ausländer:

    Das Völkerrecht beschäftigt sich nicht mit kriminellen Ausländern, es beschäftigt sich mit Menschen. Und auch das ist eine eher eine neue Erscheinung, grundsätzlich regelt es nämlich das Recht zwischen Staaten und hat sich auch lange darauf beschränkt. Aber auch da ist neben der klassischen Frage, wann und wie man sich an die Gurgel geht natürlich auch von Interesse, wie man im Frieden mit den Bürgern anderer Staaten umgeht. Wie die Schweizer im Ausland und damit als Ausländer behandelt werden wollen, so müssen sie auch bei sich die Ausländer behandeln. Und weil sich die Frage für alle Staaten stellt, ist man irgendwann auf den schlauen Gedanken gekommen, dafür allgemeine Regeln aufzustellen und die in solche nicht ganz unbekannten Dokumenten wie der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der Europäischen Menschenrechtskonvention, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und diversen späteren spezielleren Abkommen festzulegen. Eigentlich bestand lange Zeit ein allgemeiner Konsens, dass es sich um eine gute Idee handelt, an welcher allein Diktaturen und Schurkenstaaten was auszusetzen haben. Die praktische Umsetzung lässt natürlich in vielen Weltgegenden sehr zu wünschen übrig, aber dass ausgerechnet die Schweizer sich dadurch in ihrem demokratischen Selbstbestimmungsrecht eingeschränkt fühlen, ist schon eine etwas überraschende Entwicklung.

    Zum “kriminellen Ausländer”: das ist zunächst einmal Mensch, der ein Straftat begangen hat. Das kann passieren. Zwar bringen die wenigstens ihre Mitmenschen um, aber zu schnell Autofahren, bei der Steuererklärung mauscheln, bei einem Streit ausfällig werden, die Haftpflicht betrügen usw., das schafft so ziemlich jeder mal in seinem Leben (für die Christen: wer ohne Sünde ist .. + Balken vs. Splitter). Da steht man dann als armer Sünder dem übermächtigen Staatsapparat gegenüber und kann ein paar Recht sehr gut gebrauchen: Folterverbot, das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen, das Recht auf ein faires Verfahren, Schutz vor grausamer und unangemessener Bestrafung und so was. Rechte, auf die ein unbescholtener Bürger natürlich gut verzichten kann, schliesslich hat er ja nichts zu befürchten, oder?

    Zweitens ist derjenige Ausländer und als solcher grundsätzlich davon bedroht, aus dem Land geschmissen zu werden. Ganz besonders natürlich bei persönlichem Fehlverhalten. Und das oft über einen recht langen Zeitraum – bei zuletzt 2,5% Einbürgerungsrate dauert es im statistischen Schnitt 40 Jahre bis zur Einbürgerung! In der Zeit hat man sich längst eingerichtet, eine Rauswurf vertreibt einen aus der Heimat und nicht etwa aus der Fremde in die Heimat. Da wäre es meiner bescheidenen Meinung nach unverhältnismäßig, auf die von dir als Beispiel gebrachten relativen Lappalien mit so einem Hammer zu reagieren.Zumindest aber kann man erwarten, dass der konkrete Einzelfall gewürdigt wird. Das sieht das Völkerrecht auch so:

    Art. 13
    Ein Ausländer, der sich rechtmässig im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates aufhält, kann aus diesem nur auf Grund einer rechtmässig ergangenen Entscheidung ausgewiesen werden, und es ist ihm, sofern nicht zwingende Gründe der nationalen Sicherheit entgegenstehen, Gelegenheit zu geben, die gegen seine Ausweisung sprechenden Gründe vorzubringen und diese Entscheidung durch die zuständige Behörde oder durch eine oder mehrere von dieser Behörde besonders bestimmte Personen nachprüfen und sich dabei vertreten zu lassen.
    https://www.admin.ch/ch/d/sr/0_103_2/a13.html

    Und die Regel hat in der Schweiz wie alle Staatsverträge praktisch Verfassungsrang, sie geht einfachen Gesetzen vor. Wie lässt sich damit eine automatisch und ohne irgendein Spielraum des Gerichtes erfolgende Ausweisung vereinbaren, wie sie jetzt beschlossen wurde? Ist die sofortige und unbedingte Ausweisung jedes Einbrechers, jedes Dealers und jedes Gewalttäter etwa durch “zwingende Gründe der nationalen Sicherheit” gerechtfertigt?

    Zum Freizügigkeitsrecht:

    Die auf Grund dieses Abkommens eingeräumten Rechte dürfen nur durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, eingeschränkt werden.
    https://www.admin.ch/ch/d/sr/0_142_112_681/ta5.html

    Das klingt noch recht schwammig, allerdings hat die Schweiz auch die Rechtsprechung des EUGH bis 1999 dazu akzeptiert:

    Soweit für die Anwendung dieses Abkommens Begriffe des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden, wird hierfür die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung berücksichtigt.
    https://www.admin.ch/ch/d/sr/0_142_112_681/a16.html

    Und was das bedeutet, hat die SVP grundsätzlich schon erkannt:

    Zudem erinnert die SVP an eine Richtlinie der Europäischen Union, die verlangt, dass die auszuschaffende Person eine “unmittelbare und beträchtliche Gefahr” darstellt. Diese Richtlinie lässt, so die SVP, genügend Ermessensspielraum für eine relativ strenge Praxis.
    https://www.swissinfo.ch/ger/politik_schweiz/abstimmungen/november_2010/detail/Kriminelle_Auslaender:_Zankapfel_mit_der_EU.html?cid=28734158

    Ja, einen Ermessensspielraum – nur sieht den die Regelung eben nicht vor! Und es muss eine Gefahr für die Zukunft sein und nicht allein eine Tat in der Vergangenheit. Auch bei einem Mörder kann man zu dem Ergebnis kommen, dass keine Wiederholungsgefahr vorliegt, dann ist die Ausweisung auch nicht zulässig. Und wieso Kleinkram wie Einbruchsdiebstähle, Sozialleistungsbetrug oder Drogenhandel in geringem Umfang eine “beträchtliche Gefahr” für die Sicherheit der Schweiz sein sollen, ist auch nicht zu begründen. Bei den entsprechenden Urteilen des EUGH geht es um Mord & Totschlag und Drogenhandel im Kilobereich.

  93. #93 Khasarenkhan
    Dezember 4, 2010

    Und noch ein guter Artikel zum tatsächlichen rechtliche Verhältnis zwischen EU & Schweiz:

    Wie die Fliege im Spinnennetz
    https://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/wie_die_fliege_im_spinnennetz_1.2457338.html

    Das “Wasch mich, aber mach mich nicht nass” der Schweiz geht in der Praxis nicht auf. Und da kann auch das Zetern der SVP nichts dran ändern.

  94. #94 auslaender
    Dezember 5, 2010

    @cydonia

    Aber ich bezweifle, dass die Initiative dazu führt, dass sich Ausländer oder Schweizer plötzlich besser benehmen.

    Der weggeschaffene Kriminelle wird auf jedenfall in der Schweiz nicht mehr kriminell. Ich glaube aber, dass sich mancher Jugendliche sich vermehrt gedanken machen wird. Die Schweizer werden sich sicher nicht besser benehmen und das hat ja auch niemand behauptet.

    Um es nochmal deutlich zu machen: Ich nehme der SVP ihre Argumentation nicht ab.

    Ich denke, dass es nicht viel Sinn macht, in der Politik zu psychologisieren oder nach Intentionen zu suchen. Anderfalls müsste man das Schächtverbot wieder aufheben, weil vermutlich dahinter antisemitische Absichten standen.

    @Khasarenkhan
    Danke für die ausführlichen Bemerkungen. Aus Wiki:

    Viele Völkerrechtler sind der Ansicht, dass die NATO dem in Artikel 2 Abs. 4 der UN-Charta formulierten Gewaltverbot zuwidergehandelt habe und der Angriffskrieg gegen Jugoslawien völkerrechtswidrig erfolgt sei.[97]

    Verstehst Du, warum ich das Instrumentarium Völkerrecht nicht verstehe? Weil es Experten offenbar auch nicht tun. Der illegale Bauchentscheid der Amerikaner für die Intervention steht dem legalen Zuschauen der meisten EU-Staaten gegenüber. Wer hat hier moralisch gehandelt?
    Nehmen wir mal ein anderes Beispiel. Würde eine Initiative zustande kommen, in dem es darum geht, dass man mit Taiwan als souveränen Staat anerkennen soll, könnte ich mir gut vorstellen, dass das Volk ja stimmen könnte (auch wenn viele SVP-Exponnenten vermutlich dagegen wären). Ich frage mich schon die ganze Zeit, warum unsere Regierung Kosovo anerkannt hat, Taiwan, als einer der wenigen demokratischen Staaten der Region, nicht. Ist das das Völkerrecht, von dem Du sprichst? Hat Taiwan einen Sitz in der Uno?

    Auch bei einem Mörder kann man zu dem Ergebnis kommen, dass keine Wiederholungsgefahr vorliegt, dann ist die Ausweisung auch nicht zulässig.

    Ich stimme überein. Es gibt ja immer wieder Fälle von Frauen, die sich oder ihre Töchter nur durch Mord von ihren gewaltätigen Partner schützen kann. Leider wurde bereits mit alten Recht eine solche Mörderin/Opfer ausgeschafft, was ja absurd ist, weil die Wiederholungsgefahr eines erneuten Mordes der Hausfrau und Mutter, die ihre Tocher vor ihrem gewaltätigen Partner schützen wollte, sicherlich nicht besteht.
    Ich bin auch gegen dem Automatismus, um z.B. diesen eben geschilderten Fall zu vermeiden. Aber warum soll man jemanden, der seine Freundin aus Eifersucht ermordet hat, nicht ausschaffen können? Es kann doch nicht sein, dass man eine Ausschaffung als unmenschlich bezeichnet in Anbetracht eines Mordes und dann irgendwelche Gesetze als Argument hinzunimmt, die schlussendlich von Bürokraten erstellt wurden.
    Ich finde trotzdem, dass Wiederholungstäter, sei es kleine Betrügereien, Schlägereien, zu schnelles Fahren, also das, was du als “das schafft jedermann” (ich bin da anderer Meinung) bezeichnest, ausgeschafft werden dürften. Was Du als Bagatellfall betrachtest, ist es aus der Sicht der Opfer nicht, aber auch die Kosten, die produziert werden summieren sich. In Deinen Ausführungen fehlt einfach die Opfersicht. Und das ist vermutlich der Grund, warum viele Ja/Ja gestimmt haben. Es ist ein Zeichen, dass man mit den Richtern nicht zufrieden ist. In einem Eintrag im SP-Blog schildert ein Lehrer einer Polizeischule ein Problem, dass von Richtern und Politikern ignoriert wird, weil es sich ja um “Bagatellfälle” handelt:
    https://www.sp-ps.ch/ger/Medien/Communiques/2010/SP-bedauert-Annahme-der-Ausschaffungsinitiative

    Was nun aber die Ausschaffungsdiskussion betrifft, ist mir aufgefallen, dass auf der Chefetage der Polizei der Gegenvorschlag favorisiert wurde, während bei den kleinen Polizistinnen und Polizisten klar das doppelte Ja bevorzugt wurde, also Figgi und Müli für Massnahmen gegen jene real existierenden Kriminellen, denen unsere Gefängnisse keinen grossen Eindruck mehr machen und mit denen man es halt an der Front direkt zu tun bekommt, auch mit einem gewissen Risiko, welches im Lehrerzimmer und bei Schriftstellertreffen eher selten einzugehen ist.

    Kann es sein, dass viele, die ja/ja gestimmt haben, empathischer sind? Ich glaube, dass die Initiativen gar nicht zustände gekommen wären, hätten Gerichte und Migrationsämter die Sicht der Opfer und potentiellen Opfer stärker in ihren Urteilen berücksichtigt.

    Ganz besonders natürlich bei persönlichem Fehlverhalten. Und das oft über einen recht langen Zeitraum – bei zuletzt 2,5% Einbürgerungsrate dauert es im statistischen Schnitt 40 Jahre bis zur Einbürgerung! In der Zeit hat man sich längst eingerichtet, eine Rauswurf vertreibt einen aus der Heimat und nicht etwa aus der Fremde in die Heimat.

    Warum lässt sich der Ausländer nicht einbürgern? Der Grund, warum der Schnitt für die Einbürgerung so lange ist, ist nicht wegen der “schwierigen” Einbürgerung, sondern weil viele Ausländer keine Anträge für die Einbürgerung einreichen, was auch immer die Gründe sind. Etwas positives hat die Annahme der Initiative: mancher Ausländer lässt sich nun endlich doch noch einbürgern.

  95. #95 Khasarenkhan
    Dezember 6, 2010

    Bei Recht geht es weniger um Moral als um Macht. Völkerrecht unterscheidet sich von innerstaatlichen Recht dadurch, dass es keine zentrale Instanz gibt, welche es durchsetzt. Das machen die Staaten selbst, wenn sie die Macht dazu haben. Das sich USA & Nato oft nicht groß ums Völkerrecht scheren, ist schlicht ein Ergebnis der weltweiten Machtverhältnisse. Allerdings ist es trotzdem nicht unwesentlich, dass sie es grundsätzlich anerkennen. Das führt zwar nur dazu, dass Kriegsgründe zusammenfantasiert werden, aber immerhin unterwerfen sie sich so Rechtfertigungszwang (auch innenpolitisch), statt das Völkerrecht einfach offen zu ignorieren.

    Bei der Ausschaffungsinitiative sieht das beides anders aus: die EU hat durchaus die Macht, die Schweiz zu Einhaltung der mit ihr getroffenen Vereinbarungen zu zwingen. Nicht rechtlich, und natürlich wird sie auch nicht in der Schweiz einmarschieren, aber wirtschaftlich. Deshalb ist es blauäugig und dämlich, ihr auf der Nase herumzutanzen. Und die SVP argumentiert offen damit, dass man diese Verträge doch auch ignorieren könnte, sie möchte sie ja sowieso am liebsten weg haben (wobei ich vermute, dass Blocher da schon aus eigenem wirtschaftlichen Interessen anderer Ansicht ist).

    Wenn die Schweizer tatsächlich mehrheitlich der Meinung ist, es werde nicht hart genug gestraft, warum verschärfen sie dann nicht ihr Strafrecht? Offensichtlich geht es doch weniger gegen Straftäter als gegen ausländische Straftäter.

    Gesetze werden in der Regel von “Bürokraten” gemacht, das sind die Spezialisten dafür. Bei der Ausschaffungsinitiative allerdings hat man eher den Eindruck, dass sie von der PR-Abteilung formuliert wurde. In beiden Fällen jedoch wurden sie am Ende vom Volk abgesegnet und sind daher genauso demokratisch legitimiert. Das Freizügigkeitsabkommen mit der EU mehrfach mit einer deutlich größeren Mehrheit als die Ausschaffungsinitiative – sind die Abstimmungen jetzt wertlos geworden?

    Empathie mit Opfern halte ich als Motiv für vernachlässigbar. Wem es um die Opfer geht, der kümmert sich um Opferschutz. Hier werden vielmehr soziale Verlustängste in Hass auf Projektionsfiguren umgesetzt. Es geht nicht um die tatsächlichen Opfer, sondern die irrational überhöhte Angst, selbst Opfer werden zu können. Und diese Angst wiederum bekommt man auch durch harte Strafen nicht weg. Über irgendwelche Strafen kann man sich in Ignoranz des konkreten Falles immer aufregen, weil sie verhältnismäßig niedrig ist. Wenn alle Strafen ab sofort doppelt so hart ausfallen, dann regen sich die gleichen Leute halt über die dann mildesten Urteile auf.

    Ich kenn mich in der Schweizer Einbürgerungspraxis nicht aus, jedenfalls sind die Fristen ziemlich lang und war die Anzahl der Einbürgerungen vor allem in den 80er Jahren verschwindend gering. Seitdem sind sie erheblich gestiegen, aber immer noch relativ niedrig. Für die EU-Bürger, ich glaube 3/4 aller Ausländer in der Schweiz, besteht an sich auch kein Anlass, sich einbürgern zu lassen, so lange man nicht mitwählen möchte. Wer nicht aus der EU stammt, stösst allerdings auf wesentlich mehr Widerstand. Ich erinnere an das Urteil des Bundesgerichtes gegen Entscheide über Einbürgerungsgesuche durch Abstimmungen, der Anlass war glaube ich, dass in einer Gemeinde alle Italiener eingebürgert wurden und alle Jugoslawen abgelehnt wurden. Aber auch das ist sicherlich von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich.

  96. #96 auslaender
    Dezember 6, 2010

    @Khasarenkhan

    Empathie mit Opfern halte ich als Motiv für vernachlässigbar. Wem es um die Opfer geht, der kümmert sich um Opferschutz. Hier werden vielmehr soziale Verlustängste in Hass auf Projektionsfiguren umgesetzt.

    Opferschutz bei Mord? Wie geht das? Die Klientel, die vor allem betroffen wäre, ist ja nicht die, wegen der man soziale Verlustängste hat. Bei Empathie habe ich auch die Empathie gegenüber Polizisten miteingeschlossen, die sich täglich mit einer Gruppe von Wiederhlungstätern befassen müssen und so Kräfte und Finanzen binden, die auch woanders eingesetzt werden könnten.

    Wenn die Schweizer tatsächlich mehrheitlich der Meinung ist, es werde nicht hart genug gestraft, warum verschärfen sie dann nicht ihr Strafrecht? Offensichtlich geht es doch weniger gegen Straftäter als gegen ausländische Straftäter.

    Weil, soviel ich weiss, das Volk nur über die Verfassung eine Änderung einbringen kann (damit ist eine Frage von ali beantwortet worden). Dazu kommt noch, dass offenbar das Parlament Strafgesetze eher aufweicht (z.B. Einführung bedingter Strafen). Und der Grund, dass es gegen ausländische Straftäter geht, liegt wohl darin, dass Ausländer ausgeschaft werden können, Schweizer aber nicht (und somit wäre wieder eine Frage von ali beantwortet).

    Du sprichst von Ängsten bei den befürwortern. Trifft das aber nicht auch bei den Gegnern zu? Diese befürchten wirtschaftliche Nachteile.

    Einbürgerung: Ich kenne mich da aus. Man lässt oder liess sich nicht einbürgern, weil (in den 70-er Jahren, heute nicht mehr), das eine Unmenge Geld gekostet hat, weil man sonst das Militär oder Zivildienst leisten muss, weil man sowieso wieder zurückgehen wird, weil man zu stolz ist, weil man auf keinen Fall ein Kuhschweizer werde will, weil man tüppiert ist, dass man nicht das Ehrenbürgerrecht erhält. Dann gibt es wirklich die unschönen Fälle, wo Leute aus Vorurteilen nicht eingebürgert werden. Das ist aber sicher nicht der Grund für die tiefe Einbürgerungsquote. Ich bin der Meinung, dass man, wie in den USA, die Einbürgerung erhalten soll, wenn man in der CH geboren wird. Das würde einiges vereinfachen.

    Um die Diskussion nicht endlos weiterzuführen, möchte ich sagen, dass ich die Einwände von Dir und ali sehr schätze, da sie für mich wie eine Einführung in internationales Recht und Staatskunde sind.
    Was mich stört in den Ausführungen (oder in den Fragen von ali) ist die Empörung, dass hinter den Worten steht und die Unterstellung, dass die Ja-Sager Rassisten und Ignoranten seien, weil sie nicht sehen, was ihr Abstimmungsverhalten für Konsequenzen hervorrufen kann. Vor einigen Jahrhunderten haben die Stadtzürcher Regenten Leute zu den Bauern geschickt, um zu erfahren, wieviel Steuern man erheben kann, bevor die Bevölkerung rebelliert. Es wäre die Aufgabe des Parlamentes, eine Unzufriedenheit der Bevölkerung aufzunehmen und in Gesetze umzuwandeln, die dann eben nicht eine extreme Form annehmen wie der Automatismus für Bagatellfälle. Statt nun zu diskutieren, ob man alle Initiativen zur Abstimmung bringen darf, ob nicht ein Verfassungsgericht aufgebaut werden soll, könnte man sich auch fragen, warum diese Initiativen zustande gekommen sind und sogar angenommen. Es wird ein Riesenaufwand aufgebracht, um zu verstehen, warum ein Täter zu einem Täter wird. Aber bei den Ja-Sagern der Initiative heisst es dann Angst, Rassismus, Ignoranz, Manipulation. Das greift wirklich zu kurz. Offenbar siehst Du keine Probleme. Ich rede mit Schweizern Sozialfällen und ausländischen Arbeitnehmern der untersten sozialen Schicht. Die Ansichten unterscheiden sich nicht sehr von SVP-lern. Genau diese Stimmung gilt doch zu analysieren und nicht, ob die Initiative irgendwelche supranationale, abstrakten Gesetzen, die von Juristen erstellt wurden, verletzen. Gesetze sind für die Menschen da.
    Ich hoffe, dass das Minarett-Verbot und der Ausschaffungsartikel in naher Zukunft aus der Verfassung genommen wird. Für mich ist die Annahme ein Zeichen, dass die SP und die Grünen neben der Bevökerung vorbei politisieren (ich selber bin SP-ler), weil ihr Utopien wichtiger sind als Menschen und Gesetze, die nicht perfekt sind, aber die Realität besser abbilden.

  97. #97 Alud
    Dezember 13, 2010

    Fehler:

    Es haben 6 % mit “Nein”, und 94 % mit “Ja” gestimmt, siehe https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/Ausschaffungsinitiative-SVP-ueberlistete-das-System/story/17988990

  98. #98 Khasarenkhan
    Dezember 14, 2010

    @ Alud:

    Nach der bestechenden Logik könnte man auch sagen, dass 96% mit Nein (Nein/Nein, Nein/Ja, Ja/Nein) und nur 4% mit Ja (Ja/Ja) gestimmt haben. Ein deutliches Votum gegen die Ausschaffungsinitiative!

    @ Ausländer:

    Soziale Verlustängste wenden sich leider selten gegen diejenigen, welche ihren rationalen Kern verursachen, sondern eher gegen die, auf deren Status man herabzusinken befürchtet.

    Empathie mit Polizisten – ja mein Gott, die tun ihren Job. Sollen die etwa arbeitslos werden? Und betrifft die Ausschaffungsinitiative etwa nur Wiederholungstäter?

    Das Argument gegen härtere Strafgesetze verstehe ich nicht, die Schweizer missbrauchen ihre Verfassung für allen möglichen Mist und in einfaches Recht umgesetzt werden muss das alles.

    Dass die Gegner der Ausschaffungsinitiative vor allem wirtschaftliche Nachteile befürchten, ist zunächst eine Unterstellung, die ich für unrealistisch halte. Denn wäre das tatsächlich Thema gewesen, dann wäre die Initiative nicht durchgekommen. Wie die Schweizer dann abstimmen, konnte man bei der gleichzeitig deutlich abgelehnten Steuerinitiative sehen, aber auch bei den diversen Verlängerungen der Freizügigkeitsregelung. Vor allem aber ist diese Befürchtung rational, weil es sich schlicht um eine Vertragsverletzung gegenüber der EU handelt und die Schweiz wirtschaftlich auf offene Grenzen mit dieser angewiesen ist. Die Paranoia der Schweizer vor überbordender Ausländerkriminalität hat hingegen keinen realen Hintergrund. Wie gesagt, ich denke da wird allgemeine Verunsicherung auf Sündenböcke projiziert. Manche würden da sprachlich zwischen rationaler Furcht und irrationaler Angst differenzieren.

    Und den Vorwurf des Rassismus und der Ignoranz muss sich die Mehrheit gefallen lassen. Rassismus, weil sie einer Kampagne hinterhergelaufen sind, welche allein mit rassistischen Klischees arbeitete. Und Ignoranz, weil sie sich weder für die kriminologische Realität noch für die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz interessiert haben.

    Und die seltsame Trennung zwischen “supranationale , abstrakten” Gesetzen und denen, die für die Menschen da sind, ist populistischer Unfug. Jedes Gesetz ist von Menschen für Menschen gemacht, und hoffentlich haben diese sich dabei von Juristen beraten lassen. Du lässt dir dein Haus doch auch nicht von deinem Frisör bauen. Und alle Staatsverträge, die in der Schweiz gelten, sind vom Volk bestätigt worden, und nicht von irgendwoher aufoktroyiert worden.