Ich habe vor drei Tagen auf eine Oxford Debatte auf den Seiten des Economists hingewiesen. Die Debatte ging nun in die zweite Runde. Hier ein kleines Update für jene die die Debatte nicht mitverfolgt haben. Es handelt sich um eine schnell geschriebene, grobe Zusammenfassung und kann das Mitlesen wohl nicht ersetzen.
Der Moderator erinnerte nochmals daran, dass die Motion zur “Sprache die wir sprechen” ist und nicht “Sprache” per se als Fähigkeit. Er wehrt sich auch gegen den Vorwurf, dass die beiden Diskutierenden eigentlich viel zu nach beieinander seien für eine echte Debatte mit der schönen Replik, dass sie versuchen die besten Debattierer zu finden und nicht die, die sich am vehementesten widersprechen (FOX News freie Zone anscheinend). Er fasst auch kurz die Argumente der beiden Kontrahenten zusammen.
Auf der Pro Seite argumentiert Boroditsky [nach einer in meinen Augen etwas seltsamen Eröffnung, in der sie sich auf die wissenschaftliche Autorität beruft] zuerst mit einer “Faustregel”: Wenn eine Unterscheidung standarmässig sprachlich gemacht würde, reflektiere sich das auch in der Sprache. Nur weil Finnen kein “Er” und “Sie” kennen, heisst das nicht, dass sie die Geschlechter nicht Unterscheiden können. Jedoch ein Wort für etwas zu haben hilft uns die Welt zu verstehen und auch zu organisieren.
Anscheinend ist zum Beispiel die Zukunft und die Vergangenheit in verschiedenen Sprachen räumlich anders zugeordnet und nicht immer vor respektive hinter uns. Wenn wir uns dies von Kindsbeinen an gewohnt sind, kann es nur unter grossem Aufwand “umgedacht” werden.
Liberman hält wiederum dagegen. Er versucht die Diskussion einzuordnen. Er argumentiert es gäbe ein Spektrum von Einflussmöglichkeiten. An einem Extrem wären die Whorfschen Ideen, am andern was er “kleine Anschubser” nennt. Die grosse Frage sei eigentlich, wo wir uns auf diesem Spektrum befänden. Das Hauptproblem sei, dass fast alles unser Denken beeinflusst und Sprache nur ein Faktor unter einer riesigen Zahl anderer sei.
Um wirklich Aussagen über den Einfluss der Sprache machen zu können, müsse man in Experimenten nicht nur zwei Sprachen vergleichen, sondern auch die Variation innerhalb einer Sprache [Ohne die Literatur zu kennen, frage ich mich ob die Experimente dies wirklich alle auslassen.Das fände ich erstaunlich.] Nicht nur sei die Variation innerhalb der Sprache oft sehr gross, diese sei auch durch andere Faktoren leicht beeinflussbar und diese spielten eine mindestens ebenso grosse Rolle. Im Grossen und Ganzen würde Sprache bestenfalls unser Denken in eine Richtung “anschubsen” aber nicht bestimmen.
Am interessantesten fand ich fast den Gastbeitrag. Der Gastautor ist skeptisch, dass Sprache wirklich das Denken bestimmt. Er ordnet dieses Konzept ideengeschichtlich ein. Er argumentiert dann, dass Personen, die eine Sprache sprechen, die gewisse Farbabstimmungen nicht kennt, können auf einer Farbpalette diese Farben trotzdem unterscheiden. Was er einräumt, und das fand ich interessant, da ich das bisher als eines der überzeugendsten Argumente gefunden habe, ist dass es Sprachen gibt, die unsere räumliche Wahrnehmung bestimmen. Solche die mit einem absoluten Koordinatensystem funktionieren (Nord, Süd, Ost, West) zwingen die Sprechenden zu einer räumlich anderen Wahrnehmung. Der Gastautor sieht dies aber eher als die Ausnahme.
Fortsetzung folgt.
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