In einer der letzten Ausgaben des New Yorker Magazins fand sich eine kurze Buchbesprechung (kurz zumindest für den Standard des New Yorkers) zum Thema künstliche Intelligenz und was wir von Watson und Co. halten sollen. Der Autor nimmt einen interessanten Aspekt auf. Da sich der Artikel hinter einer Paywall versteckt, hier dieser Denkanstoss in Kurzform.
Die Frage der Adam Gopnik nachgeht wird schon im Titel gestellt: Wie wissen wir eigentlich, wenn eine Maschine uns an Intelligenz übertrifft?
Über weite Strecken diskutiert Gopnik eigentlich nichts anderes, dass man andernorts oft auch liest (und von dem ich bisher auch überzeugt war): Auf den ersten Blick ist Maschinenintelligenz anders und krude, meist eher ein mathematisches Brecheisen (auch bei Scienceblog schon Thema z.B. hier und hier). Alles ist nur eine Frage der Rechenleistung und es gleicht eher einer Illusion von Intelligenz, die sozusagen mit Brachialgewalt geschaffen wird. Was ein Mensch mit Leichtigkeit im Kontext erkennt und interpretiert ist noch weit weg von was Maschinen fähig sind. Gopnik gibt hierfür auch eine Vielzahl schöner Beispiele und am Besten nachvollziehen konnte ich jene die auf Ronald Reagan und Barak Obama Bezug nahmen (ich kann halt nicht anders). Wenn Reagan mit einem “Well…” entgegnete bedeutete das “Ja, obwohl du mir gerade widersprochen hast, werde ich nun einfach wieder an simplen ‘gesunden Menschenverstand’ appellieren” oder vielleicht noch vertrauter Obamas “Look…”: Dies bedeutet “Entschuldige meine Ungeduld aber wenn du mir jetzt zuhörst wirst du einsehen müssen, dass ich gute Argumente habe und du musst mir Recht geben”. Keine Übersetzungsmaschine ist bisher fähig auch nur ansatzweise solche Nuancen und Subtexte zu erkennen. Soweit so gut.
Nun schlägt Gopnik aber einen unerwarteten Haken und argumentiert, dass wir ständig den Anspruch verschieben was den wirkliche Intelligenz ist. Konnte man vor etwas mehr als 100 Jahren noch mit Mnemotechnik (klingt doch besser als “Eselsbrücke”) ein Publikum beeindrucken, müsse man heute solche Tricks verbergen um noch Verblüffung provozieren zu können. Man forderte von Maschinen im Schach gewinnen zu können und dann mussten sie plötzlich doch mindestens einen Grossmeister schlagen können. Nun ist das alles nur eine Frage der Rechenleistung und das mehr Kontext basiert Jeopardy war die nächste Ziellinie. In den 50 Jahren kam dann der Turing Test. Doch da scheint es mehr um Stil als Substanz zu gehen gemäss eines der Bücher die Gopnik bespricht. Gopnik schreibt:
We have been outsourcing our intelligence, and our humanity, to machines for centuries. They have long been faster, bigger, tougher, more deadly. Now they are much quicker at calculation and infinitely more adept at memory than we have ever been. And so now we decide that memory and calculation are not really part of mind. It’s not just that we move the goalposts; we mock the machines’ touchdowns as they spike the ball. We place the communicative element of language above the propositional and argumentative element, not because it matters more but because it’s all that’s left to us.
Wir haben unsere Intelligenz und unsere Menschlichkeit schon seit Jahrhunderten an Maschinen ausgelagert. Seit langem sind sie schneller, grösser, widerstandsfähiger und tödlicher. Nun sind sie schneller im Rechnen und unendlich geschickter im sich Dinge Merken als wir je waren. Wir entscheiden jetzt einfach, dass Gedächtnis und Rechnen nicht wirklich zum Geist [Mind] gehören. Wir verschieben nicht nur die Torpfosten, wir spotten über den Touchdown der Maschinen im Moment in dem sie den Ball auf den Boden schmettern. Wir erheben das kommunikative Element der Sprache über das inhaltliche und argumentative Element, nicht weil es wichtig wäre, sondern weil es das einzige ist, das uns noch bleibt. [Meine Übersetzung]
Vielleicht warten wir immer noch auf den Blitzschlag und haben dabei nicht gemerkt, dass wir schleichend überholt wurden. Was meint ihr?
Kommentare (36)