Für Eurovision Song Contest gibt man sich patriotisch. Schnell kippt der Ohrwurm jedoch in Kitsch um (oder noch schlimmer vereinigt beides) und wir vergessen, dass wir Papst sind und schämen uns für das Durchfallen mit unserem geträllere bei unseren europäischen Freunden. Der emotionale Treibstoff ist der Wettkampf der Nationen. Ich möchte im Wettkampf um das Goldene Brett vorm Kopf sicherstellen, dass man nicht etwa die Beiträge der Schweiz im Gebiet der Pseudowissenschaften unfairerweise übergeht.
Der Reigen wurde schon eröffnet mit Posts von Florian (wie immer hat er schneller als sein Schatten gebloggt), Lars und Ulrich. Daher hier meine drei Schweizer Nominationen:
1. Erich von Däniken sollte für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden. Wenige haben es wie er geschafft, durch freies Assozieren ihr Hobby Archäologie mit ihrem zweiten Hobby, über Ausserirdische zu fabulieren, so zusammenzubringen, um gleichzeitig davon leben zu können. In Sachen Breitenwirkung und Nachhaltigkeit ist Erich von Däniken ein eindeutiger Marktleader und steht für Schweizer Qualität beim Wissenschaftlichkeit-Vortäuschen. Gemäss dem Historischen Lexikon der Schweiz (ja, dort hat es sogar einen Eintrag gegeben) wurden von ihm “24 […] Bücher mit einer Gesamtauflage von rund 60 Mio. Exemplaren in 32 Sprachen übersetzt.” Er hat sogar einen Vergnügungspark auf dem Gewissen und hat selbst die NZZ dazu gebracht zu behaupten, dass er eigentlich nur noch im Inland belächelt würde. Das darf natürlich so nicht stehen gelassen werden.
2. Hansueli Albonico (der auch schon Thema war hier im Blog) verdient für sein (vermutlich durchaus goldene) Brett vorm Kopf geehrt zu werden. In Sachen Popularität kann er zwar mit Erich von Däniken nicht mithalten, dafür ist der potentielle Schaden beträchtlich grösser. Nicht nur hat der ausgebildete und praktizierende Arzt ein Problem mit Impfungen, er tauchte auch immer wieder im Zusammenhang mit HIV-Leugnern auf (man müsse die “Virus These überdenken”) und er empfindet eine Maserninfektion bei einem Kind schon auch einmal “etwas Würdiges und Feierliches”. Dieser Mann ist Chefarzt für Komplementärmedizin und im Juni nun seit genau zwei Jahren Präsident der Union Schweizerischer Komplementärmedizinischen Ärtzeorganisationen. Spätestens zu diesem Jubiläum dürfte meines Erachtens sein Brett vor dem Kopf vergoldet werden. Als Arzt mit Zusatzausbildung in Homöopathie und “Anthroposophischer Medizin” kennt er sich nicht nur gut mit Komplementärmedizin aus, sondern auch mit Komplementärphysik. Dies hat er auch zur Schweizerischen Abstimmung über eben dieses Thema bewiesen, wo er sich teilweise mit Studien in die Schlacht warf, die das oft eher das Gegenteil aussagten, von dem er meinte, das sie würden. Leider war er sich zu schade auf Fragen in den Kommentarspalten zu antworten. Wissenschaftlichkeit vortäuschen ist einfacher als sich dem Diskurs zu stellen. Nicht einmal Laien wollte er aufklären.
3. Die Nomination die noch fehlt ist eine für das Schweizer Volk (Friedensnobelpreise werden schliesslich auch an ganze Organisationen vergeben). Eigentlich für die 67% Ja-Stimmenden der Volksabstimmung zur Verankerung der Komplementärmedizin in der Verfassung. Sie verdienen den Preis, weil sie ihren Glauben an das Mehrheitsdiktat so konsequent anzuwenden bereit waren, dass sie zur Überzeugung gelangten, dass man wissenschaftliche Erkenntnis per Mehrheitsentscheid schafft. Um dieses Volksgefühl zu seinen Ehren kommen zu lassen und vielleicht um einer Abstimmung zur Abschaffung der Gravitation vorzubeugen, wäre das Schweizer Volk ein verdienter Sieger. Der Preis kommt zwar ein Jahr zu spät, aber man wird sich trotzdem freuen.
Die Nominationen werde ich in den nächsten Tagen noch einreichen. Sollte ich irgendwelche auszeichnungswürdigen Schweizer vergessen haben, möchte ich mich schon im Voraus entschuldigen und hoffe auf die korrektive Wirkung von Blogkommentaren.
Der Preis für das Goldene Brett vorm Kopf wird zum ersten Mal im Rahmen der GWUP-Konferenz 2011 “Fakt und Fiktion” in Wien am 2. Juni 2011 verliehen. In der Jury sitzt unter anderem auch ein Mit-Sciencebloggling (zu Ulrich winkend) und andere bekannte Namen (die Liste findet sich hier). Moderiert wird der Anlass von Martin Thür moderiert.
Kommentare (13)