Ich schlage mich im Moment mit meiner Arbeit zur Welthandelsorganisation rum und komme daher immer noch nicht zum Bloggen. Da dort aber gerade ein wichtiges Urteil gefällt wurde, möchte ich hier kurz einen Hinweis einstellen.
Das ich mich über so etwas amüsiere ist hoffentlich weniger ein Zeichen von fehlendem Humor, als “nur” eine Konsequenz meiner Arbeit zu einer Organisation, wo die meisten schon gähnen, wenn man nur den Themenbereich erwähnt. Obwohl es ab und zu ganz spannend sein kann: Ich habe schon über Bananenkriege, Fischkriege und Roquefortkriege geschrieben. Von China bis Russland gibt es Geschichten zu erzählen. Nun kommt noch eine Episode im Kampf der Titanen dazu. Die Geschichte, wo beide meinten, die Schlacht gegeneinander gewonnen haben.
Eine der Innovationen, die mit dem WTO Schlichtungsverfahren eingeführt wurden, war eine Appelationsinstanz. Diese Kronjuwel hat nun in einem Fall einen Entscheid gefällt, wo sich die EU den USA gegenüberstanden. Es ging um Subventionen an den Flugzeughersteller Airbus und allfällige Nachteile für dessen Konkurrenten Boeing. Nun wer hat gewonnen?
Die Europäische Union weiss, den Fall gewonnen zu haben und betitelt ihre Pressemeldung mit
WTO Airbus Case – Appellate Body overturns key findings of the Panel in favour of the EU
(“WTO Airbus Fall – Appellationsinstanz verwirft zugunsten der EU die zentralen Schlussfolgerungen der Vorinstanz”)
Alles Gut und Recht. Dummerweise haben die USA den Fall offensichtlich ebenfalls gewonnen. Ihre Pressemeldung lautet:
WTO Appellate Body Confirms U.S. Win in Airbus Case: $18 Billion in Illegal European Subsidies to Airbus
(“WTO Appelationsinstanz bestätigt US Sieg in Airbus Fall: 18 Milliarden Dollar an illegalen Subventionen der EU an Airbus”)
Wer hat nun gewonnen?
Vielleicht das Schlichtungsverfahren der WTO?
Es ist bekannt, dass auch Richter (formal sind es keine Richter in der WTO sondern Panel-Mitglieder) strategisch agieren. Ein Urteil sollte die Politik nicht dazu bringen, die Grundregeln zu ändern aber gleichzeitig möchte man die Regeln vorwärtstreiben. Wenn die beiden Giganten der WTO sich gegenüberstehen, kann man sich dabei leicht die Finger verbrennen. Anscheinend sind beide Parteien mit dem Urteil zufrieden (oder zumindest tun sie so als ob). Dann wäre dies ein salomonisches Urteil gewesen.
Oder vielleicht weiss man aber nicht wer gewonnen hat.
Das Problem ist auch, dass diese WTO Fälle oft unheimlich komplex sind und eine hohen Grad an juristischer Spezialisierung bedingen. Wenn die Geldbörsen und Kapazität von zwei wirtschaftlichen Riesen wie die USA und der EU dahinter stehen, wirkt das noch verstärkend. Wie genau sich diese Urteil auswirkt, weiss man vermutlich auch gar noch nicht so genau und nur die Zeit wird es zeigen. Selbst Spezialisten können zu sehr unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen (ich selber als nicht-Jurist sehe mich nicht in der Lage, diesen Schiedsspruch zu beurteilen, zumindest nicht ohne Vorverdauen durch jemanden, der etwas davon versteht.).
Dieses Urteil ist auf jeden Fall ein schönes Beispiel, wie eine Einteilung in Schwarz und Weiss in internationalen Beziehungen oft nicht funktioniert, nicht einmal wenn in einem Schiedsspruch Recht von Unrecht unterschieden wird. Oft sind sich nicht einmal die Akteure sicher, wo sie eigentlich gerade stehen.
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