Bis Mitte Juni gab es hier kaum etwas zu lesen und ich habe einmal angekündigt, dass ich noch erklären werde warum. Die Sache war die: Ich hatte eine kleinere Deadline im Nacken,
musste ich doch meine Dissertation abgeben. Ein kleiner Erfahrungsbericht.
In Anlehnung an die berühmten fünf Stufen der Trauer von Kübler-Ross (die übrigens nicht wirklich eine wissenschaftliche Grundlage haben und in ihrer populären Darstellung auch nicht so von Kübler-Ross selber postuliert wurden) hier die fünf Stufen einer Dissertations-Endphase, die man als Blogger durchläuft (heisst es doch nicht umsonst deadline):
1. Leugnung: Die Deadline scheint weit weg, obwohl man relativ zur gesamten Zeit, die einem zur Verfügung stand, sozusagen mit der Nase daran stösst. Man findet immer noch Zeit für gelegentliche Blogeinträge (man muss sich schliesslich auch entspannen) zur Belohnung für das Schreiben eines halben Abschnittes oder fertigstellen einer Tabelle in LaTeX.
2. Wut: Man wird wütend, dass man soviel Zeit hat verstreichen lassen. Die Deadline kannte man schon lange. Nun war man fünf verdammte Jahre an der Sache, hat soviel anderes prioritär behandelt und nun soll es plötzlich auf Tage ankommen. Zum Bloggen bleibt kaum Zeit, man tut es aber trotzdem. Man könnte dies vielleicht auch als Trotz-Blogging bezeichnen. Daraus entwickelt man dann eine Art Meta-Wut. Man ist sauer, dass man sich so sehr darüber nervt, dass man sich ärgert.
3. Verhandeln: Die letzte Deadline ist in den meisten Fällen nicht verhandelbar, aber offizielle und selbstgesetzte Fristen können es sein. Man handelt mit sich selber aus, was man doch weglässt und schnipselt Scheibe für Scheibe weg, von seinen ursprünglich grandiosen und in Retrospektive illusorischen Plänen. Man hadert und gibt immer noch zuviel Zeit an andere Dinge, die dann zu weiteren Kompromissen zwingen.
4. Depression: Irgendwann kapituliert man. Es scheint sinnlos. Man sieht keine mögliche Auflösung für das Unterfangen. Die totale Kapitulation sitzt einem im Nacken und kurz vor der Ziellinie ist der Zusammenbruch immanent. Die Blogosphäre verschwindet in den Gewitterwolken, die am Gedankenhorizont aufgezogen sind.
5. Akzeptanz: Man ist schon zu weit gegangen, dass man aufgeben könnte. Also macht man was in den letzten Tagen noch möglich ist. Man hat sich damit abgefunden, abzugeben, was einem die Deadline aufzwingt und nicht was man sich vor einem halben Jahrzehnt voller Enthusiasmus (oder vielleicht doch Naivität) vorgenommen hat. Ein primäres Ziel ist es schlicht wohl auch, das Monster abzugeben. Bloggen ist bis zum Verstreichen der Deadline nicht mehr drin, auch das muss akzeptiert werden.
Das ganze endet so in einer Antiklimax: Statt dem Felsbrocken, der von den Schultern rollen sollte, ist man irgendwie resigniert bei der Abgabe. Aber nun blogge ich wieder (wie unschwer festzustellen war in den letzten Tagen)! Zumindest bis die Verteidigung ansteht.
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