Ab und zu mute ich dem Publikum in diesem Blog ein wenig von meinem akademischen Kernthema zu. Das ist zwar nicht ganz so sexy wie Kommentare zu Gaddafi, Iran, dem US Wahlkampf oder Russischer Nuklearpolitik, aber nicht weniger interessant. Wenn sich nicht gerade ein Handelskrieg zusammenbraut, taucht es nur nicht in den Schlagzeilen auf.
Dieser Eintrag besteht vor allem aus einem Balkendiagramm. Dieses steht exemplarisch für einen Trend, der in den letzten Jahren angehalten hat, aber nur von wenigen in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Eine zunehmende “Verrechtlichung” der internationalen Handelsbeziehungen, eine Dynamik an der die Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) 1995 sicher nicht ganz unbeteiligt ist.
Das Balkendiagramm zeigt die Entwicklung zweier Einstellungskategorien in der Administration des US Handelsbeauftragten (Office of the United States Trade Representative, USTR). Das USTR koordiniert die Handelspolitik zwischen den verschiedenen relevanten Agenturen der Administration der US Regierung und führt Verhandlungen für Freihandelsabkommen. Die beiden Kategorien sind Wirtschaftswissenschaftler (Economists) und Juristen (General Attorney). Die Daten stamme aus der Federal Human Resource Data Datenbank (FedScope) vom US Office for Personnel Management (OFP).
Es ist beeindruckend, wie sich über die letzten zwölf Jahre das Verhältnis verschoben hat. Die Ökonomen sind fast in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Die Gesamtzahl der Angestellten hat sich von 182 auf 232 erhöht in der selben Zeitspanne, aber auch relativ gesehen, bleibt die Änderung drastisch. Während Wirtschaftswissenschaftler 1998 noch 22% aller Angestellten des USTR stellten, sank diese Zahl auf unter 1% für 2010. Die Juristen starteten bei 13% und stellen heute 17% der USTR Mitarbeitenden (zum Höhpunkt waren es 22%).
Da es sich um relativ breit gefasste Kategorien handelt, muss man eine gewisse Vorsicht walten lassen, bei der Interpretation dieser Zahlen. Ausschreibungspolitik und interne Strukturierungen können ebenfalls eine Rolle spielen, wie diese Stellen definiert werden. Das Phänomen ist jedoch auch andernorts zu beobachten, obwohl so gut dokumentierte Zahlen wie für das USTR schwieriger zu finden sind.
In den Worten von J.H.H. Weiler gibt es keine Rule of Law (Herrschaft des Gesetzes oder Rechtsstaat) ohne Rule of Lawyers (Herrschaft der Juristen). Ob das eine gute oder schlechte Sache ist, steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Die Dynamik ist auf jeden Fall faszinierend.
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