Die nächste Front im endlosen Krieg gegen den Terror wird gerade eröffnet. Sie befindet sich weder in Pakistan noch in Afghanistan. Das Problem kann auch nicht einfach weggebombt oder mit unbemannten Dronen gelöst werden. Nein, es geht auch nicht um Flugsimulatoren oder Ego-Shooter Spiele. Es ist die nackte Wahrheit, der wir uns stellen müssen: Pornographie wird uns in ein Jahrhundert des Terrors führen.
Mehrere unter euch werden sich wohl fragen, ob ich verzweifelt versuche Klicks zu generieren oder ob mir bei den sommerlichen Temperaturen vielleicht doch irgendetwas unter der Schädeldecke durchgebrannt ist. Aber durch einen nicht mehr ganz taufrischen aber absolut lesenswerten humoristischen Eintrag bei Duck of Minerva wurde ich auf diesen Post aufmerksam.
Die Autorin Jennifer S. Bryson verbindet zwei Dinge, die bisher so nicht in Verbindung gebracht wurden. Sie stellt fest, dass man bei vielen Terrorverdächtigen und veurteilten Terroristen Pornographie gefunden hat. Daraus schliesst sie messerscharf, dass da vielleicht eine Zusammenhang bestehen könnte. Natürlich wissen wir alle, dass das nicht so einfach ist mit dieser Kausalität, darum gibt sich Bryson auch alle Mühe, ihre eigene Idee bis zur homöopathischen Totalverdünnung zu relativieren:
I do not know what link, if any, exists between terrorism and pornography, but I do think this question warrants attention.
Ich weiss nicht, was die Verbindung zwischen Terrorismus und Pornographie, sofern eine solche überhaupt existiert, sein könnte, aber ich denke, dass die Frage Aufmerksamkeit verdient.
Aber die potentielle Gefahr zwingt uns geradezu diese Fragen zu stellen (“Ich stelle ja nur Fragen” ist ein durchaus von anderswo her bekanntes Genre):
Here I offer only questions. I do not know their answers or what rigorous studies of these and related issues will yield. I merely think the time has come to suggest that our continued failure to ask these questions and to pursue their answers may be a mistake we make at our own national peril.
Ich stelle hier nur Fragen. Ich kenne deren Antworten nicht oder die Ergebnisse eines rigorosen Studiums dieser und ähnlicher Fragen. Ich glaube nur, dass die Zeit reif ist sich damit auseinanderzusetzen, dass unsere fortgesetztes Versagen genau diese Fragen zu stellen und deren Antworten zu suchen ein Fehler sein könnte, den wir begehen und damit unsere Nation in Gefahr bringen.
Stephanie Carvin wirft sich in ihrem Duck of Minerva Blogpost in die Bresche für unser Fach und schlägt vor, alle fachlichen und methodischen Grenzen zu überwinden und uns intensiv mit Pornographie zu beschäftigen und zwar im Namen der nationalen Sicherheit. Es ist schwer, Brysons Vorschlag nicht nur mit dem Spott aufzunehmen, den er verdient. Er hat aber auch indirekt eine sehr ernste Seite. Er illustriert einige der Probleme, die die einseitige Fokussierung auf Terrorpanik mit sich bringt.
Wirkliche Anhaltspunkte hat sie für ihre These nicht zu bieten (und sie gesteht das ja auch indirekt in ihren Relativierungen zu): Sie mischt Anekdoten von Zoophilie mit Aussagen die genau so gut Teil von Geheimdienstpsychologie sein könnten (Osama Bin Laden hatte Pornos auf der Festplatte? Wie könnte man besser am Image des Frömmelers und Fast-Heilligen kratzen…) und mit dem Thema Kinderpornographie (aus gutem Grund sowieso schon verboten).
In einem Klima wo Sicherheit als ein nicht-verhandelbarer absoluter Wert gilt und keine Kosten zu hoch sind um ein noch so kleines Risiko zu minimieren oder zumindest so zu tun als ob man dies täte, wird ein perverses Anreizsystem geschaffen. Jedes beliebige Anliegen muss mit diesem Thema (in diesem Fall Terrorismus) in Verbindung gebracht werden um es auf die Agenda zu kriegen. Das traurige ist, häufig braucht man dafür nicht einmal gute Argumente. Das Witherspoon Institute (für welches Bryson schreibt) ist bezüglich Pornographie nicht ohne eigene Agenda und Zweifel ob ihr primäres Ziel tatsächlich die nationale Sicherheit ist, sind wohl angebracht.
Verdeutlicht wird das Problem im konkreten Fall, wenn man sich überlegt, was man den dagegen unternehmen könnte, wenn man Bryson die Kausalität (die sie gar nicht behauptet) einmal eingesteht.
Are there security costs to the free-flow of pornography? If so, what are they? Are we as a society putting ourselves at risk by turning a blind eye to pornography proliferation?
Gibt es Sicherheitskosten von einer ungebremsten Verbreitung von Pronographie? Falls es solche gibt, was sind dies für Kosten? Bringen wir uns als Gesellschaft in Gefahr weil wir bezüglich Pornographie einen blinden Fleck haben?
Es ist im Grunde dieselbe Diskussion, wie jene betreffend der Computerspiele mit gewalttätigem Inhalt. Es werden Verbote gefordert, Einschränkungen und staatliche Eingriffe obwohl eine überwältigende Mehrheit (ja eigentlich fast alle) Konsumentinnen und Konsumenten das zu verhindernde Verhaltungsmuster nicht aufzeigen. Wenn ein Thema zur Sicherheitsfrage gemacht wird (Securitization wäre der Fachbegriff dafür), soll das Hirn abgeschaltet und Fakten ignoriert werden. Schliesslich geht es um die Sicherheit.
Ich hoffe mal ich habe nun nicht jemandem seinen Forschungsantrag zum näheren Studium von pornographischen Material versaut. Es gäbe da im Internet doch beträchtliches Datenmaterial wird gemunkelt.
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