Die vollständigen offiziellen Resultate sind noch nicht veröffentlicht. Die Wahlkommission ISIE hat schon einige Teilresultate veröffentlicht. Ungefähre und unbestätigte Zahlen zirkulieren schon seit vorgestern (diese stammen wohl vor allem von den Wahlbeobachtern die die Parteien entsenden konnten). Es scheint klar, dass die als moderate Islamisten bezeichnete Enahdha die klare Wahlsiegerin ist.

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Da die meisten Medien im Westen sich auf diesen Aspekt des Resultats stürzen werden und Details noch nicht bekannt sind, möchte ich über die Konsequenzen dieses Wahlsieges für Tunesien und den arabischen Frühling nachdenken. Ich möchte mit diesem Post auch ein wenig gegen den Chor der Angstmacher anschreiben. Damit keine Missverständnisse aufkommen und alle die dieses Blog regelmässig lesen sollten das eigentlich wissen: Die Trennung von Politik und Religion ist mir gerade als Atheist ein zentrales Anliegen. Ich kann mir nicht vorstellen eine Partei, die ihre Politik mit einer Religion begründet, zu wählen. Das gute Abschneiden der Partei von Rachid Ghannouchi passt mir darum ganz und gar nicht. Aber so geht es mir häufig mit Wahlergebnissen im in und Ausland. Deswegen stelle ich in der Regel nicht deren Legitimität in Frage.

Demokratie ist nicht die Regierungsform die garantiert, dass man von der Partei regiert wird, die man gewählt hat. Dies mag banal klingen, ist aber ein zentraler Aspekt einer funktionierenden Demokratie: Die unterlegene Gruppe die Niederlage auch akzeptieren kann. Die Grenze wird erst überschritten, wenn die allgemeinen Spielregeln des Rechtsstaates und der Demokratie nicht eingehalten werden. Dies ist auch der erste grosse Test der Revolution in Tunesien. Ben Ali hat sich als Bollwerk gegen den Islamismus legitimiert und der Westen hat nicht zuletzt deswegen weggeschaut, als sich Ben Ali hemmungslos am Land bereicherte. Schon alleine deswegen sollte der Westen nun nicht den Tunesiern eine schlechte Lektion in Demokratie erteilen und so tun, als ob es falsche und richtige Resultate gibt. Dies untergräbt die Legitimität, die in einem Demokratisierungsprozess dringend benötigt wird. Vorerst ist es nur wichtig, dass die Wahlen frei und fair wahren, sich alle an die demokratischen Spielregeln halten und dies auch von der Bevölkerung und den Parteien so akzeptiert wird.

Nun wird der Ennahdha in der Regel das Etikett moderate Islamisten angeheftet. Der Begriff des Islamismus wird sehr unterschiedlich definiert. Man müsste also eigentlich zuerst einmal klären was damit gemeint ist. Schlecht definierte Begriffe bergen immer die Gefahr Projektionsfläche zu werden. Alle glauben zu wissen, was gemeint ist und man kann alles in einfach in sein Weltbild einpassen. Da eine solche Definition fehlt möchte ich vorschlagen, wie ich glaube, dass sie meistens benutzt wird: Der Ausdruck wird in der Regel in den meisten von mir konsumierten Medien als ein Synonym für Fundamentalismus (ein ursprünglich Christen bezeichnender Begriff) verwendet. Ich übernehme für diesen Post diese Lesart, denn dies wäre schliesslich die potentielle Gefahr, die von Ennahdha ausgeht und vor der heute sicher auch oft gewarnt wird. Nun werden zum Beispiel auch Al-Kaida, die algerische FIS oder die Türkische AKP oft als islamistisch klassifiziert. Es handelt sich also offensichtlich um ein sehr breites Spektrum. Dies ist in etwa wie man die CSU in die gleiche Gruppe stecken würde wie die Lord’s Resistance Army und die Westboro Baptist Church.

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Das ist wohl einer der Gründe, warum Ennahdha oft noch die Qualifizierung moderat vorangestellt wird. Die Partei bezeichnet sich selber lieber als islamisch wegen der negativen Besetzung von islamistisch. Ihr Chef gilt als Vordenker einer islamischen Renaissance Bewegung (Renaissance ist auch die Übersetzung des Parteinamens, die man oft liest). Er hat in den 80er Jahren jeglicher Gewalt abgeschworen und bekennt sich zu Demokratie und Pluralismus (übrigens ähnlich wie viele überzeugte Marxisten aus den 60er und 70ern). Es gibt natürlich auch konservativere Strömungen in der Partei, so wie es sie auch in anderen Bewegungen bei uns gibt (ich denke da zum Beispiel an gewisse religiösen Untergruppen der republikanischen Partei in den USA oder die Priesterbruderschaft St. Pius X in der katholischen Kirche). Ghannouchi wird im Moment viel nachgesagt und vielleicht oft einfach von anderen Journalisten abgeschrieben, doch sind die Vorwürfe oft nicht korrekt, wie eine Entschuldigung an ihn in der Ausgabe des von mir geschätzten The Economist dieser Woche nahelegt. Ennahdha hat sich von den Salafisten bei den jüngsten Unruhen distanziert. Sie hat der Gewalt in Wort und Tat in den letzten 20 Jahren abgeschworen und ihr Parteiprogramm liest sich wie eines einer bei uns gut verwurzelten C-Partei, einfach mit einem I. Vergleicht man das Programm mit jenem von zum Beispiel der Schweizerischen Volkspartei, wie ich es vorgestern gemacht habe, betont erstere, wohl auch notgedrungen zur Abgrenzung, sehr viel mehr demokratische Prinzipien. Wo die SVP zum Beispiel Minderheiten angreift, betont Ennahdha den Schutz von diesen. Ähnliches gilt für Frauenrechte. Nochmals, es liegt mir fern, mich zum Fürsprecher für die Ennhadha zu machen. Ich möchte aber, dass wir die Perspektive behalten.

So lange es nicht klare Hinweise gibt, dass Ennahdha systematisch klar undemokratisches plant oder vertritt, gibt es nur aus inhaltlichem Missfallen keinen Grund, das Resultat in Frage zu stellen. Es wird im Westen immer beklagt, dass sich Muslime nicht genug von Gewalttaten distanzieren würden und sich unzureichend von radikalen Elementen abgrenzten. Es heisst Muslime seien nicht bereit den Islam zu interpretieren und ihn als unabänderliches Wort Gottes hinnehmen und dies mache eine Reform unmöglich. Ich glaube zwar, dass beide Kritikpunkte in selektiver Wahrnehmung gründen, doch lassen wir sie einmal so stehen. Hier hat man nun Islamisten die genau dies tun und zwar konsistent über Jahre hinweg. Wenn man dies nun einfach leugnet und den gleichen Diskurs weiterführt, könnte der Verdacht entstehen, dass die Forderung nicht aus einer aufrichtigen Sorge um Demokratie gestellt wird.

Trotz meinem fundamentalen Widerspruch zu vielem was die Ennahdha vertritt und meinem Missfallen über ihren Wahlerfolg, glaube ich nicht, dass man sich alleine deswegen Sorgen um die demokratische Zukunft Tunesiens machen muss. Um diese Zukunft sollte es uns im Westen gehen, wenn wir es schaffen, einmal kurz von unserem eigenen Nabel aufzuschauen. Ich kann mir sogar vorstellen, dass Gutes für Tunesien aus dem Wahlsieg der Ennahdha kommen kann. Hier ein paar Gedanken dazu:

  • Man muss sich in Erinnerung rufen, dass es sich bei der Wahl primär um eine verfassungsgebende Versammlung handelt. Sie wird zwar auch die Übergangsregierung stellen, aber es ist eben wie der Name schon sagt nur eine provisorische. Die gewählten werden sich wohl mehr mit abstrakten institutionellen Fragen beschäftigen als mit typischer Tagespolitik.
  • Ennahdha setzt sich für eine schwaches Präsidentenamt ein, was im unter französischem Einfluss stehenden Tunesien keine Selbstverständlichkeit ist. Eine schwache Präsidentschaft mit einem starken Premierminister würde wohl die Macht zusätzlich dezentralisieren und ist nicht das schlechteste was Tunesien passieren könnte.
  • Einbindung in die politische Verantwortung hat fast immer einen mässigenden Effekt. Oppositionsparteien geniessen viel mehr Narrenfreiheit. So ist Ennahdha auf der Regierungsbank vielleicht besser aufgehoben.
  • Wegen des starken Proporzsystems hat Ennahdha trotz ihrer hohen Stimmenzahl von vermutlich etwa 40% nur etwa ein Drittel der Sitze der Konstituante (etwa 30 70 von 217). Sie ist also auf die Zusammenarbeit mit sich betont laizistisch Parteien angewiesen.
  • Die Einbindung könnte der beste Weg sein die Kluft zwischen säkularen und religiösen Kräften zu überbrücken, die das Land seit der Unabhängigkeit plagt und bis jetzt unter den Teppich gekehrt wurde (ein sehr guter Artikel auf Englisch dazu war vor einer Weile bei The Atlantic zu lesen).
  • Wie die türkische AKP könnte die Ennahdha zu einem Vorbild in der islamischen Welt werden. Der politische Islam entstand und positioniert sich bisher traditionell in Opposition zu den herrschenden Eliten. Dies ist etwas, dass sich mit einem Demokratisierungsprozess in der muslimischen Welt ändern könnte. Ennahdha könnte ein Beispiel sein, wie der Islam in die Politik einfliessen kann ohne radikale Opposition zu sein. Genau so wie es bei uns eben die Parteien gibt, die sich christlich inspiriert sehen (gut finden muss ich das, wie gesagt nicht. Das ist nicht die Frage hier.).
  • Man sollte auch nicht vergessen, dass selbst wenn es stimmt, dass die Partei für die Wahlen Kreide gefressen hat, heisst das auch, dass sie unter anderem deswegen für viele wählbar war. Lässt sie diesen Teil ihrer Wählerinnen und Wähler fallen, wird es bei den nächsten Wahlen die Quittung dafür geben. Genau so funktioniert Demokratie und das ist auch gut so.
  • Vielleicht könnte eine Partei, die mit dem Stempel islamistisch versehen wird und sich zu einer pluralistischen Demokratie bekennt, bereit ist Minderheiten zu schützen und demokratische Reformen voranbringt, auch das Schwarz-Weiss-Denken im Westen etwas aufweichen und die Angstmacher zur Differenzierung zwingen.

Die Entscheidung der Tunesier zwingt nun alle zu einem klaren Positionsbezug. Ziehen wir einen nicht-gewählten Diktator, der mit krimineller Energie das Land zur eigenen Bereicherung missbrauchte, einen Polizeistaat errichtet und die Menschenrechte mit Füssen trat, einer demokratisch gewählten Regierung mit moderater islamistischer Beteiligung vor? Eine dritte Möglichkeit hat das tunesische Volk im Moment nicht vorgesehen. Für mich ist der Fall klar. Nun müssen die echten Demokraten Farbe bekennen und wer nur Sorge heuchelte soll zugeben, dass er oder sie andersdenkenden keine Demokratie zugestehen will.

Frühere Einträge zu Tunesien:
Strassenproteste in Tunesien, 12. Januar 2011
Tunesien: Jasminrevolution oder Theatercoup, 14. Januar 2011
Tunesien: Sicherheitslage und Übergangsregierung, 17. Januar 2011
Tunesien ist nicht Ägypten, 31. Januar 2011
Die Muslimbrüder kommen (vielleicht), 15. Februar 2011
Arabischer Frühling und westliche Wahrnehmung, 4. Juli 2011
Wahlen in Tunesien: Ein Frühling macht noch keinen Sommer, 12. August 2011
Post-Revolutionäre Eindrücke aus Tunesien, 11. Oktober 2011
Proteste in Tunesien gegen den Film “Persepolis”, 15. Oktober 2011
SVP und die Islamisten – Eine Geschichte aus zwei Wahlkämpfen, 23. Oktober 2011

Bildquelle: Eigene Bilder. Nichkomerzielle Verwendung mit Referenz auf zoonpolitikon gestattet.

Kommentare (149)

  1. #1 Odysseus
    Oktober 26, 2011

    Danke für deine Beiträge zur Wahl in Tunesien, deine Texte lese ich immer wieder gern. Etwas mehr sachliche Überlegung und “Insiderwissen” dieser Art würden der Diskussion hierzulande gut tun. Magst du trotzdem kurz deine Prozent-/Bruchrechnung erklären?

    Wegen des starken Proporzsystems hat Ennahdha trotz ihrer hohen Stimmenzahl von vermutlich etwa 40% nur etwa ein Drittel der Sitze der Konstituante (etwa 30 von 217).

  2. #2 ali
    Oktober 26, 2011

    @Odysseus

    Die genauen Zahlen sind noch ausstehend aber ein solches “Missverhältnis” liegt im Wesen des eines proportionalen Systems. Die genauen Regeln können variieren. Das “Missverhältnis” liegt daran, dass die Sitze nach Bevölkerung proportional auf die Wahlkreise verteilt werden und dann aber innerhalb des Wahlkreises nach Stimmen verteilt werden. Je nach Grössenunterschied, Sitzzuteilung (die muss nicht ganz strikte Proportional sein als Massnahme zum Minderheitenschutz) und die Konzentrationen über das Land gesehen, ist das Endresultat der Sitze nicht zwangsläufig proportional zu den Wähleranteilen.

  3. #3 roel
    Oktober 26, 2011

    @ali es ist immer schlecht, wenn Gier und Angst zur Meinungsbildung beitragen. Erst möchte der Westen möglichst gute Geschäfte mit einem Regime machen, und blickt mehr als wohlwollend über Menschenrechtsverletzungen hinweg. Dann keimt eine Demokratiebewegung auf und wird nur zögerlich von den anderen Demokratien unterstützt. Und nach der Wahl herscht mehr Angst vor dem Wahlsieger, als Freude über die problemlos und friedlich abgelaufene Wahl.

    Danke für diesen ausgewogenen Beitrag.

  4. #4 ali
    Oktober 26, 2011

    @Oddysseus

    Ich habe gerade gemerkt da war ein Tippfehler drin. Ein Drittel von 217 ist natürlich etwa 70 nicht 30. So stark ist das Missverhältnis natürlich nicht. Ich habe das korrigiert. Sorry.

  5. #5 Odysseus
    Oktober 26, 2011

    @Ali: Da habe ich wohl nicht deutlich genug gemacht, wo es bei mir hakt. Wie können “30 von 217” einem Drittel der Sitze entsprechen? Dass das Wahlsystem die absoluten Stimmenanteile nicht unverzerrt auf die Sitzverteilung abbildet, ist klar, ich vermute hier nur einen schlichten Tippfehler.

  6. #6 Odysseus
    Oktober 26, 2011

    Oh, da warst du schneller. Damit ist der Kommentar von 11:15 natürlich hinfällig, danke für die Korrektur.

  7. #7 BreitSide
    Oktober 26, 2011

    xxx

  8. #8 cydonia
    Oktober 26, 2011

    @ali
    Wie immer: ausgewogen, zurückhaltend und fair. Ich habe mich in den letzten Wochen anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels an Boualem Sansal nochmal mit der Entwicklung Algeriens nach den annulierten Wahlen beschäftigt, und denke mehr denn je, dass uns Stimmen wie die deine in der öffentlichen Diskussion fehlen.
    Es ist zwar in den letzten Monaten, was die Panikmache anbelangt, etwas besser geworden, aber ich denke wirklich, dass die Angst vor einem vermeintlichen Islamismus die Situation in Algerien erst so richtig hat eskalieren lassen, und die Reaktion nach den Wahlen 1991 der Glaubwürdigkeit der westlichen Demokratien extrem geschadet hat. Hoffentlich haben wir etwas daraus gelernt.

  9. #9 TheK
    Oktober 26, 2011

    Zu ergänzen wäre noch, dass in Tunesien durchaus auch radikal religionsfeindliche Parteien herumlaufen, die eine Religionsausübung in der einen oder anderen Form verbieten wollen.

    Das Wahlsystem ist ein Verhältniswahlrecht pro Region. Das führt dann zu dieser Verzerrung.

  10. #10 Christian W
    Oktober 26, 2011

    Der Ausdruck wird in der Regel in den meisten von mir konsumierten Medien als ein Synonym für Fundamentalismus (ein ursprünglich Christen bezeichnender Begriff) verwendet. Ich übernehme für diesen Post diese Lesart, denn dies wäre schliesslich die potentielle Gefahr, die von Ennahdha ausgeht und vor der heute sicher auch oft gewarnt wird.
    […]
    Das ist wohl einer der Gründe, warum Ennahdha oft noch die Qualifizierung moderat vorangestellt wird. Die Partei bezeichnet sich selber lieber als islamisch wegen der negativen Besetzung von islamistisch.

    Danke Ali für diesen Eintrag. Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, was “moderat islamistisch” eigentlich heißen soll. Ist das sowas wie “gemäßigt terroristisch” oder “einigermaßen schwanger”? Für mich ist “islamistisch” die Kurzform von “islamisch-fundamentalistisch” und fundamental ist wie der Name schon sagt stets von Grund auf, absolut, vollkommen, ganz und gar, kompromisslos, radikal, usw. und wird auch überall genau in dem Sinne verwendet. Somit wäre “moderat islamistisch” ein Oxymoron erster Güte und es müsste eigentlich “moderat islamisch” oder nach deutschem Vorbild “islam-(sozial-)demokratisch” heißen.

    Obiges Zitat ist jedoch in meinen Augen dann auch wieder inkonsequent. Wenn “islamistisch” als Fundamentalismus-Synonym gebraucht und verstanden wird, dann nennt sich die Partei vor allem deswegen nicht so, weil sie eben nicht fundamental islamisch eingestellt ist (oder gelten will). Natürlich auch weil “islamistisch” negativ konnotiert ist, aber dass sich Fundamentalisten nicht selbst so nennen, ist jetzt auch keine Neuigkeit. Der Hauptgrund ist sicherlich, dass sie keine Islamisten sind, bzw. sich selbst nicht als solche betrachten.

    @Medien:
    Ab wann werden CDU/CSU als “moderate christliche Fanatiker” und die Attac/andere Anti-Kapitalismus-Protestler als “moderate RAF” referenziert?

    (Whoa, jetzt bin ich trotz mehrfacher Gelegenheit doch ohne Nazi-Vergleich ausgekommen – d’oh!)

  11. #11 EnDouche
    Oktober 26, 2011

    “Man muss sich in Erinnerung rufen, dass es sich bei der Wahl primär um eine verfassungsgebende Versammlung handelt. Sie wird zwar auch die Übergangsregierung stellen, aber es ist eben wie der Name schon sagt nur eine provisorische. Die gewählten werden sich wohl mehr mit abstrakten institutionellen Fragen beschäftigen als mit typischer Tagespolitik.”

    Verstehe nicht ganz wieso dies als quasi beruhigend anführst. Das eine klar islamische Partei Hand an eine Verfassung anlegen darf, halte ich im Hinblick der Trennung von Staat und Kirche für klar problematischer, als wenn sie “nur” Tagespolitik betrüben.

  12. #12 ali
    Oktober 26, 2011

    @EnDouche
    Mehrere Gründe sprechen meines Erachtens dafür:

    Erstens ist der implizit geäusserte Verdacht in der Regel, dass Ennahdha nur Kreide gefressen hat. Nehmen wir einmal an das stimmt, dann ist es wenig plausibel, dass sie nun von einem Tag auf den anderen eine radikale islamistische Agenda durchzwängen wollten. Es ist wahrscheinlicher, dass so etwas scheibchenweise über einen längeren Zeitraum gemacht werden müsste. Der Verfassungsprozess wird aber nicht Jahre dauern.

    Zweitens sind sie wie erwähnt auf die Stimmen anderer Parteien angewiesen. Bei ordinären Gesetzesvorlagen ist es einfacher sich Mehrheiten mit kleinen Deals zu erkaufen. Ich glaube nicht, dass potentielle Koalitionspartner ein Interesse am Eintauschen von Grundrechten hätten.

    Drittens und vielleicht am Wichtigsten, weil die Ennahdha von Jahrzehnten von politischer Verfolgung und Exil geprägt ist, ist sie im Moment im Abstrakten tatsächlich eher an einer Stärkung von Rechten und eine Schwächung der Regierung interessiert (dass sie sich für einen schwachen Präsidenten einsetzt, ist doch ein Hinweis darauf). Beispielsweise hat die Nummer Zwei, die heute als möglicher Premier genannt wurde, Jahre im Gefängnis verbracht (teilweise Isolationshaft). Ich vermute, dass er auf der Basis eines einmaligen Wahlsieges kaum die Grundlagen für einen autoritären, stark zentralistischen Staat setzen will oder gar die Glaubensfreiheit einschränken würde. Die Opferperspektive ist sicherlich noch stark vorhanden.

    Viertens, glaube ich, dass es einen Wahrnehmungsunterschied gibt zwischen dem Abstrakten und dem Konkreten wenn es um Gesetzesnormen geht. Wir sind alle für Menschenrechte, Gleichberechtigung, Religionsfreiheit, Gewaltenteilung, etc. Wenn solche mit konkreten Anliegen kollidieren, werden sie meistens zurechtrationalisiert (Menschenrechte ist immer das, was die anderen verletzen). Beim Schreiben einer Verfassung geht es aber hauptsächlich um abstrakte Grundsätze. Da wird ein Konsens sehr viel einfacher zu erreichen sein. Diese werden später dann hoffentlich von einer unabhängigen Judikative durchgesetzt.

    Fünftens, die grösste Sorge der Tunesier ist im Moment wohl die wirtschaftliche Situation. Die wichtigste Einnahmequelle ist der Tourismus. Alles was nach Islamismus riecht schadet diesem und würde schwer zu erklären sein. Darum ist es kurz- bis mittelfristig nicht opportun. Bis sich das ändert, wird die Verfassung hoffentlich geschrieben sein.

    Aus diesen Gründen glaube ich kaum, dass Ennahdha grossen Schaden an der Verfassung anrichten kann. Würde es vorwiegend um Tagespolitik gehen, könnte ich mir eher vorstellen, dass man mit religiösem Populismus von Problemen abzulenken versuchen könnte (wie das bei uns auch mit vielen Scheinthemen wie z.B. Minarette immer wieder passiert). Darum habe ich erscheint dies bei mir als ‘positiv’.

  13. #13 Georg Hoffmann
    Oktober 26, 2011

    Das ist eine absolut faire und objektive Darstellung zu Tunesien und im weiteren Sinne zum arabischen Fruehling. Ich denke, es ist auch legitim eine subjektive hoechst egoistische zu haben. Mich interessiert an der arabischen Welt politisch vor allem, dass sie Israel in Ruhe lassen. Natuerlich wuensche ich ihr, der arabischen Welt, auch sonst alle Gute, wie ich jedem Menschen nur das Beste wuensche, aber das mit Israel waere jetzt so ein konkretes politisches Ziel.

    Aus dieser meiner egoistischen Perspektive hat sich wenn ueberhaupt die Situation eher noch zum Schlechten veraendert. Das unter Mubarak verbotene Abbrennen der israelischen Fahne ist jetzt wieder in die taeglichen Rituale dort aufgenommen worden und ein ernster Konflikt mit Israel scheint nicht mehr sooo ausgeschlossen, wie er es vor dem arabischen Fruhling war.
    Na und von Fatwah und der Rolle der Frauen, da will ich gar nicht erst anfangen.
    Vielleicht ist also angesichts dieser desastroesen Entwicklung auch zu ueberlegen, ob das alleinige EInhalten einer relativ fairen undrelativ friedlichen Wahl doch nicht genug ist. Schliesslich sind gerade in Deutschland so doch schon einige an die Macht gekommen und haben danach erst den Reichstag angezuendet.
    So oder so, haben auch ich und auch du (vielleicht nicht du, den die Schweiz war ja wohl neutral) per Steuergelder an intensiven Kriegtaetigkeiten in Libyen teilgenommen und dann finde ich, hat man auch das Recht zu sagen, ob man sein Geld gut angelegt sieht.
    Eher nicht so, was mich angeht.

  14. #14 ali
    Oktober 26, 2011

    @Georg Hoffmann

    Ägypten, Israel, Libyen….? Ich sehe nur bedingt den Zusammenhang mit meinem Eintrag und der Wahl in Tunesien. Geht es etwas konkreter?

    Ich denke, es ist auch legitim eine subjektive hoechst egoistische zu haben.

    Ich nehme an die Flaggenverbrenner würden genau das auch für sich beanspruchen. Du wolltest vermutlich sagen, du findest deine “persönliche höchst subjektive egoistische Meinung” legitim nicht aber die der anderen. Tja, da legst du tatsächlich, wenn auch vielleicht unfreiwillig, den Finger auf den zentralen Punkt.

  15. #15 Georg Hoffmann
    Oktober 26, 2011

    @Ali
    “Geht es etwas konkreter?”
    Na ja, ich habe ja konkret die Laender genannt. Der gemeinsame Geist, der der ganzen Entwicklung angeblich (keine Ahnung), zu Grunde liegen soll, nennt sich wohl arabischer Fruehling, also eine all diesen Laendern innewohnender und ausbrechender Wunsch nach Freiheit. Ist das zu weit weg von diesem Tunesien Beitrag?

    “Ich nehme an die Flaggenverbrenner würden genau das auch für sich beanspruchen.Du wolltest vermutlich sagen, du findest deine “persönliche höchst subjektive egoistische Meinung” legitim nicht aber die der anderen.”

    Also Notfalls wuerde ich schon verteidigen, dass mein Wunsch nach einem Ende der arabischen Sucht, den Schuldigen fuer alles und jedes in der Existenz Israels zu sehen, irgendwie legitimer/edler/besser/moralisch hoeherwertiger ist, als die dieser Flaggenverbrenner, die offensichtlich das Gegenteil wollen. Aber das ist gar nicht mal so mein Punkt. Ich glaube es ist legitim politische Ziele zu haben und die westlichen Staaten (haben gestuetzt auch durch meine Steuergelder) haben massiv in diesem arabischen Fruehling gehandelt. Meine Frage war, sind meine politischen Ziele dort umgesetzt oder befoerdert worden. Und da meine ich eben: Eher nicht.

  16. #16 Schmidts Katze
    Oktober 26, 2011

    Wer hat denn der Ennahdha das Etikett “islamistisch” aufgepappt, das jetzt durch das Wort “moderat” wieder abgeschwächt werden muss?

    Wir sollten erst mal im Hinterkopf behalten, daß sie nur ein Drittel der Abgeordneten stellen, und dann beobachten, welche Politik sie real betreiben, und welches Etikett dafür dann angebracht ist.

    Die Existenz einer islamischen Partei in Tunesien erscheint mir jedenfalls so normal, wie die einer christlichen in Deutschland.

  17. #17 Schmidts Katze
    Oktober 26, 2011

    @ Georg:

    Das Verhältnis der Ennahdha zu Israel ist hier nun wirklich nicht das Thema, und ich (und ich denke, die meisten anderen hier) habe mich da auch bisher noch nicht näher mit beschäftigt.

    Aber du hast ja einen eigenen Blog, vielleicht kannst du da ja mal einen Post als Diskussionsgrundlage verfassen.

  18. #18 rolak
    Oktober 26, 2011

    Schöner post, Ali!

    viele überzeugte Marxisten aus den 60er und 70ern

    Bedeutet das

    1. damals und jetzt vom Marxismus überzeugt
    2. damals überzeugt, jetzt nicht mehr so
    3. damalige Marxisten die mittlerweile von Anderem überzeugt wurden

    ?

  19. #19 Georg Hoffmann
    Oktober 26, 2011

    @Schmidts Katze

    Wie gesagt, wenn alle oder insbesondere der Ali meint, dass ich mit arabischer Fruehling das Thema zu weit fasse, dann lasse ich das hier selbstverstaendlich. EIn eigenes Post dazu werde ich kaum schreiben, auf Scienceblogs bedarf es schon eines wissenschaftlichen Anspruchs. Dazu bin ich bei dem Thema nicht in der Lage.

    Man kann angesichts politischer Entwicklungen in anderen Laendern vielerlei Meinungen haben, sich mal mehr und mal weniger betroffen fühlen. Aber sein wer mal ehrlich, das meiste ist einem doch wurscht. Ob jetzt in Australien die konservative Regierung die Prugelstrafe an der Schule wiedereinfuehrt oder nicht, nu ja ..

    Mein Interesse beim arabischen Fruehling ist nunmal das Verhaeltniss der Massen und der neuen Machthaber zu Israel. Als Lackmustest fuer Aufklaerung funktioniert das eigentlich fast immer. Bis jetzt (so lange ist das ja noch nicht her mit dem Fruehling) stimmt mich das nicht so optimistisch.

  20. #20 ali
    Oktober 26, 2011

    @Georg Hoffmann

    Na ja, ich habe ja konkret die Laender genannt. Der gemeinsame Geist, der der ganzen Entwicklung angeblich (keine Ahnung), zu Grunde liegen soll, nennt sich wohl arabischer Fruehling, also eine all diesen Laendern innewohnender und ausbrechender Wunsch nach Freiheit. Ist das zu weit weg von diesem Tunesien Beitrag?

    Der Eintrag thematisiert doch gerade, dass man nicht alles in einen Topf werfen kann (Muslime, Araber, Islamisten, etc.). Ich habe auch immer wieder geschrieben, dass die Situation und Voraussetzungen in den verschiedenen Ländern eben sehr verschieden sind (siehe zum Beispiel meinen oben verlinkten Eintrag als es in Ägypten losging).

    Du vermischst alles in deinem eher assoziativ argumentierenden Kommentar. Zum Beispiel was die Rolle der Frau betrifft hat Ennahdha wie erwähnt einen ganzen Abschnitt im Parteiprogamm der progressiver ist als zum Beispiel jener der SVP in der Schweiz. Sie hat sich auch für die Listenquote eingesetzt im Gegensatz zu einigen anderen Parteien in Tunesien. Warum kommst du also mit dem Frauenthema auf? Ist das nicht assoziativ auf Vorurteilen beruhend? Weisst etwas über die Ennahdha was ich nicht weiss? Warum zum vorneherein Unehrlichkeit unterstellen? Weil es Muslime sind und nicht Christen?

    Also Notfalls wuerde ich schon verteidigen, dass mein Wunsch nach einem Ende der arabischen Sucht, den Schuldigen fuer alles und jedes in der Existenz Israels zu sehen, irgendwie legitimer/edler/besser/moralisch hoeherwertiger ist, als die dieser Flaggenverbrenner, die offensichtlich das Gegenteil wollen.

    Hast du irgendwelche Zahlen zu dieser “arabischen Sucht, den Schuldigen fuer alles und jedes in der Existenz Israels zu sehen”? Du meinst also, dass der Flaggenverbrenner aus purem Hass heraus seine Tat rechtfertigen würde und nicht etwa auch ein moralisches Argument zusammenbrächte (Besetzung eines Gebietes, Kriegshandlungen, Blockade, etc.) Vielleicht liest du mal meinen Beitrag zu den Mythen zur arabischen Welt. Also würde jemand eine solche grobe Verallgemeinerung über eine andere Gruppe machen (“die Sucht der Juden alles und jedes mit Sicherheitsbedenken zu rechtfertigen”) machen, würdest du das ein akzeptables Argument finden? Warum soll das für so eine heterogene Gruppe wie die Araber zulässig sein?

    Das “wer zahl befiehlt” Argument finde ich auch äusserst befremdlich. Ich würde meinen es geht um eine moralische Frage. Weil wir die autoritären Herrscher gehätschelt haben war es dann auch OK nicht all zu sehr auf die Einhaltung der Menschenrechte zu pochen (hey, wer zahlt befiehlt)? Oder weil man jetzt Gelder gesprochen hat, hat man einen Anspruch darauf mitzureden, wer regieren darf? Seltsame Vorstellungen von Demokratie hast du…

    Was Ennahdha (als Partei) zu Israel zu sagen hat weiss ich nicht. Hand aufs Herz, kannst du es mir sagen ohne zu googeln? Das meine ich mit assoziativ….

    P.S.: Meinst du nicht mit “Israel” als Lackmustest machst du es dir etwas gar einfach? Gerade weil eine neue Recht nun plötzlich die “judeo-christliche Tradition” entdeckt hat (vor allem weil sie meinen so unauffällig gegen andere zu hetzen) wird dir der Test viele Falsch-Negativ bescheren.

    Kommentar nach Durchlesen leicht editiert und Fehler korrigiert.

  21. #21 Georg Hoffmann
    Oktober 26, 2011

    @Ali
    “Ich habe auch immer wieder geschrieben, dass die Situation und Voraussetzungen in den verschiedenen Ländern eben sehr verschieden sind (siehe zum Beispiel meinen oben verlinkten Eintrag als es in Ägypten losging).”

    Bestimmt. Trotzdem hat die Presse (mehr Informationen habe ich ohnehin nicht) ein gemeinsames Band gesehen und ich finde das jetzt nicht so unplausibel. Jahrzehntelange weltliche oder fast anti-religioese Militaerregime mit Hang zum Foltern sind von einer per SMS koordinierten Menge hinweggefegt worden. Super. Wenn man jetzt nicht mehr von “die Araber” oder “dem arabischen Fruehling” sprechen darf, nur weil sich natuerlich hinter jedem dieser Begriffe tausender individueller Schicksale verbergen, dann gehen der Politikwissenschaft natuerlich rasch die Subjekte aus. Ich spreche also weiter von den Arabern und den Deutschen etc und weiss sehr wohl, dass sich hinter den ersten jemand wie Edward Saim verbirgt und hinter den zweiten jemand wie Murat Kurnaz.

    “Warum kommst du also mit dem Frauenthema auf? Ist das nicht assoziativ auf Vorurteilen beruhend? Weisst etwas über die Ennahdha was ich nicht weiss?”

    Das ist sehr unwahrscheinlich. Ich wusste bis zu deinem Beitrag nichtmals wie die heissen. Ich habe gestern hier Fernsehen geguckt (ja ja, ich weiss) und die zugegeben nicht gerade sehr pro-arabischen Spanier berichteten, dass unter den tunesischen Islamisten ein Diskussion zur Mehrfachheirat zu Zwist fuehrte (was natuerlich bedeutet, dass wohl einige dagegen sind). Wie gesagt, das war nur so ein 2 Minuten Beitrag im ersten Kanal.

    “Warum zum vorneherein Unehrlichkeit unterstellen? Weil es Muslime sind und nicht Christen?”

    Tu ich gar nicht. Ich halte alle Menschen erstmal fuer Arschloecher und lasse mich dann positiv ueberraschen. Ich mag also keine Auslaender und Inlaender genauso wenig.

    “Hast du irgendwelche Zahlen zu dieser “arabischen Sucht, den Schuldigen fuer alles und jedes in der Existenz Israels zu sehen”? Du meinst also, dass der Flaggenverbrenner aus purem Hass heraus seine Tat rechtfertigen würde und nicht etwa auch ein moralisches Argument zusammenbrächte (Besetzung eines Gebietes, Kriegshandlungen, Blockade, etc.)”

    Ja letzteres waere tiptop, wenn es nur die Palestinenser taeten (obwohl ich da auch mal einwerfen wuerde, dass 40 Jahre Fahnenverbrennen ja auch nicht viel weiterhilft), die ja nun wirklich ein Problem mit Isreal haben bzw hatten. Das Faszinierende an der arabischen Sicht auf Israel ist ja gerade, dass Laender die keine Grenze mit Israel haben, keinen Handel mit diesem Land betreiben und mit guter Chance niemals einem Juden begegnet sind, troztdem es als normal empfinden, Samstags abend zum Flaggenverbrennen zu gehen, statt sich ein Bier aufzumachen und den Wagen zu waschen. Selbst mittlerweile 20 Jahre relativ guter Beziehungen zu Israel halten eine spontan zusammenkommende Masse nicht ab, die israelische Botschaft in Kairo zu stuermen. Warum gibt es so wenige Araber, die mal sagen: “Israel? Ist mir egal”

    “Das “wer zahl befiehlt” Argument finde ich auch äusserst befremdlich. Ich würde meinen es geht um eine moralische Frage.”

    Aber es gibt so viele moralische Fragen. Wem ist man als Westler nicht alles verpflichtet? Einerseits wurden ja jetzt Diktatoren abgesetzt die ja teils im Unabhaengigkeitskrieg gegen die Kolonialmaechte ihre Basis hatten. Nur boese und politisch unkorrekt sind ja auch nicht gewesen.

    Ich habe das mit den Steuern nur aufgebracht, weil ich ja per Steuern ziemlich massive Bombardements unterstuetzt habe und, wie sich jetzt herausstellte, einem kleinen Massaker in Sirte Beistand geleistet habe. Wenn man das schon ackzeptiert, dann kann man ja zumindest Fragen, ob man das bekommen hat, was man gerne haette.

    “Meinst du nicht mit “Israel” als Lackmustest machst du es dir etwas gar einfach? Gerade weil eine neue Recht nun plötzlich die “judeo-christliche Tradition” entdeckt hat (vor allem weil sie meinen so unauffällig gegen andere zu hetzen) wird dir der Test viele Falsch-Negativ bescheren.”

    Na, solche Aussagen wie die von Assad und Ahmadinejad erfuellen schon das volle Arsenal des klassischen Antisemitismus (uebrigens teilweise in Arabien durchaus mit deutscher Schulung und das seit den 30er Jahren und auch noch unter Nasser etc). Wie sehr das auf die jeweiligen Bevoelkerungen zutrifft ist schwer zu sagen. Aber andererseits sagen die beiden das ja nicht, weil sie sich energisch gegen die eigene Bevoelkeung stellen moechten.
    Mit der judeo-christlichen Tradition habe ich zumindest in dieser Frage nicht viel am Hut. Als Deutscher fuehle ich mich Israel verpflichtet und fertig.

  22. #22 Schmidts Katze
    Oktober 26, 2011

    @ Georg:

    “Aber sein wer mal ehrlich, das meiste ist einem doch wurscht.”
    Tatsächlich?
    Das mag für dich gelten.

    “Mein Interesse beim arabischen Fruehling ist nunmal das Verhaeltniss der Massen und der neuen Machthaber zu Israel.”

    Hast du ein spezielles Interesse an Israel?
    Es ist ja nun nicht gerade ein Nachbarland von Tunesien.

    Sucht Israel den Dialog mit den neuen Kräften in der arabischen Welt?
    Ich habe eher den Eindruck, die israelische Regierung würde den Status Quo der letzten Jaahre einem demokratischen Wandel der arabischen Welt gegenüber vorziehen.

  23. #23 Schmidts Katze
    Oktober 26, 2011

    @ Georg:

    “Na, solche Aussagen wie die von Assad und Ahmadinejad …”
    Ahmadinejad ist kein Araber.

  24. #24 Schmidts Katze
    Oktober 26, 2011

    “Als Deutscher fuehle ich mich Israel verpflichtet und fertig.”

    Heisst das auch, daß du die Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten unterstützt?

  25. #25 ali
    Oktober 26, 2011

    @Georg Hoffmann

    Das Problem ist, dass du einerseits sagst, über relativ wenig Informationen zu verfügen (fair enough) anderseits aber daraus weitreichende Schlussfolgerungen ziehst.

    Bestimmt. Trotzdem hat die Presse (mehr Informationen habe ich ohnehin nicht) ein gemeinsames Band gesehen und ich finde das jetzt nicht so unplausibel.

    Weisst du wieviele Artikel es in der Presse gibt, die die Existenz einer von Menschen verursachten Klimaerwärmung in Frage stellen? Ist dir bewusst, dass das für viele plausibel klingt? Ich weiss warum du dich darüber ärgerst und dagegen anschreibst. Ähnliches versuche ich hier manchmal auch. Oder muss ich auch damit anfangen einen monatliche Schmock zu küren?

    Super. Wenn man jetzt nicht mehr von “die Araber” oder “dem arabischen Fruehling” sprechen darf, nur weil sich natuerlich hinter jedem dieser Begriffe tausender individueller Schicksale verbergen, dann gehen der Politikwissenschaft natuerlich rasch die Subjekte aus.

    Verbote wurden keine ausgesprochen. Eine solche Behauptung lenkt nur vom Thema ab. Man darf natürlich Dinge aggregieren. Aber eine solche Aggregation muss man auch rechtfertigen können. Ich habe einen Artikel darüber geschrieben über die sogenannten “moderaten Islamisten” die die Wahlen in Tunesien gewonnen haben. Du kommentierst zu dem Verhältnis von Libyen und Ägypten zu Israel und erzählst etwas von Fatwas und Frauenrechte. Die Kritik war spezifisch. Wenn ich sage “Ausländer stinken” kann ich mich auch nicht damit rausreden, dass ich ja weiss, dass sich hinter dieser Kategorie tausende verbergen und ich schon wisse, dass nicht alle stinken. Es geht um die konkrete Aussage, nicht um dein Recht, allgemeine Aussagen machen zu dürfen.

    dass unter den tunesischen Islamisten ein Diskussion zur Mehrfachheirat zu Zwist fuehrte (was natuerlich bedeutet, dass wohl einige dagegen sind).

    Lies das Programm und den Teil zu Frauen (du sprichst ja Französisch). Ich kann mir gut vorstellen, dass es solche Diskussionen gab, es ist aber nunmal nicht die offizielle Position von Ennahdha. Du der doch oft mal gerne die katholische Kirche verteidigt sollte vielleicht im Hinblick auf weitere solche Diskussionen vorsichtig sein, Diskussionen mit Randelementen innerhalb einer Gruppierung zum Massstab zu erheben.

    Ausserdem wenn du weisst, dass 2 Minuten spanisches Fernsehen vielleicht nicht das Lesen etwas fundierterer Quellen ersetzt, warum ziehst du trotzdem Schlüsse daraus? Vieles was in der Klimaforschung passiert verstehe ich nur am Rande weil ich mich nicht damit auseinandergesetzt habe. Ich hänge mich dann aber auch nicht in die Diskussion.

    Tu ich gar nicht. Ich halte alle Menschen erstmal fuer Arschloecher und lasse mich dann positiv ueberraschen.

    Obwohl man mit dieser Einstellung vermutlich relativ gut fährt möchte ich doch festhalten, dass du dir trotz dieser Einstellung weder über das gute Abschneiden der neugegründeten Grünliberalen in der Schweiz gemeldet hast, noch hier je Bedenken was die Piratenpartei betrifft geäusserst hattest. Hingegen tust du es für eine Partei hier mit einer wesentlich längeren Geschichte. Also vielleicht doch nicht so neutral?

    Ja letzteres waere tiptop, wenn es nur die Palestinenser taeten (obwohl ich da auch mal einwerfen wuerde, dass 40 Jahre Fahnenverbrennen ja auch nicht viel weiterhilft), die ja nun wirklich ein Problem mit Isreal haben bzw hatten. Das Faszinierende an der arabischen Sicht auf Israel ist ja gerade, dass Laender die keine Grenze mit Israel haben, keinen Handel mit diesem Land betreiben und mit guter Chance niemals einem Juden begegnet sind, troztdem es als normal empfinden, Samstags abend zum Flaggenverbrennen zu gehen, statt sich ein Bier aufzumachen und den Wagen zu waschen.

    Darf ich zusammenfassen: “Nein, wirklich belegen kann ich es nicht, aber man sieht es ja im Fernsehen. Alle sind so. Ich behaupte es einfach wieder.” Übrigens wusstest du, dass alle Klimaforscher lügen? Forscher X und Forscherin Y haben gelogen, also muss meine Aussage stimmen.

    Ich habe das mit den Steuern nur aufgebracht, weil ich ja per Steuern ziemlich massive Bombardements unterstuetzt habe und, wie sich jetzt herausstellte, einem kleinen Massaker in Sirte Beistand geleistet habe. Wenn man das schon ackzeptiert, dann kann man ja zumindest Fragen, ob man das bekommen hat, was man gerne haette.

    1. Habe ich hier nichts zu Libyen geschrieben. Trotz deinem Wunsch auch verallgemeinern zu dürfen geht es doch etwas weit, wenn du ein Mitspracherecht in den tunesischen Wahlen verlangst, weil du in dem Land steuern zahlst, dass am Nato Einsatz in Libyen beteiligt war. 2. Das Geld, dass nach Tunesien und Ägypten fliesst geht oft unter dem Label von Demoktratisierung, Institution-building, capacity building, etc. Ein Teil davon bleibt sowieso im Land, weil damit deutsche Consultants und NGOs bezahlt werden. Dann ist da noch der Widerspruch: Man zahlt für eine demokratische Transition, predigt Menschenrechte und Rechtsstaat, möchte aber mit dem Geld genau diesen aushebeln? Dies ist doch absurd.

    Na, solche Aussagen wie die von Assad und Ahmadinejad erfuellen schon das volle Arsenal des klassischen Antisemitismus

    Die Tante eines Freundes hat ein Cousine, deren Hund hat ein ganz schlimmes Ekzem und da hat sie im Globuli gegeben und das hat super gewirkt (angeblich). Homöopathie wirkt!!!11elf1. Dann stellt sich heraus, dass eigentlich Akupunktur war (Ahmadinejad würde wohl seine persischen Vorfahren verunglimpft sehen, würde er hier mitlesen. Aber eben, Araber, Islam ist doch eh einerlei, oder wie?).

    Als Deutscher fuehle ich mich Israel verpflichtet und fertig.

    Vielleicht wäre es besser wenn du schon aus historischem Gründen dich ohne Nachfragen dich einer Idee an den Hals werfen möchtest, dafür lieber abstrakte Prinzipien wie Demokratie oder Rechtsstaat zu wählen und nicht Nationen oder Menschen (ganz egal ob Ägypter, Israelis oder Norweger), die wohl immer auch Böses tun werden. Blindes Folgen war das Problem und nicht die Lösung.

  26. #26 Georg Hoffmann
    Oktober 26, 2011

    @Schmidts Katze
    “Ich habe eher den Eindruck, die israelische Regierung würde den Status Quo der letzten Jaahre einem demokratischen Wandel der arabischen Welt gegenüber vorziehen.”

    Na genau darueber diskutieren wir ja gerade.

    “Heisst das auch, daß du die Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten unterstützt?”

    Wahrscheinlich nicht das Geschickteste, wenn man sich irgendwann einmal auf niedrigeren Agressions-Niveau in der Gegend treffen will. Allein das Jahrhundertverbrechen, als das es dargestellt wird, ist es nun wahrlich auch nicht. Wo wird ueberall in der Welt unrechtmaeszig Land angekauft, zweckentfremdet neu besiedelt, umgesiedelt etc etc. Es gibt Schlimmeres als 50.000 Erdbeerpflanzer die Samstags keinen Strom anstellen auf seinem Territorium herumhaengen zu haben.

    Aber wir kommen vom Thema ab. Ich habe das nur erwaehnt weil es mein Interesse an dieser neuen Entwicklung in der Region ist. Andere moegen sich fuer anderes interessieren.

  27. #27 ali
    Oktober 26, 2011

    Es gibt Schlimmeres als 50.000 Erdbeerpflanzer die Samstags keinen Strom anstellen auf seinem Territorium herumhaengen zu haben.

    Aber hallo! Wenn du wirklich glaubst, das sei das Problem, verstehe ich warum wir hier aneinander vorbeireden. Vielleicht lies ein wenig nach was die Probleme sind. Und wenn du es mir, dem Economist oder der BBC nicht glauben willst, auch das IKRK oder die israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem sehen weitaus grösserer Probleme als das “rumhängen von 50.000 Erdbeerpflanzer die Samstags keinen Strom anstellen” Vielleicht solltest du dir deinen Tipp an die Araber zu herzen nehmen und “ein Bier aufzumachen und den Wagen zu waschen” statt über Dinge zu diskutieren mit denen du dich nur sehr oberflächlich auseinandergesetzt hast. So in etwa das, was du pauschal der arabischen Strasse vorwirfst.

  28. #28 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @Ali

    Schwer zu sagen, wie die Chancen stehen, dass du dich wieder abregst.

    “Weisst du wieviele Artikel es in der Presse gibt, die die Existenz einer von Menschen verursachten Klimaerwärmung in Frage stellen? Ist dir bewusst, dass das für viele plausibel klingt? Ich weiss warum du dich darüber ärgerst und dagegen anschreibst. Ähnliches versuche ich hier manchmal auch. Oder muss ich auch damit anfangen einen monatliche Schmock zu küren?”

    Ich bin gespannt. Auf jeden Fall solltest du es versuchen. Und zwar solltest du als erstes denjenigen oder diejenige kueren, der/die in den momentanen Unruhen von Syrien bis Tunesien (ein bissl auch in Marokko) eine gemeinsame Entwicklung gesehen und dann den Begriff arabischer Fruehling gebildet hat. Es handelt sich also deiner Meinung nach um voellig disjunkte, voellig voneinander unabhaengige Bewegungen, die jede aus ganz eigenen Motiven von jeweils ganz anderen Bevoelkerungskreisen getragen wurden? Eine reine Ironie der Geschichte, dass das eben gleichzeitig stattgefunden hat.

    “Lies das Programm und den Teil zu Frauen (du sprichst ja Französisch).”
    Nee, mach ich bestimmt nicht. Ich finde schon Parteiprogramme zu Punkten die mich interessieren sterbenslangweilig, und jetzt soll ich was zur Rolle der Frau bei einer tunesischen moderat islamistischen Partei lesen? Die sind also frauenrechtlerisch die Creme de la Creme, Ali. Prima, ich nehme den Halbsatz oben zurueck.

    Ich fasse mal all deine Antworten so zusammen, wie du es mit meinen gemacht hast: Hier geht ausschliesslich um eine Partei in Tunesien und alles andere sind grobe Verallgemeinerungen uund Vorurteile. Interessen an dieser Region duerfen ausschliesslich moralischer Kategorie sein (waehrend die boese Realitaet ja bisweilen etwas von Terrorismusbekaempfung und Oelquellen murmelt).

    Ich habe dir Beispiele zu dem Lackmustest “Israel” gegeben und nicht zu schwer desorientierten arabischen Staaten. Jetzt gefallen dir die Beispiele nicht, weil meine rassische Zuordnung von Ahmadinejad nicht stimmen soll, eine Zuordnung, die ich gar nicht gemacht habe. Es ging um die Aussage, dass es in Staaten die Probleme, besser, neurotische Probleme, mit der Existenz Israels haben mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und letztlich Aufklaerung nichts sehr weit her sein kann. Je weiter weg von Israel und je mehr Probleme, umso neurotischer.

    “dafür lieber abstrakte Prinzipien wie Demokratie oder Rechtsstaat zu wählen und nicht Nationen oder Menschen (ganz egal ob Ägypter, Israelis oder Norweger), die wohl immer auch Böses tun werden.”

    Sicher, abstrakte Prinzipien sind die ideale Form der Hilfeverweigerung. Ich halte mich mal einfach an Israel und denjenigen ihrer Einwohner, die ich gut kenne.

    Ich schlag dir etwas anderes vor. Du besitzt ja anscheindend das noetige Expertenwissen zu den arabischen Staaten und fegst in grosser Geste meine Sorgen, dass bei dem ganzen Fruehling am Ende nur noch mehr anti-demokratische und anti-semitische Regierungen an die Macht kommen mit grosser Geste vom Tisch.

    Es gibt also in Wirklichkeit keinen Antisemitismus in Grossarabien (oder muss ich jetzt immer alle Staaten aufzaehlen?). Auf welche Studien beziehst du dich da genau? Was sagt denn die letzte Umfrage in Tunesien oder Syrien zu Israel? Wuerdest du behaupten, dass westliche Medien einen Komplott geschmiedet haben, in dem dieser Eindruck einer auf Israel fixierten Masse erzeugt wird, waehrend in Wirklichkeit ein sehr entspanntes Verhaeltnis vorliegt? Und, ein Thema was mir ja insbesondere am Herzen liegt, warum spielt eigentlich die israelische Nationalmannschaft ihre Qualifikation gegen Frankreich und nicht gegen Saudi-Arabien?

  29. #29 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @Ali
    “statt über Dinge zu diskutieren mit denen du dich nur sehr oberflächlich auseinandergesetzt hast.”

    Ja, jetzt hast du mehrmals gesagt, was man da alles zu lesen muss, und wie kompliziert das alles ist. Die Tatsache, dass es in einem zukuenftigen Staat Palaestina einen kleiner Haufen Juden Erdbeeren anpflanzt, ist also zu Recht ein Grund 20 Jahre lang die Friedensverhandlungen zum Scheitern zu bringen. Kann man denn ungefaehr sagen, wieviele Juden im zukuenfigen Palaestina ok waeren und ab wievielen es eben nicht mehr geht?

  30. #30 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    Na und noch ein bisschen gegoogele. Nicht the Economist, aber ommerhin the Jerusalem Post

    “The country is homogeneous, relatively prosperous and has a tradition of secularism and women’s rights – Tunisia was the first Arab state to legalize abortion and remains one of the few anywhere in the Islamic world where it is allowed. Observers had hoped these characteristics would help turn Tunisia into an example of progressive Arab democracy.

    Early this month, the authority in charge of post-Ben Ali political reform adopted a “republican pact” to form the basis of a new constitution. The completed pact included the provision prohibiting ties with Israel, though some commission members reportedly favor leaving it out. Islamist parties, along with Arab nationalists and extreme leftist factions, are pushing to implement a constitutional provision that would ban normalization of relations with Israel.”

    https://www.jpost.com/MiddleEast/Article.aspx?id=229774

    Tunis ist 2365 km von Jerusalem entfernt und doch moechte man von allen Staaten dieser Erde gerade die Beziehungen zu Israel in der Verfassung geklaert wissen. Warum nicht die zu Lybien oder Italien?

  31. #31 perk
    Oktober 27, 2011

    @ georg
    versuchen sie hier auf zwang zu beweisen, dass auch scienceblogs-autoren fürchterlich schlecht argumentieren können und nicht richtig lesen, wenn es ihren vorgefassten urteilen und ihrer streitlust behagt?

    georg
     
    Es handelt sich also deiner Meinung nach um voellig disjunkte, voellig voneinander unabhaengige Bewegungen, die jede aus ganz eigenen Motiven von jeweils ganz anderen Bevoelkerungskreisen getragen wurden? Eine reine Ironie der Geschichte, dass das eben gleichzeitig stattgefunden hat.

    nein das gegenteil ist zutreffend, ali schrieb, dass zusammenfassungen von ereignissen dann angebracht sind, wenn man sie gut begründen kann: ja die arabischen revolutionen haben zusammenhänge, die es rechtfertigen sie zusammenhängend als den arabischen frühling zu bezeichnen, aber nein: menschen, die zwischen westsahara und pakistan leben, braune hautfarbe haben, aber keine neger sind, sind keine frauenhassenden antisemiten – araber kann ich ja nicht schreiben, da sie ja perser da irgendwie auch mit reinzählen… wie ist es mit muslimischen indern? oder christlichen arabern?

    georg
     
    Nee, mach ich bestimmt nicht. Ich finde schon Parteiprogramme zu Punkten die mich interessieren sterbenslangweilig, und jetzt soll ich was zur Rolle der Frau bei einer tunesischen moderat islamistischen Partei lesen?

    sie sollten es in der sache am besten wie georg hoffmann halten, der hat sich letztens hier auf scienceblogs dafür eingesetzt dumme rassistische vorurteile zu überwinden und sich zu informiern, ja sogar zum recherchieren aufgefordert..

    georg
     
    I wo, das geht auch ohne lanweiliges Recherchieren, dachte sich der Hendrik Ternieden. “Ich war doch schon mal japanisch essen und ausserdem habe ich “Pearl Habour” gesehen”, dachte er sich.

    I wo, das geht auch ohne lanweiliges Recherchieren, dachte sich der Georg Hoffmann. “Ich war doch schon mal arabisch essen und ausserdem habe ich einen zweiminütigen Nachrichtenbeitrag gesehen”, dachte er sich.

    georg
     
    Sicher, abstrakte Prinzipien sind die ideale Form der Hilfeverweigerung. Ich halte mich mal einfach an Israel und denjenigen ihrer Einwohner, die ich gut kenne.

    wie kommen sie auf hilfeverweigerung? sie antworten damit doch kein bisschen auf das problem des blinden unterstützens, dass sie propagieren

    wenn die deutsche herkunft sie zum unterstützen israels verpflichtet fühlen lässt, ist das ihr problem, aber ein dumpfes pflichtgefühl für blinde unterstützung als gegenreaktion gegen eine andere blinde unterstützung aus pflichtgefühl, ist wie ali treffend bemerkt ethisch verdammt schlecht begründet
    (vor allem für jemanden der sich hier als einziger auf den thron der moralischen höherwertigkeit gesetzt hat)

    georg
     
    Also Notfalls wuerde ich schon verteidigen, dass mein Wunsch nach einem Ende der arabischen Sucht, den Schuldigen fuer alles und jedes in der Existenz Israels zu sehen, irgendwie legitimer/edler/besser/moralisch hoeherwertiger ist, als die dieser Flaggenverbrenner

    aber richtig schlimm werden sie erst hier:

    georg
     
    Die Tatsache, dass es in einem zukuenftigen Staat Palaestina einen kleiner Haufen Juden Erdbeeren anpflanzt, ist also zu Recht ein Grund 20 Jahre lang die Friedensverhandlungen zum Scheitern zu bringen. Kann man denn ungefaehr sagen, wieviele Juden im zukuenfigen Palaestina ok waeren und ab wievielen es eben nicht mehr geht?

    sind sie wirklich so unaufrichtig?
    es geht nicht um juden, es geht um israelis, es geht nicht um den zukünftigen staat palästina, sondern um besetzte gebiete, es geht nicht um ein paar erdbeerpflanzer sondern völkerrechtswidrige handlungen, die gegen die genfer konvention verstoßen

    wenn sie verbrechen gegen internationales recht verharmlosen, wenn sie es von einer staatsangelegenheit in eine rassen/glaubens/ethniens-angelegenheit verwandeln, indem sie israelis gegen juden austauschen, sind sie ein polemischer heuchler, der seinen hier vorgetragenen wertansprüchen kein bisschen gerecht wird

    Tunis ist 2365 km von Jerusalem entfernt und doch moechte man von allen Staaten dieser Erde gerade die Beziehungen zu Israel in der Verfassung geklaert wissen. Warum nicht die zu Lybien oder Italien?

    berlin ist mit 2904 km noch deutlich weiter von jerusalem entfernt und trotzdem interessieren sich da leute für israel, und es ist nach ihrer definition deswegen sogar noch neurotischer

  32. #32 ali
    Oktober 27, 2011

    @Georg Hoffmann

    Schwer zu sagen, wie die Chancen stehen, dass du dich wieder abregst

    Ich bin relativ ruhig. “Fassungslos” beschreibt meinen Zustand wohl besser.

    Es handelt sich also deiner Meinung nach um voellig disjunkte, voellig voneinander unabhaengige Bewegungen, die jede aus ganz eigenen Motiven von jeweils ganz anderen Bevoelkerungskreisen getragen wurden?

    Sowas habe ich nirgends geschrieben. Nochmals: Aggregieren ist völlig in Ordnung. Das heisst aber nicht, dass deshalb jede Aggregation per se korrekt ist. So schwer kann das doch nicht zu verstehen sein.

    Nee, mach ich bestimmt nicht. Ich finde schon Parteiprogramme zu Punkten die mich interessieren sterbenslangweilig, und jetzt soll ich was zur Rolle der Frau bei einer tunesischen moderat islamistischen Partei lesen?

    Ich bin sprachlos. Du hast also deine Meinung und bist nicht bereit diese von zusätzlicher Information beeinflussen zu lassen. Das ist nun wirklich der Tiefpunkt.

    Hier geht ausschliesslich um eine Partei in Tunesien und alles andere sind grobe Verallgemeinerungen uund Vorurteile. Interessen an dieser Region duerfen ausschliesslich moralischer Kategorie sein (waehrend die boese Realitaet ja bisweilen etwas von Terrorismusbekaempfung und Oelquellen murmelt).

    Sehr schön. Nun wären Terrorismus und Öl auch noch genannt. Das fehlte bis jetzt noch.

    Nein, ich grenze nicht einfach jedes andere Thema aus. Du hast bisher nicht erklären können was der Zusammenhang von den von dir aufgebrachten Punkten ist. Deshalb verdächtige ich dich der unzulässigen Verallgemeinerung. Der fehlende Zusammenhang ist ein Symptom von mangelnder Differenzierung.

    Nein, es geht nicht darum sich der “Region nur in moralischen Kategorien zu nähern”. Es geht um Konsistenz und Ehrlichkeit in der Aussenpolitik. Dann geht es um gleiche Standards. Sollen die Chinesen ein Wörtchen bei den US Präsidentschaftswahlen mitreden dürfen? Sie finanzieren schliesslich im Moment sozusagen die USA. Nicht zu vergessen, das ganze Geld aus Saudi Arabien, das verteilt wird um die konservative saudische Variante des Islams überall zu verbreiten. Niqab für alle, die Saudis zahlen! Ist das deine Einstellung zur Demokratie? Man muss ja nicht alles in “moralischen Kategorien” sehen.

    Ich habe dir Beispiele zu dem Lackmustest “Israel” gegeben

    Das Ahmadinajad nicht Araber ist, war auch nicht der substantiellste Einwand. Sondern das Rechtefertigung einer Verallgemeinerung mit Einzelbeispielen. Ich bezweifle übrigens nicht, dass ein gewisser Anti-Semitismus in der arabischen Welt vermutlich weit verbreitet ist (Zahlen wären trotzdem interessant). Aber dieser überlagert sich erstens auch mit einer Anti-Israel Einstellung (ein anderes Paar Schuhe) und ist auch nicht einzigartig im Sinne, dass bei uns latenter Rassissmus ebenfalls weitverbreitet ist. Er äussert sich heutzutage einfach nicht mehr so sehr in Antisemitismus. Aber hier gleiten wir nun endgültig in ein anderes Thema ab.

    Du besitzt ja anscheindend das noetige Expertenwissen zu den arabischen Staaten und fegst in grosser Geste meine Sorgen, dass bei dem ganzen Fruehling am Ende nur noch mehr anti-demokratische und anti-semitische Regierungen an die Macht kommen mit grosser Geste vom Tisch.

    Nein, ich bin kein Experte für arabische Staaten. Ich scheint mir aber den Grenzen meines Wissens besser bewusst zu sein als du. Ich würde deine Sorgen auch wesentlich ernster nehmen, wenn du ein kohärentes Argument und eine klarer formulierte These vorbringen würdest. Ich habe hier geschrieben warum ich glaube, man müsse sich im Moment zumindest wegen Tunesien keine Sorgen machen. Dann kommst du und schreibst von Libyen, Ägypten, den NATO Einsätzen und deren Beziehungen zu Israel. Wenn ich sage das hätte nichts zur Sache sollte das doch zumindest nachvollziehbar sein.

    Tunis ist 2365 km von Jerusalem entfernt und doch moechte man von allen Staaten dieser Erde gerade die Beziehungen zu Israel in der Verfassung geklaert wissen.

    Mal abgesehen von dem was Perk zu diesem Statement schrieb. Ich bin Bürger eines Landes, in dem man in der Verfassung explizit festgeschrieben hat, dass der Bau von Minaretten verboten ist (es existieren 4 davon und es war kein einziges Gesuch hängig). Man wollte Unterschriften sammeln um darin festzuschreiben, dass sich die Schweiz nicht an zwingendes Völkerrecht (Genozid und so) gebunden fühlt. Dies steht in Sachen “Neurotik” einem Israel Artikel in der tunesischen Verfassung in nichts nach (ja, ich finde beides hat in einer Verfassung nichts zu suchen). Deine Klassifizierung als “neurotisch” ist aber interessant, weil deine hier angebrachten Bedenken entspringen genau dieser Neurotik. Man könnte fast meinen, was der arabischen Strasse Israel ist, ist der Islam der europäischen Masse. Ich versuche aber die Distanz zu wahren beides zu sehen. Du machst nach der Hälfte halt.

    Zum “kleinen Haufen Juden der Erdbeeren anpflanzt” kommentiere ich nicht mehr. Das ist off-topic und offensichtlich bist du nicht bereit über grobschlächtiges prinzipielles auszugehen und dich auch nur ansatzweise mit den Komplexitäten der Frage auseinanderzusetzen.

  33. #33 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @perk
    “berlin ist mit 2904 km noch deutlich weiter von jerusalem entfernt und trotzdem interessieren sich da leute für israel, und es ist nach ihrer definition deswegen sogar noch neurotischer ”

    Ganz genau. Die Chance dabei auf linke Antisemiten zu treffen steigt dabei sogar ganz erheblich und der in der Tat hochneurotische Glaube, dass Friede und Entwicklung einer Region von Marocko bis Afghanistan davon abhaengt, wie sich ein winziges Land mit seinen ebenso winzigen arabischen Nachbarn auseinandersetzt.

    “vor allem für jemanden der sich hier als einziger auf den thron der moralischen höherwertigkeit gesetzt hat)”

    Ja, moralisch hoeherwertiger als Flaggenverbrenner in der israelischen Botschaft in Kairo. Dir erscheint das vielleicht nicht so, nimm das mal einfach als Lackmustest.

    “wenn die deutsche herkunft sie zum unterstützen israels verpflichtet fühlen lässt, ist das ihr problem,”

    Genau, und darum bewerte ich eben soziale Entwicklungen in der Region und das Bombardieren mit meinen Steuergeldern aus der Perspektive: Hat es was fuer Israel gebracht? Und natuerlich kannst du irgendwas anderes nehmen und danach bewerten. Ich bin ziemlich sicher, dass mon president zB die Bombardements aus der Perspektive eines erdoelbenoetigenden Industriestaaetes betrachtet hat.Gaddhafi war auf lange Sicht nicht mehr zu halten, also besser als Freund der neuen Machthaber einzusteigen.

    Ein fast komischer Aspekt dieser Revolution, sind sicher die Szenen die sich nach dem Lynchen Gaddafis abgespielt haben. Familienfotos mit Handy. Man stelle sich mal vor, der Mossad wuerde solche Fotos machen, nachdem sie einen Terroristen irgendwo umgebracht haben. Die arabische Welt wuerde vor Ekel fassungslos die israelische Arroganz und Folterpraktiken anklagen. Da sich ja hier viele Experte zu Nordafrika befinden, wie sieht es denn in der arabischen Tagespresse aus? Allgemeines Entsetzen zur Leichenschaendung Gaddafis?

  34. #34 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @Ali
    “Das ist off-topic und offensichtlich bist du nicht bereit über grobschlächtiges prinzipielles auszugehen und dich auch nur ansatzweise mit den Komplexitäten der Frage auseinanderzusetzen.”

    Und du bist nicht bereit ueberhaupt etwas zur Sache zu sagen, ausser dass die Sache komplex ist. Also belassen wir es mal dabei, es sei denn, es kaeme noch etwas von Dir.

    Arabischer Fruehling scheint jetzt auf einmal doch wieder ok. Na so gehts.

  35. #35 ali
    Oktober 27, 2011

    @Georg Hoffmann

    Denkst du an so eine Foto wie sich die SPIEGEL Redakteurin als Souvenir mit nach Hause nahm? Alles Barbaren, die anderen, nicht?

  36. #36 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @Ali
    “Alles Barbaren, die anderen, nicht?”

    Genau an so ein Foto dachte ich, und wie ich schon oben sagte: alles Barbaren!

    Meine Frage war daher eher auch, was die arabische Presse dazu so gesagt hat. Fand die das auch ekelhaft wie der sueddeutsche Redakteur und erinnerte es sie auch an Hemingway? Und wie glaubst du waere die Reaktion gewesen haette der Mossad sich solche Spaesschen von Hemingwayschen Ausmaszen erlaubt?

  37. #37 ali
    Oktober 27, 2011

    Nachtrag @Georg Hoffmann

    Mal abgesehen davon, dass es off-topic ist: Würdest du auf eine Diskussion zur Proportionalität Israels Reaktion und sein Recht auf Selbstverteidigung einsteigen mit jemandem, der allen ernstes fragt, über was sich Israel denn so aufregt, nur weil der Rand von ein paar Grenzstädte sporadisch von Gaza aus mit Altblech beworfen wird?

    Eben.

  38. #38 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @Ali
    “Würdest du auf eine Diskussion zur Proportionalität Israels Reaktion und sein Recht auf Selbstverteidigung einsteigen mit jemandem, der allen ernstes fragt, über was sich Israel denn so aufregt, nur weil der Rand von ein paar Grenzstädte sporadisch von Gaza aus mit Altblech beworfen wird?”

    Och, ich bin nicht so schnell beleidigt und diskutiere mit fast allen. Das aendert aber nichts an zwei Sachen: 1) Raketen sind kein Altblech und wer das meint, der soll mal unter den Umstaenden eines jederzeit moeglichen Beschuss in den entsprechenden israelischen Siedlungen wohnen. 2) Es waere gut, wenn Israel dazu auch noch etwas anderes einfallen wuerde als nur die militaerische Antwort, auch wenn es schwierig ist.

  39. #39 EnDouche
    Oktober 27, 2011

    “Mal abgesehen davon, dass es off-topic ist: Würdest du auf eine Diskussion zur Proportionalität Israels Reaktion und sein Recht auf Selbstverteidigung einsteigen mit jemandem, der allen ernstes fragt, über was sich Israel denn so aufregt, nur weil der Rand von ein paar Grenzstädte sporadisch von Gaza aus mit Altblech beworfen wird?”

    Ich versuche es ganz höflich: Hackts? Man kann zu Israel stehen wie man will, aber von sporadischen bewerfen mit Altblech zu sprechen, ist mit Realitätsveweigerung kaum schönzureden.

  40. #40 ali
    Oktober 27, 2011

    @Georg Hoffmann

    Thema Fotos: Ich weiss es nicht. Du aber auch nicht, du triffst aber im Gegensatz zu mir diesbezüglich Annahmen mit welchen du argumentierst.

    Das Problem ist, dass du zumindest implizit den Vorwurf ethnisch abgrenzt. Viele Medien bei uns haben die Bilder und Videos auch gezeigt. Eine Spiegel Redakteurin hat offensichtlich sogar Souvenirfotos geschossen und der Spiegel hat diese gezeigt.

    Ich gehe davon aus, dass Pro-Gaddafi Medien durchaus ein Problem mit dieser Zurschaustellung hatten (aber das ist rein spekulativ).

    Was die Siedlungsdiskussion betrifft: Ich habe keine Antwort auf meinen Satz erwartet. Weil auf der Basis von so verschobenen Prämissen erwarte ich keine ergiebige Diskussion. Das wollte ich damit sagen. Wenn es dir nichts ausmacht auf so oberflächlichen Niveau zu diskutieren, bitte nur zu. Ich finde das völlig uninteressant. Hier habe ich einmal etwas zu den Problemen und Völkerrechtlichen Aspekten des Siedlungsbaus geschrieben. Du kannst ja nach der Lektüre dort kommentieren.

    Ausserdem hast du es erfolgreich geschafft, die Diskussion vom Thema des Blogposts wegzuhalten. Wir diskutieren immer noch über Libyen, Gaddafi und Israel. Den Zusammenhang hast du nach wie vor nicht erstellt (ausser das alles irgendwie mit dem arabischen Frühling zu tun hat).

    @EnDouche

    Ach du meine Güte. Klar hat der Raketenbschuss nichts mit “sporadischem Bewerfen mit Altblech” zu tun. Das ist doch mein Punkt um Himmelswillen! Das ist ebenso hanebüchen wie das Siedlungsproblem auf ein “paar Erdbeerpflanzer die am Samstag das Licht nicht ausmachen” zu reduzieren.

  41. #41 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @Ali
    “Ausserdem hast du es erfolgreich geschafft, die Diskussion vom Thema des Blogposts wegzuhalten. Wir diskutieren immer noch über Libyen, Gaddafi und Israel. Den Zusammenhang hast du nach wie vor nicht erstellt (ausser das alles irgendwie mit dem arabischen Frühling zu tun hat).”

    Noe. Wir haben das geschafft.

    Ich kann nur wiederholen, dass mich am arabischen Fruehling am meisten interessiert, was dabei fuer Israel rauskommt. Solche Details wie das die Verfassungsgebenden Versammlung in Tunesien diskutiert die Nicht-Beziehungen zu Israel einen Verfassungstatus zu geben, laesst mich mal nicht Gutes hoffen.

    Bislang galt ja immer eher folgende Kuechenpsychogie: Weil die arabischen Massen von Militaer und Geheimpolizei in undemokratischen Systemen gezwungen wurden, war der einzige Protest, der ab und an erlaubt war, der gegen Israel. In einer Art Uebersprungshandlung vertauschte man so zu sagen den Diktator, den man nicht loswerden kann, mit dem ewigen Juden. (falls du Artikel mit diesem Narrativ nicht kennst, suche ich sie dir gerne heraus).

    Nun sind die Diktatoren weg und es sieht noch nicht wirklich nach Besserung aus. Noch immer scheinen grosze Teile Arabiens zu glauben, dass ihre sozialen und oekonomischen und demokratischen Defizite von der Existenz eines Winzstaates abhaengt und ob dieser Winzstaat 15 Hektar Ackerland zurueckgibt. ABer du sagst es ja ganz richtig; Haben wir mal etwas Geduld und ich erlaube mir mal, sehr skeptisch zu bleiben.

  42. #42 ali
    Oktober 27, 2011

    @Georg Hoffmann

    Wie du im Austausch mit dem breiteren Publikum in deinem Fachbereich sicherlich schon gelernt hast: Skepsis ist gut. Es gibt aber auch jene, die sich dahinter verstecken und willentlich oder unwillentlich sich zu Wasserträger für eine andere Agenda machen. Man erkennt sie an ihren Argumenten.

  43. #43 roel
    Oktober 27, 2011

    @Georg Hoffmann Ich versuche nebenbei der Diskussion zu folgen. Aber ein Punkt ist mir wohl entgangen. Woher kommt “… die Verfassungsgebenden Versammlung in Tunesien diskutiert die Nicht-Beziehungen zu Israel einen Verfassungstatus zu geben…”?

    Den Artikel der Jerusalem Post wollte ich gestern auch verlinken. Interessant fand ich dort aber auch den 1. kommentar.

  44. #44 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @Ali

    Kann natuerlich sein und was meine Fussballerkarriere angeht, kann das schon stimmen mit dem Wassertraeger. Verflixt aber auch, ohne es zu merken laesst man sich vor irgendwelchen Karren, die man nicht mal kennt, spannen.

    Was mich zu meiner Frage von oben zurueckbringt. Warum genau spielt eigentlich Israel die WM Qualifikation gegen Frankreich und nicht gegen Saudi Arabien? Sogar USA und Iran treten gegeneinander an, nur Israel muss fuer jedes Spiel ueber das Mittelmeer fliegen.
    Gibt es sonst noch einen Staat der im Umkreis von ca 2000 km (in einige Himmelsrichtungen duerften es gut 5000 km sein) niemanden zum Fusballspielen findet? Das ist dann doch vielleicht noch ein spannendes Thema fuer ein Beitrag. “Wie Israel zum fussballerischen Leprakranken (nicht anfassen, nicht sprechen, nicht riechen) wurde”

  45. #45 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @roel
    Habe gerade nachgeschaut. Was ist der erste Kommentar? Der mit Belgien?

  46. #46 roel
    Oktober 27, 2011

    @Georg Hoffmann SORRY, NEIN, ich habe da etwas durcheinandergebracht! Habe wohl gestern zuviel in Zeitungen recherchiert. Ich meinte diesen Artikel https://www.jpost.com/Opinion/Editorials/Article.aspx?id=243164 .

  47. #47 perk
    Oktober 27, 2011

    Ganz genau. Die Chance dabei auf linke Antisemiten zu treffen steigt dabei sogar ganz erheblich und der in der Tat hochneurotische Glaube, dass Friede und Entwicklung einer Region von Marocko bis Afghanistan davon abhaengt, wie sich ein winziges Land mit seinen ebenso winzigen arabischen Nachbarn auseinandersetzt.

    was sie immer mit ihren antisemiten haben versteh ich nicht, sowohl ali als auch ich haben sie darauf hingewiesen, dass israel und judentum nicht deckungsgleich sind und ihr beharrlicher versuch die isrealproblematik auf judenhass zu reduzieren unaufrichtig ist

    und warum die problematik bedeutsam ist: ereignisse lösen emotionen aus, emotionen bewirken handlungen, die dann wiederum emotionen bei anderen auslösen

    wenn menschen emotional stark genug gegen etwas aufgebracht sind ist das für das friedliche leben dieser menschen in ihrer gesellschaft ein problem, diese emotionale aufgebrachtheit kann man nicht mit “stellt euch nicht so an ihr seid irrational” überwinden..

    warum werden sie dann nicht müde darauf hinzuweisen, dass es sie eigentlich nicht kümmern sollte? ihre subjektive bewertung der wohlbegründetheit von emotionen und damit auch der reaktionen auf diese emotionen, ändert am problem nichts und ist genauso irrelevant für den konflikt wie israel ihrer meinung für tunesier sein sollte

    Ja, moralisch hoeherwertiger als Flaggenverbrenner in der israelischen Botschaft in Kairo. Dir erscheint das vielleicht nicht so, nimm das mal einfach als Lackmustest.

    flaggenverbrennen (ohne nachgewiesenen diebstahl der flaggen) ist höchstens ein geringer schadstoffausstoß in die umwelt, also höchstens so moralisch relevant, wie die tägliche fahrt mit dem auto zur arbeit oder ein flug in den urlaub

    wenn es ihnen um die politische botschaft dabei geht: sie haben hier einer höchst eigenwillig definierten gruppe “araber” verallgemeinernd und unbegründet schlechte eigenschaften unterstellt, und damit auf-ethnien-basierten-hass unterstützt.. damit finde ich ihre politische botschaft genauso moralisch verwerflich, wie die der flaggenverbrenner

    im rest ihres posts führen sie ihre freie assoziation zum thema “mein gefühltes großarabien-panorama” weiter ohne darauf einzugehen, warum sie es gut finden, wenn sie selbst unbegründbare vorurteile über ihnen unbekannte kulturen (oder sogar nur missverständlich zusammenaggregierte kulturen) vortragen und sich sogar weigern sich mit den verfügbaren informationen auseinanderzusetzen.. andere (der spiegel zb) aber totale idioten sind, wenn sie genau das gleiche tun (nur weniger beharrlich)

  48. #48 ali
    Oktober 27, 2011

    Ein soeben erschienener und lesenswerter Artikel von The Arabist zum Vergleich Ägypten-Tunesien. Ich bin wirklich nicht der einzige, der “Arabischer Frühling” als Kategorie verwendet und trotzdem auch die grossen Unterschiede betont.

  49. #49 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @perk
    Das ist sicher lieb gemeint, mit der wichtigen Unterscheidung zwischen Antisemitismus und Israelhass, fuer die allermeisten Anwendugen ist es ziemlich wurscht. Je nach Bedarf und politischer Opportunitaet schuetzt sich der Eine durch den Anderen.

    “sie haben hier einer höchst eigenwillig definierten gruppe “araber” verallgemeinernd und unbegründet schlechte eigenschaften unterstellt, und damit auf-ethnien-basierten-hass unterstützt.. damit finde ich ihre politische botschaft genauso moralisch verwerflich, wie die der flaggenverbrenner”

    Ich habe Araber ueberhaupt nicht definiert, sondern das Wort benutzt ohne es zu definieren, weil ich dachte, dass jeder versteht, wen ich damit meine. Wenn ich “der Westen” sage, weiss man doch auch worum es geht. Ferner habe ich den Arabern ein neurotisches Israelproblem vorgeworfen. Im Falle Tunesiens etwa; Wer niemals im Krieg mit einem Land war, niemals irgendwelche Handelsauseinadersetzungen mit einem Land hat, wer sich ueber 2000km von diesem Land weg befindet, keine Minderheit dieses Landes in seinem Land hat und umgekehrt keine eigene Minderheit in jenem, und der dann trotzdem in seine Verfassung sozusagen auf ewig schlechte Verhaeltnisse zu diesem Land einschreiben lassen will, der hat ein neurotisches Verhaeltniss zu diesem Land und seinen Einwohnern. Judenhass trifft es vielleicht ganz gut. Wollen wir also mal hoffen, dass es nicht dazu kommt und sich diese Gruppe bei den Verfassungsverrhandlungen nicht durchsetzt. Es koennte aber auch zu Verhandlungen zu allem moeglichen kommen und als kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen den Verhandlungspartnern bliebe gerade der Israelartikel drin. Das waere dann schon sehr vielsagend.

    Dafuer dass ich einer islamistischen Partei einfach mal so ein rueckstaendiges Frauenbild unterstellt habe, moechte ich mich entschuldigen und nehme das zurueck.

  50. #50 Bullet
    Oktober 27, 2011

    Ich habe Araber ueberhaupt nicht definiert, sondern das Wort benutzt ohne es zu definieren, weil ich dachte, dass jeder versteht, wen ich damit meine.

    Und der echte Schotte wartet schon umme Ecke. “Weil ich dachte …” ist fast immer die schlechteste Begründung. Egal wofür.

    Wenn ich “der Westen” sage, weiss man doch auch worum es geht.

    Nö. Außer vielleicht, man gehört einer Gruppe von Leuten an, die es mit Nachdenken und Differenzieren nicht so haben.

  51. #51 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    Na bullet, dann weisst du eben nicht, was ein Araber ist und was mit dem Westen gemeint sein koennte. Aber gut dass du das mal erzaehlt hast. Und so differenziert. Toll.

  52. #52 cydonia
    Oktober 27, 2011

    Also, ich weiß auch nicht, was ein Araber ist, und ich weiß nicht, was ein Jude ist, und ebenfalls nicht, was ein Chinese ist. Solche Töpfe, in die man alle Leute schmeißt, weil sie zufällig auf einem bestimmten Territorium leben oder aber in eine bestimmte Familie hineingeboren wurden, haben sich in der Vergangenheit als wenig hilfreich erwiesen.
    Argumentieren und Differenzieren ist auch in dem Zusammenhang keinesfalls verboten, selbst wenn Herr Hoffmann dies so sehen sollte.

  53. #53 michael
    Oktober 27, 2011

    > Wer niemals im Krieg mit einem Land war, …..

    Niemals: https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_H%C3%B6lzernes_Bein

    Ein richtiger Krieg war es nicht.

  54. #54 rolak aka rolak
    Oktober 27, 2011

    (sorry, aber das abo abonnierte nicht)

  55. #55 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @cydonia

    Na dann weiss man auch nicht mehr, wer wohl die Deutschen sind und dann brauchen die Deutschen, die es ja nicht gibt, sich nicht mehr fuer den schlimmsten Vernichtungskrieg der Weltgeschichte und multiplen Genozid veranwortlich zeigen und sie brauchen keine Entschaedigung zahlen etc etc pp. Wie praktisch.
    Wer aus unergruendlicher Tiefe und der der unendlichen Komplexitaet des Begriffs die Opfer der Namen aus dem Sprachgebrauch auf die Orwellsche Tour entfernt, entfernt natuerlich auch die Taeter. Ein logisches Problem.
    Das mal noch davon abgesehen, dass es dann auch keinen arabischen Fruehling geben kann, denn die Araber existieren ja dann auch nicht in der adjetivischen Form. Wende dich also an Ali, der meint es gibt ihn, den arabischen Fruehling. Oder wende dich an Perk, der meinte Ahmadinejad sei kein Araber (das Gegnteil habe ich zwar nicht behauptet, ist aber hier egal). Wie kann der Ahmadinejad etwas nicht sein was es gar nicht gibt? Frag also bei Perk nach, was der Ahmadinejad denn genau nicht ist.

  56. #56 student_b
    Oktober 27, 2011

    Naja, ich kann keinen besonders hochstehenden Beitrag zur Diskussion hier leisten (ausgezeichneter Debatierstil Ali!), aber ich finde den Titel dieses Posts zusammen mit Georg Hoffmanns Beiträgen lustig:

    Wer hat Angst vor den Islamisten in Tunesien?

    Hoffmann:

    Vielleicht ist also angesichts dieser desastroesen Entwicklung auch zu ueberlegen, ob das alleinige EInhalten einer relativ fairen undrelativ friedlichen Wahl doch nicht genug ist.

    Antwort gegeben. 😉

  57. #57 cydonia
    Oktober 27, 2011

    @Herr Hoffmann
    Der Einstieg war jetzt wohl ein indirekter Pseudo–Godwin’s law mit Rohrkrepierer….Sehen Sie, das Niveau der Diskussion ist doch recht hoch: da sind Ihre merkwürdigen Spitzfindigkeiten fehl am Platz.
    Darf ich trotzdem kurz zusammenfassen, wie Sie (nicht) argumentiert haben? :
    Weil sich die meisten hier weigern einer Gruppe von Menschen einen verallgemeinernden Stempel zu verpassen, kann es keinen arabischen Frühling geben……oder aber, wer z.B. Deutschsein erstmal definiert haben will, entzieht sich der Verantwortung für alles Mögliche. Stellt sich jetzt nur die Frage, ob das bösartig oder eher autistisch gedacht ist. Ist aber egal, denn inhaltlich ist es völlig wirr und indiskutabel.

  58. #58 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @cydonia

    Ist zwar nur kurz her, aber anscheinend schon vergessen

    “Also, ich weiß auch nicht, was ein Araber ist, und ich weiß nicht, was ein Jude ist, und ebenfalls nicht, was ein Chinese ist”

    Erst wussten die Deutschen besser was ein Jude ist als die Juden und jetzt wissen sie ueberhaupt nicht mehr, wer oder was das sein soll.

    Ich druecke niemanden einen Stempel auf. “Die Araber haben ein Problem mit dem Judenstaat” ist eine schlichte und verstaendliche Beschreibung der Geschichte der letzten 40 Jahre. Tunesien/Saudi Arabien/Agypten/Syrien spielt nichtmals mit den Juden Fussball (oder was auch immer) und es gibt gewichtige Kreise, die jedes Verhaeltnis mit Israel verfassungsmaeszig ausgeschlossen sehen wollen. Wenn das nicht neurotisch ist, dann weiss ich nicht, denn wie gesagt, kann man die Zahl zumindest der Tunesier die einem Israeli schon begegnet sind fast an einer Hand abzaehlen.

    Ich halte das zukuenftige Verhaeltnis von Tunesien zu Israel fuer eines der entscheidenden (Lackmus)Tests dieser neuen Demokratie. Schaun mer mal.

  59. #59 ali
    Oktober 27, 2011

    @Georg Hoffmann

    Ich finde dein vorletzter Kommentar illustriert gut die Notwendigkeit, Dinge manchmal zu definieren oder einzuschränken um Klarheit zu schaffen. Befuddled umschreibt ziemlich gut, wie mir deine Gedankengänge in dieser Frage vorkommen (keine Ahnung ob es dafür auch ein so schönes Wort auf Deutsch gibt). Ich habe nun schon zwei Mal versucht zu erklären, dass Aggregieren natürlich zulässig ist, dass dies aber nicht automatisch jede Zusammenfassung legitimiert. Eine ehrlich gemeinte Frage: Verstehst du das wirklich nicht oder kannst du es in diesem Fall tatsächlich schlicht nicht nachvollziehen?

    Es sollte für dich doch ersichtlich sein, dass es ein Unterschied ist ob man sich auf Staaten bezieht (1) (dort gibt es sogar eine rechtliche Persönlichkeit und eine Rechtsnachfolge, inklusive Verantwortung), sich auf Ereignisse bezieht (2) (z.B. “arabischer Frühling”) oder von einer Gruppe Menschen mit gemeinsamen Merkmalen spricht (3) (die hier primär sprachlich und vermutlich sekundär kulturell definiert ist, aber nicht einmal das ist wirklich klar).

    Du hast “Araber” zumindest Anfangs ziemlich deutlich im Sinne von (3) benutzt und hast von dir beobachtetes Individualverhalten auf die ganze Gruppe übertragen. Damit habe ich ein grosses Problem. Erstens weil die Gruppe für so etwas viel zu weit gefasst ist um in irgendeiner Form noch eine nützliche Analyseeinheit zu sein (wie oft wird über die Amerikaner gelacht, die von Europa wie von einem Land sprechen, wie oft wird bei uns Afrika verwendet, als ob es eine homogene Einheit wäre). Zweitens weil genau so Rassismus funktioniert (wohlgemerkt, ich unterstelle dir hier nicht einen solchen, sondern ich beziehe mich auf den Mechanismus). Du scheinst bei der Israelfrage nun zumindest langsam zu einer “arabische Staaten” Perspektive überzugehen (und nein, das Flaggenverbrennen, war ziemlich klar nicht so gemeint).

    Darum sind Definitionen eben wichtig. Genau wegen diesem Mangel an Differenzierung funktioniert die Angstmache ausgezeichnet. Und genau deshalb macht zum Beispiel die Schweizer Verfassung einer spezifischen Religionsgruppe Bauvorschriften. Es geht letzten Endes darum nicht zu den Grundrechte missachtenden Fanatiker zu werden, gegen die man sich zu wehren behauptet.

  60. #60 cydonia
    Oktober 27, 2011

    @Georg Hoffmann
    Gut, ich gehe entgegen meinem Vorsatz nochmal kurz auf das von ihnen Gesagte ein, und dann wars das.
    “Die Deutschen” wussten eben nicht, was ein Jude ist, und auch nicht, was ein Deutscher ist. Hätten Sie sich die Mühe gemacht zu differenzieren, hätten sie erkennen können, dass es jüdische Deutsche gab, und zwar auch eine Menge national denkende jüdische Deutsche. Ich empfehle in dem Zusammenhang immer wieder gerne Viktor Klemperers Zeugnisse.
    Ich habe nicht behauptet, dass die Position neurotisch ist. Ich behaupte aber, dass es niemandem schadet, zu differenzieren, und sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass es zwischen Völkern keine gottgegebenen Erbfeindschaften gibt, sondern dass das Schüren von Hass lediglich eine beliebte Methode ist, um von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken. Soweit ich das verstanden habe ist Ali Arbia arabischer Abstammung und gehört nicht zu den Feinden Israels. Und so selten, wie sie meinen, sind denkende Menschen in arabischen Ländern auch nicht.
    Und Israel ist auch nicht das einzige Land, das im nahen Osten existiert, und dessen Bevölkerung Rechte hat. Es mag daran liegen, dass Sie, im Gegensatz zu mir, Deutscher sowie Nichtjude sind, weshalb Sie so dermaßen um Israels Zukunft besorgt sind. Es gibt aber auch Menschen, zu denen ich mich zähle, die die alleinige Fokussierung auf Israel für ein Problem halten, das Israel letztendlich auf Dauer mehr
    schadet als nützt.
    Ich glaube Ihnen, dass Sie wegen Israel in Sorge sind. ich denke aber nicht, dass ein sakrosanktes Israel in jedem Sinne die Existenz Israels sichern hilft.

  61. #61 ChristianW
    Oktober 27, 2011

    Ich halte das zukuenftige Verhaeltnis von Tunesien zu Israel fuer eines der entscheidenden (Lackmus)Tests dieser neuen Demokratie. Schaun mer mal.

    Also wirklich, das halte ich jetzt für paranoid. Und albern.

    Es kann jetzt noch niemand sagen, ob es überhaupt eine demokratische Verfassung in Tunesien geben wird und falls ja, ob da eine annähernd Europa-(Nord)amerikanische Verfassungsgerichtsbarkeit hinzukommt. Weil nur dann es von einiger Bedeutung sein dürfte, was in der Verfassung steht (ansonsten kann eh jeder Ursurpator wieder sehr leicht tun und lassen was er will).
    Warum kann man nicht einfach erstmal sagen, gut, die Leute da in Tunesien wollen also etwas Besseres als bisher, mal sehen was da raus kommt? Warum muss man da Maßstäbe und Erwartungen anlegen? Haben die Atomwaffen, gibt es irgendeinen Bodenschatz, der bisher uns gehörte und jetzt verlustig gehen kann? Und falls ja, warum geht da mehr Gefahr aus als von einem großdeutschen Reich nach 1990 mit der größten Bevölkerung und Wirtschaftskraft des ganzen europäischen Kontinents? Haben die Siegermächte 45 Jahre nach Kriegsende nicht gut genug aufgepasst und am Ende nur großes Glück gehabt?

    Aus den verschiedensten Gründen (einige wurden schon genannt) gehört es in der Nicht-Europa-(Nord)amerikanischen Welt zum guten Ton, Israel generell doof zu finden, so wie bei uns etwelche Theokratien und Kommunismus prinzipiell verdammt werden (ich frage mich, was zum Beispiel in China und der Mongolei so über manche Passagen unseres Grundgesetzes gedacht wird – wenn das da überhaupt jemanden interessiert). Ist aus unserer Sicht nicht schön, klar. Aber noch gibt es keine neue tunesische Verfassung und logischerweise auch keine mit fiesen Spitzen gegen Israel.
    Wenn es dann bald eine gibt, kann man doch immer noch in Länge darüber debattieren, inwiefern das jetzt die Situation im Nahen Osten nochmal viel schlimmer macht oder nicht.

  62. #62 ChristianW
    Oktober 27, 2011

    Du hast “Araber” zumindest Anfangs ziemlich deutlich im Sinne von (3) benutzt und hast von dir beobachtetes Individualverhalten auf die ganze Gruppe übertragen. Damit habe ich ein grosses Problem. Erstens weil die Gruppe für so etwas viel zu weit gefasst ist um in irgendeiner Form noch eine nützliche Analyseeinheit zu sein (wie oft wird über die Amerikaner gelacht, die von Europa wie von einem Land sprechen, wie oft wird bei uns Afrika verwendet, als ob es eine homogene Einheit wäre). Zweitens weil genau so Rassismus funktioniert (wohlgemerkt, ich unterstelle dir hier nicht einen solchen, sondern ich beziehe mich auf den Mechanismus).

    Zwei Dinge, Ali:

    1. Die Amerikaner tun gut daran, Europa als ein einziges Land zu betrachten, solange wir Europäer die USA immer noch als ein einziges Land betrachten und nicht als 51 sehr unterschiedliche Staaten, die in einer Art kontinentaler Union über einzelne an eine zentrale Stelle abgetretene Souveränitäten miteinander verknüpft sind, um unter anderem schlimme stattgefundene Dinge wie Kriege untereinander in Zukunft zu vermeiden.

    2. Das unzulässige Verallgemeinern und Aggregieren von heterogenen, lose über einzelne Merkmale verbundene Gruppen ist noch kein Rassismus. Das ist einfach nur dumme Generalisierung.
    Rassismus hat zusätzlich eine korrelative Dimension. Wenn ich sage “Alle Chinesen stinken, weil ich kenne zwei Chinesen und die stinken” ist das alles Mögliche an Dummheit und unzulässiger Verallgemeinerung, aber noch kein Rassismus. Rassismus ist es erst, wenn ich sage “Alle Chinesen stinken, weil es Chinesen sind. Chinesen stinken eben, das ist genetisch und vererblich und kulturell – die sind halt so”.

  63. #63 ali
    Oktober 27, 2011

    @cydonia

    Soweit ich das verstanden habe ist Ali Arbia arabischer Abstammung

    Ich nehme diesen Ball einmal auf. Ich glaube nämlich das ist ein Grund, warum es mir so ein Anliegen ist, dass nicht schubladisiert wird. Identität ist wesentlich komplexer als es diese Labels je zulassen und das ist mir sehr bewusst. Also hier mein Outing, viel Spass beim Anheften des ethnischen Labels: Ich bin zur Hälfte Schweizer (und diese Linie geht ziemlich schnell in Richtung Königsberg) und zur Hälft Tunesier. Nun das mit dem arabisch auch komplizierter, da meine Grosseltern auf dieser Seite eigentlich Berber aber “arabisiert” waren (auch eine oft vergessene Minderheit). Ich spreche aber nicht arabisch und bin zu 100% in der Schweiz sozialisiert worden (Muttersprache ist ein sehr ruraler Schweizer Dialekt). Seit vielen Jahren lebe ich in der französischsprachigen Schweiz. In welche Schublade gehöre ich jetzt, was “bin” ich?

  64. #64 ChristianW
    Oktober 27, 2011

    Ist es nicht furchtbar egal, was Ali für Vorfahren hat? Reden wir hier über Fakten und Meinungen oder wird die Debatte von dem gewonnen, der den richtigen Stammbaum hat?

    Ad extremum:
    Wenn ein NPD-ler Recht hat, hat er Recht, auch wenn er sonst ein Vollidiot ist.

  65. #65 cydonia
    Oktober 27, 2011

    @ali
    Und diese merkwürdigen Mischwesen, zu denen ich mich zum Teil auch zählen würde, reagieren wahrscheinlich noch etwas schneller und empfindlicher auf einseitige Kategorisierungen. Und was wird man mit meinen Kindern erst machen, die mehrsprachig aufwachsen, und nicht gerade unchinesisch aussehen?
    Wenn nicht differenziert, und nicht der einzelne Mensch betrachtet wird, sondern irgendeine Gruppenmentalität postuliert wird, ist das nicht nur sinnfrei, sondern unter Umständen auch noch gefährlich. Ich kann eine gewisse Brastigkeit bei dem Thema nicht so einfach unterdrücken, fällt mir gerade auf.

  66. #66 ali
    Oktober 27, 2011

    @Christian W.

    (Überlappungsposting)

    1. Die USA sind doch etwas homogener. Aber das hat glaube ich auch mit der Idee des melting pots zu tun. Aber grundsätzlich hast du natürlich recht und gerade politisch sind die Distanzen teilweise riesig.

    2. Ich bin mir nicht sicher ob ich diese Trennung so scharf sehen kann. Was ist genau der Unterschied ausser dass du beim zweiten Beispiel noch eine Begründung nachschiebst? Ist die nicht oft einfach nur implizit (z.B. “sie stinken, weil sie es in ihrer Kultur ist sich nicht zu waschen”) und darum für viele “plausibel”. Ich glaube nur schlechtes Sampling und mangelhafter Umgang mit Statistik ist selten der Grund für solche Verallgemeinerungen (da beispielsweise auch immer Out-Group Denken reinspielt). Da müsste man sich aber vermutlich mal in die entsprechende Literatur vertiefen. Ich bin mir sicher da wurde einiges dazu geforscht.

    Was die Abstammung betrifft: Es ging mir darum (und so habe ich auch cydonia verstanden) die Irrelevanz davon zu betonen, weil diese Kategorien eigentlich fast gänzlich virtuell sind.

  67. #67 ChristianW
    Oktober 27, 2011

    Was ist genau der Unterschied ausser dass du beim zweiten Beispiel noch eine Begründung nachschiebst?

    Hmm, der Unterschied ist eigentlich die Begründung, wobei ich das vielleicht nicht deutlich genug gemacht habe:

    “Die … sind so, weil ich so dumm bin und einfach vom Speziellen auf das Generelle schließe” (–> Begründung ad Fehlschluss)

    “Die … sind so, weil sie … sind” (–> Begründung ad Rasse)

    Was die Abstammung betrifft: Es ging mir darum (und so habe ich auch cydonia verstanden) die Irrelevanz davon zu betonen, weil diese Kategorien eigentlich fast gänzlich virtuell sind.

    Ja, das ist mir nicht entgangen. Ich wollte eigentlich nur anmerken, dass die Kategorien vorher schon irrelevant sind, weil wir hier auf den Scienceblogs diskutieren und nicht über die passende Abstammung entscheiden.

  68. #68 cydonia
    Oktober 27, 2011

    @ChristianW
    Wenn wir aber ÜBER Völker und deren vermeintliche Mentalitäten diskutieren, spielt bei manchen Kommentatoren plötzlich doch die Abstammung und eine Art Volksbewusstsein und -benehmen eine Rolle, was auch in dem Bereich nicht besonders hilfreich ist.

  69. #69 ali
    Oktober 27, 2011

    @Christian W

    Wie gesagt, ich glaube nicht, dass dies in Realität so einfach auseinanderzuhalten sind. Erstens müsste man die “wahre” Begründung kennen und zweitens, ist auch beim Fehlschluss die Gruppe ethnisch definiert, das diskriminierende (oder etwas antiquierter rassische) Element ist trotzdem vorhanden. Aber eben, da gibt es bestimmt Literatur zu, ist es doch ein gut erforschtes Gebiet. Ich spekuliere da aus dem Bauch heraus.

  70. #70 ChristianW
    Oktober 27, 2011

    @cydonia
    Mag sein, aber das ist doch deren Problem und nicht das der gesamten Diskussion, oder verstehe ich dich da falsch?

    @ali
    Ich spekuliere natürlich auch im Sinne von keine wissenschaftlich fundierte Kenntnis auf dem Gebiet habend. Ich spreche von meiner Haus- und Herddefinition von “Rassismus”, nach der man ein Rassist ist, wenn man seine Behauptungen mit rassischen Argumenten begründet, was für mich semantisch und logisch plausibel klingt. Demnach ist jede – selbst auch blödsinnige – nicht rassisch begründete Argumentation erstmal nicht rassistisch. Dumm und wohl falsch ja, aber nicht zwingend rassistisch. Nur weil etwas dumm und falsch ist, muss es nicht gleich rassistisch sein, auch wenn Rassismus natürlich in jedem Fall dumm und falsch ist.
    Kleinster gemeinsamer Nenner?

  71. #71 ali
    Oktober 27, 2011

    Kleinster gemeinsamer Nenner?

    Vermutlich mehr als das. Es ist mehr ein Zweifel den ich habe, dass sobald das Konzept Nationalität/Rasse/Ethnie reinkommt, dass dies noch klar abzugrenzen ist. Zweifel im Sinne von kann sein/kann nicht sein. Wäre das Beispiel: “Ich kenne zwei Klempner, beide stinken, ergo stinken alle Klempner” ist es einfacher als mit Chinesen. So gesehen ist es vielleicht einfach zu abstrakt und nicht auflösbar.

  72. #72 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    @Ali
    Ich habe oben nicht mit dir gesprochen. Nur um weitere Verwirrungen zu ersparen.

    “Verstehst du das wirklich nicht oder kannst du es in diesem Fall tatsächlich schlicht nicht nachvollziehen?”

    Habe ich verstanden und geb dir voellig Recht.

    Ich bezog mich mit dem Wort Araber auf Staaten und Bevoelkerungsmehrheiten in diesen Staaten und ich halte diese Aggregation fuer gerechtfertigt.

    Nehmen wir den Satz

    “Die Deutschen haben 1941 Russland ueberfallen”
    Das bezieht sich auf den Staat und seine Armee, im Unterschied zum Satz: “Die deutsche Armee hat Russland ueberfallen” impliziert der Satz aber zu Recht, dass dieses Ueberfallen mit dem Mehrheitswillen eben dieser Deutschen durchgefuehrt wurde. Zur Frage der Verantwortung und Schuld nationaler/kultureller Einheiten siehe natuerlich Hannah Arendt.

    Ich benutze hier (genauso wie du, soweit ich das sehe) das Wort “Araber” immer in einer Mischung der drei von dir genannten Definitionen. DIe arabischen Staaten exekutieren des Volkes Wille, zumindest wenn wir von Israel sprechen. Araber sind Einwohner arabischer Staaten und einem Kulturwissenschaftler ueberlassen ich gerne weitere Gemeinsamkeiten ausser natuerlich linguistischen zu finden. Zur Definition von Nationalcharakter und Aehnlichem siehe natuerlich Norbert Elias ist aber fuer das Weiter irrelevant.

    Die politisch Agierenden in den arabischen Staaten handeln in den jeweiligen Staaten eben genauso, wie es auch ihre Kollegen in Deutschland, Israel oder den USA tun, also durchaus im approximativen Einklang mit dem Willen des Volkes. Es gibt in den arabischen (und anderen) Staaten keinerlei wahrnehmbare Bewegung, die sich solchen sprachlichen Antisemitismen wie denen Assads oder Ahmadinedschad entgegenstellen wuerden. Ich wuerde den Arabern noch nicht einen allgemeinen Antisemitismus zurechnen (so wie ich es den Deutschen 33 zurechnen wuerde), aber es gibt schon eine ganze Reihe von Anzeichen, die auf einen wachsenden Antisemitismus hinweisen, und das natuerlich insbesondere nicht bei den Palaestinensern, denn die haben ja gerade einen wirklichen Konflikt mit Israel, sondern eben diejenigen arabischen (und anderer) Staaten und ihrer Einwohner, die ueberhaupt nichts mit Israel zu tun haben.

    Noch den oben fehlenden Link, wie es schon in den 30ern einen von Deutschland importierten Antisemitismus in den arabischen Statten gab.
    https://www.dradio.de/dkultur/sendungen/ausderjuedischenwelt/1291589/

    Nasser hat das in den 60ern durchaus noch weiter gepflegt. Und warum sollte all das keine Konsequenzen haben?

    @cydonia
    Deine Herkunft ist mir so egal wie die von Ali.

    Solange ausser Ägypten und Jordanien keines der arabischen Laender Israel ueberhaupt anerkannt hat und der (nicht arabische) Iran das Verjagen der Juden ins Mittelmeer quasi zum Programm gemacht, halte ich mal einfach weiter an der platten Unterstuetzung Israels fest und ueberlasse die Subtilitaeten dir.

  73. #73 Georg Hoffmann
    Oktober 27, 2011

    Der englische Wiki-Artikel zum Antisemitismus in der arabischen Welt ist mit Refs gespickt und scheint mir auch ziemlich umfangreich und ist wohl auch eher im Einklang mit dem was ich oben geschrieben habe.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Antisemitism_in_the_Arab_world

  74. #74 Stefan
    Oktober 27, 2011

    Na bumm. Wie es aussieht, hat die Ennadha 90 Sitze gewonnen, was ihre Verhandlungsposition noch weiter stärken dürfte. Die nächste Zeit wird sicher spannend.

  75. #75 ali
    Oktober 28, 2011

    @Georg Hoffmann

    Ein schöne Liste von Einzelbeispielen (und danke, dass du deine Thesen begründest, indem du einen Wikipedia Artikel verlinkst und sagst, “ackert euch mal selber durch die Referenzen!”). Sie sind nur nicht sehr hilfreich zum belegen deiner These. Ich habe in den Fussnoten einen einzigen allgemeinen Bericht gefunden (vom Intelligence and Terrorism Information Center at the Israel Intelligence Heritage & Commemoration Center, keine Ahnung was das für eine Organisation ist) der aber auch nicht wirklich mit Zahlen auf aufwartet. Falls ich etwas übersehen hätte, kannst du mich darauf hinweisen. Dafür verwendet er eine interessante Definition von Antisemitismus:

    anti-Semitism is the expression of a deep negative attitude toward Jews, rooted in theology and psychology, and it is different from other forms of ethnic and racial prejudice. An expression is considered anti-Semitic when it lends to Jews unique characteristics which cannot be changed and describes them as an eternal force for evil, as the source of all the evil in the world from time immemorial.

    Das ist etwas anderes als das du bisher hier vertreten hast (da du dich auf vor allem auf direkten politischen Hass und Anti-Israel Aktionen bezogen hast).

    Nochmals: Ich zweifle nicht daran, dass Anti-Semitismus in der arabischen Welt existiert und oft die Form von Anti-Zionismus oder Anti-Israel annimmt. Nur: Erstens ist das Ausmass völlig unklar. Du nimmst einfach an, dass es sich um eine grosse Mehrheit handelt. Der vom Deutschen angeklagte Araber ist schuldig, bis seine Unschuld bewiesen ist. Die Zahl ist relevant, weil du auf deren Basis an der Fähigkeit einer riesigen Bevölkerungsgruppe zweifelst, die nötige Reife für Demokratie zu haben (mal ehrlich, was sonst ist dein “Lackmustest”?). Zweitens erhebst du es zum einzig relevanten Kriterium warum in der arabischen Welt Demokratie ein bedenkliches Unterfangen ist. Was wenn sich herausstellt, dass der Anteil von [Fremdenfeindlichkeit/Rassismus/Islamophobie] in vielen westlichen Demokratien ebenso hoch ist? Demokratie abschaffen oder gelten dann andere Regeln? Ich habe es schon zweimal angetönt: Wenn die Schweizer Bauvorschriften für eine Religion in ihre Verfassung setzen, heisst das, dass “vielleicht angesichts dieser desaströsen Entwicklung auch zu überlegen ist, ob das alleinige EInhalten einer relativ fairen und relativ friedlichen Wahl doch nicht genug ist.” (ich nehme an das Zitat kommt dir bekannt vor).

    Und was die von mir vorgeschlagene Abgrenzung betrifft: Du stellst hier Thesen betreffend der “Araber” auf nicht ich. Darum könntest du auch klären was du damit meinst. Wenn du nun sagst “alles” dann ist dein Argument beliebig weil nicht falsifizierbar. Du wirst in der Diskussion immer auf das zurückfallen, was gerade passt.

    Für das du rund 300 Millionen Menschen pauschal Anti-Semitismus unterstellst und sie deswegen verdächtigst der Demokratie (offensichtlich im Gegensatz zu den Europäern) nicht fähig zu sein, ist die Argumentation ein wenig sehr im anekdotischen Bereich geblieben. Und sag nun nicht wieder, du weisst schon dass jedes Individuum natürlich anders sei. Das ist nämlich der Klassiker (“Ich habe nichts gegen Ausländer aber wenn sie kriminell werden/sich nicht anpassen/Arbeitsplätze wegnehmen/sozialhilfe schmarotzen etc.” aber die Massnahmen und der Diskurs betrifft immer die Gruppe ausser man fragt nach).

  76. #76 EnDouche
    Oktober 28, 2011

    @Ali:
    Sorry

  77. #77 ali
    Oktober 28, 2011

    @Georg Hoffmann

    Hier noch die Antwort zur Frage betreffend Gaddafi für den Fall, dass das spanische Fernsehen vergisst darüber zu berichten oder die Meldung sonst irgendwo im Perzeptionsfilter hängen bleibt. Ob sich DER SPIEGEL schon distanziert hat, weiss ich hingegen nicht.

  78. #78 Georg Hoffmann
    Oktober 28, 2011

    @ali
    Nach deinen Kriterien duerfte man auch den Deutschen 1939 kaum anti-semitische Tendenzen nachweisen koennen. Ich wusste doch, dass es sich um einen Unfall handelte.

    “Es gibt halt keine Studien, die den Deutschen Antisemitismus 1930 nachgewiesen haetten”, tja und dann stiegen die Nazis aus einem UFO und der Schlamassel begann. “Man kann doch nicht einfach 300 Millionen Menschen unter Anti-Semitismus Verdacht stellen”. Warum? Ich tu’s auf jeden Fall bei 80 Millionen Deutschen der 30er Jahre.
    “Ohne Statistik keine Aussage, sorry”. Ueber die Art von empirischer Sozialforschung hat sich schon Teddy Adorno selig lustig gemacht (besser: lustig sich gemacht)

    Fassen wir also mal zusammmen, was wir an Indizien haben.

    1) Zwei Staatspraesidenten (ein arabischer Staat und der Iran, Assad und Ahmadinejad) halten Reden zum ewigen Juden, die einem Alfred Rosenberg und einem Joseph Goebbels alle Ehre machen wuerden. Widerspruch in den jeweiligen Laendern: Nicht bekannt.

    2) Ausser zwei Staaten weigern sich saemtliche arabischen Staaten die Existenz Israels anzuerkennen. Nichtmals Fussballspielen wollen sie mit den Juden. Viele Botschaften empfehlen nach wie vor einen zweiten Pass, um bei der Einreise in arabische Staaten keine Problem mit einem moeglichen israelischen Sichtvermerk zu haben. Die Einreise ist Israelis praktisch in der ganzen arabischen Halbinsel verboten.

    3) Eine klare historische Verbindung von verschiedenen arabischen Staaten zu NAZI Deutschland, mit ideologischer Schulung und Radiosendungen zum ewigen Juden.

    3) Die arabische Presse ist voll von Konspirationstheorien rund um den Juden. Karikaturen muessen nicht nett sein, aber dermaszen vom Stuermer inspiriert?

    4) Organisiert oder spontan, wann immer etwas im Gaza Streifen etwas passiert, ziehen entruestet die Massen in Staaten auf die Strasse, die davon nicht im geringsten direkt betroffen sind. Offensichtlich haben all die Flaggenverbrenner weit weniger Probleme sich als Mitglieder eines Grossarabien und Araber zu sehen als die kritischen Begriffsschuerfer hier.

    5) Gerade der von den verschiedenen arabischen Diktatoren sporadisch organisierte Israel-Hass ist ein deutliches Zeichen eines latenten Anti-Semitismus in der breiten Bevölkerung. War einer der Koenige, Scheichs und Despoten innenpolitisch in Schwierigkeiten wurde und wird die Strasse gegen Israel mobilisiert, ein carte blanche, um das Volk zu einen und bei der Stange zu halten Es ist bzw war das ideale Ablenkungs- und Mobilisierungsmanoever aller arabischen Despoten von Mubarak bis Assad, ein Manoever, das immer wieder rechtzeitig abgeblasen wurde, um die Sache nicht aus dem Ruder laufen zu lassen (Tunesiens Ben Ali hat uebrigens da nicht so mitgemacht und scheint in dieser Hinsicht eher eine Ausnahme darzustellen).

    Alles Anekdoten, selbstverstaenlich, halt so wie ein “Deutsche kaufen nicht beim Juden” Spruch neben einem Geschaeft in Berlin 1935.
    Eine der besonders vielsagenden Anekdoten auf der Wiki Seite zum Thema (s.o.) besagt, dass Juden an der libanesischen Grenze religioese Utisilien abgenommen werden. Auf Nachfrage wurde erklaert, dass dies geschehe, um die Sicherheit der juedischen Touristen sicherzustellen. Nu ja.

    Zusammenfassend behaupte ich mal, es laeuft wie ein Hund, wackelt mit dem Schwanz wie ein Hund und macht WauWau. Vielleicht ist es ein Hund.

    Wie soll man nun darauf reagieren? Wehret den Anfaengen soll ja wohl nicht nur in Sachsen Anhalt gelten, stimmts?

    Mehr Demokratie also. Ich hatte oben zuerst gesagt, dass Antisemitismus ein Lackmus Test auf Aufklaerung ist. In der Tat ist das praeziser, als dass es auch ein Test auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist. Insbesondere die “Demokratie super light” Definition von Ali hier (Es wurde bei der Stimmabgabe niemand erschossen und danach brach kein Buergerkrieg aus) erlaubt sebstverstaendlich durchaus, dass allgemeiner Anti-Semitismus in einer Gesellschaft grassiert. Das Weimarer Deutschland und auch die dritte Republik (Fr) waren tief von Anti-Semitismus beeinflusst und doch hat im wesentlichen die Demokratie funktioniert.
    Ich halte die Definition des Anti-Semitismus im Wiki-Text auch nicht fuer so gelungen (siehe Elemente des Anti-Semitismus von Horkheimer/Adorno). Einfacher Rassismus weisst der jeweiligen Rasse auch einen ganzen Satz von Eigenschaften zu, die fuer alle moegliche Uebel faellig sind. Dem Anti-semitismus wohnt aber insbesondere inne, dass der Jude als Agent der Moderne und des Kapitalismus schlicht fuer jeden gesellschaftlichen Vorgang verantwortlich gemacht wird. Diese Projektion gesellschaftlicher Zwangsverhaeltnisse auf eine Personengruppe ist so maechtig, dass sie bekanntlich auch ohne Juden funktioniert (es ist wohl nicht uebertrieben zu sagen, dass virtuell niemand in SaudiArabien irgendeinen Kontakt zu Juden hat, und doch die Projektion ist da) und dass sie keinerlei Logik gehorchen (“Der reiche juedische Geschaeftsmann der die Bolschewiken finanziert” etc.). Und sie wirkt insbesondere in Gesellschaften im Umbruch wie es der Wechsel eines vormodernen Arabiens zu einem modernen darstellt.
    Ich schlage keinerlei Massnahmen vor und sehe den jetzigen Prozess in Arabien als alternativlos. Nur beobachten wuerde ich das an Stelle Israels gaaaanz genau. EIne demokratische Hetzmasse schlaegt am Ende genau so tot wie es eine diktatorisch geführte tun wuerde. Schlangenei und so.

  79. #79 Bullet
    Oktober 28, 2011

    @Georg Hoffmann:
    Ali sagt:

    Du hast “Araber” zumindest Anfangs ziemlich deutlich im Sinne von (3) benutzt und hast von dir beobachtetes Individualverhalten auf die ganze Gruppe übertragen. Damit habe ich ein grosses Problem. Erstens weil die Gruppe für so etwas viel zu weit gefasst ist um in irgendeiner Form noch eine nützliche Analyseeinheit zu sein (wie oft wird über die Amerikaner gelacht, die von Europa wie von einem Land sprechen, wie oft wird bei uns Afrika verwendet, als ob es eine homogene Einheit wäre). Zweitens weil genau so Rassismus funktioniert (wohlgemerkt, ich unterstelle dir hier nicht einen solchen, sondern ich beziehe mich auf den Mechanismus).

    Na gugg mal einer schau. Da hat Ali zufällig genau das gleiche gesagt wie ich. Okay, etwas ausufernder – aber ich dachte halt, daß jeder versteht, was ich meine. Du offenbar mal wieder nicht. Nicht zum ersten Mal fällt mir an deinen Kommentaren die mangelnde Kohärenz und Sachlichkeit negativ auf. Wenigstens der “echte Schotte” hätte dir was sagen müssen. Nicht? Hier.
    Des weiteren kannst du nicht erwarten, daß ein dahingeschnoddertes “die Araber” bei absolut jedem Leser exakt die selben reproduzierbaren Assoziationen hervorruft. Sowas machen nämlich ansonsten nur unsere Freunde aus der rechten Ecke gern – weil sie schlicht zu blöde sind, ihren Feind exakt zu benennen und bei ihrer Zielgruppe darauf vertrauen, daß deren Tassenschrank ebenfalls so spärlich gefüllt ist, daß man darüber hinweggehen kann und viele unterschiedliche Aspekte in einen Topf werfen, der dafür einfach nicht paßt.
    “man gehört einer Gruppe von Leuten an, die es mit Nachdenken und Differenzieren nicht so haben.” Du willst offenbar dazugehören. Naja.

  80. #80 cydonia
    Oktober 28, 2011

    Lass mal bullet. Ich denke, ali hat Herrn Hoffmann ganz gut im Griff.
    Immerhin ist es für Beobachter interessant, zu sehen, wie jemand gute Argumente konsequent ignoriert, und an seiner(schlecht belegten) Weltsicht festhält, egal was man ihr entgegensetzt.
    Dass der gute Mann sich somit recht ähnlich verhält, wie die von ihm Verdammten, ist kurios und ich kann mir dieses Verhalten auch nicht so recht erklären. Es ist ja nicht das erste Mal, dass GH derart polterig und ignorierend auftritt.

  81. #81 Georg Hoffmann
    Oktober 28, 2011

    Hui. Jetzt gibts sogar einen greek chorus hier. Toll.

  82. #82 cydonia
    Oktober 28, 2011

    Ja, Herr Hoffmann, wir sind die Erinyen, und werden Sie immer wieder heimsuchen. Ich denke schon, dass Ihre Schandtaten wider die saubere Argumentationskultur in diesem Blog nicht ungesühnt bleiben dürfen. aber vielleicht lässt ali ja Gnade walten……

  83. #83 roel
    Oktober 28, 2011

    @bullet Nur mal aus Interesse: Wer sind denn “unsere Freunde aus der rechten Ecke”, die “bei absolut jedem Leser exakt die selben reproduzierbaren Assoziationen” hervorrufen. Ich meine, wenn man klare Begriffe fordert, sollte man auch klare Begriffe liefern.

  84. #84 georg
    Oktober 28, 2011

    Ein Vorschlag zur Güte: Vielleicht könnten wir uns ja alle darauf einigen, dass wir es bedenklich finden, wenn religiöse Gruppen, hier oder anderswo, einen dominierenden politischen Einfluß ausüben, da die Gefahr besteht, dass sie versuchen, ihre religösen Vorstellungen Andersdenkenden aufzuzwingen, und sei es auch nur etwas vergleichsweise Harmloses wie das Feierverbot in der “santa semana” in Spanien.

    mfg georg

  85. #85 cydonia
    Oktober 28, 2011

    Na komm roel…natürlich könnte bullet präziser und konkreter werden, aber vielleicht solltest du dich lieber dem Hecht zuwenden, als die Wasserflöhe zu zählen.

  86. #86 Physiker
    Oktober 28, 2011

    Inwiefern kann man die Ennahdha dann eigentlich noch “islamistisch” nennen, wenn sie doch angeblich in allen Bereichen so gemässigt sein soll?

  87. #87 Physiker
    Oktober 28, 2011

    Nur um meiner Frage Nachdruck zu verleihen:
    Ali Arbia definiert (wie üblich) Islamismus als die islamische Variante des Fundamentalismus. Im gesamten Artikel wird aber die Ennahdha als islamistisch oder relativierend als “moderat islamistisch” bezeichnet (was meiner Meinung nach bereits ein intrinsicher Widerspruch ist). Welche Forderungen diese Partei führen also dazu, dass Politikwissenschaftler, Journalisten, etc. diese als fundamentalistisch einstufen?
    Solange das nicht erwähnt wird, hat man als Leser den Eindruck, dass einem etwas (beängstigendes?) vorenthalten wird.

  88. #88 roel
    Oktober 28, 2011

    @cydonia Ich mische mich nicht in die Diskussion Ali/Georg ein. Ich habe nahezu die gleiche Meinung wie Ali Arbia aber verstehe auch die Bedenken von Georg Hoffmann. Ich denke wie du, dass die beiden schon alleine zurecht kommen. Aber generell können (nicht müssen) Forderungen von wem auch immer nur berechtigt sein, wenn sich die/der Fordernde selber daran hält.

    @Physiker Deshalb wird ja meistens das “moderat” hinzugefügt. Wie sich die Ennahdha weiter entwickelt bleibt abzuwarten.

  89. #89 ali
    Oktober 28, 2011

    “Es gibt halt keine Studien, die den Deutschen Antisemitismus 1930 nachgewiesen haetten”

    Das ist aber nicht dein Ernst, oder? Es gibt vermutlich wenige historische Felder die so gut beackert sind. Oder ist “Studie” für dich einfach identisch mit “Meinungsumfrage”?

    “Man kann doch nicht einfach 300 Millionen Menschen unter Anti-Semitismus Verdacht stellen”. Warum? Ich tu’s auf jeden Fall bei 80 Millionen Deutschen der 30er Jahre.

    Habe ich die Sache mit dem Aggregieren schon erwähnt?

    Du meinst also dass man 300 Millionen Menschen von Mauretanien bis Oman in vermutlich locker 15+ Staaten, mit eigenen Minderheiten und Staatsformen und verschiedenen Religionen (ja vielleicht überrascht es dich, es gibt sogar arabische Juden) einfach so über einen Kamm scheren kann, weil man im Zusammenhang mit dem Regime aus den 30er Jahren, welches fast ganz Europa besetzte und einen Genozid im Detail plante und ausführte von “den Deutschen” spricht?

    “Ohne Statistik keine Aussage, sorry”. Ueber die Art von empirischer Sozialforschung hat sich schon Teddy Adorno selig lustig gemacht

    Ich hätte auch nach Fallstudien fragen können, hatte aber den Verdacht, dass du kaum solche zum Thema gelesen hast. Ich habe absolut kein Problem mit qualitativer Forschung (bin selber auch eher dort zu verorten als bei den Quants bei uns). Die Betonung liegt halt auf Forschung. Eine klare These, eine transparente Art diese zu überprüfen und nachvollziehbare Schlussfolgerungen. Auf diese Art kann man auch kritisieren. Ich behaupte mal Araber sind Antisemiten bringe ein paar spezifische Beispiele aus ein paar Ländern und nun ist es an den andern zu belegen dass sie es nicht sind, entspricht diesen Kriterien nicht (Ich bin übrigens versucht auf die Wikipediaseite zu Social Sciences zu verlinken und darauf hinweisen, dass es dort “ein paar Referenzen” dazu gibt.)

    Ausser zwei Staaten weigern sich saemtliche arabischen Staaten die Existenz Israels anzuerkennen.

    Wieder wirfst du alles in einen Topf und rührst einmal kräftig um. Die Anerkennung eines Staates (ein formaler souveräner Akt eines Staates) ist was anderes als die Anerkennung des Existenzrechts und nochmals etwas anderes als die Anerkennung der Existenz. Die Implikationen sind auch unterschiedlich. Hier etwas Lektüre dazu aus dem Christian Science Monitor. Ich bin mir nicht sicher ob die Aussage von dir schlicht falsch ist oder der Satz einfach nonsense.

    Eine klare historische Verbindung von verschiedenen arabischen Staaten zu NAZI Deutschland, mit ideologischer Schulung und Radiosendungen zum ewigen Juden.

    Was auch auf fast ganz Europa zutrifft.

    Die arabische Presse ist voll von Konspirationstheorien rund um den Juden.

    Du verfolgst also “die arabische Presse”? Ich tue es nicht. Das scheitert schon daran, dass ich kein Arabisch verstehe. Ich bin beeindruckt. Da du gestern nicht einmal ein paar Zeilen in einem Parteiprogramm nachlesen wollte, nachdem du mal eine Blankoverurteilung in die Welt gesetzt hat. Ich nehme an, “das weiss man einfach”.

    Da du dich da offensichtlich auskennst, wieviele davon sind Regierungsblätter und in welchen Staaten? Handelt sich um autoritäre Regimes die von westlichen Staaten unterstützt werden? Heisst das, das deren Bürger dann auch Anti-Semiten sind weil sie nicht “den Anfängen wehren”?

    Gerade der von den verschiedenen arabischen Diktatoren sporadisch organisierte Israel-Hass ist ein deutliches Zeichen eines latenten Anti-Semitismus in der breiten Bevölkerung.

    Vom Israel-Hass (durchaus zu verurteilen, aber nicht zwangsläufig mit Anti-Semitismus gleichzusetzen) zu Anti-Semitismus (deine These) im selben Satz. Ausserdem was da als logisch daherkommt, stützt deine These kaum. Wieviele Leute braucht es für eine solche Demo? Wie weitverbreitet sind solche in der arabischen Welt (du musst entschuldigen aber ich verfolge die Situation in Mauretanien und Chad diesbezüglich nur bedingt aber du weisst da offensichtlich mehr). Gaddafi und Mubarak organisierten auch pro-sich-selber-Demos. Kann ich daraus also schliessen, dass die Ägypter und die Libyer den Umsturz nicht wollten (bitte beachte, Rückschlüsse auf die arabische Welt und ihre Einstellung zu autoritären Regimes ziehe ich mal noch keine).

    Tunesiens Ben Ali hat uebrigens da nicht so mitgemacht und scheint in dieser Hinsicht eher eine Ausnahme darzustellen)

    Nun verstehe ich auch warum du betont hast, dass du “immer wieder geschrieben hast, dass die Situation und Voraussetzungen in den verschiedenen Ländern eben sehr verschieden ist”. Ach, Moment, das war ja mein Zitat gegen welches du hier zu argumentieren versucht hast. Aber das “übrigens” verleiht dem ganzen wirklich einen wunderschön belehrenden Ton. Herzlichen Dank.

    Wie soll man nun darauf reagieren? Wehret den Anfaengen soll ja wohl nicht nur in Sachsen Anhalt gelten, stimmts?

    Und nun schnell so tun als ob ich die Existenz von Anti-Semitismus in der arabischen Welt abstreiten würde oder gar rechtfertigen. Das ist schon fast böswillig.

    Mehr Demokratie also. Ich hatte oben zuerst gesagt, dass Antisemitismus ein Lackmus Test auf Aufklaerung ist.

    Der aufgeklärte Abendländer hetzt heute halt gegen den Orientalen. Schliesslich sind wir zivilisiert.

    Den Lackmustest besteht man übrigens, wenn Georg Hoffmann beschliesst, dass irgendwelche Kriterien erfüllt sind. Dann gilt man nicht als Anti-semitisch. Leider kann er uns den Test nicht wirklich erklären weil weil sich “schon Teddy Adorno über diese Form von Sozialforschung lustig gemacht hat”. Aber er hat viele Geschichten zu erzählen.

    Ich schlage keinerlei Massnahmen vor und sehe den jetzigen Prozess in Arabien als alternativlos.

    Achso. Du wolltest hier nur einmal über “die Araber” abpoltern über den schlechten Einsatz deiner Steuergelder klagen und die Frage stellen, ob ein Diktator vielleicht doch besser die irrationalen Südländer in Schach halten könnte. Weil der Prozess “in Arabien” (ich nehme an, du meinst nicht Saudi Arabien, welches normalerweise mit dieser Bezeichnung gemeint ist) ja “alternativlos” ist.

  90. #90 Georg Hoffmann
    Oktober 28, 2011

    @physiker
    “Solange das nicht erwähnt wird, hat man als Leser den Eindruck, dass einem etwas (beängstigendes?) vorenthalten wird.”

    Einfach den Namen des Chefs von Ennadha (Rached Ghannouchi) zusammen mit Israel googlen.

  91. #91 Bullet
    Oktober 28, 2011

    @roel:

    @bullet Nur mal aus Interesse: Wer sind denn “unsere Freunde aus der rechten Ecke”, die “bei absolut jedem Leser exakt die selben reproduzierbaren Assoziationen” hervorrufen.

    Wasn das für eine Frage? Du baust eine Aussage aus zwei Teilen zusammen, die ich so nie getätigt habe. Es muß schon sehr schwer sein, richtig zu lesen. Ich sagte: “du kannst nicht erwarten, daß ein dahingeschnoddertes “die Araber” bei absolut jedem Leser exakt die selben reproduzierbaren Assoziationen hervorruft.”
    Unsere “Freunde aus der rechten Ecke” sind diejenigen, deren politische Ansichten sich dem bei Wikipedia zu findenden Terminus “Rechtextremismus” zumindest teilweise offenkundig annähern. Es gibt selbstverständlich auch in jener “rechten Ecke” einen Ansichten-Gradienten, der in viele verschiedene Richtungen zeigen kann. Der ist mir aber in diesem Zusammenhang völlig wurscht, denn mir ging es darum, daß bei den von mir gemeinten rechtstendenziösen Sprechern undifferenziert beispielsweise “die Türken” oder noch allgemeiner “die Ausländer” an verschiedenen und nahezu beliebig austauschbaren Mißständen schuld sein sollen. Und im Gegensatz zu “den Arabern”, die zuerst einmal nichts weiter als eine gemeinsame Geburtsregion verbindet (die also in Bezug auf Ansichten beliebig heterogen aufgestellt sein können), sind “die Rechten” bereits eine Gruppe mit zumindest partiell kongruenten Ansichten – deren Hardcore-Ausfertigung wie bereits erwähnt auf Wikipedia zu finden ist.
    Ist diese deine Frage, die du nicht korrekt zu stellen imstande warst, damit zu deiner Zufriedenheit beantwortet?

  92. #92 Stefan
    Oktober 28, 2011

    “Ghannouchi selbst erließ, so berichten einige sich als liberal bezeichnende arabische Denker, noch vor kurzem eine Fatwa, die es erlaube, alle israelischen Zivilisten zu töten, weil es, so seine Rechtfertigung, in Israel keine Zivilisten gebe, denn die Bevölkerung − Männer, Frauen und Kinder − sei die Reserve der Armee und daher als solche zu töten.” (Wikipedia)

    Das ist ja noch schlimmer als befürchtet. Wie kann man nur rechtfertigen, dass 41% der Tunesier eine Partei wählen, die so einen Anführer hat?? Wenn ein Parteichef in einem europäischen Land so etwas von sich geben würde, und seine Partei an der Regierung beteiligt wird, würde dieses Land international geächtet – zu recht.

  93. #93 ali
    Oktober 28, 2011

    @Stefan

    Die Quelle bei Wikipedia führt ins Leere. Praktisch alle Quellen geben an, dass Ghannouchi sich schon in den 80er Jahren der Gewalt als politisches Mittel abgeschworen hätte. Die Formulierung in der Wikipedia (“so berichten einige sich als liberal bezeichnende arabische Denker”) macht mich etwas stutzig. Erstens scheint es nur aus zweiter Hand zu sein und dann kommt die seltsame Qualifizierung “sich als liberal bezeichnende”. Die Quelle dafür scheint von 2004 zu sein. Dies könnte also genau so gut teil der Ben Ali Propaganda gewesen sein. Ohne genauere Quelle haben wir hier eine Aussage, die vielen anderen (belegten) widerspricht. Wenn man sich nun auf dieses eine unbelegte Indiz stürzt, alles andere über Bord wirft und sagt “wir haben es ja die ganze Zeit gewusst” und das ist ja “noch schlimmer als befürchtet” habe ich den Eindruck, dass hier genau der Bias am Werk ist, über den ich mich hier beklagt habe. Soviel zum Thema “Aufklärung” und “rationalem Diskurs”.

    Die Quelle würde mich aber interessieren um die Aussage einordnen zu können. Wenn also jemand Zeit hätte sie zu suchen.

  94. #94 roel
    Oktober 28, 2011

    @bullet “Ist diese deine Frage, die du nicht korrekt zu stellen imstande warst, damit zu deiner Zufriedenheit beantwortet?” Nein, Nein und Nein!

    Und hierzu “im Gegensatz zu “den Arabern”, die zuerst einmal nichts weiter als eine gemeinsame Geburtsregion verbindet” ebenfalls Nein!

    Ich sage nur, dass deine “rechte Ecke” ebenso wenig definiert ist wie Georg Hoffmanns “Araber”. Mit dem Unterschied, dass die “Araber” einen Eintrag in wikipedia haben, die “Rechte Ecke” nicht.

  95. #95 Stefan
    Oktober 28, 2011

    Ghannouchi hat wahrscheinlich der Gewalt gegen den tunesischen Staatsapparat abgeschworen, das sagt aber noch nichts über seine Position zu Israel (oder auch zur Sharia als Rechtsgrundlage). Man wird natürlich wenig Quellen im Internet über ihn finden, da er erst Anfang 2011 für die westlichen Medien interessant wurde. Die meisten seiner umstrittenen Zitate dürften auf Arabisch formuliert sein, dass wir alle leider nicht verstehen.

    Verharmlosung ist auch kein probates Mittel gegen einen vermuteten Bias.

  96. #96 Stefan
    Oktober 28, 2011

    @ali

    Hier ist eine Quelle, die du möglicherweise auch schon kennst. Ich weiß nicht, wie vertrauenswürdig sie ist, sie scheint aber eine gewisse antiisraelische/antijüdische Paranoia Ghannouchis zu bestätigen. Vieles was man da liest, kennt man von anderen Islamisten zur Genüge. Sollte das stimmen, müsste ich Georg Hoffmann in dieser Beziehung recht geben.

  97. #97 Stefan
    Oktober 28, 2011

    @ali

    Hier ist eine Quelle, die du möglicherweise auch schon kennst.

    https://globalmbreport.org/?p=4451

    Ich weiß nicht, wie vertrauenswürdig sie ist, sie scheint aber eine gewisse antiisraelische/antijüdische Paranoia Ghannouchis zu bestätigen. Vieles was man da liest, kennt man von anderen Islamisten zur Genüge. Sollte das stimmen, müsste ich Georg Hoffmann in dieser Beziehung recht geben.

  98. #98 ali
    Oktober 28, 2011

    @Stefan

    Da Ghannouchi als “islamsischer Denker” gehandelt wird, findet man Quellen auch zurück in die 90er. Das man nichts findet ist schlicht nicht wahr.

    “Es gibt halt nichts schriftliches und sonst ist es auf arabisch. Alles das wir finden und lesen können ist moderat. Also verharmlost du” Fällt dir da etwas auf? Ich habe nicht gesagt, er hätte diese Aussage nicht gemacht. Ich würde mich nur gerne auf Fakten stützen. Wie Georg drehst du die Beweislast einfach um. Fakten sind für die anderen. Und das ganze im Namen der Verteidigung von freiheitlichen Werten, Rationalismus und der Aufklärung. Da habe ich tatsächlich ein grosses Problem mit.

    Das einzige Dokument zu Israel das anscheinend direkt von Ghannouchi stammt und das ich gefunden habe, stammt von 1994 enthält sehr viel idotisches zu Israel und vor allem zum Thema Zionismus aber es ist kein Aufruf zu physischer Gewalt und es ist halt schon 17 Jahre alt. Ich habe im Post detailliert aufgeführt auf was ich mich für meine Einschätzung stütze.

    Man stelle sich mal vor ich hätte im gleichen Masse anekdotisch argumentiert wie zum Beispiel Georg. Vermutlich würde man mir inwischen verdächtigen ein undercover Islamist zu sein (im Netz findet man nichts dazu von mir nur so kritisches verhamlosendes Zeugs. Das ist doch verdächtig oder?).

  99. #99 Georg Hoffmann
    Oktober 28, 2011

    @Ali

    “Du meinst also dass man 300 Millionen Menschen von Mauretanien bis Oman in vermutlich locker 15+ Staaten, mit eigenen Minderheiten und Staatsformen und verschiedenen Religionen (ja vielleicht überrascht es dich, es gibt sogar arabische Juden) einfach so über einen Kamm scheren kann, weil man im Zusammenhang mit dem Regime aus den 30er Jahren, welches fast ganz Europa besetzte und einen Genozid im Detail plante und ausführte von “den Deutschen” spricht?”

    Einfach lesen, was ich geschrieben habe. Die 300 Millionen koennten genauso als antisemitisch bezeichnet werden, wie die Deutschen 1930 aus meiner Sicht als antisemitisch bezeichnet werden muessen. Der Anti-Semitismus der Nazis war nicht ein dekorierendes Element der NS Politik sondern ihr zentrales Element. Die Deutschen haben diese Partei gewaehlt, an die Macht gebracht und den ANti-Semitismus exekutiert. Sie waren also Anti-Semiten. Und wenn das 80 Millionen gewesen sind, dann koennen es auch 300 Millionen sein. Es sei denn, du kennst eine Studie, die einen Threshold bei 100 Millionen ausgerechnet hat.

    “Das ist aber nicht dein Ernst, oder? Es gibt vermutlich wenige historische Felder die so gut beackert sind. Oder ist “Studie” für dich einfach identisch mit “Meinungsumfrage”?

    Natuerlich gibt es die heute und ich hab so einige gelesen. Es gab sie aber 1933 nicht, bzw der Hinweis in der damaligen Zeit haette vielleicht wie heute zu Reaktionen gefuehrt die deiner sehr aehnelten: “Aber es gibt doch auch objektive Gruende mit den Juden ueber Kreuz zu liegen, das sind doch nicht nur Wahnvorstellungen”. Nachwievor weigerst du dich ueberhaupt das Wahnhafte der politischen Haltung etwa Saudi Arabiens zu Israel ueberhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Enttaeuschend.

    “Ich bin mir nicht sicher ob die Aussage von dir schlicht falsch ist oder der Satz einfach nonsense.”

    Mein Satz ist tatsaechlich voellig unverstaendlich. Hier die Korrektur.

    Ersetze

    “Ausser zwei Staaten weigern sich saemtliche arabischen Staaten die Existenz Israels anzuerkennen.”

    durch

    “Ausser zwei Staaten weigern sich saemtliche arabischen Staaten das Existenzrecht Israels anzuerkennen.”

    Studien zum arabischen Anti-semitismus
    Ich wusste nicht, dass es dir Probleme macht, die zu finden. Es ist also tatsaechlich dein einziges Argument zu den konkreten Punkten, dass es sich nicht um sozialwissenschaftliche Studien handelt. Geh einfach auf scholar und google arab anti-semitism.

    “Vom Israel-Hass (durchaus zu verurteilen, aber nicht zwangsläufig mit Anti-Semitismus gleichzusetzen) zu Anti-Semitismus (deine These) im selben Satz.”

    Natuerlich. Das erste ist sozusagen die konkrete Form des zweiten, der allgemeinen Wahnvorstellung.

    “Nun verstehe ich auch warum du betont hast, dass du “immer wieder geschrieben hast, dass die Situation und Voraussetzungen in den verschiedenen Ländern eben sehr verschieden ist”. Ach, Moment, das war ja mein Zitat gegen welches du hier zu argumentieren versucht hast. ”

    Tu ich das? Viele Dinge sind unterschiedlich zwischen Saudi Arabien und Tunesien. In die Liste der Gemeinsamkeiten gehoert jedoch eben gerade die neurotische Fixierung auf Israel und der mehr oder minder stark ausfallende Anti-Semitismus. Das sagt zumindest der dann-doch-nicht-Arabien-Experte Ali Arabia:

    “Ich zweifle nicht daran, dass Anti-Semitismus in der arabischen Welt existiert und oft die Form von Anti-Zionismus oder Anti-Israel annimmt. ”

    Nach deiner Vorstellung ist es ein nicht weiter zu beachtender gemeinsamer Tick und meiner Meinung nach eine potentielle Bedrohung Israels. Aber sonst sind wir uns doch einig.

    “Und nun schnell so tun als ob ich die Existenz von Anti-Semitismus in der arabischen Welt abstreiten würde oder gar rechtfertigen. Das ist schon fast böswillig.”

    Ali, come down? Das habe ich nirgends geschrieben und und unterstelle ich dir im Mindesten. Der Satz mit den “Wehret den Anfaengen nicht nur in Sachsen Anhalt” versteht sich so: Ich sehe es fast als eine eigenartige Form von Rassismus gegenueber den Arabern an, wenn an sie nicht die gleichen zivilisatorischen Massstaebe angelegt werden, wie an den Rest der Welt. Der Fahnenverbrenner in Kairo hat es genauso verdient Anti-semit genannt zu werden wie der Mecklenburgische glatzkoepfige Grabschänder. Es handelt sich auch bei dem ersten nicht um einen Anhänger ulkiger Folkore gepaart mit einem hitzigen Temperament.

    “Der aufgeklärte Abendländer hetzt heute halt gegen den Orientalen. Schliesslich sind wir zivilisiert.

    Den Lackmustest besteht man übrigens, wenn Georg Hoffmann beschliesst, dass irgendwelche Kriterien erfüllt sind. Dann gilt man nicht als Anti-semitisch. Leider kann er uns den Test nicht wirklich erklären weil weil sich “schon Teddy Adorno über diese Form von Sozialforschung lustig gemacht hat”. Aber er hat viele Geschichten zu erzählen.”

    Das ist nur noch Gekeife, Ali, und keine Argumente. Antisemitismus ist DIE Wahnvorstellung der arabischen Welt, die sie beim Eintritt in die Moderne zu ueberwinden hat. Ob oder ob sie es nicht ueberwindet haengt nicht von mir ab, sondern wird jedem klar sein, der auch nur mit halbem Interesse dem Weltgeschehen folgt.

    “Du wolltest hier nur einmal über “die Araber” abpoltern über den schlechten Einsatz deiner Steuergelder klagen und die Frage stellen, ob ein Diktator vielleicht doch besser die irrationalen Südländer in Schach halten könnte.”

    Alles nicht gesagt, nicht gemeint, nicht gedacht. Trink erstmal eine Tasse Kamille.
    Ich wohne weit suedlicher als du und liebe die “irrationalen Suedlander”. Hey, Ich bin mit einer verheiratet.

    Nochmal. Meine Steuergelder wurden zur Bombardieung Lybiens genutzt und ich haette gern gewusst warum und ob sowohl mein kleines finanzielles und vor allem das moralische Opfer gerechtfertigt war. Mein Kriterium fuer “Rechtfertigung” ist hauptsaechlich die Sicherheit Israels. Du magst andere haben. “Magst” da du dich mit keinem Wort dazu geaeussert hast, ob dieses Bombardieren gerechtfertigt war. Wenn du sagst, dass sei nicht das Thema des Beitrags, fein. Warum dann dich andauernd ueber meine Meinung dazu aufregen? Entweder du hast dazu etwas zu sagen oder du darfst auch mal die Gelegenheit zur Stille ergreifen.

  100. #100 roel
    Oktober 28, 2011

    @ali Ich habe etwas recherchiert. Ghannouchis Einstellung zu Israel wird sichtbar in einer “Diskussion zwischen GHANNOUCHI und dem marokkanischen Schriftsteller und Intellektuellen Al-Saleh Bu Walid, welche am 23. Mai 2001 vom in dem arabischen Golfstaat Katar befindlichen Satellitensender Al-Jazeera ausgestrahlt wurde, wird GHANNOUCHIS Einstellung bezüglich des Nahostkonflikts” zeigt. “Während Bu Walid für das Existenzrechts Israels eintrat und sich für eine Aufnahme der Friedensverhandlungen aussprach, machte GHANNOUCHI keinen Hehl aus seiner Sympathie für den bewaffneten Jihad:

    „Ich möchte den Müttern dieser Jugendlichen, dieser Männer, denen es gelungen ist, ein neues Gleichgewicht der Kräfte zu schaffen, meine Segenswünsche übermitteln. (…) Ich segne diejenigen Mütter, welche im Land Palästina den Samen dieser Jugendlichen gepflanzt haben, welche dem internationalen System und der von den USA unterstützten israelischen Arroganz eine wichtige Lektion erteilt haben. Die palästinensische Frau, Mutter der Märtyrer, ist selbst eine Märtyrerin und sie hat ein neues Vorbild von Frau geschaffen.””

    Zitate aus https://www.verfassungsschutz-bw.de/index.php?option=com_content&view=article&id=1071:reihe-fuehrungs-und-identifikationsfiguren-extremistischer-organisationenq&catid=201:meldung&Itemid=327

  101. #101 Stefan
    Oktober 28, 2011

    Entschuldigung für den Doppel-post. Der Link berichtet am Anfang über ein Interview an, dass Gannouchi im heurigen Mai einer arabischen Zeitung gegeben hat:

    Ghannouchi maintains that altogether the Arab revolutions are positive for the Palestinians, and threaten to bring Israel to an end. He says that the Palestinian problem lies at the heart of the Nation (umma), and that all the land between the mosque in Mecca and Jerusalem represents the heart of the Islamic Nation, and any (foreign) control over part of this heart is a stamp on the umma’s illness.

    Nun, da hat er offenbar Kreide gefressen. Keine explizite Drohung mehr, aber Israel bleibt der Kern aller Probleme der islamischen Welt.

  102. #102 ali
    Oktober 28, 2011

    @Stefan

    Ich weiß nicht, wie vertrauenswürdig sie ist, sie scheint aber eine gewisse antiisraelische/antijüdische Paranoia Ghannouchis zu bestätigen.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass Gannouchi “eine gewisse antiisraelische/antijüdische Paranoïa” hat. Eine solche moderate Aussage ist aber nicht was Georg Hoffmann hier vertreten hat. Wieviele Politiker haben bei uns ähnliche Probleme: Beispiel Islamophobie, Homophobie, Sozialismus und Kommunismus (nicht mehr so stark wie auch schon). Nur scheinen irgendwie nicht alle Spinner gleich zu sein.

  103. #103 Georg Hoffmann
    Oktober 28, 2011

    Sorry fuer das “Ali Arabia” oben. Das war keine Polemik, sondern ein Tippfehler nach so viel “Arabien”.

  104. #104 Georg Hoffmann
    Oktober 28, 2011

    Hier ist Ghannouchi im Original

    Er scheint sich lobend zu Al Quaida zu aeussern, in den Kommentaren lodert ein Kampf ueber die rechte Uebersetzung

    “Il dit bien qu’il n’est pas plus d’accord avec les méthodes d’al Qaida car il y a eu les révolutions arabes pour remplacer le terrorisme.”

    etwa

    Er sagt er sei nicht mehr einverstanden mit den Methoden al Quaidas weil jetzt die arabische Revolution den Terrorismus ersetze.

    Kurz, physiker, man kann sich jetzt schon vorstellen, warum sein Verein sich das “ismus” verdient hat.

  105. #105 cydonia
    Oktober 28, 2011

    @ali
    Ich denke nicht, dass du auf die Replik von GH eingehen musst, oder gar kannst. Du hast deinen Standpunkt klar und deutlich beschrieben. Mehr ist aus meiner Sicht nicht drin. Und GH jetzt nochmal auseinanderzunehmen, obwohl er deine Argumentation offensichtlich nicht nachvollziehen kann, lohnt sich nicht.
    Zu Ghannouchi: ich denke auch, wir brauchen etwas mehr Material und auch Zeit, um den Mann wirklich einzuschätzen. Der von Herrn Hoffmann zitierte Satz ist für mich so nicht leicht einzuschätzen. Außerdem: “Il dit bien…..”…das ist also auch schon eine Interpretation des von ihm Geäußerten.

  106. #106 Georg Hoffmann
    Oktober 28, 2011

    @Ali
    Zu deiner Frage nach der arabischen Presse

    “Du verfolgst also “die arabische Presse”? Ich tue es nicht. Das scheitert schon daran, dass ich kein Arabisch verstehe. Ich bin beeindruckt.”

    Naaa, danke, eber ich les immer nur die Zusammenfassungen anderer.

    https://www.jcpa.org/JCPA/Templates/ShowPage.asp?DRIT=3&DBID=1&LNGID=1&TMID=111&FID=624&PID=0&IID=644&TTL=Major_Anti-Semitic_Motifs_in_Arab_Cartoons

    Die Cartoons (die ich erwaehnte) sind denn auch das, was bei mir am deutlichsten den Antisemitismus Schalter hochlegt
    https://www.google.es/search?q=caricature+jews+arab+journal&oe=utf-8&rls=org.mozilla:en-US:official&client=firefox-a&um=1&ie=UTF-8&hl=es&tbm=isch&source=og&sa=N&tab=wi&biw=1280&bih=666&sei=%20xb6qTuTwNYX54QTpjPGNDw

    Die Haelfte der Cartoons waeren in Deutschland Anlass zur Anzeige wg Volksverhetzung.

    Eine ganze Reihe arabischer Zeitungen hat sich auch an der “11.September wurde vom Mossad organisiert” Kampagne beteiligt.

  107. #107 roel
    Oktober 28, 2011

    @cydonia und @Georg Hoffmann siehe https://www.scienceblogs.de/zoonpolitikon/2011/10/wer-hat-angst-vor-den-islamisten-in-tunesien.php#comment266676

    @all vielleicht kann jemand auf eine Aufzeichnung verlinken, ich habe bisher keine finden können.

  108. #108 cydonia
    Oktober 28, 2011

    @roel
    Ich hatte das schon wahrgenommen, Danke. Ich habe mir das von GH verlinkte You- Tube-Video grade angeguckt, und es wird zumindest dort überhaupt nicht klar, welche Position Ghannouchi denn nun vertritt. Und dann erscheint zum Schluss auch noch ein “Implicitement”…das ist nicht überzeugend, zudem die vorher eingeblendeten Sätze eine klare Distanzierung Ghannouchis bezeugen…..was soll uns das also sagen?
    Warten, suchen und dann urteilen. Vorverurteilungen halte ich immer für hoch problematisch.

  109. #109 ali
    Oktober 28, 2011

    Einfach lesen, was ich geschrieben habe. Die 300 Millionen koennten genauso als antisemitisch bezeichnet werden, wie die Deutschen 1930 aus meiner Sicht als antisemitisch bezeichnet werden muessen.

    Ich habe es gelesen. Ich habe nun auch schon an die vier Mal geschrieben, dass nur weil man eine Sache aggregieren kann, dass das nicht heisst, dass man andere ebenso aggregieren kann. Dafür braucht es eben Belege/Analyse. Auf diese warte ich aber immer noch.

    achwievor weigerst du dich ueberhaupt das Wahnhafte der politischen Haltung etwa Saudi Arabiens zu Israel ueberhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Enttaeuschend.

    Achso. Tue ich das? Ich habe mehrmals geschrieben, dass ich nicht an der Existenz von Anti-Semitismus in der arabischen Welt zweifle. Was willst du denn noch? Muss ich Glaubensbekenntnis unterschreiben?

    “Ausser zwei Staaten weigern sich saemtliche arabischen Staaten das Existenzrecht Israels anzuerkennen.”

    Quelle?

    Ich wusste nicht, dass es dir Probleme macht, die zu finden. Es ist also tatsaechlich dein einziges Argument zu den konkreten Punkten, dass es sich nicht um sozialwissenschaftliche Studien handelt. Geh einfach auf scholar und google arab anti-semitism.

    Ich muss mir also die Belege für deine Behauptungen selber zusammensuchen. Und noch einmal, das es anscheinend wirklich kaum zu verstehen ist: Ich habe nie in Abrede gestellt, dass Anti-Semitismus in arabischen Ländern existiert. Das ist etwas anderes als zu behaupten “die Araber” seien “anti-semitisch”.

    Das ist nur noch Gekeife, Ali, und keine Argumente.

    gefolgt von dem:

    Antisemitismus ist DIE Wahnvorstellung der arabischen Welt, die sie beim Eintritt in die Moderne zu ueberwinden hat. Ob oder ob sie es nicht ueberwindet haengt nicht von mir ab, sondern wird jedem klar sein, der auch nur mit halbem Interesse dem Weltgeschehen folgt.

    Ich kann nicht mehr anders als ab und zu auf Snark zurückzufallen. Da du hier nun sei 100 Kommentaren ein unscharfe These in den Raum stellst, jeglichen Beleg verweigerst (“selber googeln”; “wikipedia Referenzen durchschauen”; “das ist jedem klar der das Weltgeschehen nur mit halbem Interesse verfolgt” [das ist objektiv falsch, da ich mich zu dieser Gruppe zähle]) aber keine Hemmungen hast die ganze Zeit über das 19. Jahrhundert Klischee des irrationalen gefühlsgesteuerten Orientalen zu bedienen.

    Mein Kriterium fuer “Rechtfertigung” ist hauptsaechlich die Sicherheit Israels. Du magst andere haben.

    Wenn du das als Prämisse setzt, ist wirklich jede Diskussion überflüssig. Dann kannst nämlich immer einfach “Israel” rufen und es gibt nichts mehr zu widersprechen.

    Was für eine Position. Im Endeffekt heisst das doch folgendes: Es ist mir egal ob andere Menschen gefoltert werden, es ist mir egal ob die NATO das humanitäre Völkerrecht einhält, es ist mir egal ob Gaddafi oder die Rebellen Massaker verüben. Das einzige was mich interessiert ist die Sicherheit Israels. Doch nicht? Also hast du doch noch andere moralische Aspirationen und gewichtest verschiedene Ziele doch unterschiedlich? Entweder ist die Postion menschlich völlig daneben oder du benutzt sie nur als Schutzschild.

    2. Kommentar von dir mit YouTube Clip:

    Ist eine Übersetzung von YouTube Kommentatoren worüber wir jetzt hier diskutieren müssen? Ich habe keine Möglichkeit das nachzuprüfen, keine Möglichkeit mich auf den Ruf der Quelle für die Übersetzung zu verlassen. Ich kann wirklich nur noch den Kopf schütteln.

  110. #110 Stefan
    Oktober 28, 2011

    @Ali
    Ist eigentlich bekannt, mit welchen Themen die Ennhadha ihren Wahlkampf geführt hat? Parteiprogramme sagen ja bekanntlich wenig aus. Ging es um Populismus à la “die Säkularen wollen Religion abschaffen, Homosexuelle bevorzugen, Handlanger der Israelis werden” oder um echte Sachthemen?

  111. #111 Physiker
    Oktober 28, 2011

    @Georg:
    Meine Frage richtete sich eigentlich an Ali, denn laut den letzten zwei Blog-Beiträgen ist ja auch Ali der Meinung, dass es sich um Fundamentalisten handelt. Ansonsten hätte Ali konsequent “islamisch” anstatt “islamistisch” geschrieben (siehe z.B. auch Titel). Seltsamerweise verteidigt Ali aber in allen seinen Beiträgen ausschliesslich die Islamisten, d.h. Fundamentalisten.
    Seltsam das ist.

  112. #112 cydonia
    Oktober 28, 2011

    Kannst du lesen, Physiker? Kannst du auch denken? Dann mach mal!

  113. #113 Helmut E.
    Oktober 28, 2011

    Georg Hoffmanns Position lautet vereinfacht:
    “Araber sind Antisemiten. Deshalb wäre es zum Schutz von Israel besser, sie würden weiterhin in Dikaturen leben.”

    Selbst wenn das tatsächlich stimmte: Könnte es vielleicht sein, dass genau diese Geisteshaltung erst Antisemitismus hervorruft bzw. verstärkt? Wäre vielleicht jeder von uns zum Antisemiten geworden, hätte er in Unterdrückung aufwachsen müssen? In einer Diktatur, vom Westen gestüzt um “die Stabilität der Region” zu erhalten? Wie wird sich wohl jemand verhalten, dem man alles nimmt und der nichts zu verlieren hat?

  114. #114 ali
    Oktober 28, 2011

    @Physiker

    laut den letzten zwei Blog-Beiträgen ist ja auch Ali der Meinung, dass es sich um Fundamentalisten handelt. Ansonsten hätte Ali konsequent “islamisch” anstatt “islamistisch” geschrieben (siehe z.B. auch Titel). Seltsamerweise verteidigt Ali aber in allen seinen Beiträgen ausschliesslich die Islamisten, d.h. Fundamentalisten.
    Seltsam das ist.

    Weil dann jemand kommen würde und sagen. “Seltsamerweise nennt nur Ali die Partei nicht “moderate Islamisten” sondern verwendet den von ihnen selbst bevorzugten Begriff, wenn er in seinen Beiträgen ausschliesslich die Islamisten d.h. Fundamentalisten verteidigt. Seltsam ist das.”

    Und zur Nachlese empfehle ich obigen Blogpost. Dort spreche von den Definitionen, welche ich verwende und was ich von religiösen Parteien halte.

    Seltsam sind vor allem deine Suggestionen.

    @Stefan

    Ich habe nur punktuell Dinge mitgekriegt, was die Ennadha als Wahlkampf betrieb. Sie nahm sich wie alle den ökonomische Fragen an, Jobs, viele “klassische konservative” Themen (wie mehr Betonung des Arabischen, religiöses und kulturelles Erbe/Tradition) und sie betonten ihre Oppositionsrolle zum alten Regime. Es wird im Moment viel aufgeführt, dass man ihnen am meisten Vertrauen entgegenbrachte, dass sie wirklich ehrlich seien wohl nicht zuletzt weil sie die religiöse Karte spielten. Dann gab es ein paar Kontroversen unter anderem wegen Positionen die sie gegen Homosexualität einnahm. Aber wie gesagt ich kann es nicht beurteilen ausser, dass sie eindeutig die klarste Präsenz hatten und mit Abstand die beste Organisation. Das war offensichtlich zumindest wo ich war.

    Das Programm auf das ich mich immer beziehe, war auch ihre Wahlplattform.

    Der grösste Unterschied zu den anderen grossen Parteien war, dass eine Thema, dass sie nicht hatte: Die Gefahr einer Machtübernahme der Islamisten, die Bedrohung für das Säkulare Tunesien (und die wirtschaftlichen Implikationen eines Wahlsiegs von Ennahdah). Diese Strategie der anderen Parteien hat vermutlich nicht funktioniert und inzwischen habe ich das Gefühl, es war gar kontraproduktiv.

  115. #115 Hel
    Oktober 28, 2011

    @all

    Ehrlich gesagt verstehe ich die Empörung über Georg Hoffmanns Aussagen nicht. Geradezu infam ist die “vereinfachte” Deutung von Helmut E, wonach Georg die Fortdauer der dikatorischen Regime in den arabischen Ländern bevorzuge. Und dann noch das hier:

    Wäre vielleicht jeder von uns zum Antisemiten geworden, hätte er in Unterdrückung aufwachsen müssen?

    Besser kann man kaum zeigen, wie Antisemitismus als Antizionismus “getarnt” daherkommt. Pfui Deibel 🙁

    WER hat denn das tunesische Volk unterdrückt? Die Juden? Die Zionisten? Die Israelis? Quatsch!

    Auszüge aus einem Aufruf “A call to all muslims” von 2002, vgl https://groups.yahoo.com/group/msm-net/message/5956?var=1

    We have the obligation of giving victory to the
    people of Palestine and we should try to liberate the land and its holy
    places from the hands of the Israelis.

    Call for a state of emergency in their country and prepare people to
    for Jihad to liberate Holy Land from the Zionist regime.

    Cutting all diplomatic, economic, and security relations and to stop all normalization with the Zionist state of Israel. All Muslim countries should close all Israeli embassies and consulates in all Islamic countries.

    To come up with means to support any efforts that strengthen the resistance in Palestine.

    Unterzeichner Nr. 16 ist Ghannouchi. Ich finde es durchaus besorgniserregend, dass dieser Mann jetzt tunesischer Regierungschef wird, und stimme Georg zu, dass man seine Israel-Politik ganz genau beobachten sollte. Was ist so schlimm daran, dieses Unbehagen zu artikulieren? Schließlich thematisiert man doch auch sein Unbehagen über andere demokratisch gewählte Staatschefs wie zB Berlusconi.

    Nein, Ghannouchi ist nicht sakrosankt. Außerdem haben 60% der Tunesier ihn nicht gewählt.

  116. #116 ali
    Oktober 28, 2011

    @Hel

    Zuerst um das aus dem Weg zu räumen: Ghannouchi wird aller Voraussicht nach nicht Regierungschef. Er hat gesagt, keine Ämter einnehmen zu wollen. Die Nummer zwei der Partei ist hierfür vorgesehen. Aber das nur am Rande.

    Zum Pamphlet: Ich verteidige nicht die potentielle Aussenpolitik von Ghannouchi, noch unterstütze ich die zitierten Passagen. Aber der Text verlangt primär scharfe diplomatische Sanktionen gegen Israel von den arabischen Ländern und spricht von “Befreiung” im Bezug auf die Palästinenser selber. Nun ist es ist nach Völkerrecht durchaus argumentierbar, dass es sich um “besetztes Gebiet” handelt und man könnte demnach auch ein Recht auf Widerstand ableiten. Nochmals: Weder finde ich das gut, noch wünschenswert. Es ist eine Position die sich von anderen Kriegstreibereien in der internationalen Politik nicht sehr unterscheidet und man könnte durchaus für dessen Legalität argumentieren ohne deswegen gleich ein Anti-Semit zu sein. Es geht alleine um die Beurteilung ob was in einem rechtsstaatlich demokratischen Rahmen noch akzeptierbar ist (wie schon öfters argumentiert, glaube ich das die SVP sich da oft auch in Grenzregionen bewegt, dass invalidiert aber nicht den ganzen Prozess).

    Die ganze Frömmelei ist natürlich ebenso deplatziert. Aber es wäre vermutlich ein leichtes, Parallelen zu irgendwelchen Aussenpolitischen Dokumenten von einigen Republikaner in den USA zu ziehen. Nur das denen Georg Hoffmann nicht die Fähigkeit zur Demokratie abspricht.

    Was die Erwähnung von Dschihad betrifft, das ist wohl das nächste was an eine “smoking gun” kommt. Die genaue Auslegung hier kann ich nicht beurteilen, da der Begriff von einigen anders ausgelegt wird als im strikten Sinne von bewaffneter Kampf. Ich spreche kein arabisch, kenne den Kontext dieses Dokuments nicht und bin auch nicht versiert genug in den diversen theologischen Abgrenzungen, dass ich sagen kann wie diese Leute in diesem Kontext verstehen. Aber Georg kann das auch nicht.

    Ich habe geschrieben, dass ich unglücklich bin über den Wahlsieg von Ennhadha. Da gibt es eigentlich gar nichts zu diskutieren. Ich ärgere mich über etwas anderes: GH kritisiert nicht wie du Ghannouchi (oder die Parteiführung oder so) für eine verfehlte oder idiotische Aussenpolitik in einem spezfischen Gebiet. Was er macht ist, dass er einen solchen Datenpunkt (mal abgesehen davon, dass andere das Dokument für ihn suchen mussten) nimmt um damit zu zeigen, dass “Antisemitismus DIE Wahnvorstellung der arabischen Welt” sei, “die sie beim Eintritt in die Moderne zu ueberwinden hat” und dass “die Araber” als anti-semitisch bezeichnet werden können, wie man “die Deutschen” in den 30 hat als anti-semitisch bezeichnen können (Zitate Georg). Stelle dir vor ich hätte ähnliche Behauptungen über eine andere Bevölkerungsgruppe aufgestellt und dazu ein paar Beispiele für dieses Verhalten gebracht (“Asiaten”, “Zigeuner” you name it).

    Wenn er in seinem ersten Post einfach sein Unbehagen über Ghannouchi als Unterzeichner diese Dokuments mit Link geäussert hätte, wäre die Diskussion vermutlich anders verlaufen. Stattdessen war der erste Eintrag etwas zu Israel, Libyen, Flaggenverbrennen in Ägypten (das unter Mubarak noch verboten war, seufz!), Frauenrechte und Fatwas. Später kam dann der Fokus auf Antisemitismus. Das ist m.E. etwas ganz anderes als “Unbehagen” über einen Staatschef artikulieren. Kurz und gut, ich ärgere mich eben darüber, dass er eben das nicht macht, sondern dass er ohne Belege Vorverurteilt und Verallgemeinert und dann denn Nerv hat von einem Lackmustest für Rationalität und Aufklärung bei den anderen zu sprechen.

    Hier hat niemand die Ansichten von Ghannouchi verteidigt sondern demokratische Prinzipien. Aber Georg meint offensichtlich, dass die Israelpolitik das einzige gültige Kriterium sein darf. Was an und für sich schon ein schwaches Argument ist.

    Darum die Aufregung.

  117. #117 Physiker
    Oktober 28, 2011

    @ali:

    Weil dann jemand kommen würde und sagen. “Seltsamerweise nennt nur Ali die Partei nicht “moderate Islamisten” sondern verwendet den von ihnen selbst bevorzugten Begriff, wenn er in seinen Beiträgen ausschliesslich die Islamisten d.h. Fundamentalisten verteidigt. Seltsam ist das.”

    Also ich würde zu meiner Meinung stehen. Wenn Du meinst, dass es sich um keine Fundamentalisten handelt, dann solltest Du sie auch nicht als solche bezeichnen. Egal ob Du anschliessend für oder wider diese argumentierst. Ich bin auch gründsätzlich ein Befürworter von Selbstbezeichnungen (natürlich gibt es Ausnahmen – und zwar genau dann, wenn man diese begründen kann). Das versachlicht die Diskussion.

    Und zur Nachlese empfehle ich obigen Blogpost. Dort spreche von den Definitionen, welche ich verwende und was ich von religiösen Parteien halte.

    Was Du von religiösen Parteien hälst spielt (für mich) überhaupt keine Rolle. Und gerade weil Du Dir so viele Gedanken über die Definitionen gemacht hast, würde ich gerne verstehen was mit “moderatem Fundamentalismus” gemeint ist. Denn der obige Vergleich der CSU mit einer massenmordenden paramilitärischen Organisation ist aus mehreren Gründen völlig daneben:

    • Die CSU ist keine fundamentalistische Partei, sondern höchstens eine, die vorgibt die christlichen Werte zu berücksichtigen.
    • Selbst wenn mit diesem Vergleich die Bandbreite in fundamentalistischen Organisationen veranschaulicht werden soll, willst Du dann damit wirklich sagen, dass der “moderate Fundamentalismus” genauso harmlos ist wie die CSU? Damit würde man nämlich die Bezeichnung “Fundamentalismus” ad absurdum führen.

    Seltsam sind vor allem deine Suggestionen.

    Falls aus meiner Frage unangemessene “Suggestionen” herauszulesen sind, möchte ich mich dafür gleich entschuldigen – das war nicht meine Absicht. Wahrscheinlich ist hier die Diskussion schon etwas hochgekocht. Hinter meiner Frage verbergen sich wirklich keine Hintergedanken. Ich bin nur davon ausgegangen, dass Du Dich bewusst für die Bezeichnung “Islamisten” entschieden hast. Und ich wäre gerne daran interessiert die Gründe dafür zu erfahren. Insbesondere deshalb, weil Du im gesamten Artikel (und auch vorausgehenden) betonst, dass die Ennahdha durchaus mit christlichen (Volks-)Parteien verglichen werden kann. Deine obige Pseudo-Begründung nehme ich Dir nicht ab.

  118. #118 cydonia
    Oktober 28, 2011

    Hat jemand Ghannouchi für sakrosankt erklärt? Hat jemand Herrn Hoffmanns Sorge kritisiert? Nein? Was sollen denn dann diese offensichtlichen Strohmänner?
    Es ging um HGs Nicht-Argumentation, und seine Weigerung auf Argumente einzugehen. Dass man die neue Regierung sehr genau beobachten sollte, und dass man noch nicht genau weiß, was passieren wird, ist Konsens. Was nicht Konsens ist, ist inwieweit man der Regierung vielleicht erstmal eine Chance geben sollte, sich zu konstituieren.
    Ich, und soweit ich das sehe, auch ein paar Andere, sind der Meinung, dass Vorverurteilungen wenig sinnvoll sind. Wenn jemandem zu diesem Zeitpunkt nicht viel mehr einfällt, als Beispiele für die Bösartigkeit einer Gruppe zu suchen, halte ich eine Diskussion für recht sinnlos.

  119. #119 ali
    Oktober 28, 2011

    @Physiker

    Ich entschuldige mich ebenfalls für meine Unterstellung der “Suggestion”. Ich bin tatsächlich leicht genervt und oft wird man sofort in eine Ecke gestellt (“Mit uns oder gegen uns!”). Das war offensichtlich nicht deine Absicht und ich habe da eindeutig zu schnell aus der Hüfte geschossen. Sorry.

    Wikipedia hat eine schöne Auflistung von Arten wie unterschiedlich der Begriff verwendet werde kann. Wie geschrieben, ist der Konsens in den von mir konsumierten Medien, Ennahda als moderate Islamistisch zu bezeichnen (N.B.: dass muss nicht fundamentalistisch heissen). Ich weiss nicht wie die es meinen. Nun ist die Partei trotz allem religiös motiviert (oder gibt dies zumindest vor) und dies ist eine der möglichen Definitionen. Für christlich motivierte Parteien gibt es keinen entsprechenden Ausdruck (da “Fundamentalismus” ja der Ausgangspunkt unserer Definitionen ist).

    Ich hätte die Ennahdha tatsächlich auch “islamisch” nennen können. Ich vermute ich habe es nicht aus drei Gründen: 1. Weil ich zuerst sehen will, wie säkular ihre Positionen effektiv sein werden (ein Misstrauen, dass hier offensichtlich andere teilen), 2. weil es nicht zwangsläufig fundamentalistisch heissen muss, 3. weil ich einfach der gängigen Konvention folgte (Punkt 3 ist eine Feststellung und keine Rechtfertigung).

    Ich hoffe das klärt meinen Gedankengang. Ich bitte nochmals um Entschuldigung wegen den Unterstellungen.

  120. #120 Physiker
    Oktober 28, 2011

    @ali:

    Nur das denen Georg Hoffmann nicht die Fähigkeit zur Demokratie abspricht.

    Das ist doch genau der Punkt: Warum darf man islamistischen Parteien nicht die Fähigkeit zur Demokratie absprechen (wenn man unter Islamismus Fundamentalismus versteht)? Fundamentalismus heisst doch genau dass man als einziger die Wahrheit gepachtet hat und zur Durchsetzung der eigenen Ziele alle Mittel recht sind. Das verträgt sich doch nun wirklich nicht mit Demokratischen Prinzipien – egal wie “gemässigt fundamentalistische” Meinungen man vertritt (sorry, aber ich halte Mässigung und Fundamentalismus immer noch für widersprüchliche Eigenschaften).

  121. #121 ali
    Oktober 28, 2011

    @Physiker

    Warum darf man islamistischen Parteien nicht die Fähigkeit zur Demokratie absprechen (wenn man unter Islamismus Fundamentalismus versteht

    Darf man, aber nur wenn man mit gleichen Ellen misst. Soll also in der Schweiz die EDU verboten werden (oder die Leute die sie wählen das Stimmrecht entzogen werden)? Soll Bachmann nicht für die Präsidentschaft kandidieren dürfen, weil sie die Bibel für das unabänderliche Wort Gottes hält und ihre Politik danach richtet? Wie steht es mit Parteien die eine Politik auf der Basis von Glaube X machen wollen? Wer entscheidet wann die Grenze überschritten ist? Eines der Kriterien die ich als möglich sehe ist, solange sie sich zu den demokratischen Grundprinzipien bekennen, einem pluralistischen System und den Rechtsstaat, dass man damit Leben muss. Aber schon die Frage des Rechtsstaates ist schon kompliziert sieht man zum Beispiel wie in den USA der Supreme Court attackiert wird oder die SVP in der Schweiz richterliche Entscheide in Frage stellt. Da zählen dann nicht einmal mehr Deklarationen, sondern nur Handlungen (da man sich den Entscheiden trotzdem unterwirft).

    Ich finde das auch schwierige Fragen und habe keine Antworten darauf. Aber das ist nicht gerade das Niveau an Differenzierung, dass hier vorgebracht wurde. Es entsprach mehr einem orwellschen “Four legs good, two legs bad”.

  122. #122 cydonia
    Oktober 28, 2011

    @Physiker
    Warum darf man Christen nicht die Fähigkeit zu logischem Denken absprechen, obwohl sie offensichtlich absurden Vorstellungen anhängen? Ich nehme mal an, dass du diese Aussage nicht ganz so zustimmungswürdig findest, wie die von dir geäußerte.
    Einer Religion anzuhängen heißt doch wohl, dass man der Meinung ist, man hätte die richtige, und alle Andersgläubigen seien ein bisschen beschränkt. Es spricht also durchaus Einiges dafür, religiösen Menschen die Demokratiefähigkeit abzusprechen.
    Tue ich aber nicht. Mir ist es nicht möglich, in die Köpfe der Menschen hineinzuleuchten, und zu sagen ob sie fundamentalistisch oder “nur” religiös sind. Ich bin der Meinung, dass die Übergänge fließend sind.
    Möchtest du vielleicht anregen, dass man Gläubigen grundsätzlich das aktive und passive Wahlrecht entzieht? Könnte man drüber reden. Ich halte dergleichen für falsch.

  123. #123 Hel
    Oktober 28, 2011

    @Ali

    Ich lese deinen Blog ja schon lange genug mit, um zu wissen, dass du mitnichten irgendwelche Sympathien für islamistische u/o antisemitische Positionen hegst. Auch kann ich deinen Ansatz schon verstehen, vor Panikmache zu warnen. Den Vergleich mit den ultrareligiösen US-Republikanern finde ich berechtigt, ich gehe sogar so weit, deren Demokratiefähigkeit zu bezweifeln. Gleiches gilt wohl für die SVP, nach allem, was man bei dir so über die lesen kann.

    Mir scheint nur, dass sich das zwischen dir und Georg H eigentlich unnötig hochgeschaukelt hat und ihr de facto gar nicht so weit auseinanderliegt. Ich habe Georg wirklich nicht so verstanden, dass er “den Araber” als solchen für antisemitisch hält und ihm die Diktatur zurückwünscht.

    Es gibt mE eine ganze Reihe kritischer Punkte bzw Lackmustests für die Ennahda: Dazu gehören der Umgang mit Israel, mit Frauen, Un- und Andersgläubigen und Homosexuellen.

    Gut zu hören, dass Ghannouchi selbst nicht an die Spitze gehen wird. Auch gut, dass seine Partei auf die Zusammenarbeit mit den säkularen Parteien angewiesen sein wird.

    In der Jüdischen Allgemeinen liest man etwas über ein weiteres positives, beruhigendes Signal, nämlich über die erste Kandidatur eines jüdischen Tunesiers.

    Q: Denken Sie wirklich, dass die Wähler Sie als Tunesier sehen und nicht als Jude? A: Ja, jedenfalls immer mehr. Und jetzt beweisen sie es, weil keine Sekunde lang über meine Kandidatur böse geredet wurde. Das Ausland reagiert überrascht, aber in Tunesien ist niemand darüber erstaunt. Als tunesischer Bürger habe ich dieselben Rechte wie alle anderen. Religion ist für mich etwas Privates, das ist die Basis des Laizismus.

    Quelle: https://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/11504

    @Cydonia

    Irgendwie kommt der Strohmann-Vorwurf von dir immer reflexartiger. Ich sehe wirklich nicht, womit ich welche gebaut haben soll.

  124. #124 cydonia
    Oktober 28, 2011

    @Hel
    “Was ist so schlimm daran, dieses Unbehagen zu artikulieren(bezüglich Gannouchi)?” Nichts!->Strohmann
    “Nein Gannouchi ist nicht sakrosankt” Richtig, und das wird auch von niemandem hier so gesehen->Strohmann
    Ansonsten scheinst du dich an HG’s Stil eben nicht zu stören, obwohl der deine aus meiner Sicht wesentlich angenehmer ist. Ich vermute, dass du damit einer Minderheit angehörst.
    Lass uns doch bitte argumentieren, und nicht Kommentatoren angreifen oder verteidigen(an der eigenen Nase fass..)

  125. #125 Hel
    Oktober 28, 2011

    @Cydonia

    Lass uns doch bitte argumentieren, und nicht Kommentatoren angreifen oder verteidigen (an der eigenen Nase fass..)

    Einverstanden 🙂 Aber lass uns bitte auch festhalten, dass niemand hier gefordert hat, den Islamisten/Fundamentalisten das Stimmrecht zu entziehen oder die Partei wieder zu verbieten.

    Frage @Ali: Wie ist denn eigentlich der aktuelle Stand bei der tunesischen Verfassung/Verfassungsgerichtsbarkeit? Darüber liest man zurzeit irgendwie kaum etwas, und dabei ist gerade das ja auch ein crucial point für den Aufbau einer Demokratie. Würde mich interessieren…

  126. #126 Georg Hoffmann
    Oktober 28, 2011

    @Helmut E
    “Könnte es vielleicht sein, dass genau diese Geisteshaltung erst Antisemitismus hervorruft bzw. verstärkt? ”
    Also ist doch irgendwie der Jude Schuld, dass die Araber erst jetzt nach 5 Dekaden Unabhaengigkeit von der Kolonialmacht es schaffen ihre brutalo Operettendiktatoren loszuwerden.

  127. #127 ali
    Oktober 28, 2011

    @Hel

    Es gibt mE eine ganze Reihe kritischer Punkte bzw Lackmustests für die Ennahda: Dazu gehören der Umgang mit Israel, mit Frauen, Un- und Andersgläubigen und Homosexuellen. [Betonung hinzugefügt]

    Unterschreibe ich.

    Ich habe Georg wirklich nicht so verstanden, dass er “den Araber” als solchen für antisemitisch hält und ihm die Diktatur zurückwünscht.

    Das haben wir offensichtlich anders gelesen und GH hat aus meiner Perspektive kaum Anstrengungen unternommen solche Zweifel zu zerstreuen. Hier meine Highlights:

    Aus dieser meiner egoistischen Perspektive hat sich wenn ueberhaupt die Situation eher noch zum Schlechten veraendert. Das unter Mubarak verbotene Abbrennen der israelischen Fahne ist jetzt wieder in die taeglichen Rituale dort aufgenommen worden und ein ernster Konflikt mit Israel scheint nicht mehr sooo ausgeschlossen, wie er es vor dem arabischen Fruhling war.
    (…)

    Vielleicht ist also angesichts dieser desastroesen Entwicklung auch zu ueberlegen, ob das alleinige EInhalten einer relativ fairen undrelativ friedlichen Wahl doch nicht genug ist.
    (…)

    Meine Frage war, sind meine politischen Ziele dort umgesetzt oder befoerdert worden. Und da meine ich eben: Eher nicht.
    (…)

    Ich spreche also weiter von den Arabern und den Deutschen etc und weiss sehr wohl, dass sich hinter den ersten jemand wie Edward Saim verbirgt und hinter den zweiten jemand wie Murat Kurnaz.
    (…)

    Also Notfalls wuerde ich schon verteidigen, dass mein Wunsch nach einem Ende der arabischen Sucht, den Schuldigen fuer alles und jedes in der Existenz Israels zu sehen, irgendwie legitimer/edler/besser/moralisch hoeherwertiger ist, als die dieser Flaggenverbrenner, die offensichtlich das Gegenteil wollen.
    (…)

    Das Faszinierende an der arabischen Sicht auf Israel ist ja gerade, dass Laender die keine Grenze mit Israel haben, keinen Handel mit diesem Land betreiben und mit guter Chance niemals einem Juden begegnet sind, troztdem es als normal empfinden, Samstags abend zum Flaggenverbrennen zu gehen, statt sich ein Bier aufzumachen und den Wagen zu waschen.
    (…)

    Es ging um die Aussage, dass es in Staaten die Probleme, besser, neurotische Probleme, mit der Existenz Israels haben mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und letztlich Aufklaerung nichts sehr weit her sein kann. Je weiter weg von Israel und je mehr Probleme, umso neurotischer.
    (…)

    Genau, und darum bewerte ich eben soziale Entwicklungen in der Region und das Bombardieren mit meinen Steuergeldern aus der Perspektive: Hat es was fuer Israel gebracht?
    (…)

    Bislang galt ja immer eher folgende Kuechenpsychogie: Weil die arabischen Massen von Militaer und Geheimpolizei in undemokratischen Systemen gezwungen wurden, war der einzige Protest, der ab und an erlaubt war, der gegen Israel. In einer Art Uebersprungshandlung vertauschte man so zu sagen den Diktator, den man nicht loswerden kann, mit dem ewigen Juden. (falls du Artikel mit diesem Narrativ nicht kennst, suche ich sie dir gerne heraus).
    Nun sind die Diktatoren weg und es sieht noch nicht wirklich nach Besserung aus. Noch immer scheinen grosze Teile Arabiens zu glauben, dass ihre sozialen und oekonomischen und demokratischen Defizite von der Existenz eines Winzstaates abhaengt und ob dieser Winzstaat 15 Hektar Ackerland zurueckgibt.
    (…)

    Ich bezog mich mit dem Wort Araber auf Staaten und Bevoelkerungsmehrheiten in diesen Staaten und ich halte diese Aggregation fuer gerechtfertigt.
    (…)

    Gerade der von den verschiedenen arabischen Diktatoren sporadisch organisierte Israel-Hass ist ein deutliches Zeichen eines latenten Anti-Semitismus in der breiten Bevölkerung.
    (…)

    Antisemitismus ist DIE Wahnvorstellung der arabischen Welt, die sie beim Eintritt in die Moderne zu ueberwinden hat. Ob oder ob sie es nicht ueberwindet haengt nicht von mir ab, sondern wird jedem klar sein, der auch nur mit halbem Interesse dem Weltgeschehen folgt.

    Alle Einwände dass Ressentiments gegen Israel nicht zwangsläufig mit Anti-semitismus gleichzusetzen sind, dass sich hinter dem Begriff “Araber” eine sehr heterogene Gruppe verbirgt, dass wir gerne die eine oder andere Quelle hätten, die diese “Massenbewegung” von Mauretanien bis Oman belegt, dass es Unterschiede gibt ob man sich auf einen Staat oder Ethnien bezieht usw. hat er alle ignoriert. Dafür hat er mir erklärt was richtige Sozialwissenschaft ist.

    Ich habe keine Quelle gesehen, dass kein arabischer Staat bis auf zwei das Existenzrecht Israels anerkennen würde. Kein Kommentar nachdem er eine moralische Minderwertigkeit mit Bezug auf die Gaddafi Bilder zu konstruieren versuchte und es sich herausstellte, dass westliche Reporter auch Trophäen Fotos machten und die Libysche Regierung eine Untersuchung eingeleitet hat. Das einzige Mal wo relativiert wurde war im Bezug auf die von ihm kritisierte Frauenpolitik nachdem er sich damit gebrüstet hat, sicher nicht nachzulesen was diese sei.

    Da hat sich sicher eine gewisse Frustration aufgebaut die nicht inhaltlicher Natur war sonder am Stil.

    Von den nun wirklich lausigen Bemerkungen in Bezug auf die Siedlungspolitik fange ich gar nicht erst an.

    Ich halte daran fest: Für andere Gruppen wäre dieser Diskurs nicht akzeptabel. Wie mir beim Zusammenstellen des best of oben aufgefallen ist, macht er den Vorwurf tatsächlich nie explizit. Statt aber zu klären wiederholt er die Vorwürfe und verteidigt die Aggregation. Liest man nochmals den ersten Kommentar und bedenkt worüber ich eigentlich geschrieben habe, sieht man gut was für assoziative Knöpfe beim Thema “Araber” und “Islam” offensichtlich bei ihm gedrückt werden. Daran habe ich mich auch gestört.

    Wenn du seine Aussagen anders liest, sei es so. Für mich haben sich die Verallgemeinerungen und grobschlächtigen Argumente halt auch akkumuliert in diesem Thread. Jedes einzelne für sich wäre vielleicht durchgegangen.

    cydonia hat Recht und ich habe alles gesagt das gesagt werden konnte von meiner Seite. Ich hätte von einem Autoren von uns einfach bessere Argumente erwartet.

    Was deine Frage betrifft: Keine Ahnung. Da müsste ich recherchieren.

  128. #128 Hel
    Oktober 29, 2011

    @Ali

    Für mich haben sich die Verallgemeinerungen und grobschlächtigen Argumente halt auch akkumuliert in diesem Thread. Jedes einzelne für sich wäre vielleicht durchgegangen.

    Danke für deine Stellungnahme. Das kann ich so alles sehr gut nachvollziehen. Das Hochschaukeln in diesem Thread zeigt einmal mehr, wieviel historisch gewachsene Empfindlichkeit/Verwundbarkeit und verbales Eskalationspotenzial in Diskussionen zu diesem Thema steckt – erst recht (*auch an die eigene Nase fass*), wenn Deutsche mitdebattieren *seufz*

    Bevor ich endgültig Cydonias Appell folge, mit der Kommentatoren-Bewertung aufzuhören, lass mich bitte auch noch einmal den moderaten Georg-Versteher machen 😉 Außer Ägypten und Jordanien erkennt bislang offenbar kein Mitgliedsstaat der Arabischen Liga das Existenzrecht Israels an, vgl https://de.wikipedia.org/wiki/Au%C3%9Fenpolitik_Israels – also auch nicht Tunesien.

    Sollte aber Ägypten das Camp David-Abkommen aufkündigen, wäre dies sehr gefährlich für den eh wackeligen Frieden im Nahen Osten. Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass man sich Mubarak zurückwünschen muss. Da manifestieren sich aber all die Ängste, sowohl die der Israelis als auch im Inneren die der Kopten und der Säkularen. Schaun wer mal…

    Ein Wort noch zu Libyen: Was dort passiert, ist ganz anders und unendlich viel beängstigender. Der brutale Lynchmord an Gaddafi war abscheulich und lässt nichts Gutes ahnen. Kein Mensch hat so ein Ende verdient. Diese Tat darf man aber nicht isoliert als Symbol (vermeintlich) typisch arabischer Roheit hinstellen – schließlich haben NATO-Staaten (ich aggregiere jetzt auch mal) das durch Konvoi-Bombardierung und Übermittlung der Satelliten-Koordinaten erst möglich gemacht. Offenbar war/ist es ihnen egal, dass sie damit libysche Al Qaida-Fraktionen an die Macht gebombt haben. Ungut lassen Afghanistan und das grausige Ende von Nadschibullah grüßen. Verlogen ist auch Obamas Kritik am Umgang mit Gaddafis Leiche und das Schweigen der meisten westlichen Medien darüber, was da mit Gaddafi VOR seiner Ermordung geschah. (Disclaimer: Nein, ich hielt Gaddafi auch nicht für sakrosankt)

    So, nun aber wirklich Schluss meinerseits mit off topic. Es würde mich freuen, wenn du etwas zum Stand bei der tunesischen Verfassung recherchieren könntest. Das mit dem geplanten “schwachen” Präsidentenamt hört sich ja schon mal recht beruhigend an.

  129. #129 ali
    Oktober 29, 2011

    @Hel

    Was du aber auch zeigst ist, dass wenn man sich etwas Mühe gibt zu differenzieren und spezifisch argumentiert, mit etwas gutem Willen von beiden Seiten, eine vernünftige Diskussion problemlos möglich ist.

    Ich möchte auch noch zum Schluss einen Punkt aufgreifen weil er sehr schön zeigt wie zumindest unpräzise Behauptungen (oder vielleicht wie ich befürchte Halbwissen) einfach in den Thread geworfen wurden und trotz eigentlich unzweideutigen und objektiv überprüfbaren Einwänden nicht zurückgenommen wurde. Die Frage des Existenzrechts. Hier was ich schon Georg geschrieben habe:

    Wieder wirfst du alles in einen Topf und rührst einmal kräftig um. Die Anerkennung eines Staates (ein formaler souveräner Akt eines Staates) ist was anderes als die Anerkennung des Existenzrechts und nochmals etwas anderes als die Anerkennung der Existenz. Die Implikationen sind auch unterschiedlich. Hier etwas Lektüre dazu aus dem Christian Science Monitor.

    Dein Wikipedia Artikel spricht von der diplomatischen Anerkennung des Staates Israels, was wie gesagt ein staatlicher, souveräner Akt ist in internationalen Beziehungen. Die andern beiden Fragen stellen sich aber meines Wissens nur im Kontext von Israel.

    Trotz Link und Erklärung war dies die sarkastische Antwort:

    Mein Satz ist tatsaechlich voellig unverstaendlich. Hier die Korrektur.

    Ersetze

    “Ausser zwei Staaten weigern sich saemtliche arabischen Staaten die Existenz Israels anzuerkennen.”

    durch

    “Ausser zwei Staaten weigern sich saemtliche arabischen Staaten das Existenzrecht Israels anzuerkennen.”

    Tja und so geht es seit über 100 Kommentaren. Würde ich Georg nicht als vernünftige und intelligente Stimme aus anderen Diskussionen kennen, hätte ich akuten Trollverdacht. So muss es wohl thematisch bedingt sein.

  130. #130 alfredo
    Oktober 29, 2011

    @all

    zu den unsäglichen Beiträgen von Georg Hoffmann hier mal ein link:

    https://www.comunista.at/artikel/gaga-im-mainstream-die-antideutschen.html

    ich weiß nicht was diese Sekte bezweckt aber eins weiß ich ganz sicher:
    diskutieren ist absolut sinnlos.

    und das schema ist IMMER das gleiche.

    hier mal eine disskussion im freigeisterforum, der antideutsche nennt sich hier navigator 2

    https://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=31796&postdays=0&postorder=asc&&start=60

    einziger unterschied zu der disskussion hier:
    Israel ist nicht völlig offtopic.
    die argumente, die formulierungen die gesprächsstrategie: alles identisch!
    also: Antideutsche trolle nicht füttern!

  131. #131 ali
    Oktober 29, 2011

    @alfredo

    Bitte nicht auch noch das Fass der Kollektivschuld öffnen. Das haben wir in dieser Diskussion nun schon mehrmals haarscharf umschifft. Sonst entgleitet die DIskussion endgültig.

    P.S.: Mit dem Etikett “antideutsch” scheint man in die gleiche Falle zu tappen die hier Teil der Kritik ist: Label drauf und gut ist. Ich will aber nun nicht darüber diskutieren sondern nur klar signalisieren, damit mein Schweigen nicht als Zustimmung gewertet wird (man muss ja offensichtlich auch aufpassen was man nicht sagt). Aber das ist wirklich eine andere Diskussion.

  132. #132 Georg Hoffmann
    Oktober 29, 2011

    @ali
    Ich habe den EIndruck, wie wichtigsten Argumente sind gesagt. Ich will mich jetzt auch nicht mehr an dem guten dutzend Faellen abarbeiten, in denen das, was ich gesagt habe offensichtlich falsch (und absichtlich falsch?) verstanden wird.
    Wir haben ein paar Punkte geklaert, das Subjekt meiner Behauptungen existiert (die Araber) und zwar auf vielerlei Ebene (sie, die Araber, sehen sich selbst eben als Mitglieder dieser ethnisch/kuturell/religioes-synchronisierten EInheit). Ich benutze das Wort eben genau wie etwa ‘die Deutschen’ in dem Satz: “die Deutschen haben den ersten Weltkrieg begonnen”. Da ist es ja klar, dass da auch nicht meine Uroma nach Frakreich einmarschiert ist sondern dass es ein Handlung des Staates war, die von der uebergrossen Mehrheit der Deutschen in ihrer Kriegsbegeisterung mitgetragen wurde. Ich koennte vielleicht harmlosere Beispiele waehlen, aber dann ist der Kontrast zur These, die etwa lautet koennte “die Araber haben ein neurotisches von Antisemitismus gepraegtes Verhaeltnis zu Israel” irgendwie stoerend.
    Ali hat bereits gesagt, dass er mit der Aggregation “die Araber” an sich kein Problem hat, aber dass er noch wissenschaftliche Studien haben moechte, die die eigentliche Aussage (Antisemitismus) belegen. Die Aussage faellt in zwei Teile auseinander, kann man das Verhalten der arabischen Staaten unter Anti-semitismus buchen und kann man in einem Gros der arabischen Bevoelkerung antisemitische Ideen vorfinden. Ich glaube der erste Teil ist relativ einfach und zum zweiten Teil habe ich eine Reihe von Beispielen gegeben, die die AUssage nicht gerade unwahrscheinlich machen (etwa das Fehlen jeden Protestes gegen die aberwitzigsten und in Deutschland etwa durch die Bank verbotenen Darstellungen von Juden in Wort (Reden von Assad un Ahmadinejad) und Bild (die Karikaturen oben). EIne wissenschaftliche Studie ist das aber nicht.

    Weil das dann doch eines laengeren Postings verdient, werde ich sobald ich etwas Zeit finde darueber bei mir im Blogg etwas schreiben.

    PS @Ali
    Ich beziehe mich auf diesen Wikiartikel zum Existenzrecht Iraels
    https://de.wikipedia.org/wiki/Existenzrecht_Israels

    “Das Existenzrecht Israels bezeichnet den im Völkerrecht verankerten Anspruch dieses Staates auf Fortbestand innerhalb international anerkannter Grenzen und Schutz vor existenzbedrohenden Angriffen aller Art, den alle 193 von den Vereinten Nationen (UNO) als Völkerrechtssubjekte anerkannte Staaten haben.”
    “Seit Israels Unabhängigkeitserklärung 1948 stellen gewaltsame Angriffe sein Existenzrecht im Nahostkonflikt in Frage. Heute lehnen die meisten Organisationen der Palästinenser, Syrien, der Iran und von allgemeiner Judenfeindlichkeit geprägte Personen und Gruppen den Staat Israel ab. Sie weisen die Forderung, sein Existenzrecht anzuerkennen, als Legitimation einer rechtswidrigen Besatzungs- und Annexionspolitik zurück und/oder verfolgen weiter das Ziel, Israel zu zerstören.”

    Aus dem Artikel geht weiter hervor, dass Saudi Arabien und andere Staaten bereit sind die Anerkennung des Existenzrechts in die Verhandlingsmasse miteinfliessen zu lassen. Sie haben es also noch nicht anerkannt.

  133. #133 ali
    Oktober 29, 2011

    Ich habe den EIndruck, wie wichtigsten Argumente sind gesagt.

    In dem Punkt scheinen wir uns tatsächlich einig zu sein.

    Was den Wikipedia Eintrag betrifft, dort wird auch immer wieder hin- und hergesprungen und nur manchmal differenziert zwischen der Anerkennung und der Anerkennung des Existenzrechts. Einig Referenzen (falls überhaupt vorhanden) beziehen sich dann auf Webseiten die von der Anerkennung als “jüdischer Staat” sprechen, was nochmals ein ganz anderes Thema ist. Ich weiss nicht, wie viele arabischen Staaten das Existenzrecht Israels anerkennen und dieser Wikipedia Artikel ist bestenfalls ein Mosaikstein auf dem Weg dies herauszufinden (ausser ich habe den Schlüsselsatz irgendwie verpasst). Es ist offensichtlich eine dieser Fragen wo Wikipedia nicht mehr genau genug ist und weshalb man immer wieder betont warum sie mit Vorsicht zu benutzen sei.

    Das beste was ich auf Wikipedia dazu gefunden habe ist dieser Artikel hier und die zwei dazugehörigen Karten. Eine Antwort auf die Frage der Anerkennung des Existenzrechts gibt er auch nicht aber er zeigt, dass die Situation nicht uniform ist (es ist zum Beispiel sehr plausibel, dass im Rahmen des Völkerrechts diplomatische Beziehungen eine de facto Anerkennung ist, auch wenn diese inzwischen wieder abgebrochen wurden).

  134. #134 Georg Hoffmann
    Oktober 29, 2011

    @alfredo
    Kommt in die Liste der Verdrehungen meiner AUssagen. Ich wuesste ueberhaupt nicht, dass ich hier irgendetwas negatives zu den Deutschen gesagt haette. Grotesk.

  135. #135 Karl Mistelberger
    Oktober 29, 2011

    Ghannouchi hat sich klar geäußert: https://groups.yahoo.com/group/msm-net/message/5956?var=1 Da braucht es keine Interpretation, was er damit meint und Ali kann anstatt seine Zeit darauf zu verschwenden sich nützlicheren Dingen zuwenden.

  136. #136 MJ
    Oktober 29, 2011

    @ Karl Mistelberger

    Ihr Link wurde schon weiter oben abgehandelt. Diesen Satz hier verstehen Sie als überheblichen Rat von mir an Sie, wobei ich über Sie in dritter Person spreche, weil ich durchblicken lassen will, dass Sie mit zu billig sind.

  137. #137 ali
    Oktober 29, 2011

    @Karl Mistelberger

    Jawohl! Zum Glück ist die Welt noch einfach und zum Glück ist es in einer Diskussion völlig egal was andere sagen. Hauptsache man hat den Rüssel auch noch reingesteckt und bewiesen, dass man alles besser weiss.

    Und ja, dieser Kommentar ist kein inhaltlicher Beitrag. Wie man in den Wald ruft…

  138. #138 Karl Mistelberger
    Oktober 29, 2011

    > Zum Glück ist die Welt noch einfach und zum Glück ist es in einer Diskussion völlig egal was andere sagen.

    Nicht in einer, sondern in dieser Diskussion. Man sollte sie fortsetzen, wenn erst einmal die tunesische Verfassung steht.

  139. #139 perk
    Oktober 30, 2011

    wow da ist man mal 2 tage nicht da geht hier alles drunter und drüber^^

    ich will mich da auch gar nicht mehr allzusehr einmischen

    außer bei:

    Stefan· 28.10.11 · 15:06 Uhr
     

    “Ghannouchi selbst erließ, so berichten einige sich als liberal bezeichnende arabische Denker, noch vor kurzem eine Fatwa, die es erlaube, alle israelischen Zivilisten zu töten, weil es, so seine Rechtfertigung, in Israel keine Zivilisten gebe, denn die Bevölkerung − Männer, Frauen und Kinder − sei die Reserve der Armee und daher als solche zu töten.” (Wikipedia)

     
    Das ist ja noch schlimmer als befürchtet. Wie kann man nur rechtfertigen, dass 41% der Tunesier eine Partei wählen, die so einen Anführer hat?? Wenn ein Parteichef in einem europäischen Land so etwas von sich geben würde, und seine Partei an der Regierung beteiligt wird, würde dieses Land international geächtet – zu recht.

    hier ist die petition, die die information über die fatwah, die al ghannouchi zugeschrieben wurde, enthält: https://www.elaph.com/Politics/2004/10/17789.htm und hier die kommentierte übersetzung einiger abschnitte https://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/0/1254.htm#_edn1

    die petition enthält nur die behauptung, dass die fatwah von ihm stammt aber keinen beleg… unmöglich ist es deswegen natürlich nicht dass er mal sowas gesagt hat

  140. #140 Gustav
    Oktober 30, 2011

    @alfredo

    zu den unsäglichen Beiträgen von Georg Hoffmann hier mal ein link:

    https://www.comunista.at/artikel/gaga-im-mainstream-die-antideutschen.html

    ich weiß nicht was diese Sekte bezweckt aber eins weiß ich ganz sicher:
    diskutieren ist absolut sinnlos.”

    =

    Sich da den leninistischen ksv, dessen Schwestergruppierung (wie der ksv es formuliert) KJÖ immer wieder Anwandlungen Richtung Stalinismus aufweist, herauszusuchen, ist auch keine schleche Leistung.

    Eindeutiger kann die stramme Haltung des KJÖ und teilweise auch des ksv in Bezug auf Israel und die Negierung dessen Existenzrechts gar nicht mehr sein. Und auch die Verbundenheit der KJÖ und des ksv mit der – eindeutig – antisemitischen AIK (Antiimperialistische Aktion) und dem Arbeiterstandpunkt, bzw. Liga der sozialistischen Revolution, 4. Internationale oder wie sie nach unzähligen Spaltungen auch immer heissen mögen, zeigt welche Glaubhaftigkeit der ksv in diesen Konflikt hat – keine.

    Ich erinnere mich da an offene Briefe an die Jüdische Gemeinde, wo sie dieser, wegen ihrer Pro-Israel-Haltung vorgeworfen haben, sie fördern den Antisemitismus (vgl. das antisemitische Argument, die Juden seien selber schuld am Antisemitismus). Oder auch erinnere ich mich an die Terrorismusförderug der organisiert von der AIK, mit ihren 10 € für den irakischen Widerstand. Oder wie die AIK und ksv-umfeld anlässlich einer Kundgebung der Jüdischen Gemeinde Wortspiele mit dem Namen des Präsidenten der Gemeinde machte (aus Ariel Muzicant und der Fernsehshow Musikantenstadl wurde Muzicantenstadl) oder wie die AIK Holocaustleugner eingeladen hat oder die bedingungslose Solidarität mit der Hamas – und genau mit solchen Gruppierungen hat der ksv keine Probleme, ganz im Gegenteil, es gibt eine gute Zusammenarbeit mit diesen Antisemiten und immer wieder Förderungen dieser.

  141. #141 Markus Becker
    November 1, 2011

    @ali:

    “Befuddled” heisst in meinem Sprachschatz so viel wie “verdattert”. Ist genauso schön, finde ich.

    @georg hoffmann:

    *kopfschüttel*

  142. #142 Physiker
    November 1, 2011

    @ali:
    Vielen Dank für die Antwort. Ich hätte nicht gedacht, dass “Islamismus” so unscharf definiert ist. Wobei mir einige Definitionen durchaus Bauchschmerzen bereiten, da sie – jedenfalls so wie sie zitiert werden – sehr relativierend/verharmlosend und gerade eben nicht mehr vergleichbar mit z.B. christlichem Fundamentalismus sind. Das birgt die Gefahr, dass man den Begriff “Islamismus”, der von der überwiegenden Mehrheit synonym zu “islamischer Fundamentalismus” verwendet wird, mit “harmoseren” Bedeutungen überläd. Das kann aber nicht im Sinne einer Deeskalation sein, genausowenig, wie wenn man analog die CSU zum christlichen Fundamentalismus zählen würde, nur weil man die Definition von Fundamentalismus erweitert.

    Ich stimme zu: Man sollte mit gleichem Mass messen. Gerade deshalb finde ich es kontraproduktiv, zu behaupten, es gäbe kein vergleichbares Wort wie “Islamismus” z.B. im Christentum. Wenn man mit gleichen Ellen misst, dann heisst dieses Wort nämlich “christlicher Fundamentalismus”.
    Über die EDU weiss ich zu wenig, allerdings hat anscheinend niemand Skrupel das deutsche Äquivalent, die Partei Bibeltreuer Christen als christlich-fundamentalistisch zu bezeichnen (siehe ersten Satz in Wikipedia). Vielleicht sollten sich die Schweizer bei der Kategorisierung einiger ihrer Parteien daran ein Beispiel nehmen…

    Ich gebe Dir teilweise Recht: Fundamentalistische Parteien muss man nicht zwagsweise deshalb ausschliessen. Wenn aber eine Partei fundamentalistische Positionen vertritt, dann gilt es aber genau diese zu diskutieren, wenn man beurteilen will, ob diese Partei mit einer Demokratie vereinbar ist. Das war meine Kritik am obigen Artikel (die sich nach der Lektüre der vielen interessanten Kommentare erübrigt hat), und wahrscheinlich auch der Grund, warum die Diskussionen hier ausgeufert sind…

  143. #143 Johanna
    November 2, 2011

    Wäre gut gewesen, sich mal die Quellen etwas genauer anzuschauen, bevor man dem Herrn Ghannouschi attestiert, er habe der Gewalt seit den 80ern abgeschworen: https://www.wadinet.de/blog/?p=7519
    Und der deutsche Verfassungsschutz schreibt:
    GHANNOUCHI ist begeisterter HAMAS-Sympathisant (…), dessen Vorstellung einer „islamischen Demokratie” – Scharia, Haltung gegenüber Abtrünnigen vom Islam – klar vom Rechtsstaatverständnis bundesrepublikanischer Provenienz unterscheidet.

  144. #144 cydonia
    November 2, 2011

    Ja das hatten wir schon…….Und? Das Rechtstaatsverständnis von Putin entspricht auch nicht Rechtsstaatsverständnis deutscher Provenienz und Premierminister wird der Mann(Ghannouchi) auch nicht. Gehen Sie davon aus, Johanna, dass Ghannouchi sehr genau unter Beobachtung steht, und keine der moderaten Stimmen hier besonders blauäugig ist.
    Die Menschen haben aber gewählt, und den Algerienfehler zu wiederholen halte nicht nur ich für die schlechtere Alternative.

  145. #145 Johanna
    November 2, 2011

    Darum geht es nicht. Der Artikel behauptet falsche Tatsachen über Ghanouschis Abkehr von der Gewalt.
    Statt Ennadha jetzt schon zu einer “moderaten” undwasweißichwasfür gemäßigten Kraft zu erklären, sollte man einfach abwarten. 10 jahre vielleicht? Und dann, wenn sie sich wirklich in einem pluralistischen Parteienspektrum eingefunden haben, die Scharia nicht in Tunesien gilt und sie sich vor allem auch wieder abwählen lassen, dann kann man mit den Lobeshymnen beginnen. Einverstanden?
    So wie man in Spanien aich 10 Jahre gewartet hat bis man den Post-franquisten unter Aznar abgenommen hat, dass sie jetzt Christdemokraten sind.

  146. #146 cydonia
    November 2, 2011

    Nein, nicht einverstanden, weil unklar ist, was die Ennadha machen wird, hier auch keiner was anderes behauptet hat, und sie mit Strohmännern um sich werfen, dass es eine Freude ist.
    Lobeshymnen sehen anders aus, aber wenn jeder moderate Kommentar als Zustimmung missverstanden wird, wird eine Diskussion schwierig.
    Warten wir ab……was anderes wurde hier nicht gesagt.

  147. #147 MJ
    November 3, 2011

    Oh, ja, und auch Wadinet ist mit Sicherheit stolz auf seinen Fanclub: Ali Arbia ist ein Antisemit und liebt Islamisten!!!!!!!!!

    “Er biegt sich seine Datenlagen zurecht und tritt ansonsten auf muslimisch-typische Art und Weise auf.”

    “Dieser Arbia ist tatsächlich ein expliziter Antisemit”

    “Ali Arbia lügt gezielt, wenn es um die Schönschreibung von Islamisten geht.”

    Und Thomas von der Osten-Sacken hat die intellektuelle Klinge ganz fein geschliffen, ein Kommentar, der Ghannouchi ein für alle mal entlarvt:

    “Zudem ist die ganze Satzkonstruktion irre. Wer in einem Wahlkampf auftritt und Teil der Regierung werden will, kann “jeglicher Gewalt” gar nicht abschören, schließlich zielt er auf Übernahme des staatlichen Gewaltmonopols.” Ein echter Geistesriese!

    Jeder hat das Publikum, das er sich verdient.

  148. #148 Johanna
    November 16, 2011

    Neues von den ach so moderaten islamisten:
    In a popular meeting in Sousse on November 12, celebrating his party’s relative victory in the Constitutional Assembly elections, Hamadi Jebali of Enahdha party, very probably tunisian next prime minister in Tunisia, has announced that he and his party will be “the 6 th islamic Rightly Guided Caliphs”, promising also that this tunisian Caliphate will, enlighten the worrld, as did the Jasmine revolution!

    The term Caliphate refers to the first system of government established in Islam and represented the political unity of the Muslim Ummah (community). Its head is the Caliph, a monarch, usually chosen among pious imams.

    He also promised that Jerusalem will be freed from jewish occupation. The liberation process will start from the tunisian Caliphate! pointing to a palestenian guest woman present in the meeting: “our sister’s presence is a sign from God. There are divine signals in this very moment. The liberation of jerusalem starts here. From tunisia will start the 6th Righteous Caliphate”

    https://www.allvoices.com/contributed-news/10863384-tunisian-premier-jebali-announces-caliphate-in-tunisia

  149. #149 ali
    November 16, 2011

    @Johanna

    Ja der Herr hat einen an der Waffel unter anderem weil er offensichtlich Stimmen hört und politische Fantasien hegt. Genau so wie Bush als er behauptet Gott hätte ihm gesagt im Irak einzumarschieren. Trotzdem spricht man den Amerikanern deswegen nicht die Fähigkeit zur Demokratie ab und wünscht ihnen einen Diktator an den Hals. Was auch interessant ist und genau zum Grundthema meines Eintrages passt ist, als vor ein paar Tagen Ghannouchi sagte, dass weder Gott noch der Islam in der Verfassung erwähnt werden soll mit Ausnahme der rechtlich ohne Wirkung bleibenden Präambel, bist du nicht plötzlich hier aufgetaucht um den Link unter einen älteren Eintrag zu setzen. Und genau um solche selektive Wahrnehmung geht es auch in diesem Post. Ich versuche nämlich Spinner als Spinner zu erkennen und trotzdem deswegen nicht meine Objektivität am Eingang abzugeben. So funktioniert nämlich Dogma. Auch bei Nicht-Islamisten.

    Die Sache ist die: Wie ich oben geschrieben habe, habe ich keinerlei Sympathien für Islamisten. Ich habe oben erklärt warum ich den Eindruck habe, dass sie vorläufig keine grosse Bedrohung sind und ich für den Prozess nach wie vor zuverischtlich bin. Im Gegensatz zu dir such ich aber nicht gezielt jene Meldungen, die mir das bestätigen, was ich sowieso schon zu wissen glaube, sondern versuch auf der Basis der verschiedenen Informationen mir ein Bild zu machen.