Ende Oktober hat die United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) Palästina als Mitgleidsstaat aufgenommen. 107 Länder stimmten dafür, 14 dagegen und 52 enthielten sich der Stimme. Deutschland war dagegen, Österreich dafür und die Schweize, neutralité oblige, enthielt sich.

Ich habe dazu keinen direkten Kommentar, sondern möchte zwei Aspekte aufgreifen, die ich im Zusammenhang mit der UNESCO Abstimmung weniger oft in der Berichterstattung und meist nur in Nebensätze gelesen haben, die mir aber erwähnenswert erscheinen. Einer ist die längere Geschichte, die die UNESCO im Dreieck mit den USA und Israel für Unruhe zu sorgen, hat. Der zweite Aspekt ist der primäre Grund für die Einstellung der Zahlungen an die Organisation durch die USA.

Beginnen wir mit dem historischen Rückblick: In den 60er Jahren wurde vieles vom Nahostkonflikt aber auch eines im Zuge der Dekolonialisierung verschärft wahrgenommen Nord-Süd Konflikts in die Generalversammlung und die verschiedenen Unterorganisationen der UN getragen. Dies wurde oft auch als “legitimeres” Gegengewicht zum Sicherheitsrat gesehen, wo man sich am Vetorecht störte (wohl weil Legitimität oft mit simpler Stimmenmehrheit verwechselt wird, aber dazu habe ich schon öfters geschrieben). Interessanterweise war die in Paris beheimatete UNESCO oft zuvorderst dabei, wenn es darum ging, sich für die Palästinenser einzusetzen. So wurde 1974 Israel in der UNESCO vor die Tür gestellt. Die UNESCO selber verteidigte sich, dass Israel nicht die Mitgliedschaft entzogen wurde, sondern nur die Aufnahme in eine Regionalgruppe verwehrt worden sei. Dazu kam eine Resolution, die Israel von UNESCO Geldern suspendierte, wegen mangelndem Schutz von Kuturdenkmälern in Jerusalem bei archäologischen Ausgrabungen. Der Streit wurde zwei Jahre später beigelegt.

1984 kam es zum grossen Eklat mit den USA. Die Organisation wurde von der Reagan Administration als zu “politisiert” (ein oft benutztes Argument in der UN Kritik während des Kalten Krieges als die westlichen Staaten in eine Stimmenminderheit gerieten) eingestuft und es wurde ihr vorgeworfen, eine anti-westliche Politik zu betreiben. Die USA verliessen die UNESCO und waren während fast 20 Jahren nicht mehr Mitglied in der UNESCO. Erst 2003 unter Präsident Bush trat man der Organisation wieder bei (und dies war nicht unumstritten). Diese Mitgliedschaft steht nun wieder in der Schwebe, haben die USA (wie auch Israel) die Mitgliederzahlungen an die UNESCO eingestellt. Das entspricht über 20% ihres Budgets.

Dies bringt uns zum zweiten Aspekt den ich hier erwähnen möchte. Der sofortige Rückzug der USA wurde vor allem mit zwei Gesetzen von 1990 und 1994 begründet. Darin untersagt der Kongress den USA die Finanzierung von Organisationen, die von der “internationalen Gemeinschaft nicht anerkannte Staaten” (stellenweise werden die Palästinenser sogar explizit erwähnt) als Vollmitglieder aufgenommen hat. Eine solche aussenpolitische Fussfessel ist natürlich in den meisten Fällen ein Desaster für das US Aussenministerium.

Nun ist es gut möglich, dass zumindest für die UNESCO die Konsequenzen auch ohne dieses Gesetz ähnlich gewesen wäre. Man hätte vermutlich zuerst damit nur gedroht, um Druck aufzubauen. Das Gesetz kann aber für die US Aussenpolitik ein massiver Klotz am Bein werden sofern andere UN Organisationen betroffen sind. Es ist grundsätzlich natürlich fast immer zu bevorzugen, alle Optionen zur Verfügungen zu haben und multilaterale Diplomatie von innerhalb der Organisationen betreiben zu können (nicht zuletzt deshalb war die Schweiz bei vielen schon Mitglied, bevor sie UN Mitglied wurde). Dazu kommt, dass einige UN Organisationen automatisch als Mitglieder anerkennen, wer von anderen als Mitglied aufgenommen wurde. Denkt man zum Beispiel an die Weltorganisation für Geistiges Eigentum (World Organization for Intellectual Property, WIPO, die hier auch schon einmal Thema war) könnte dies zu einem ärgerlichen Eigentor werden, welches direkt die Möglichkeiten der eigenen Bürger betrifft. Die Organisation betreibt nämlich auch Mediation und Schlichtungsverfahren in Streitfällen zwischen Privaten im Falle von der Verletzung von geistigem Eigentum.

Bestimmt gibt es hier und dort für die USA Wege, die negativen Auswirkungen dieser Gesetzgebung zu umschiffen. Nur wird es Goodwill und Ressourcen binden, um Probleme zu lösen, die man eigentlich gar nicht hätte.

Kommentare (20)

  1. #1 Arno
    November 10, 2011

    Wieso stoert eigentlich die Aufnahme Palaestinas in die UNESCO Israel und die USA so sehr? Die Reaktion auf die Diskriminierung Israels die du ansprachst ist ja voellig nachvollziehbar, aber Mitgliedsschaft in der UNESCO erscheint mir doch eher unproblematisch..

  2. #2 CMS
    November 10, 2011

    Ich glaube ja, dass hier die USA sogar ganz froh waren, dieses Gesetz gehabt zu haben. Denn so habe ich eher wenige Leute gehört, die sich über das einstellen von Zahlungen aufgeregt haben, Bei einer “normalen” politischen Entscheidung wäre der gegenwind denke ich größer gewesen. Sonst volle Zustimmung.

  3. #3 rolak
    November 10, 2011

    Schöner Überblick über die Geschehnisse der letzten fast 40 Jahre, ich kann mich zwar noch dumpf an den 1974er Israel/Unesco-‘Skandal’ erinnern, doch durchgehend über alles informiert — wer ist das schon, wenn er sich hauptsächlich mit Anderem beschäftigt.

  4. #4 ali
    November 10, 2011

    @Arno

    Wieso stoert eigentlich die Aufnahme Palaestinas in die UNESCO Israel und die USA so sehr?

    Primär geht es um die darin enthaltenen implizite Anerkennung. Da nur Staaten UNESCO Mitglied sein können, heisst das im Umkehrschluss, dass die Staatengemeinschaft (als abstraktes Gebilde) Palästina zumindest in diesem Bereich als Staat anerkennt. Da die Anerkennung eines Staates über kurz oder lang eine de facto Notwendigkeit ist, um ein normaler Staat zu werden, ist das eben wichtig. Mit dem Status als “Staat” erhält man natürlich auch Rechte und Pflichten (wobei die Palästinenser im Moment wohl mehr an ersterem interessiert sind). Dies ist sozusagen ein Punkt für die Palästinenser auf dem Weg zum eigenen Staat.

    Da im Völkerrecht die gelebten Regeln zentral sind, ist es eben auch von Bedeutung dagegen zu protestieren, will man ihnen diesen Status nicht zuteil werden lassen. Kein Protest oder nur halbherziger Einspruch könnte (und wurde schon) juristisch als implizites Gutheissen gedeutet. Darum soviel Lärm um etwas, das substantiell ansonsten wenig ändert.

  5. #5 georg
    November 11, 2011

    @Ali
    Ein Aspekt fehlt mir in deinem Artikel ein bisschen. Die Reaktion der USA ist ja nicht völlig überraschend. Die betreffenden Gesetze gibt es ja schon eine Weile.

    Ich hätte gerne etwas über die Kräfte und deren Motive in der UNESCO gelesen, die auf diese Weise eine Konfrontation mit den USA betrieben haben und es dafür sogar in Kauf genommen haben, dass dieser Organisation jetzt der Haushalt spürbar gekürzt wurde.

    Oder glaubt da jemand tatsächlich, dass mit einer offenen Provokation der USA der Sache der Palästinenser gedient ist?

  6. #6 ali
    November 11, 2011

    @georg

    Ich habe diesbezüglich nicht viel zu sagen. Ich habe den Verdacht, dass viele Stimmenden nicht primär die Frage inwiefern es der palästinensischen Sache dient als direkte Motivation hatten. Im Abstrakten ging es wohl vor allem darum, in der UNESCO per Mehrheitenscheid zu erreichen, was einem im Sicherheitsrat wegen dem Veto der USA verwehrt bleiben wird.

    Tendenziell habe ich das Gefühl es war ein kleiner Sieg für die Palästinenser, wegen dem Präzedenzfall der Anerkennung. Ich glaube aber nicht, dass es auch nur ein kleiner Schritt in Richtung einer Lösung war. Inzwischen ist ja die Zweistaatenlösung praktisch Konsens und damit implizit, dass die Palästinenser ein Anrecht auf den Status als Staat haben. Die Frage ist das wie, wo und wann. Darum ist die Abstimmung halt weitgehend symbolischer Natur, die vor allem zeigte wie die momentane israelische Regierung weiterhin international in die Isolation driftet. Ob dies die Verärgerung der USA wert war finde ich schwer zu sagen.

    Ich vermute, dass man in der UNESCO (also nicht die Mitgliedsstaaten, sondern die Organisation) mit der Abstimmung nicht glücklich ist (aber man ist halt “Member-driven” wie das so schön heisst). Das eigene Budget ist ihnen sicher näher als die Palästinenserfrage. Die UNESCO Direktorin war zuvor auch meines Wissens in den USA und hat sich mit Kongressabgeordneten getroffen, um zu versuchen eine Rücknahme des Gesetzes zu erreichen.

  7. #7 UMa
    November 11, 2011

    Hallo Ali,

    ich habe mal eine Frage nach dem internationalen Recht.

    Hätten die USA nicht vor der Einstellung der Zahlung aus der UNESCO austreten müssen? Bzw. könnte die UNESCO die säumige Zahlung jetzt nicht einklagen? (Die praktischen Erfolgsaussichten stehen natürlich auf einem anderen Blatt.)

    Und wie wäre es in einem ähnlichen Fall, wenn z.B. ein EU-Mitglied, Zahlungen an die EU einstellen würde?

  8. #8 Mitleser
    November 11, 2011

    Weitaus interessanter ( wieso USA und Israel die Zahlungen einstellen würden, war ja von vornerein klar) empfinde ich den auch hier völlig unerwähnten Zahlungsstopp der Kanadier. Wie wäre es da mit Hintergründen?

  9. #9 ali
    November 11, 2011

    @UMa

    Soviel ich weiss werden die USA nach 2 Jahren Zahlungsverzug ihr Stimmrecht verlieren. Ich glaube nicht, dass dies den Austritt zwingend macht.

    Was die EU betrifft müsste ich ein wenig recherchieren. Die Beiträge der Mitgliedstaaten (und auch Nichtmitgliedern) setzen sich aus verschiedenen Leistungen zusammen, es kommt wohl auch darauf an welche Zahlungen eingestellt werden.

    @Mitleser

    Kanada habe ich nicht erwähnt, weil ich das bisher nicht wusste. Ich habe aber kurz gegoogelt und verstehe, warum es kaum erwähnt wird: Kanada stellt nur die “freiwilligen Zuwendungen” ein, das heisst es wird weiterhin seinen 10 Millionen Mitgliederbeitrag einzahlen. Wieviel diese zusätzlichen Gelder sind habe ich nirgends auf die Schnelle gefunden, ich gehe aber davon aus, dass es sich um einen wesentlich kleineren Betrag handelt. Da er vermutlich auch nicht zum Strukturbudget der UNESCO gehört, wird dies die Organisation auch weniger treffen.

    Ich zweifle, dass es da mehr Hintergründe gibt als die Tatsache, dass es sich um eine konservative Regierung handelt und solche traditionell israelfreundlicher sind und man vermutlich sich mit den USA und Israel solidarisieren wollte. Aber da spekuliere ich frei drauflos.

  10. #10 Bell
    November 11, 2011

    Wieso haben die USA und Israel eigentlich etwas dagegen, dass Palästina Vollmitglied wird?

    Käme Israel nicht in eine moralisch bessere Position, wenn Raketenangriffe auf Israel vom Staatsgebiet eines souveränen Staates aus erfolgten, statt wie jetzt, aus von Israel (mehr oder weniger) besetzten Gebieten?

  11. #11 Gustav
    November 12, 2011

    Die UNESCO und die palästinensischen Schulbücher: https://www.botschaftisrael.de/2011/11/03/die-unesco-und-die-palastinensischen-schulbucher/

    daraus zitiert:

    In ihrer Eile, die Palästinenser in ihrem einseitigen Schritt für einen international anerkannten Status der Eigenstaatlichkeit anzuerkennen, hat die UNESCO ihre eigenen pädagogischen und kulturellen Standards, die auf Gleichheit und gegenseitigem Respekt beruhen, vollständig ignoriert.

    und

    Tatsächlich enthalten Schulbücher, die in der PA verwendet werden, fanatische antisemitische Botschaften (Juden werden als vertragsbrüchig, Betrüger, Kindermörder und personifizierte Schlangen dargestellt), ignorieren die Verbindung des jüdischen Volkes zum Land Israel (Rachels Grab wird als die Bilal bin Rabah-Moschee präsentiert und die Klagemauer einfach als “Al-Buraq-Mauer” bezeichnet) und unterstützen den Jihad. Die Option eines ausgehandelten Friedensabkommens mit Israel wird dabei vollständig ignoriert.

    Die Studie zitiert den folgenden Absatz aus einem Buch für die achte Klasse:

    “Heute benötigen die muslimischen Länder dringend den Jihad und Jihad-Kämpfer, um das geraubte Land zu befreien und die räuberischen Juden aus den geraubten Ländern in Palästina und der Levante zu vertreiben.” In keinem offiziellen Schulbuch der PA wird der Holocaust erwähnt, obwohl sich ein ganzes Kapitel über den Zweiten Weltkrieg findet. Eine zweideutige Passage erklärt: “Die jüdische Frage ist zuallererst ein europäisches Problem.”

    Während dessen regt sich die UNESCO über eine Karrikatur in der Haaretz auf, einer linksliberalen Zeitung: https://www.haaretz.com/print-edition/news/unesco-files-complaint-against-israeli-delegation-over-haaretz-cartoon-1.394889

    Über die Karrikatur lässt sichstreiten, ich hab sie ja durchaus kritisch gegenüber Israel gesehen und dass die Haaretz darauf anspielen will, dass Bibi übertreibt. Der israelische Botschafter bei der UN hat das anders gesehen und gemeint, dass sich die UNESCO fragen sollte, was sie getan haben, um ein internationales, linksliberales Blatt zu solchen Karrikaturen zu bringen. Gut, meiner Meinung nach, hat der Botschafter den Witz nicht verstanden.

    Aber egal, das eigentlich tragische ist, dass die UNESCO den israelischen Botschafter einbestellen lässt, wegen einer Karrikatur, während in palästinensischen Schulbüchern, also eines Autopnomiegebietes, was nun Vollmitglied bei der UNESCO ist, antisemitsiche Hetze der übelsten Sorfte betrieben wird.

  12. #12 Thomas R.
    November 12, 2011

    @Gustav

    Die Studie, die Sie hier anführen, wird doch wohl nicht in den letzten paar Tagen geplant, durchgeführt, ausgewertet, veröffentlicht und kommentiert worden sein.
    Sie stammt also eindeutig aus der Zeit vor der Unesco-Aufnahmeentscheidung.
    Was sie mit der aktuellen Diskussion zu tun hat, kann ich nicht erkennen.

    Es ist doch so: Israel besetzt tatsächlich völkerrechtswidrig Gebiete, die außerhalb der Grenzen von 1967 liegen. Daran gibt es nichts zu interpretieren, der Siedlungsbau ist tatsächlich Landraub, in dieser Hinsicht haben die angeblichen (!) palästinensischen Schulbücher absolut Recht. Was kritisieren Sie jetzt also?
    Dass der Holocaust in Deutschland für historisch wichtiger befunden wird als in einem Land, das unter israelischer Besatzung leidet?

    Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen: Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man in Deutschland oder in Gaza ein Antisemit ist. Fremdenfeindlichkeit ist immer abzulehnen, aber es ist heuchlerisch und zeugt von schlechtem Charakter, so zu tun, als hätten der Hass gegen Juden im dritten Reich und im modernen palästinensischen Gebiet irgendetwas miteinander zu tun.

  13. #13 Bell
    November 12, 2011

    @Thomas

    Es ist doch so: Israel besetzt tatsächlich völkerrechtswidrig Gebiete, die außerhalb der Grenzen von 1967 liegen. Daran gibt es nichts zu interpretieren, der Siedlungsbau ist tatsächlich Landraub, in dieser Hinsicht haben die angeblichen (!) palästinensischen Schulbücher absolut Recht.

    Die palästinensischen Schulbücher haben also vollkommen Recht zu fordern das geraubte Land zu befreien und die räuberischen Juden aus den geraubten Ländern in Palästina und der Levante zu vertreiben?!?
    Selbst wenn man annimmt, dass das Kernland Israel nicht unter die Kategorie ‘geraubtes Land’ fällt, -eine Annahme die keineswegs selbstverständlich ist-, ist die Sprache derer man sich dort gegenüber den Juden bedient, doch von außergewöhnlichem Haß erfüllt.

    Bemerkenswert natürlich auch, dass Sie finden, dass die Schulbücher ‘absolut Recht haben’ darin, diesen ‘Raub’ den Juden und nicht etwa dem Staat Israel anzulasten.

  14. #14 Thomas R.
    November 12, 2011

    Selbstverständlich gilt meine Zustimmung nur solange, wie das Kernland Israel ausgenommen bleibt. Unter dieser Voraussetzung bleibe ich aber dabei: Völkerrechtswidrige Besatzer aus einem besetzten Land zu vertreiben ist legitim. Es ist auch legitim, den Bewohner der illegalen Siedlungen persönlich die Schuld zu geben, was an einer Schuld des Staates natürlich nichts ändert.

    Sie haben Recht, es spricht Hass aus den zitierten Zeilen eines angeblichen Schulbuchs. In der momentanen Situation aber der palästinensischen Seite ihren Hass vorzuwerfen ist aber mehr als ein bisschen bigott.

  15. #15 Gustav
    November 12, 2011

    Die Studie, die Sie hier anführen, wird doch wohl nicht in den letzten paar Tagen geplant, durchgeführt, ausgewertet, veröffentlicht und kommentiert worden sein.
    Sie stammt also eindeutig aus der Zeit vor der Unesco-Aufnahmeentscheidung.
    Was sie mit der aktuellen Diskussion zu tun hat, kann ich nicht erkennen.

    Na eben! Der UNESCO waren diese Studien bekannt. Hätte die UNESCO nichts von diesen Schulbüchern gekannt, dann, ja dann, könnte man der UNESCO keinen Vorwurf machen. Aber sehrwohl, wenn die Faktenlage schon vorher bekannt war.

    Es ist doch so: Israel besetzt tatsächlich völkerrechtswidrig Gebiete, die außerhalb der Grenzen von 1967 liegen. Daran gibt es nichts zu interpretieren, der Siedlungsbau ist tatsächlich Landraub, in dieser Hinsicht haben die angeblichen (!) palästinensischen Schulbücher absolut Recht. Was kritisieren Sie jetzt also?
    Dass der Holocaust in Deutschland für historisch wichtiger befunden wird als in einem Land, das unter israelischer Besatzung leidet?

    Nein so einfach ist das nicht. Judäa und Samaria wurden Israel von der UNO zugesprochen, die folgenden Kriege brachten andere Tatsachen und Judäa und Samaria, also die Westbank wurden einen möglichen zukünftigen Palästina zugesprochen.

    Die Resolutionen sind mehr als eindeutig, Israel hat das Recht, das Land so lange zu besetzten, bis die Gewalt von den arabischen Staaten, bzw arabischen Terrorgruppen gestoppt wird. Die arabischen terrorgruppen, waren früher die von Ägypten und Jordanien bezahlten Gruppierungen, später die Fatah/PLO, PFLP, DFLP, Hamas und welche es da noch gibt.
    Was die UNO – meiner Meinung nach – zu recht verurteilt, ist, dass Israel Tatsachen schaffen will und Siedlungen ausbaut. Das und nur das widerspricht den Resolutionen.

    Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen: Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man in Deutschland oder in Gaza ein Antisemit ist. Fremdenfeindlichkeit ist immer abzulehnen, aber es ist heuchlerisch und zeugt von schlechtem Charakter, so zu tun, als hätten der Hass gegen Juden im dritten Reich und im modernen palästinensischen Gebiet irgendetwas miteinander zu tun.

    und

    Selbstverständlich gilt meine Zustimmung nur solange, wie das Kernland Israel ausgenommen bleibt. Unter dieser Voraussetzung bleibe ich aber dabei

    Für sie ist das vielleicht selbstverständlich. Aber die Schulbücher machen hier keinen Unterschied, diese sprechen (schauen sie sich den Link oben an) von Palästina auf den heutigen Gebiet von Israel, also auch von dem Israel innerhalb der Grenzen von 1967. Sie sprechen von einem Palästina vom MIttelmeer bis zum Jordan. Die Hamas geht noch weiter und wird hier eindeutig was sie wollen: “Die Stunde des Gerichtes wird nicht kommen, bevor Muslime nicht die Juden bekämpfen und töten, so dass sich die Juden hinter Bäumen und Steinen verstecken und jeder Baum und Stein wird sagen: ‘Oh Muslim, oh Diener Allahs, ein Jude ist hinter mir, komm und töte ihn!”, um aus ihrer Charta zu zitieren: https://berlin.mfa.gov.il/mfm/web/main/document.asp?DocumentID=37150

    Auch sollte nicht vergessen werden, dass es zwischen den Mufti von Jeruslame und den Dritten Reich eine enge Kooperation gab. Der Antisemitismus im modernen Gewand ist ein Problem Europas, aber er wurde dankbar in der arabischen Welt aufgenommen. Wichtig ist dabei zu unterschieden zwischen einen (industrialisierten) Vernichtungsantisemitismus der Nazis, dazu fehlt den arabischen Staaten schlicht die Möglichkeit und damit fehlt auch der Gedanke und einen eliminatorischen Antisemitismus, wie er bei den Pogromen in Europa auftrat. Letzteren gibt es sehrwohl in der arabischen Welt.

    Sie haben Recht, es spricht Hass aus den zitierten Zeilen eines angeblichen Schulbuchs. In der momentanen Situation aber der palästinensischen Seite ihren Hass vorzuwerfen ist aber mehr als ein bisschen bigott.

    Für diese Meinung fehlt mir jegliches Verständnis: Natürlich werfe ich ihnen Hass, Antisemitismus und Rassismus vor. Alles andere wäre heuchlerisch, ich kann doch nicht sagen, dass weil sich wer unterdtrückt fühlt, rechtfertige ich jetzt antisemitische Terrortaten.

    Ich rechtfertige es auch nicht, wenn Siedler Moscheen anzünden, weil palästinensiche Terrorgruppen Discos in die Luft sprengen und Kinder ermorden, wenn sie Kindergärten mit Raketen treffen oder Hochzeiten angreifen.

    Der antisemitische Hass und Terror ist nicht zu rechtfertigen, in keinster Weise, auch nicht mit Unterdrückung. Mal der unseelige Vergleich umgekehrt gebraucht: Die Widerstandsbewegung in Wilna, hat für sich ausgeschlossen, die Nazioffiziere der Vernichtung der baltischen Juden und Jüdinnen, in ihre Wohnhäuser zu treffen – mit dem Argument, dass damit auch deren Frauen und Kinder betroffen sind. Wenn die eine derart differenzierte Sicht haben konnten, dann gilt das allemal auch für palästinensische Widerstandsgruppen. Vor allem wenn man bedenkt, dass in den Autonomiegebieten, als Israel noch totale Kontrolle hatte, die Lebensqualität und Versorgung bei weitem höher war, als vergleichbar in Flüchtlingslager in Syrien und Jordanien. Und damit will ich nicht den vorhandenen Rassismus gegen Palästinenser in Israel rechtfertigen. Aber im Vergleich zu Syrien, Ägypten und Jordanien war Israel gegen die Palästinenser immer moderator. Die meisten Palästinenser wurden Opfer von arabischen Regimen, trotzdem gibt es kaum Widerstandsbewegungen gegen diese arabischen Regime (ausgenommen in Jordanien), alles Konzentriert sich in dem Hass auf Israel.

  16. #16 Bell
    November 13, 2011

    Der antisemitische Hass und Terror ist nicht zu rechtfertigen, in keinster Weise, auch nicht mit Unterdrückung.

    Hass ist nie zu rechtfertigen. Gleichwohl muß man mit ihm umgehen, denn Hass ist vorhanden.

    Im Nachkriegseuropa gabe es wohl kein verhassteres Volk als das der Deutschen. Dass sich das wesentlich verändert hat, ist ganz wesentlich der deutschen Nachkriegspolitik zu verdanken, die sehr stark auf Aussöhnung setzte. Israels Politik scheint dagegen darauf angelegt, seine Nachbarn möglichst zu demütigen … siehe die israelische Siedlungspolitik.

    Nebenher: Was hat Israel nun eigentlich dagegen, dass Palästina jetzt ein anerkannter Staat wird. Ich begreif es einfach nicht.

  17. #17 rolak
    November 13, 2011

    Palästina ist ein anerkannter Staat, sogar zwei: Israel in cis- und Jordanien in trans-Jordanien – aber Du kannst natürlich gerne die dort Lebenden zu überzeugen versuchen.

    Ich sortier grad die getrockneten Walnüsse der diesjährigen Sammlung. Da sind auch einige dermaßen hohl…

  18. #18 Daniel
    November 13, 2011

    Sehr interessanter Bericht.

    Link wegen Spamverdacht gelöscht

  19. #19 Philipp P
    November 14, 2011

    Hallo!

    Ich bin zufällig auf diesen Blog gestoßen und wollte fragen ob mir jemand bei einer Hausarbeit für mein Erasmus Auslandssemester helfen könnte! Ich bin derzeit in Barcelona und belege hier Kurse in Völkerrecht in denen wir gerade die aktuellen Palästinaprobleme diskutieren!

    Nun zu meinen Fragen:
    Verstoßen die Bemühungen der Vereinigten Staaten den Betritt Palästinas zur UNESCO zu verhindern, gegen den Grundsatz der souveränen Gleichheit bzw. gegen den Grundsatz der Nichteinmischung

    Glauben Sie, dass die Mitgliedschaft Palästinas in der UNESCO ein Akt der Anerkennung sein könnte? Wenn nein, erklären Sie warum und wenn ja, erklären Sie wer Palästina anerkennen kann!

    Betrifft der Statuswechsel von Palästina in der UNESCO das Selbstbestimmungsrecht der Völker bzw. das Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten?

    Es wäre sehr nett wenn mir jemand hier etwas weiter helfen könnte!
    Danke vielmals im Voraus und Beste Grüße aus Barcelona

    Philipp

  20. #20 rolak
    November 14, 2011

    Den ersten Satz des posts hatte ich wohl zu schnell überflogen und erst beim zwischen­zeit­lichen Nachinformieren festgestellt, daß die Autonomiegebiete tatsächlich als ‘Palästina’ von der UNESCO aufgenommen wurden. Bei diesem impliziten Gebiets­an­spruch hätten die doch gleich als ‘Osmanisches Reich’ antreten können.

    Kann sich tatsächlich jeder sich neu bildende Staat einfach einen Namen geben, der mit der bisherigen Bedeutung des Wortes kollidiert? Sehr verwirrend…